JudikaturVwGH

Ro 2024/10/0001 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Bregenz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 22. September 2023, Zl. LVwG 340 4/2023 R11, betreffend Sozialhilfe (mitbeteiligte Partei: S M in H), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

1 Mit Bescheid vom 7. Februar 2023 wies die Bezirkshauptmannschaft Bregenz die nunmehrige Amtsrevisionswerberin den Antrag des Mitbeteiligten auf Gewährung einer Unterstützung nach dem Sozialleistungsgesetz (SLG) „zur Abdeckung privater Schulden (Zahnbehandlung) mangels Rechtsanspruch“ gemäß § 15 Abs. 1 und 2 SLG zurück. Zu den Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch bestehe, zählten nur solche nach den §§ 10 (monatliche Leistungen für Lebensunterhalt und Wohnbedarf), 11 (Zusatzleistungen zur Vermeidung besonderer Härtefälle) und 12 (Unterstützung bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung). Die beantragte Unterstützung zur Abdeckung privater Schulden (Zahnbehandlung) gehöre nicht zu diesen Leistungen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der gegen diesen Bescheid vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben, wobei das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision zuließ.

3 In der Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Tochter des Mitbeteiligten benötige eine medizinisch notwendige kieferorthopädische Behandlung. Die Behandlung sei in Auftrag gegeben worden, ohne vorher mit der Amtsrevisionswerberin Kontakt aufzunehmen. Da die Kosten der Behandlung nicht zur Gänze von der Krankenversicherung übernommen würden, habe der Mitbeteiligte (der „derzeit keine Sozialhilfe bezieht“) „erkennbar die Übernahme der in Rechnung gestellten Kosten für die kieferorthopädische Behandlung seiner Tochter“ begehrt. Die (bereits eingemahnte) Rechnung sei noch nicht bezahlt gewesen. Der Antrag des Mitbeteiligten ziele auf die Übernahme von Kosten ab, die vor der Antragstellung für eine medizinisch notwendige kieferorthopädische Zahnbehandlung angefallen seien. Auch eine Leistung zur Übernahme dieser (in der Vergangenheit angefallenen) Kosten sei eine Unterstützungsleistung im Sinne des § 12 SLG („Unterstützung bei Krankheit“). Darüber sei im Verwaltungsweg zu entscheiden. Eine hilfsbedürftige Person habe bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf diese Leistung. Auch in der Vergangenheit eingegangene Schulden könnten eine aktuelle Notlage begründen, auch wenn das nicht der Regelfall sei (Hinweis auf VwGH 23.6.1998, 97/08/0114). Dem SLG ließe sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Auch § 5 Abs. 5 zweiter Satz SLG, wonach Leistungen der Sozialhilfe frühestens ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung gewährt werden könnten, könne nicht dahingehend verstanden werden, dass Aufwendungen in der Vergangenheit (also vor der erstmaligen Antragstellung) nicht Gegenstand einer Sozialhilfeleistung sein dürften. Würde ein solcher Grundsatz auch bei Leistungen der Sozialhilfe zur Unterstützung bei Krankheit gelten, dann könnten derartige Leistungen nie von Amts wegen, also ohne jeglichen Antrag, gewährt werden. Eine Gewährung von Amts wegen sei aber in § 17 Abs. 2 SLG vorgesehen. Aus § 5 Abs. 5 zweiter Satz SLG könne daher nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass Unterstützungsleistungen nach § 12 leg. cit. für Aufwendungen in der Vergangenheit von vornherein ausgeschlossen seien. Die Amtsrevisionswerberin hätte den Antrag des Mitbeteiligten daher nicht „mangels Rechtsanspruch“ zurückweisen dürfen, sondern hätte inhaltlich prüfen müssen, ob beim Mitbeteiligten oder seiner Tochter aktuell eine krankheitsbedingte Hilfsbedürftigkeit vorliege, die mit der beantragten Leistung beseitigt werden könne.

4 Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil es hinsichtlich des SLG keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage gebe, ob in einem Sozialhilfeantrag die Übernahme von Schulden beantragt werden dürfe, die in der Vergangenheit (vor der Antragstellung) zur Heilung einer Krankheit eingegangen worden seien, oder ob ein derartiger Antrag unzulässig sei, weil damit eine Leistung beantragt werde, auf die kein Rechtsanspruch bestehe.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision der Amtsrevisionswerberin, die als Zulässigkeitsbegründung ausschließlich jene des Verwaltungsgerichtes wiedergibt.

6 Der Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung. Die Vorarlberger Landesregierung schloss sich in ihrem Schreiben vom 23. November 2023 den Rechtsausführungen der Amtsrevision an und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Entscheidung in der Sache selbst.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision ist im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit eines erst nach erfolgter Zahnbehandlung gestellten Antrages auf Übernahme der dafür aufgelaufenen Kosten zulässig.

