JudikaturVwGH

Ra 2024/10/0098 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
09. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Eisner und die Hofrätin Mag. Zehetner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien 1. Mag. pharm. T K und 2. Mag. pharm. A H, beide vertreten durch Mag. Dr. Eleonore Berchtold Ostermann, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 10. Juni 2024, Zl. 405 8/2132/1/70 2024, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau; mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. B O, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in Salzburg),

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision der erstrevisionswerbenden Partei wird zurückgewiesen.

Die erstrevisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision der zweitrevisionswerbenden Partei wird als unbegründet abgewiesen.

Die zweitrevisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 18. April 2023 wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei vom 6. September 2019 auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in B. abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag der erstrevisionswerbenden Partei vom 23. September 2020 auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in B. zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 10. Juni 2024 wurde soweit hier wesentlich der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der belangten Behörde vom 18. April 2023 Folge gegeben und der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke an einer näher genannten Betriebsstätte in B. unter Festlegung eines näher umschriebenen Standortes gemäß §§ 9, 10 und 51 Apothekengesetz (ApoG) erteilt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Beschwerde der erstrevisionswerbenden Partei gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde vom 18. April 2023 Folge gegeben und dieser Spruchpunkt aufgehoben (Spruchpunkt VI.). Es wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt VII.).

3 Das Verwaltungsgericht begründete Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses in rechtlicher Hinsicht soweit hier noch von Relevanz im Wesentlichen damit, dass zu beurteilen sei, ob der bestehenden Apotheke der zweitrevisionswerbenden Partei auch nach Errichtung der beantragten neuen Apotheke über 5.500 Personen als zu versorgende Personen verblieben, da nur unter dieser Voraussetzung eine in jeder Hinsicht einwandfreie Arzneimittelversorgung gewährleistet erscheine. Die räumliche Nahebeziehung der ständigen Einwohner werde primär durch die Entfernungen anhand der Straßenentfernung und die leichtere Erreichbarkeit der beteiligten Apotheken (der bestehenden und der beantragten), dies jeweils im Hinblick auf die Erreichbarkeit mit privaten Kraftfahrzeugen und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, festgelegt. Grundsätzlich seien bei der Distanzermittlung nur Straßen heranzuziehen, welche für den mehrspurigen Kraftfahrzeugverkehr ganzjährig befahrbar seien. Es sei jeweils die kürzeste Wegstrecke zugrunde zu legen, wobei die Ermittlung in der Mitte der jeweiligen Verkehrsfläche zu erfolgen habe. Eine Zufahrtsmöglichkeit mit einem Kraftfahrzeug „bis vor den Eingang der Betriebsstätte und eine unmittelbar dort gegebene Parkmöglichkeit“ seien nicht vorauszusetzen. Der Vorrang des motorisierten privaten Individualverkehrs werde nur in den Fällen durchbrochen, in denen es um Entfernungen von wenigen hundert Metern gehe. Hier könne der leichteren Erreichbarkeit der Betriebsstätten zu Fuß für den Entschluss, sich der einen oder der anderen Apotheke zuzuwenden, größeres Gewicht zukommen, als der Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Bestimmte Erschwernisse bei den Wegstrecken wie etwa unangenehme oder gefährliche Wegstücke, die Überwindung erheblicher Höhenunterschiede oder eine Einbahnregelung auf einer der Wegstrecken führten zu einer anderen Beurteilung, da diese den Vorteil der räumlichen Nähe aufheben würden. Die Judikatur spreche in diesem Zusammenhang von zu berücksichtigenden Ausnahmefällen, wohingegen dem allgemeinen Verkehr geschuldete Erschwernisse, wie etwa Verkehrsstau oder Wartezeiten vor ampelgeregelten Kreuzungen oder Bahnschranken oder eine bestehende Geschwindigkeitsbeschränkung, als unerheblich für die generelle Erreichbarkeit einer Apotheke betrachtet würden.

4 Laut einer (im Beschwerdeverfahren eingeholten) Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer vom 11. März 2024 würden der Apotheke der zweitrevisionswerbenden Partei (im Falle der Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke) „ohne Berücksichtigung des Nachtfahrverbotes“ 5.628 Einwohnergleichwerte, somit ein Versorgungspotenzial von über 5.500 Personen verbleiben. Das bestehende Nachtfahrverbot ändere „nichts an der Einstufung der Straße als ganzjährig befahrbar“. Der Bedarf an der neuen Apotheke sei daher gegeben.

