Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des Ing. Mag. Dr. H N, 2. der T N, 3. des E N und 4. der A R, alle in R und alle vertreten die durch Stolz Weiglhofer Russegger Rechtsanwälte GmbH in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 28. November 2023, 405 2/400/1/7 2023, betreffend eine Angelegenheit nach dem Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Radstadt; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde R. (belangte Behörde) vom 9. Juni 2023 wurde der Antrag der revisionswerbenden Parteien „auf Bildung einer Straßengenossenschaft für die öffentliche Interessentenstraße ‚P[...]‘ gemäß Salzburger Landesstraßengesetz 1972“ abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (I.) und erklärte eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig (II.).
3 Begründend führte das LVwG, soweit für den Revisionsfall von Relevanz, zusammengefasst aus, die revisionswerbenden Parteien hätten am 20. Mai 2019 einen Antrag auf Bildung einer Straßengenossenschaft für die öffentliche Interessentenstraße P. gemäß Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (LStG. 1972) gestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verordnung [gemeint: der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde R.] vom 10. April 1998 zur Zahl 282/1998 in Kraft gestanden, wonach der P.weg von der Abzweigung der B 99 bis zur Hofzufahrt zum P.gut als öffentliche Interessentenstraße erklärt worden sei. Diese Verordnung sei am 10. Februar 2021 von der belangten Behörde behoben worden. Für das vorliegende Verfahren seien unzweifelhaft die Bestimmungen des LStG. 1972 in der geltenden Fassung anzuwenden (wird näher ausgeführt).
4 Die revisionswerbenden Parteien seien Eigentümer von durch die Straße unmittelbar oder mittelbar erschlossenen Grundstücken und daher unzweifelhaft Interessenten der zu bildenden Straßengenossenschaft. Sie vereinten dabei zwar mehr als 50% der Betragsanteile auf sich, bildeten jedoch in keinem Fall eine einfache Mehrheit aller Interessenten, da es sich bei ihnen nur um maximal 4 Interessenten handle; die Mehrheit aller Interessenten wären je nach Zählweise (wird näher ausgeführt) 11 bzw. 13 Interessenten. Damit sei zwar die zweite Voraussetzung des § 32 Abs. 5 LStG. 1972 („auf die mehr als 50% der Beitragsanteile (§ 34) entfallen würden“) erfüllt, nicht jedoch die erste Voraussetzung, wonach die einfache Mehrheit der Interessenten, auf die mehr als 50 Prozent der Beitragsanteile entfallen würde, der Bildung der Straßengenossenschaft zustimmen müsse. Weitere zustimmende Interessenten seien nicht aktenkundig. Es bleibe daher unbeachtlich, welche Zählweise bzw. Interessentenliste herangezogen werde, da das Ergebnis eindeutig sei und auch keine knappen Mehrheitsverhältnisse vorlägen.
5 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird zusammengefasst vorgebracht, es stelle sich die Rechtsfrage, ob der belangten Behörde die Kompetenz zugestanden sei, die Verordnung der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde R. vom 10. April 1998, worin der P.weg zur öffentlichen Interessentenstraße erklärt worden sei, aufzuheben. § 47 LStG. 1972 in der geltenden Fassung sehe lediglich vor, dass die alte Gesetzeslage anzuwenden sei, wenn eine Genossenschaft bereits bestehe bzw. bereits Satzungen beschlossen waren, als die Novelle 2001 in Kraft getreten sei. Der Auslegung des § 32 Abs. 5 LStG. 1972 komme „im Lichte der Novellierung 2001“ über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Dem LVwG sei zuzugestehen, dass „nach der bloßen Wortinterpretation“ der genannten Gesetzesbestimmung „sowohl mehr als 50% der Interessenten als auch mehr als 50% der Beitragsanteile zustimmen müssen, um eine Straßengenossenschaft bilden zu können“. Nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien könne die genannte Bestimmung jedoch nur so verstanden werden, dass die einfache Mehrheit der Beitragsanteilsinhaber entscheidend für die Gründung einer Straßengenossenschaft sein müsse. Schließlich sei auch die Frage, „ob die Straßenrechtsbehörde nicht verpflichtet war, amtswegig eine Weggenossenschaft zu gründen, weil die Voraussetzungen für die Bildung durch die Behörde vorliegen, von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung“ (wird näher ausgeführt).
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 18.3.2024, Ra 2024/06/0026, mwN).
11 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. für viele etwa VwGH 19.2.2024, Ra 2024/06/0014, mwN).
12 Schon diesem Erfordernis entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, die ihrem Vorbringen nach im Wesentlichen bloß Revisionsgründe (vgl. § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) beinhaltet, nicht.
13 Im Übrigen ist die Frage der Aufhebung der Verordnung vom 10. April 1998 durch die belangte Behörde nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
14 Weiters liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 7.3.2024, Ra 2023/06/0039, mwN; vgl. vorliegend § 32 Abs. 5 LStG. 1972: „[...] und die einfache Mehrheit der Interessenten, [...]“).
15 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 16. Mai 2024