Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des A H, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Mag. Bernhard HOFER GmbH in Wien, gegen das am 22. April 2025 mündlich verkündete und mit 12. Mai 2025 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, LVwG S 1417/001 2024, betreffend Übertretung des Bundesstraßen Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29. Mai 2024 betreffend eine Übertretung des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 BundesstraßenMautgesetz 2002 (BStMG) und die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von € 400, (Ersatzfreiheitsstrafe von 44 Stunden) insofern statt, als die Höhe der Geldstrafe auf € 300, (Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden) herabgesetzt wurde (Spruchpunkt 1.) und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu festgesetzt wurden (Spruchpunkt 2.). Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt 3.).
Begründend führte das LVwG zusammengefasst und soweit entscheidungsrelevantaus, die Einstellung des Strafverfahrens unter Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG scheide schon deshalb aus, weil die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes (§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG) nicht gering sei. Auch die Voraussetzungen des § 20 VStG seien nicht gegeben, weil kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe ersichtlich sei (wurde näher begründet).
5In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zusammengefasst vorgebracht, das LVwG habe die Möglichkeit einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 VStG nicht einzelfallbezogen geprüft. Der Revisionswerber habe einen Rechtsanspruch auf die Anwendung einer Strafmilderung gemäß § 20 VStG. Das LVwG habe die Abwägung der Milderungs und Erschwerungsgründe nicht hinreichend dargelegt beziehungsweise die Milderungsgründe nicht ausreichend gewürdigt.
6Zur Frage der Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 bzw. des § 20 Abs. 1 VStG wird zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG, sondern nur eine die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage aufgeworfen wird. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt aber in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. etwa VwGH 22.2.2022, Ra 2022/06/0009, Rn. 6, mwN).
7 Dass die Wertungsfragen der Strafbemessung im Ausmaß der auf die Mindeststrafe von € 300,herabgesetzten Strafe im angefochtenen Erkenntnis unvertretbar gelöst worden wären, zeigt die Revision in der Zulässigkeitsbegründung nicht auf (vgl. dazu etwa VwGH 12.8.2020, Ra 2019/06/0094, Rn. 11, mwN, wonach es nicht auf die Zahlung des Vignettenpreises ankommt, sondern darauf, ob im Fall einer digitalen Vignette das Kennzeichen ordnungsgemäß registriert war; gleiches gilt für das ordnungsgemäße Anbringen einer Klebevignette).
8Der Verwaltungsgerichtshof führte im Erkenntnis vom 10. Juni 2025, Ra 2024/06/0173, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, unter Hinweis auf diverse Vorerkenntnisse sowie die Gesetzesmaterialien zu § 29 BStMG zusammenfassend aus, dass die Voraussetzung der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG für eine Ermahnung im Fall der Mautprellerei nicht vorliegen und eine Einstellung des Strafverfahrens oder eine Ermahnung daher bei dieser Verwaltungsübertretung nicht in Frage kommt.
Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhang eine „Verletzung der Gleichheitsrechte“ rügt, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer behaupteten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte gemäß Art. 133 Abs. 5 BVG nicht berufen ist (vgl. etwa VwGH 7.10.2021, Ra 2021/06/0146, 0147, Rn. 4; oder auch 14.12.2022, Ra 2022/05/0141, Rn. 11, jeweils mwN).
9 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 15. Juli 2025