5 Das Verwaltungsgericht begründete Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses in rechtlicher Hinsicht damit, dass dann, wenn wie hier zwei Konzessionswerber die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke erfüllten, deren Ansuchen einander jedoch im Hinblick auf die Bedarfslage ausschlössen, die Priorität des Einlangens des Konzessionsantrages bei der Behörde entscheidend sei. Dem Konzessionsansuchen der mitbeteiligten Partei komme zeitliche Priorität gegenüber dem Konzessionsansuchen der erstrevisionswerbenden Partei zu. Das Verwaltungsgericht habe „in der Sache“ zu entscheiden, seine Entscheidungsbefugnis sei an den Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides gebunden. Die Behörde habe das Ansuchen der erstrevisionswerbenden Partei zurückgewiesen, sie hätte aber in der Sache selbst entscheiden und dieses entweder abweisen oder bewilligen müssen (bzw. wäre das Verfahren zu unterbrechen gewesen). Dem Verwaltungsgericht sei eine Entscheidung in der Sache selbst verwehrt, der Beschwerde sei daher Folge zu geben und Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde vom 18. April 2023 aufzuheben gewesen.

6 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die beiden vorliegenden außerordentlichen Revisionen, die wegen ihres sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen wurden.

7 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.

8 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

9 Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 In den Zulässigkeitsbegründungen der vorliegenden außerordentlichen Revisionen wird mit näheren Darlegungen übereinstimmend das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zur „Frage der Qualifikation von Straßen, für die ein wenn auch zeitlich beschränktes behördliches Fahrverbot besteht, als ganzjährig befahrbare Straßen“ iSd ApoG geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht stütze seine Entscheidung, dass das für das Zentrum von B. geltende Nachtfahrverbot bei der Ermittlung des Versorgungspotenzials der Apotheke der zweitrevisionswerbenden Partei nicht zu berücksichtigen sei, im Wesentlichen darauf, dass auch wenn „in der Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr“ ein Nachtfahrverbot im Zentrum von B. bestehe es sich dabei „zweifellos um eine ganzjährig befahrbare Straße“ handle. Die vom Verwaltungsgericht zitierte hg. Judikatur (VwGH 31.7.2009, 2007/10/0287; 29.11.2011, 2005/10/0218) rechtfertige nicht dessen Schlussfolgerung, dass eine Berücksichtigung dieses Fahrverbotes nicht geboten wäre.

11 Zu I. (Zurückweisung der Revision):

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063; 3.3.2023, Ra 2022/10/0094; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135).

16 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verwaltungsverfahrensgemeinschaft ausschließlich dem Rechtsschutzinteresse der darin zusammengefassten Antragsteller, die dadurch erst die Möglichkeit erlangen, auch die Konzessionserteilung an den zum Zug gekommenen Mitbewerber bekämpfen zu können (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/10/0063, mit Verweis auf VwGH 16.3.2016, Ra 2015/10/0063; 30.8.1994, 90/10/0129). Dabei kommt jedoch den Mitbewerbern im Verfahren zur Konzessionserteilung an einen Mitbewerber nur zu der für die Entscheidung zwischen mehreren Bewerbern allein maßgeblichen Frage der zeitlichen Priorität der Antragseinbringung ein Mitspracherecht zu (vgl. nochmals VwGH 25.6.2019, Ra 2019/10/0063, mit Verweis auf VwGH 2.9.2008, 2007/10/0303, 0306; 15.2.1999, 98/10/0356; siehe auch VwGH 27.1.2011, 2010/10/0056; 31.1.2000, 98/10/0084, 0087).

17 Das oben wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen beschäftigt sich ausschließlich mit der Frage, ob bei der Ermittlung des (bei Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke) der zweitrevisionswerbenden Partei verbleibenden Kundenpotenzials das in Rede stehende Nachtfahrverbot zu berücksichtigen sei. Dieses Zulässigkeitsvorbringen bewegt sich daher nicht innerhalb des der erstrevisionswerbenden Partei (als Mitbewerberin) eingeräumten Mitspracherechts, sodass damit eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht aufgezeigt werden kann (vgl. VwGH 20.3.2023, Ra 2023/10/0017, mit Verweis auf VwGH 3.9.2020, Ra 2020/10/0109; 11.8.2017, Ra 2017/10/0061, 0062). Grundsätzliche Rechtsfragen in Bezug auf die zeitliche Priorität der Antragseinbringung werden in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision der erstrevisionswerbenden Partei nicht geltend gemacht.

18 In Ansehung der erstrevisionswerbenden Partei werden daher in der Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

19 Die Revision der erstrevisionswerbenden Partei war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

21 Zu II. (Abweisung der Revision):

22 In Bezug auf die zweitrevisionswerbende Partei erweist sich die Revision mit Blick auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein bestehendes Nachtfahrverbot in Teilen eines Ortsgebietes (in der hier vorliegenden Ausprägung, vgl. dazu unten) bei der Frage der Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu berücksichtigen ist, als zulässig. Die Revision ist allerdings nicht begründet.

