JudikaturBVwG

G314 2317985-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
08. September 2025

Spruch

G314 2317985-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde von XXXX in XXXX gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom XXXX .2024, Beitragsnummer XXXX , GZ XXXX , betreffend die Zurückweisung des Antrags auf Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrags zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben und der ORF-Beitrags Service GmbH die Fortsetzung des Verfahrens über den Befreiungsantrag unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit der mit XXXX .2024 datierten Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin (BF) mit dem dafür vorgesehenen Formular die Befreiung vom ORF-Beitrag und begründete dies damit, dass ihr Haushaltsnettoeinkommen unter dem maßgeblichen Richtsatz liege. Sie erhalte weder Sozialbeihilfen noch gehe sie einer Beschäftigung nach, sondern erhalte monatlich EUR 650 von ihrem getrennt lebenden Ehemann. In ihrem Haushalt lebe auch XXXX (geboren XXXX ), die angab, sie habe seit August 2023 keine Sozialbeihilfen und kein Erwerbseinkommen erhalten. Gleichzeitig wurden Studienbestätigungen der XXXX für XXXX für das Wintersemester 2023 und das Sommersemester 2024 vorgelegt.

Mit Schreiben vom XXXX .2024 forderte die OBS GmbH die BF unter Berufung auf § 13 Abs 3 AVG auf, den Antrag binnen zwei Wochen durch den Nachweis einer im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage und durch Unterlagen zur Berechnung des Einkommens aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, zu verbessern.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die OBS GmbH den Befreiungsantrag der BF zurück und forderte sie zur fristgerechten Zahlung des ORF-Beitrags auf. Dies wurde damit begründet, dass sie dem Verbesserungsauftrag nicht vollständig nachgekommen sei. So seien keine Anspruchsgrundlage und kein Nachweis für die Krankenversicherung von XXXX nachgereicht worden.

Dagegen richtet sich die am XXXX .2024 per E-Mail bei der OBS GmbH eingebrachte Beschwerde der BF, mit der sie die Stattgebung ihres Antrags auf Befreiung vom ORF-Beitrag anstrebt. Dazu bringt sie vor, ihre Tochter sei „reisend“ und nutze ihre Anschrift lediglich als Postadresse, wohne aber nicht dort. Sie selbst beziehe Leistungen des AMS. Dazu legte sie eine Bezugsbestätigung des AMS vor, wonach sie von XXXX 2024 bis XXXX .2024, von XXXX .2024 bis XXXX .2024 und von XXXX .2024 bis XXXX .2025 Notstandshilfe bezieht.

Die OBS GmbH legte diese Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Schreiben vom XXXX 2025 vor.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten. Mangels entscheidungsrelevanter Widersprüche erübrigt sich eine eingehende Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung:

Da die OBS GmbH die Beschwerde der BF mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgt ist (siehe z.B. VwGH 25.04.2024, Ra 2023/22/0102).

§ 13 Abs 3 AVG, den die OBS GmbH als Grundlage für den Verbesserungsauftrag und für den Zurückweisungsbescheid herangezogen hat, lautet: „Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

Von Mängeln eines Anbringens iSd § 13 Abs 3 AVG sind sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, die nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen. Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen Voraussetzung um einen (zur Zurückweisung des Antrags führenden) „Mangel“ iSd § 13 Abs 3 AVG oder um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln (siehe VwGH 25.04.2024, Ra 2024/22/0010).

Die §§ 47 bis 49 der FMGebO - auf die § 4a ORF-Beitrags-G hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die von der BF beantragte Befreiung vom ORF-Beitrag verweist - regeln nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung des ORF-Beitrags befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten hingegen keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040).

Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG ist immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt. Wurde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des Anbringens angenommen (und wäre in der Sache zu entscheiden gewesen), ist die deshalb ergangene zurückweisende Entscheidung unabhängig davon inhaltlich rechtswidrig, ob der Einschreiter nur eine teilweise oder verspätete "Verbesserung" vornimmt oder diese gar nicht versucht (siehe VwGH 01.08.2022, Ro 2020/06/0010).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Befreiungsantrag der BF demnach zu Unrecht zurückgewiesen, weil kein Anwendungsfall des § 13 Abs 3 AVG vorlag. Die OBS GmbH hätte ihr vielmehr die Nachreichung fehlender Unterlagen im Rahmen der Mitwirkungspflicht auftragen und in der Folge inhaltlich über die Anträge entscheiden müssen. Der angefochtene Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben.

Die OBS GmbH wird im fortgesetzten Verfahren über den verfahrenseinleitenden Antrag der BF zu entscheiden haben, wobei es ihr aufgrund der Bindung an die Rechtsansicht des BVwG verwehrt ist, dabei neuerlich den Zurückweisungsgrund des § 13 Abs 3 AVG heranzuziehen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG bei dieser Entscheidung an der zitierten VwGH-Rechtsprechung orientieren kann und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hat.