JudikaturVwGH

Ra 2025/17/0019 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
EU-Recht
21. März 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des M T, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2024, W240 2282278 1/3E, betreffend Nichterteilung eines Visums (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft Dakar), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Gambia, beantragte am 21. Juni 2023 bei der Österreichischen Botschaft Dakar (belangte Behörde) die Erteilung eines Schengen Visums der Kategorie C. Als Aufenthaltszweck benannte der Revisionswerber eine „Familienzusammenführung“ mit seiner im Bundesgebiet lebenden Ehegattin, einer österreichischen Staatsbürgerin.

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. August 2023 wurde die Erteilung des beantragten Visums nach § 15b FPG sowie Art. 3 und Art. 27 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (Freizügigkeitsrichtlinie) versagt.

3 Die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers wurde durch die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Oktober 2023 abgewiesen.

4 Über Vorlageantrag des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

5 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes des Europäischen Union (EuGH 12.3.2014, O. und B. , C 456/12) aus, dass dem Revisionswerber trotz seiner mit einer im Bundesgebiet ansässigen österreichischen Staatsbürgerin bestehenden Ehe kein von dieser abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach Art. 21 AEUV und der Freizügigkeitsrichtlinie zukomme und er kein begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG sei, sodass ihm nicht schon deswegen ein Visum nach § 15b FPG zu erteilen sei. Denn der Revisionswerber habe seine Gattin erst geraume Zeit, nachdem sich diese für etwa drei Monate in Liechtenstein aufgehalten hatte, in Gambia geheiratet, sei zuvor nicht als deren Familienangehöriger anzusehen gewesen und habe sich nie mit ihr gemeinsam in Liechtenstein befunden. Im Übrigen sei das Visum nach Art. 32 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) wegen begründeter Zweifel an der Absicht des Revisionswerbers, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen, zu verweigern. Diesbezüglich verwies das Bundesverwaltungsgericht begründend darauf, dass der Revisionswerber über keine Beschäftigung im Herkunftsstaat verfüge, einen Vertrag über ein unbefristetes Dienstverhältnis im Bundesgebiet vorgelegt habe und bereits in der Vergangenheit zweimal erfolglos Anträge auf internationalen Schutz in Österreich gestellt habe, mit Rückkehrentscheidungen belegt und in den Herkunftsstaat abgeschoben worden sei. Weiters sei zu berücksichtigen, dass seine Ehegattin in Österreich lebe und er im zur Antragstellung verwendeten Formblatt „Familienzusammenführung“ als Aufenthaltszweck angegeben habe, sodass in einer Gesamtbetrachtung an seiner Absicht, vor Ablauf des Visums wieder auszureisen, zur Visumsverweigerung führende begründete Zweifel bestünden.

6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Beschluss vom 25. November 2024, E 3847/2024 5, lehnte der VfGH die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 27. Dezember 2024, E 3847/2024 8 gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, in deren Zulässigkeitsvorbringen eine Verletzung der Begründungspflicht durch das Verwaltungsgericht und eine Befangenheit der erkennenden Richterin des Bundesverwaltungsgerichts behauptet wird.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 30.9.2024, Ra 2024/17/0080, mwN).

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründungspflicht gemäß § 29 VwGVG bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Begründung jenen Anforderungen zu entsprechen hat, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach ist in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes erforderlich, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch geführt haben. Diesen Erfordernissen wird ein Verwaltungsgericht dann gerecht, wenn sich die seine Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl. VwGH 9.3.2023, Ra 2023/17/0035, mwN).

13 Mit seinem allgemein gehaltenen Vorbringen, dass das Erkenntnis völlig unzureichende Feststellungen treffe, lässt der Revisionswerber die diesbezüglichen oben kursorisch wiedergegebenen Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, dem mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, welchen Sachverhalt das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legt, außer Acht. Vor dem Hintergrund der vorzitierten Rechtsprechung gelingt es dem Revisionswerber daher nicht, eine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darzulegen.

14 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang ergänzend pauschal behauptet, dass auch die zu diesen Feststellungen führende Beweiswürdigung rudimentär und völlig unzureichend sei, ist er darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 27.10.2023, Ra 2023/17/0109, mwN). Dass dies hier der Fall wäre, wird mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt.

15 Weiters wird in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, die Entscheidungsgründe seien so mangelhaft, dass auch die Befangenheit der Entscheidungsträgerin geltend gemacht werde. Mit Blick darauf, dass schon die durch den Revisionswerber behaupteten Begründungsmängel nicht zur Zulässigkeit der Revision führen, geht dieses Vorbringen ins Leere. Im Übrigen ist der Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass Verfahrensmängel für sich genommen in der Regel eine Befangenheit nicht zu begründen vermögen. Auch eine unrichtige Beweiswürdigung vermag in der Regel eine Befangenheit nicht zu begründen. Anderes würde lediglich dann gelten, wenn diese Mängel so schwerwiegend wären, dass sie die mangelnde Objektivität eines Richters erkennen ließen (vgl. zu alledem VwGH 14.10.2024, Ra 2023/12/0008). Solches ist fallbezogen nicht erkennbar.

16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. März 2025