Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über den Fristsetzungsantrag des Bürgermeisters der Marktgemeinde Völs, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen das Landesverwaltungsgericht Tirol wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer baurechtlichen Angelegenheit den Beschluss gefasst:
Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde (Fristsetzungswerberin) vom 15. Dezember 2022 wurde das Bauansuchen der bauwerbenden Parteien vom 23. November 2018 auf Änderung eines näher genannten Gebäudes in der KG. V. bewilligt.
2 Dagegen erhoben drei Nachbarn Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG).
3Mit Beschluss vom 2. Dezember 2024 wies das LVwG „aus Anlass der Beschwerden“ der Nachbarn das Bauansuchen vom 23. November 2018 gemäß § 34 Abs. 2 Tiroler Bauordnung 2022 iVm § 17 VwGVG und § 13 Abs. 3 AVG zurück. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.
Begründend führte das LVwG zusammengefasst aus, die bauwerbenden Parteien hätten dem Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG des LVwG vom 16. Jänner 2024 nicht entsprochen.
4 In dem vorliegenden Fristsetzungsantrag bringt die belangte Behörde soweit relevant vor, „[t]rotz Zurückweisung des Bauansuchens durch das Verwaltungsgericht ist eine Entscheidung über die von den Beschwerdeführern gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde V... vom 15.12.2022, ... , erhobene Beschwerde bis heute indessen nach wie vor nicht erfolgt. Der angefochtene Bescheid ist nach wie vor existent, ebenso auch die dagegen von Nachbarseite erhobene Bescheidbeschwerde.“
Angesichts der Einbringung der Beschwerden durch die Nachbarn im Januar 2023 sei die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG bereits abgelaufen.
5 Sowohl im Rahmen der Aktenvorlage als auch in der vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Stellungnahme vom 5. Juni 2025 vertrat das LVwG die Ansicht, nicht säumig zu sein, weil mit dem angefochtenen, den Bauantrag zurückweisenden Beschluss vom 2. Dezember 2024 der angefochtene Bescheid außer Kraft getreten sei und die Beschwerden der Nachbarn miterledigt worden seien.
6In ihrer Äußerung vom 25. August 2025 führte die belangte Behörde dazu aus, ihrer Rechtsansicht zufolge stelle die bloße Zurückweisung des Bauansuchens der bauwerbenden Parteien durch das LVwG keine (zulässige) Erledigungsform der anhängigen Beschwerde dar. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG habe das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen sei, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Mit der Zurückweisung des Bauansuchens der bauwerbenden Parteien mit Beschluss vom 2. Dezember 2024 sei das LVwG der ihm von Gesetzes wegen aufgegebenen Entscheidungspflicht weder in formaler noch in inhaltlicher Hinsicht nachgekommen; es sei gemäß § 29 [gemeint wohl: 28] Abs. 1 VwGVG zwingend zur Erledigung der anhängig gemachten Beschwerde im Wege der Erlassung eines Erkenntnisses verpflichtet.
In weiterer Folge wird mit näherer Begründungausgeführt, das LVwG habe mit der Erlassung des Mängelbehebungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG seine Entscheidungsbefugnis überschritten.
7Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht besitzt als Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht das Recht zur Einbringung eines Fristsetzungsantrages iSd Art. 133 Abs. 7 BVG (vgl. dazu grundlegend VwGH 6.4.2016, Fr 2015/03/0011).
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 BVG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sinngemäß anzuwenden.
Gemäß dem auch in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anzuwendenden § 13 Abs. 3 AVG hat die Behörde von Amts wegen unverzüglich die Behebung der Mängel schriftlicher Anbringen zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. § 31 Abs. 1 VwGVG sieht vor, dass Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
8Zunächst wird angemerkt, dass die Ausführungen, wonach der Mängelbehebungsauftrag nicht zurecht erteilt worden wäre, in einer Revision gegen den Beschluss des LVwG vom 2. Dezember 2024 vorzubringen wäre, nicht im gegenständlichen Fristsetzungsantrag. Gemäß § 17 VwGVG war § 13 Abs. 3 AVG im Verfahren vor dem LVwG jedenfalls anzuwenden (vgl. zu dieser Rechtsfrage VwGH 5.9.2018, Ra 2015/06/0078).
9 Strittig ist im vorliegenden Fall, ob durch den Beschluss des LVwG vom 2. Dezember 2024, mit welchem das Bauansuchen der bauwerbenden Parteien vom 23. November 2018 zurückgewiesen wurde, der Bescheid der belangten Behörde vom 15. Dezember 2022 nach wie vor in Geltung ist und die Beschwerden der Nachbarn noch unerledigt sind.
10 Zur Prüfund Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichtes wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung im Erkenntnis vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0032, Punkt III.A., verwiesen. Demnach tritt nicht nur ein Erkenntnis, sondern konsequenterweise jede Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, welche die Angelegenheit erledigt, die zunächst von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war, an die Stelle des beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides. Der bekämpfte Bescheid scheidet aus dem Rechtsbestand aus (vgl. VwGH 23.2.2024, Ra 2022/05/0176, Rn. 11, mwN).
11 Im vorliegenden Fall wurde der verfahrenseinleitende Antrag der bauwerbenden Parteien vom 23. November 2018 mit Beschluss des LVwG vom 2. Dezember 2024 zurückgewiesen. Dieser verfahrensabschließende Beschluss tritt an die Stelle des Bescheides der belangten Behörde vom 15. Dezember 2022 und beendet somit das anhängige Bauverfahren. Mit der Beendigung des Bauverfahrens ist den Beschwerden der Nachbarn die Grundlage entzogen.
12Eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch das LVwG wurde somit nicht aufgezeigt. Der Fristsetzungsantrag war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 4 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. November 2025
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