JudikaturVwGH

Ra 2025/17/0049 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
25. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie die Hofräte Dr. Schwarz und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des D F, vertreten durch Mag. Stefan Errath, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 89a/34, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 2025, G306 2296631 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, stellte am 23. Februar 2017 unter Bezug auf seine am 21. Februar 2017 eingegangene eingetragene Partnerschaft mit einem ungarischen Staatsangehörigen einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte, die ihm vom Landeshauptmann Wien mit einer Gültigkeit bis 8. März 2022 ausgestellt wurde.

2 Am 16. Dezember 2021 stellte der Revisionswerber einen Verlängerungsantrag.

3 Mit Bescheid vom 5. April 2023 nahm der Landeshauptmann von Wien das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren auf Grund des Antrags vom 23. Februar 2017 gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG von Amts wegen wieder auf, wies diesen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte sowie den Verlängerungsantrag vom 21. Dezember 2021 zurück und stellte gemäß § 54 Abs. 7 Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz (NAG) fest, dass der Revisionswerber nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.

4 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde. Mit rechtskräftigem Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 10. Juli 2023 wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe in der vom Verwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung „die eingebrachte Beschwerde sowie den Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte“ zurückgezogen; der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. April 2023 sei daher mit Zurückziehung der Beschwerde in Rechtskraft erwachsen.

5 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA, belangte Behörde) vom 13. Juni 2024 wurde dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) erteilt. Unter einem erließ das BFA gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA VG gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei, gewährte gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot.

6 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit einer hier unbeachtlichen „Maßgabe“ als unbegründet ab. Weiters sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 9.3.2023, Ra 2023/17/0035, mwN).

12 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit zunächst aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bzw. eines Einreiseverbotes verfehlt sei. Da der Revisionswerber im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien betreffend den Bescheid des BFA vom 5. April 2023 auch den „verfahrenseinleitende[n] Antrag zurückgezogen“ habe, liege keine rechtskräftige Feststellung im Sinne des § 54 Abs. 7 NAG (wegen Eingehens einer Aufenthaltspartnerschaft) vor. Deshalb sei der Revisionswerber als „begünstigter Drittstaatsangehöriger“ im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG zu behandeln und es wäre demnach die Erlassung einer Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen gewesen.

13 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass mit Bescheid vom 5. April 2023 des Landeshauptmannes von Wien (u.a.) das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren auf Grund des Antrags vom 23. Februar 2017 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG von Amts wegen wiederaufgenommen und gemäß § 54 Abs. 7 NAG festgestellt wurde, dass der Revisionswerber nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt. Mit rechtskräftigem Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 10. Juli 2024 wurde das diesbezügliche Beschwerdeverfahren eingestellt. Der Revisionswerber zeigt demnach nicht auf, inwiefern die Annahme des BVwG, wonach dem Revisionswerber aufgrund der mit rechtskräftigem Bescheid vom 5. April 2023 erfolgten Feststellung nach § 54 Abs. 7 NAG die Rechtsstellung als „begünstigter Drittstaatsangehöriger“ nicht zukomme, unzutreffend ist. Liegt allerdings eine rechtskräftige Feststellung gemäß § 54 Abs. 7 NAG vor, ist gegen den Drittstaatsangehörigen keine Ausweisung nach § 66 FPG bzw. kein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG zu erlassen, sondern eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG (samt Nebenaussprüchen), allenfalls in Verbindung mit einem Einreiseverbot nach § 53 FPG (vgl. VwGH 2.9.2021, Ra 2021/21/0087, mwN).

14 Soweit der Revisionswerber noch die durch das Verwaltungsgericht angestellte Interessenabwägung bekämpft, ist auszuführen, dass eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG ist (vgl. VwGH 18.12.2023, Ra 2023/17/0170, mwN). Das Verwaltungsgericht berücksichtigte in seiner Interessenabwägung eine Reihe von Aspekten, wie insbesondere das fremdenrechtlich verpönte Eingehen einer Aufenthaltspartnerschaft zur missbräuchlichen Erlangung eines Aufenthaltsrechtes (vgl. etwa VwGH 12.11.2024, Ra 2024/17/0139, mwN). Es setzte sich auch damit auseinander, dass der Revisionswerber nunmehr mit einer bosnischen Staatsangehörigen ein gemeinsames Kind hat, wobei der Kindesmutter das alleinige Sorgerecht zukommt, und berücksichtigte dabei das Wohl des Kindes (vgl. dazu, dass die Berücksichtigung des Kindeswohls im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung darstellt, etwa VwGH 29.6.2022, Ra 2021/20/0403, mwN). Dass die Interessenabwägung mit einem im Revisionsverfahren aufzugreifenden Mangel belastet bzw. nicht auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt wäre (vgl. zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG etwa VwGH 30.10.2019, Ra 2019/14/0245, mwN), legt die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen nicht dar.

15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2025

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