Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Stoisser, über die Revision des J S in K, vertreten durch Dr. Robert Steiner, Rechtsanwalt in 9800 Spittal/Drau, Ortenburgerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 28. November 2022, Zl. KLVwG 654/5/2022, betreffend Versagung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung und Wiederherstellungsauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 17. Dezember 2021 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung zur Änderung des bereits bewilligten Viehunterstandes mit Heulager durch Errichtung einer Sennstube anstatt des Heulagers auf einem näher bezeichneten Grundstück abgewiesen und dem Revisionswerber aufgetragen, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die konsenslos errichtete Sennstube im ersten Obergeschoß des Viehunterstandes abzubrechen bzw. rückzubauen und das bewilligte Heulager herzustellen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 28. November 2022 wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, auch eine Verwendungsänderung wie im gegenständlichen Fall beantragt sei nach dem Kärntner Naturschutzgesetz 2002 (K NSG 2002) bewilligungspflichtig und die Erteilung einer solchen Bewilligung sei nur möglich, wenn die neue Verwendung erforderlich und spezifisch sei. Ansonsten werde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgegangen, dass eine Zersiedelung eingeleitet oder fortgesetzt werde. Auf der Alm des Revisionswerbers sei bereits eine 80 Meter vom Viehunterstand entfernt gelegene entsprechend dimensionierte und ortsübliche Almhütte zur Beaufsichtigung der Weidetiere vorhanden, weshalb schon die Erforderlichkeit der Verwendungsänderung zu verneinen sei. Das dem Bruder des Revisionswerbers zustehende Nutzungsrecht an dieser Almhütte sei kein sachlicher Grund, die Almhütte nicht ihrer Widmung entsprechend als Unterkunft für Almpersonal zu verwenden.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen bringt der Revisionswerber vor, es fehle an Judikatur zu der Frage, ob durch die Errichtung einer Sennstube anstelle eines Heulagers in einem bestehenden Gebäude, welches in seiner Dimension völlig unverändert bleibe, eine Zersiedelung eingeleitet werde. Ebenso gebe es keine Rechtsprechung zur Frage, ob zu einer zeitgemäßen Bewirtschaftung einer Alm auch das Vorhandensein einer zeitgemäßen Ausstattung der Sennhütte gehöre oder die Bewirtschaftung von einer Almhütte ohne fließendes Wasser und ohne sanitäre Einrichtungen aus zu erfolgen habe. Es sei die Frage zu klären, ob ein Anspruch auf Modernisierung von Sennhütten bestehe. Offen sei auch die Frage, ob eine überalterte Almhütte ohne sanitäre Anlagen und fließendes Wasser, welche sich etwa 80 Meter von einem Viehunterstand mit einem Heulager befinde, mit diesem eine Einheit darstelle, auch wenn letzterer über 100 Jahre nach der Almhütte errichtet worden sei. Auch gebe es keine Entscheidung dahingehend, ob die Änderung eines Heulagers in eine Sennhütte lediglich eine nach § 11 K NSG 2002 als geringfügig zu wertende Änderung darstelle. Offen sei zudem die Frage, ob aufgrund der aktuellen Problematik der Wiederansiedelung von Wölfen Änderungen in den Erfordernissen der Ausgestaltung von Almbetrieben spezifisch und zweckmäßig seien. Diese Fragen seien von der belangten Behörde (gemeint: vom Verwaltungsgericht) durchgehend verneint worden.
6 Als gravierende Verfahrensmängel würden erhebliche Verstöße gegen die Grundsätze eines mängelfreien Verfahrens, der materiellen Wahrheit, des Parteiengehörs und des Überraschungsverbotes geltend gemacht.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 27.2.2023, Ra 2023/10/0012; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095, jeweils mwN).
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 13.2.2023, Ra 2022/07/0038 und 0039; 26.9.2019, Ra 2018/10/0124; 28.5.2019, Ro 2019/10/0002).
12 Weiters liegt eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung „abhängt“ (vgl. VwGH 30.3.2020, Ra 2019/10/0180 bis 0182, 0187; 25.3.2020, Ra 2020/10/0015; 27.2.2020, Ra 2019/10/0121).
13 Mit der gegenständlichen, bloß pauschalen Aneinanderreihung von Rechtsfragen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ohne Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt wird im Hinblick auf das oben Gesagte den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen, weil mit den Ausführungen nicht aufgezeigt wird, inwiefern das rechtliche Schicksal der Revision von den abstrakt gestellten Rechtsfragen abhängt, zumal die Antragsabweisung vom Verwaltungsgericht damit begründet wurde, dass mit dem Änderungsprojekt eine „Zersiedelung eingeleitet“ werde (§ 11 iVm § 9 Abs. 3 lit. a K NSG 2002). Im Übrigen existiert zu diesem Versagungstatbestand bereits hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 14.7.2011, 2009/10/0192; 2.10.2007, 2006/10/0147, jeweils mwN).
14 Ebenso wenig reicht es aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. etwa VwGH 25.1.2021, Ra 2020/10/0157; 25.1.2021, Ra 2020/10/0177; 10.12.2020, Ra 2020/10/0159).
15 Mit dem bloßen Hinweis auf gravierende Verfahrensverstöße ohne jegliche näheren Darlegungen zu den behaupteten Verfahrensmängeln und deren Relevanz für den Verfahrensausgang wird dem genannten Erfordernis einer hinreichenden Relevanzdarstellung behaupteter Verfahrensmängel allerdings nicht entsprochen.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. April 2023