Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision des DI F L, vertreten durch Mag. Nikolaus Huber, Rechtsanwalt in Traun, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10. Juli 2025, LVwG 154437/2/VG, betreffend einen Rückübereignungsantrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde A; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Zur Vorgeschichte wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 2018, Ra 2018/05/0246, über die Zurückweisung einer vom Revisionswerber erhobenen Revision betreffend die Zurückweisung seines Rückübereignungsantrags hinsichtlich der auch im vorliegenden Verfahren gegenständlichen Teilfläche „ocker“ im Ausmaß von 16 m² eines näher genannten Grundstücks aufgrund fehlender Aktivlegitimation des Revisionswerbers verwiesen.
2 Mit Eingabe vom 14. Juni 2023 beantragte der Revisionswerber beim Bürgermeister der Stadtgemeinde A sodann gestützt auf Art. 5 Staatsgrundgesetz und unter Verweis auf die oben angeführte Rechtsprechung die Rückübereignung (erneut) der Teilfläche „ocker“ im Ausmaß von 16 m 2 und der weiteren Teilfläche „weiß“ eines anderen näher bezeichneten Grundstücks im Ausmaß von 7 m 2 .
3 Mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2024 erhob der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde, der das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12. November 2024 stattgab und dem Bürgermeister der Stadtgemeinde A auftrug, die versäumte Erledigung unter Zugrundelegung der im Erkenntnis geäußerten Rechtsanschauung binnen acht Wochen ab Zustellung der Entscheidung nachzuholen.
4Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde A vom 15. Jänner 2025 wurde der Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Teilfläche „ocker“ gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Teilfläche „weiß“ wegen fehlender Aktivlegitimation des Revisionswerbers (Spruchpunkt II.) als unzulässig zurückgewiesen.
5 Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei (Spruchpunkt II.).
6 Seinen Erwägungen legte das Verwaltungsgericht soweit für das vorliegende Verfahren maßgeblich die Feststellungen zugrunde, dass die Teilfläche „weiß“ im Ausmaß von 7 m 2 unstrittig eine Teilfläche einer im Teilungsplan in gelb gekennzeichneten Fläche von 40 m 2 sei, die bei der Teilung eines näher bezeichneten Grundstücks der KG A im Jahr 1953 entstanden sei. Die 40 m 2 seien unentgeltlich zum Zweck der Verbreiterung einer Gemeindestraße einem weiteren Grundstück der KG A zugeschlagen worden. Die Eigentümer bzw. die Rechtsnachfolgerin eines Eigentümers im Zeitpunkt der Enteignung hätten im Jahr 1953 eines der neu entstandenen Grundstücke verkauft, wobei im Kaufvertrag die Abschreibung der im Teilungsausweis gelb angelegten Grundfläche des geteilten Grundstücks, das seien die hier gegenständlichen 40 m 2 , und deren Zuschreibung zu einem weiteren Grundstück im öffentlichen Gut vorgeschrieben worden sei. Dies sei grundbücherlich durchgeführt worden und die 40 m 2 seien nach wie vor diesem Grundstück vollumfänglich zugeschrieben.
7 Zur Teilfläche „ocker“ führte das Verwaltungsgericht in seiner Begründung aus, dass die belangte Behörde in Bindung an die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 12. November 2024 dargelegte Rechtsansicht zutreffend davon ausgegangen sei, dass diesbezüglich entschiedene Sache vorliege. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass im vorliegenden Antrag neben der Rückübereignung der Teilfläche „ocker“ auch die Rückübereignung der Teilfläche „weiß“ beantragt worden sei.
8 Zur Teilfläche „weiß“ erwog das Verwaltungsgericht, dass dem Revisionswerber diesbezüglich keine Aktivlegitimation zukomme. Die belangte Behörde sei davon ausgegangen, dass nach näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dem seinerzeit von der Grundabtretung betroffenen Eigentümer beziehungsweise seinem Gesamtrechtsnachfolger ein Anspruch auf Rückübereignung zukomme. In Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung für künftige Rückübereignungen seien die Kaufverträge nach den allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Rechts auszulegen. Den Vertragsparteien des ersten Kaufvertrages sei die vollumfängliche Abtretung einer 40 m 2 umfassenden Teilfläche, von der die hier gegenständlichen 7 m 2 der Teilfläche „weiß“ einen Teil bilde, ins öffentliche Gut bewusst gewesen. Bei Vertragsabschluss sei weder ein Bebauungsplan noch eine straßenrechtliche Verordnung vorgelegen. Unter Berücksichtigung der allgemeinen zivilrechtlichen Auslegungsregeln sei der Rückübereignungsanspruch bei den ursprünglichen Grundstückseigentümern verblieben und der Käufer habe diesen Rückübereignungsanspruch somit auch nicht mit einem näher genannten weiteren Kaufvertrag an den Rechtsvorgänger des Revisionswerbers übertragen können. Es erscheine denkunmöglich, selbst bei partieller Rückstellung von Teilflächen der ursprünglich 40 m 2 , einen anderen als den oben dargelegten Parteiwillen bei Veräußerung des Grundstücks zu unterstellen. Das Verwaltungsgericht schließe sich dieser Rechtsansicht der belangten Behörde, die sich umfangreich mit den Grundsätzen des Zivilrechts auseinandergesetzt habe, an.
