IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX in XXXX gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 28.10.2024, Beitragsnummer XXXX , GZ XXXX , betreffend die Zurückweisung des Antrags auf Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrags und der Zuschussleistung zum Fernsprechentgelt zu Recht:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit der Eingabe vom 27.05.2024 beantragte die Beschwerdeführerin (BF) unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formulars bei der ORF-Beitrags Service GmbH (OBS GmbH) die Befreiung vom ORF-Beitrag und die Zuschussleistung zum Fernsprechentgelt. Als Anspruchsvoraussetzung nannte sie den Bezug von Leistungen und Untersützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen soziale Hilfsbedürftigkeit an. Gleichzeitig gab sie bekannt, dass in ihrem Haushalt drei weitere Personen leben würde. Beigelegt wurden ein Nachweis für die Befreiung von der Rezeptgebühr von dem im gleichen Haushalt lebenden XXXX , einen Einkommensnachweis von XXXX und die Meldezettel aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen.
Mit Schreiben vom 23.08.2024 forderte die OBS GmbH die BF unter Berufung auf § 13 Abs 3 AVG auf, den Antrag binnen zwei Wochen durch den Nachweis einer im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage sowie Unterlagen zur Berechnung des Einkommens der BF zu verbessern. Sollten die benötigen Informationen und Unterlagen nicht fristgerecht vorgelegt werden, sei der Antrag zurückzuweisen.
Am 03.09.2024 wurde von der BF ein Konvolut an Unterlagen nachgereicht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die OBS GmbH den Befreiungsantrag der BF zurück und forderte sie zur fristgerechten Zahlung des ORF-Beitrags auf. Dies wurde damit begründet, dass sie dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen sei und insbesondere keine Nachweise über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage erbracht sowie keine Unterlagen zur Einkommensberechnung nachgereicht habe.
Dagegen richtet sich die am 13.11.2024 bei der OBS GmbH eingelangte Beschwerde der BF, mit der sie offenbar die Stattgebung seines Befreiungsantrags anstrebt und wurden nochmals Unterlagen vorgelegt.
Die OBS GmbH legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 10.07.2025 die Beschwerde der BF sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Aus dem angeschlossenen Schreiben vom 10.07.2025 geht hervor, dass der Bescheid postalisch ohne Zustellnachweis an die BF versandt wurde.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten. Mangels entscheidungsrelevanter Widersprüche erübrigt sich eine eingehende Beweiswürdigung.
Da sich das die Beschwerde beinhaltende Kuvert samt Postaufgabe nicht im Verwaltungsakt befindet und auch die Zustellung des Bescheids ohne Zustellnachweis erfolgte, ist die Beschwerde als rechtzeitig anzusehen.
Rechtliche Beurteilung:
Da die OBS GmbH den Befreiungsantrag der BF mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgt ist (siehe z.B. VwGH 25.04.2024, Ra 2023/22/0102).
§ 13 Abs 3 AVG, den die OBS GmbH als Grundlage für den Verbesserungsauftrag und für den Zurückweisungsbescheid herangezogen hat, lautet: „Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“
Von Mängeln eines Anbringens iSd § 13 Abs 3 AVG sind sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, die nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen. Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen Voraussetzung um einen (zur Zurückweisung des Antrags führenden) „Mangel“ iSd § 13 Abs 3 AVG oder um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln (siehe VwGH 25.04.2024, Ra 2024/22/0010).
Die §§ 47 bis 49 der FMGebO - auf die § 4a ORF-Beitrags-G hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die von der BF beantragte Befreiung vom ORF-Beitrag verweist - regeln nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung des ORF-Beitrags befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten hingegen keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040).
Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG ist immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt. Wurde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des Anbringens angenommen (und wäre in der Sache zu entscheiden gewesen), ist die deshalb ergangene zurückweisende Entscheidung unabhängig davon inhaltlich rechtswidrig, ob der Einschreiter nur eine teilweise oder verspätete „Verbesserung“ vornimmt oder diese gar nicht versucht (siehe VwGH 01.08.2022, Ro 2020/06/0010).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Befreiungsantrag der BF demnach zu Unrecht zurückgewiesen, weil kein Anwendungsfall des § 13 Abs 3 AVG vorlag. Die OBS GmbH hätte ihr vielmehr die Nachreichung fehlender Unterlagen und Informationen im Rahmen der Mitwirkungspflicht auftragen und in der Folge inhaltlich über den Antrag entscheiden müssen. Der angefochtene Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben.
Die OBS GmbH wird im fortgesetzten Verfahren inhaltlich über den Befreiungsantrag der BF zu entscheiden haben, wobei es ihr aufgrund der Bindung an die Rechtsansicht des BVwG verwehrt ist, neuerlich den Zurückweisungsgrund des § 13 Abs 3 AVG heranzuziehen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG bei dieser Entscheidung an der zitierten VwGH-Rechtsprechung orientieren kann und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hat.
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