23 Das Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 22/2024 (ApoG), lautet auszugsweise:

Öffnungszeiten und Notfallbereitschaft

(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat entsprechend dem Bedarf der Bevölkerung unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verhältnisse und die Ordinationszeiten der örtlichen Ärzte für Allgemeinmedizin, die in einem dem § 342 Abs. 1 ASVG entsprechenden Vertragsverhältnis stehen, durch Verordnung verpflichtende Kernöffnungszeiten für öffentliche Apotheken festzusetzen. Dabei ist vorzusehen, dass öffentliche Apotheken an jedem Werktag offen zu halten haben. Die Kernöffnungszeiten dürfen innerhalb einer Kalenderwoche insgesamt 36 Stunden nicht unterschreiten. Befinden sich in einer Ortschaft mehrere öffentliche Apotheken, sind die Kernöffnungszeiten einheitlich festzusetzen.

(2) Öffentliche Apotheken dürfen über die verpflichtenden Kernöffnungszeiten hinausgehend an Werktagen von Montag bis Freitag von 6 Uhr bis 21 Uhr und an Samstagen von 6 Uhr bis 18 Uhr offen halten, wobei die Gesamtöffnungszeit innerhalb einer Kalenderwoche 72 Stunden nicht überschreiten darf. Der Konzessionsinhaber, Pächter oder Leiter einer öffentlichen Apotheke hat der Bezirksverwaltungsbehörde bis zum 30. Juni jeden Kalenderjahres die Öffnungszeiten seiner Apotheke für das folgende Kalenderjahr schriftlich bekanntzugeben. Dies gilt nicht, sofern die zuletzt bekanntgegebenen Öffnungszeiten beibehalten werden. Die bekanntgegebenen Öffnungszeiten sind für das gesamte Kalenderjahr einzuhalten.

(3) Außerhalb der gemäß Abs. 1 und 2 festgesetzten Öffnungszeiten hat die Bezirksverwaltungsbehörde durch Verordnung Notfallbereitschaften zur Abgabe von Arzneimitteln in dringenden Fällen anzuordnen. Zahl und Auswahl der öffentlichen Apotheken sind entsprechend dem Bedarf der Bevölkerung unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verhältnisse sowie die Ordinationszeiten und Notdienste der örtlichen Ärzte für Allgemeinmedizin, die in einem dem § 342 Abs. 1 ASVG entsprechenden Vertragsverhältnis stehen, festzusetzen.

(4) In einer Verordnung gemäß Abs. 3 kann die Bezirksverwaltungsbehörde die Notfallbereitschaft einer öffentlichen Apotheke für mehrere Ortschaften anordnen, wenn dies für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zumutbar ist. Wird eine gemeinsame Notfallbereitschaft bezirks oder landesübergreifend angeordnet, ist zwischen den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden Einvernehmen herzustellen.

(5) Während der Notfallbereitschaft hat ein allgemein berufsberechtigter Apotheker in der Apotheke dienstbereit zu sein. Wird für eine öffentliche Apotheke innerhalb eines Kalenderjahrs an mindestens 80 Tagen Notfallbereitschaft angeordnet, kann diese als Rufbereitschaft verrichtet werden.

(6) Soweit es für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung unbedingt erforderlich ist, kann in einer Verordnung gemäß Abs. 3 unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse ein Offenhalten während der Notfallbereitschaft vorgesehen werden.

(7) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann durch Verordnung abweichende Regelungen über die Öffnungszeiten und die Notfallbereitschaft für die jeweils erforderliche Dauer anordnen, wenn

1. dies auf Grund eines gesteigerten Bedarfs oder auf Grund von Krisensituationen, höherer Gewalt oder anderen wesentlichen Umständen, die den Betrieb beeinträchtigen, für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung unbedingt erforderlich ist, oder

2. die Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke vorübergehend nicht oder nur eingeschränkt benutzbar ist.

...

Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung

(1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn

...

2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

...

3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

...

(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

...“

24 Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass „für den Großteil des Ortskerns von B[...] ein Nachtfahrverbot von 22:00 bis 7:00 Uhr“ besteht. Nähere Feststellungen zu diesem Fahrverbot insbesondere in Ansehung dessen örtlicher Situierung, dies auch im Hinblick auf die Apotheke der zweitrevisionswerbenden Partei, bzw. der vorgesehenen Ausnahmen wurden nicht getroffen. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass dieses Nachtfahrverbot bei der Frage der Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken nicht zu berücksichtigen sei, weil dieses „nichts an der Einstufung der Straße als ganzjährig befahrbar“ ändere. Die zweitrevisionswerbende Partei nimmt demgegenüber den Standpunkt ein, wegen des Nachtfahrverbots seien die davon betroffenen Verkehrswege „nicht als ganzjährig befahrbare Straßen“ zu qualifizieren und diese daher bei der Ermittlung der Versorgungspotenziale bestehender Apotheken nicht zu berücksichtigen.