9 Da dem Revisionswerber somit keine Aktivlegitimation zukomme, sei auch nicht darauf einzugehen gewesen, wie dieser die Fläche zu verwenden beabsichtige. Die Frage der Aktivlegitimation sei auch nicht auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens zu den Nutzungsmöglichkeiten der Teilflächen zu klären.
10 Sofern in der Beschwerde vorgebracht werde, die belangte Behörde habe einen falschen Sachverhalt angenommen, zumal sie von einer Fläche von 40 m 2 ausgegangen sei, jedoch nur 7 m 2 begehrt würden, erwog das Verwaltungsgericht, dass damit übersehen werde, dass die 7 m 2 eine Teilfläche der 40 m 2 seien, wie der Revisionswerber auch selbst eingeräumt habe. Die belangte Behörde habe zu Recht auf die Entstehungsgeschichte der 40 m 2 abgestellt, bezogen auf die begehrte Teilfläche die Aktivlegitimation geprüft und diese zutreffend verneint.
11 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Zunächst bringt die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei bei seiner Entscheidung über die Zurückweisung des Antrags bezüglich der Teilfläche „ocker“ wegen entschiedener Sache von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es übersehen habe, dass durch den gänzlich anderen Antragsumfang ein „später eintretender Sachverhalt“ vorliege, der sich vom ersten Antrag in maßgeblicher Weise unterscheide. Es sei nicht rein technisch oder mathematisch vorzugehen, sondern komme einzig darauf an, ob in entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Der Antrag vom 14. Juni 2023 habe sich auf einen 7 m 2 größeren Umfang bezogen; dies stelle eine erhebliche Änderung in entscheidungsrelevanten Fakten und Nutzungsmöglichkeiten dar. Das Verwaltungsgericht hätte keine entschiedene Sache annehmen dürfen. Bei antragsbedürftigen Verfahren bestimme der Antrag die Sache, die zu entscheiden sei. Infolge Verkennens dieser Rechtslage habe das Verwaltungsgericht auch kein Gutachten zu den Nutzungsmöglichkeiten eingeholt.
16Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die objektive Grenze der Wirkung der Rechtskraft durch die „entschiedene Sache“, d.h. durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt. Entschiedene Sache liegt daher vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Identität der Sache und damit eine Bindungswirkung im Sinne des „ne bis in idem“ liegt nur dann vor, wenn bei gleichgebliebener maßgeblicher Sachund Rechtslage auch das neue Parteienbegehren im Wesentlichen, das heißt abgesehen von jenen Umständen, die für die rechtliche Bewilligung der Hauptsache unerheblich sind, mit dem früheren Begehren übereinstimmt, also in derselben „Sache“ eine nochmalige Entscheidung fordert (vgl. zum Ganzen VwGH 8.10.2024, Ra 2024/10/0085, Rn. 13 und 14, mwN).
18 Eine Änderung des Sachverhalts und des Parteienbegehrens im Sinne dieser Rechtsprechung macht der Revisionswerber aber nicht geltend und eine solche ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr ist dem Akteninhalt und auch dem eigenen Vorbringen des Revisionswerbers zur Teilfläche „ocker“ in den Verfahren vor der belangten Behörde und vor dem Verwaltungsgericht zu entnehmen, dass die beiden Anträge zur Teilfläche „ocker“ ident sind (vgl. VwGH 11.12.1984, 84/07/0162, Pkt. 2.2. ff.). Damit erübrigt es sich auch, auf das weitere Zulässigkeitsvorbringen zur Teilfläche „ocker“ einzugehen.
19 Weiters bringt die Revision zur Begründung der Zulässigkeit vor, die für die Frage der Aktivlegitimation zur Teilfläche „weiß“ erforderliche Feststellung des Antragsumfangs sei schlicht unrichtig. Das Verwaltungsgericht sei von 40 m 2 ausgegangen, dies sei aktenwidrig. Hätte das Verwaltungsgericht den korrekten Antragsumfang von 7 m 2 angenommen, hätte es diesbezüglich rechtlich beurteilen können, dass diese Teilfläche keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert habe und dem Revisionswerber sehr wohl ein Rückübereignungsanspruch zukomme. Das Verwaltungsgericht habe die Sache überschritten und sich auf ein Flächenausmaß bezogen, das nicht Gegenstand des Antrags gewesen sei. Insofern habe es gegen das Überraschungsverbot verstoßen.
20 Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision, die sich mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichtes zur Frage der Aktivlegitimation betreffend die Teilfläche „weiß“ im Ausmaß 7 m 2im Rahmen der Begründung ihrer Zulässigkeit mit keinem Wort auseinandersetzt, vom festgestellten Sachverhalt. Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist gemäß § 41 VwGG zunächst grundsätzlich der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision von diesem Sachverhalt, ohne weitere Gründe im Sinn des § 41 VwGG wiederum als Ausfluss einer unrichtigen Beantwortung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutungzu relevieren, liegt schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. etwa VwGH 10.3.2022, Ro 2021/06/0014, Rn. 11, mwN).
21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
22Bei diesem Ergebnis brauchte nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob in der Revision auch ein tauglicher Revisionspunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend gemacht wird (vgl. für viele etwa VwGH 21.7.2025, Ra 2025/06/0194 bis 0195, Rn. 6; 16.9.2022, Ra 2019/05/0308, Rn. 11; 20.10.2020, Ra 2020/06/0194 bis 0195, Rn. 6; 9.10.2024, Ra 2024/06/0154, Rn. 4, jeweils mwN).
Wien, am 19. November 2025
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