Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina MUCKENHUBER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 21.05.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Antrag vom 09.01.2024 begehrte XXXX (im Folgenden: BF) die Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages.
Im gleichzeitig übermittelten Antragsformular vermerkte die BF handschriftlich als Anspruchsvoraussetzungen „selbständig – Kleinstunternehmen (lt. Beilage)“ und gab unter Punkt 10 bekannt, dass keine weiteren Personen in ihrem Haushalt leben würden. Weiters übermittelte die BF eine Einkommenssteuererklärung für 2022 und eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das Jahr 2022.
2. Mit Schreiben vom 22.03.2024 wurde die BF seitens der ORF-Beitrags Service GmbH (im Folgenden: OBS GmbH) aufgefordert, einen Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage und Unterlagen zu Einkommensberechnung binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages nachzureichen. Explizit genannt wurden hierfür Unterlagen zum Anspruch (z.B. Rezeptgebührenbefreiung) und aktuelle monatliche Privatentnahmen aus dem Gewerbe.
3. Mit E-Mail vom 02.04.2024 wurde ein Einkommenssteuerbescheid 2023 nachgereicht.
4. Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 21.05.2024 wies die OBS GmbH den Antrag der BF auf Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages zurück. Begründend führte sie aus, dass die BF schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Die BF sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht würden.
5. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die geforderten Unterlagen rechtzeitig nachgereicht worden seien. Da ihr Jahreseinkommen unter EUR 1.300,- liege, beantrage sie die Befreiung von der ORF-Gebühr.
6. Die OBS GmbH legte am 20.01.2024 die Beschwerde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt beruhen auf dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und den jeweils erwähnten Schriftsätzen und Unterlagen.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Wird ein Antrag von der belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145). Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus eine Entscheidung über die „Hauptsache“ zu treffen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrags und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121).
Im vorliegenden Fall ist daher für das Bundesverwaltungsgericht lediglich Prüfgegenstand, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags der BF durch die OBS GmbH mit der Begründung, Unterlagen und Informationen seien trotz Aufforderung nicht nachgereicht worden, zu Recht erfolgte.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Eine Zurückweisung nach § 13 Abs. 3 AVG wäre nur bei verbesserungsfähigen Mängeln zulässig. Von Mängeln eines Anbringens iSd § 13 Abs. 3 AVG sind nämlich sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen. Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen Voraussetzung um einen (zur Zurückweisung des Antrags führenden) "Mangel" iSd § 13 Abs. 3 AVG oder um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln (siehe VwGH 25.04.2024, Ra 2024/22/0010).
Die §§ 47 bis 49 der FMGebO - auf die § 4a ORF-Beitrags-Gesetz 2024 hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die von der BF beantragte Befreiung von den Rundfunkgebühren bzw. vom ORF-Beitrag verweist - regeln nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren bzw. des ORF-Beitrags befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten hingegen keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040).
Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG ist immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt. Wurde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des Anbringens angenommen (und wäre in der Sache zu entscheiden gewesen), ist die deshalb ergangene zurückweisende Entscheidung unabhängig davon inhaltlich rechtswidrig, ob der Einschreiter nur eine teilweise oder verspätete "Verbesserung" vornimmt oder diese gar nicht versucht (siehe VwGH 01.08.2022, Ro 2020/06/0010).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der BF vom 09.01.2024 demnach zu Unrecht zurückgewiesen, weil kein Anwendungsfall des § 13 Abs. 3 AVG vorlag. Die OBS GmbH hätte vielmehr inhaltlich über die Anträge entscheiden müssen. Der angefochtene Bescheid ist daher zu beheben.
Die OBS GmbH wird im fortgesetzten Verfahren über den verfahrenseinleitenden Antrag der BF zu entscheiden haben, wobei es ihr aufgrund der Bindung an die Rechtsansicht des BVwG verwehrt ist, dabei neuerlich den Zurückweisungsgrund des § 13 Abs. 3 AVG heranzuziehen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der im jeweiligen Zusammenhang zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einschlägiger Rechtsprechung. Auch in der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der im jeweiligen Zusammenhang zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Im Ergebnis war die Revision daher nicht zuzulassen.