25 Der zuletzt genannten Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen:

26 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich die Prüfung des Bedarfs gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 ApoG auf eine auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken nach den örtlichen Verhältnissen zu gründen: Die Behörde hat zunächst festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf aufgrund der örtlichen Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Ergibt sich dabei für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4 km Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der aufgrund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird (vgl. VwGH 24.1.2023, Ra 2021/10/0034, mit Verweis auf VwGH 22.4.2015, Ro 2015/10/0004).

27 Diese unter den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie anhand der Straßenentfernung zur bestehenden öffentlichen Apotheke im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen (vgl. VwGH 30.9.2015, Ra 2014/10/0002, mit Verweis auf VwGH 31.7.2009, 2007/10/0124; 26.3.2007, 2005/10/0049). Zur Ermittlung der somit primär maßgeblichen kürzesten Straßenentfernung zwischen Wohnsitz und Apothekenbetriebsstätte ist auf ganzjährig befahrbare Straßen abzustellen, wobei der ganzjährigen Befahrbarkeit weder der Umstand, dass die Straße steil und gefährlich ist, noch die Notwendigkeit, in den Wintermonaten zeitweise Ketten anzulegen, entgegensteht (vgl. nochmals VwGH 30.9.2015, Ra 2014/10/0002, mit Verweis auf VwGH 3.7.2000, 98/10/0161). Es kommt nach dem Gesetz auf die im Hinblick auf die dauerhafte Gewährleistung der Arzneimittelversorgung erforderliche typische Benutzbarkeit der Verkehrswege an (vgl. VwGH 31.7.2009, 2007/10/0287, mit Verweis auf VwGH 3.7.2000, 98/10/0161). Zeitweilige Sperren hindern die Annahme der grundsätzlichen Ganzjährigkeit der Befahrbarkeit der Straße nicht (vgl. VwGH 3.7.2000, 98/10/0161). Bei der Bedarfsprüfung nach § 10 ApoG kommt es auf das nach objektiven Umständen zu erwartende und nicht auf das von subjektiven Gesichtspunkten mitbestimmte tatsächliche Kundenverhalten an (vgl. wiederum VwGH 30.9.2015, Ra 2014/10/0002, mit Verweis auf VwGH 21.5.2008, 2007/10/0029, VwSlg. 17.458 A).

28 Kommt es nach dem Gesetz aber auf die im Hinblick auf die dauerhafte Gewährleistung der Arzneimittelversorgung erforderliche „typische Benutzbarkeit der Verkehrswege“ an, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass diese typische Benutzbarkeit alleine deshalb nicht gegeben sein sollte, weil die Verkehrswege zu Zeiten, in denen im Normallfall eine derartige Arzneimittelversorgung (mangels Öffnung der Apotheke) nicht stattfindet, nicht befahren werden dürfen. Dass Apotheken nach Maßgabe der von der Bezirksverwaltungsbehörde im Grunde des § 8 Abs. 3 ApoG verordneten Zeiten der Notfallbereitschaft (bzw. nunmehr allenfalls auch nach Maßgabe einer Bekanntgabe gemäß § 8 Abs. 2 ApoG) auch außerhalb der üblichen Betriebszeiten am Tag - und somit auch zu Zeiten der Geltung des hier in Rede stehenden Nachtfahrverbots - die Abgabe von Arzneimitteln vornehmen, kann daran nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nichts ändern, kann dem Gesetzgeber doch nicht unterstellt werden, dass er bei der im Grunde des § 10 Abs. 2 Z 3 ApoG vorzunehmenden prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale im Rahmen eines Konzessionsverfahrens nicht auf den Normallfall der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu den üblichen Betriebszeiten von Apotheken abstellen wollte. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass das hier in Rede stehende Nachtfahrverbot bei der Frage der Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken nicht zu berücksichtigen sei, ist daher im Ergebnis nicht als rechtswidrig zu erkennen. Eines näheren Eingehens auf das weitere fallbezogene Vorbringen der mitbeteiligten Partei diese macht auch geltend, die Apotheke der zweitrevisionswerbenden Partei sei ohnehin auch in den Nachtstunden über anfahrbare Parkplätze im Zentrum von B. und einem im Sinne der hg. Rechtsprechung (vgl. VwGH 27.7.2022, Ra 2022/10/0057, mwN) im Allgemeinen unvermeidlichen Fußweg zu erreichen bedarf es im Revisionsfall somit nicht.

29 Soweit die zweitrevisionswerbende Partei als Verfahrensfehler rügt, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, ein beantragtes Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zum ihr verbleibenden Versorgungspotenzial „unter Berücksichtigung des Nachtfahrverbotes“ einzuholen, kommt dem nach dem Gesagten keine Relevanz zu.

30 Die Revision der zweitrevisionswerbenden Partei war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

31 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

32 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 9. September 2025

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