JudikaturVwGH

Ra 2024/05/0021 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
17. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision 1. des J W in S und 2. der H G in T, beide vertreten durch die Barovsky Köhler Rechtsanwälte OG in 1080 Wien, Schlösselgasse 20/203, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. November 2023, 1. VGW 011/017/1977/2023 14 und 2. VGW 011/V/017/2288/2023, betreffend Übertretung nach der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Jänner 2023 wurde über den Erstrevisionswerber gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) eine Strafe in der Höhe von € 1.600,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Stunden) verhängt und der Erstrevisionswerber zu einem Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von € 160,00 verpflichtet. Der Erstrevisionswerber habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Zweitrevisionswerberin zu verantworten, dass diese als Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft und der darauf befindlichen baulichen Anlagen in der Zeit von 26. Februar 2021 bis 19. Juli 2022 näher bezeichnete Abweichungen von den Bauvorschriften (§ 129 Abs. 10 BO) nicht habe beheben lassen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Zweitrevisionswerberin für die über den Erstrevisionswerber verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der revisionswerbenden Parteien keine Folge. Den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens setzte es mit € 320,00 fest. Gegenüber der Zweitrevisionswerberin wurde erneut die Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über den Erstrevisionswerber verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten ausgesprochen. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht soweit hier maßgeblich aus, bei einem Ortsaugenschein am 2. Juli 2019 auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft sei ein Baugebrechen, nämlich hofseitiger Wassereintritt in den Keller, festgestellt worden. Mit Bescheid vom 12. August 2019 habe die belangte Behörde dem Erstrevisionswerber daraufhin u.a. den Auftrag erteilt, der Behörde einen Befund eines Sachverständigen über Art und Umfang des vermuteten Baugebrechens betreffend den Wassereintritt in den Keller vorzulegen. Das am 25. September 2020 erstattete Gutachten, in welchem der Sachverständige festgehalten habe, dass der Wassereintritt mit hoher Wahrscheinlichkeit von durch die Außenmauern hindurchtretenden Niederschlagswässern bzw. Oberflächenwässern stamme, die im Hofbereich nicht versickern könnten, und eine entsprechende Ableitung durch Drainagen bzw. Sickerschächte nicht erfolgt sei, habe die belangte Behörde als schlüssig erachtet, weshalb mit Bescheid vom 24. Februar 2021 unter dessen Punkt 4.) die Ableitung sämtlicher Niederschlagswässer im Hof und unter Punkt 5.) die Herstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung des Kellers beauftragt worden sei. Die festgestellten Abweichungen von den Bauvorschriften seien im Tatzeitraum schuldhaft nicht behoben worden.

4 Die revisionswerbenden Parteien erhoben zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Jänner 2024, E 3956/2023 5 und E 3957/2023 5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

5 Daraufhin wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In den zur Zulässigkeit der Revision demnach allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 14.10.2024, Ra 2024/05/0126, mwN).

10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, im gegenständlichen Verfahren sei die Rechtsfrage zu lösen, ob es gemäß den gesetzlichen Bestimmungen der BO möglich sei, dass eine Behörde bauliche Erhebungen einem Grundeigentümer bescheidmäßig durch Beauftragung eines privaten Sachverständigen auferlegen könne. Dies sei im vorliegenden Fall passiert, da den revisionswerbenden Parteien (gemeint wohl: der zweitrevisionswerbenden Partei) mit Bescheid aufgetragen worden sei, allfällige Baugebrechen durch einen von ihnen zu beauftragenden Sachverständigen feststellen zu lassen. Aufgrund des bescheidmäßig angeordneten Privatgutachtens seien die revisionswerbenden Parteien für einen Baumangel bestraft worden, der nicht bestanden habe und von dem beauftragten Privatgutachter nur vermutet worden sei. Durch diese Vorgehensweise entziehe sich die Behörde ihrer Haftung, weil sie sich etwa in Fällen, in denen ein Baumangel festgestellt werde, der tatsächlich nicht bestehe auf der Verschuldensebene darauf zurückziehen könne, dass Feststellungen nicht durch sie, sondern durch den vom Rechtsunterworfenen selbst beauftragten Sachverständigen erfolgt seien. Die verpflichtende Beauftragung eines Privatgutachters durch behördlichen Auftrag erscheine jedenfalls unzulässig.

11 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen wenden sich die revisionswerbenden Parteien gegen den mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 2019 erteilten Auftrag, mit welchem der Eigentümerin der Baulichkeit u.a. aufgetragen wurde, den Befund eines Sachverständigen über Art und Umfang des Baugebrechens betreffend den Wassereintritt in den Keller vorzulegen. Dieser Auftrag ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden, wegen Abweichung von näher genannten Bauvorschriften ergangenen Strafverfahrens, sodass nicht ersichtlich ist, inwiefern das Schicksal der Revision von der angesprochenen Frage abhängen sollte (vgl. zur hier nicht erfüllten Pflicht des Revisionswerbers darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt, etwa VwGH 8.8.2023, Ra 2023/05/0185; 27.1.2025, Ra 2024/05/0045, jeweils mwN).

12 Im Übrigen wird auf die Bestimmung des § 129 Abs. 5 BO hingewiesen, nach der der Eigentümer (jeder Miteigentümer) eines Bauwerkes nicht nur verpflichtet ist, dessen Bauzustand zu überwachen, sondern auch, wenn Art und Umfang eines vermuteten Baugebrechens nicht durch bloßen Augenschein feststellbar sind, über Auftrag der Behörde verpflichtet ist, über das Vorliegen des vermuteten Baugebrechens und gegebenenfalls über dessen Art und Umfang den Befund eines Sachverständigen vorzulegen. Dass mit der Regelung des § 129 Abs. 5 BO der Grundsatz der Amtswegigkeit zugunsten einer Mitwirkungspflicht des Eigentümers zurückgenommen wird, begegnet nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Forster , Bauordnung für Wien [2024], § 129 Rn. 151, mit Hinweis auf VfGH 12.10.1954, B 129/54 = VfSlg. 2739/54).

13 Weitere Rechtsfragen wurden in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargelegt.

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. Juni 2025