Spruch
L511 2315393–1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vom 03.07.2025 gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch das Arbeitsmarktservice XXXX beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang
1.1. Am 03.07.2025 langte die gegenständliche „Maßnahmenbeschwerde gem. § 7 VwGH gegen das AMS Wels (GZ: 3937020565; Bescheid vom 08.05.2025; Versagung der Notstandshilfe für 17.04.-24.04.2025“ beim Bundesverwaltungsgericht [BVwG] ein (Ordnungszahl des Gerichtsverfahrensaktes [OZ] 1).
Darin führt der Beschwerdeführer wie folgt aus:
„Hiermit erhebe ich fristgerecht Maßnahmenbeschwerde gemäß § 7 VwGVG gegen die rechtswidrige Maßnahme des AMS Wels, bestehend in der Versagung der Notstandshilfe für den Zeitraum 17.04.2025 bis 24.04.2025, wie mit Bescheid vom 08.05.2025 verfügt.
Die Maßnahme erfolgte trotz nachgewiesener krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (Krankmeldung vom 16.04.2025) und schriftlicher Stellungnahme vom 24.04.2024, in welcher seit über einem Jahr die Einschränkung auf Teilzeit (max. 20 Wochenstunden) dokumentiert ist.
Rechtsverletzungen im Einzelnen: § 45 AVG iVm § 37 AVG: Keine Ermittlung der relevanten Umstände, keine Berücksichtigung medizinischer Nachweise, Verletzung des Parteiengehörs. §10 Abs 1 AIVG: Keine Zumutbarkeitsprüfung, unverhältnismäßige Sanktionierung trotz krankheitsbedingtem Hinderungsgrund. § 58 AVG: Begründungsmangel - pauschale Formeln ohne Auseinandersetzung mit meinem genauen Vorbringen. Art. 7 B-VG und Art. 6 EMRK: Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz und Recht auf ein faires Verfahren. § 1 DSG und Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO: Zweckwidrige Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten (z. B. Zuweisung zur Vollzeitstelle trotz bekannter Einschränkung auf 20 Stunden). Beweismittel: […]
Antrag: Die angefochtene Maßnahme wird für rechtswidrig erklärt. Das AMS Wels wird zur Nachzahlung der Notstandshilfe für den Zeitraum 17.04.-24.04.2025 verpflichtet. Die belangte Behörde wird angewiesen, künftige Bescheide rechtskonform und unter Beachtung der medizinischen Einschränkungen zu erlassen. Kostenentscheidung zu Lasten der Behörde wird Vorbehalten.
Schlussbemerkung: Die gegenständliche Maßnahme ist Teil einer systematischen Missachtung rechtsstaatlicher Mindeststandards durch das AMS Wels, die sich seit über sechs Monaten durch zahlreiche verfahrensrechtliche, sachliche und datenschutzrechtliche Verstöße dokumentieren lässt.“
1.2. Über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts übermittelte das AMS eine Übersicht über die gegen den Beschwerdeführer ab 01.04.2025 erlassenen Leistungssperren samt Verfahrensständen sowie den Bezugs- und Versicherungsverlauf des Beschwerdeführers (OZ 3).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
1.1. Mit gegenständlicher Maßnahmenbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung der Notstandhilfe für den Zeitraum 17.04.2025 bis 24.04.2025.
1.2. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wels vom 08.05.2025, Zahl: XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG ab 17.04.2025 für 42 Bezugstage (Leistungstage) verloren habe. Der Beschwerdeführer hat dagegen Beschwerde erhoben (OZ 3).
1.3. Von 17.04.2025 bis 23.04.2025 stand der Beschwerdeführer im Bezug von Krankengeld.
2. Beweiswürdigung
2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die Maßnahmenbeschwerde (OZ 1) und die übermittelte Übersicht über den Leistungsbezug sowie die Leistungsbezugssperren des Maßnahmenbeschwerdeführers ab 01.04.2025 (OZ 3).
2.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unmittelbar ohne weitere Interpretation aus den jeweils zitierten Aktenteilen, die den Verfahrensparteien bekannt sind.
2.3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter (§ 24 VwGVG unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC]). Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).
Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zur Gänze aus den den Verfahrensparteien bekannten vorliegenden Aktenteilen und war weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
3.1. Für die Entscheidung von Maßnahmenbeschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch das AMS ist gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG das Bundesverwaltungsgericht zuständig, weil die Angelegenheiten des AlVG in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden (VwGH 26.02.2025, Ra2024/08/0054 Rz21). Die Zuständigkeit zur Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. VwGH Ra2017/08/0081). Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die das AMS im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
Der Rechtsbehelf der Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dient dem Zweck, eine Lücke im Rechtsschutzsystem zu schließen. Es sollten mit dieser Beschwerde aber nicht Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechtes geschaffen werden. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein, wobei die Zulässigkeit dieser Beschwerde insbesondere auch nicht von der (allenfalls längeren) Dauer des sonst zur Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehenden Verwaltungsverfahrens abhängt. Wird ein Bescheid erlassen, können die bereits vorgenommenen damit zusammenhängenden faktischen Verfügungen nicht mehr mit Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden (vgl. VwGH 16.11.2021, Ro2021/03/0005 mwN).
3.2. Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich die vom Beschwerdeführer erhobene Maßnahmenbeschwerde gegen die „Maßnahme des AMS Wels, bestehend in der Versagung der Notstandshilfe für den Zeitraum 17.04.2025 bis 24.04.2025, wie mit Bescheid vom 08.05.2025 verfügt“ unbeschadet der Frage, ob diese Maßnahme überhaupt als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen ist jedenfalls als unzulässig, weil dem Beschwerdeführer ein administrativer Instanzenzug möglich war, von dem er darüber hinaus auch Gebrauch gemacht hat (vgl. explizit zur Auszahlung von Notstandshilfe VwGH 23.02.2000, 99/03/0123).
Der Beschwerdeführer hat im konkreten Fall den Bescheid vom 08.05.2025, mit dem das AMS festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Leistungsbezug (Notstandhilfe) für 42 Bezugstage (Leistungstage) ab 17.04.2025 gemäß § 10 AlVG verloren habe, mit Beschwerde angefochten.
Es liegt somit hinsichtlich der Auszahlung der Notstandshilfe keine Lücke im Rechtsschutzsystem vor, die durch eine Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG geschlossen werden müsste und die Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers ist als unzulässig zurückzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird ergänzend darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer von 17.04.2025 bis 23.04.2025 Krankengeld bezogen hat, was gemäß § 16 Abs. 1 AlVG zu einem ex-lege Ruhen des Leistungsbezuges führt. Im Zeitraum des Ruhens des Anspruchs steht keine Notstandshilfe zu (vgl. VwGH 24.11.2022, Ra2022/08/0098).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf die jeweils zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Maßnahmenbeschwerden. Die vorliegende Entscheidung weicht von der umfangreichen und einheitlichen Rechtsprechung auch nicht ab, sondern stützt sich maßgeblich auf diese Judikatur.
Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich aus dem Gesetz und steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.