8 Die maßgeblichen Bestimmungen des Sozialleistungsgesetzes SLG, LGBl. Nr. 81/2020 in der Fassung LGBl. Nr. 1/2023, lauten:

„§ 4

Bedarfsbereiche

(1) Leistungen der Sozialhilfe umfassen Geld- und Sachleistungen, die zur Absicherung des allgemeinen Lebensunterhalts und zur Befriedigung des Wohnbedarfs gewährt werden; weiters auch Geld- und Sachleistungen, die zur Unterstützung bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung, in besonderen Lebenslagen sowie im Todesfall gewährt werden.

[...]

§ 5

Grundsätze

(1) Die Leistungen der Sozialhilfe sind nur hilfsbedürftigen Personen zu gewähren, die von einer sozialen Notlage betroffen und bereit sind, sich in angemessener und zumutbarer Weise um die Abwendung, Milderung oder Überwindung dieser Notlage zu bemühen.

(2) Die Leistungen der Sozialhilfe sind subsidiär und nur insoweit zu gewähren, als der Bedarf nicht durch eigene Mittel der hilfsbedürftigen Person oder dieser Person zustehende und einbringliche Leistungen Dritter abgedeckt werden kann.

(3) Die Leistungen der Sozialhilfe sind von der dauerhaften Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Kräfte, insbesondere der eigenen Arbeitskraft, und von aktiven, arbeitsmarktbezogenen Leistungen der hilfsbedürftigen Person abhängig.

(4) Die Leistungen der Sozialhilfe sind vorrangig als Sachleistungen zu gewähren, soweit dadurch die Erreichung der Ziele besser gewährleistet erscheint. Leistungen für den Wohnbedarf sind, sofern dies nicht unwirtschaftlich oder unzweckmäßig ist, in Form von Sachleistungen zu gewähren. Als Sachleistung gilt auch die unmittelbare Entgeltzahlung an eine Person, die eine Sachleistung zugunsten einer hilfsbedürftigen Person erbringt.

(5) Die Leistungen der Sozialhilfe sind abhängig von einem tatsächlichen und rechtmäßigen Aufenthalt in Vorarlberg. Sie können frühestens ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung gewährt werden. Vor Eintritt bzw. nach Beendigung der Hilfsbedürftigkeit können Leistungen der Sozialhilfe dann gewährt werden, wenn die Hilfsbedürftigkeit bzw. der neuerliche Eintritt der Hilfsbedürftigkeit dadurch abgewendet werden kann.

[...]

§ 12

Unterstützung bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung

(1) Für hilfsbedürftige Personen, die Leistungen der Sozialhilfe gemäß § 10 beziehen, ist zur Unterstützung bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung der Beitrag für die gesetzliche Krankenversicherung durch Einbeziehung in die Krankenversicherung gemäß § 9 ASVG zu übernehmen. Weiters sind die Kosten bei Kostenbeteiligungspflichten und Selbstbehalten, die für medizinisch notwendige Maßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung anfallen, zu übernehmen.

(2) Soweit die Einbeziehung einer hilfsbedürftigen Person in die gesetzliche Krankenversicherung nicht möglich ist, weil sie keine Leistungen der Sozialhilfe gemäß § 10 bezieht, sind die Kosten für zweckmäßige Maßnahmen zur Feststellung und Heilung von Krankheiten sowie für die im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft und der Entbindung stehenden notwendigen medizinischen Maßnahmen zu tragen.

[...]

4. Unterabschnitt

Verfahren

§ 15

Art des Verfahrens, Zuständigkeit

(1) Über die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe, deren Einschränkung und Entfall sowie über den Kostenersatz für Leistungen der Sozialhilfe und Ersatzansprüche Hilfe leistender Dritter ist von der Bezirkshauptmannschaft im Verwaltungsweg zu entscheiden, soweit sich aus Abs. 2 nichts anderes ergibt.

(2) Die Gewährung von Leistungen für hilfsbedürftige Personen zur Vermeidung von Härtefällen (§ 6 Abs. 5), von Leistungen zur Unterstützung in besonderen Lebenslagen (§ 13) und Leistungen zur Unterstützung im Todesfall (§ 14) sowie deren Einschränkung und Entfall obliegt der Bezirkshauptmannschaft für das Land als Träger von Privatrechten; wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, kann anstelle der Bezirkshauptmannschaft die Landesregierung die Leistung gewähren. Weiters ist die Bezirkshauptmannschaft zur Beurkundung von Vergleichen nach § 23 Abs. 2 und die Geltendmachung der nach § 24 auf das Land übergegangenen Rechtsansprüche zuständig. Auch obliegt ihr die Geltendmachung von Kostenersatzansprüchen aufgrund von staatsrechtlichen Vereinbarungen gegenüber anderen Ländern. Entsteht ein Streitfall über die Verpflichtung Vorarlbergs zum Kostenersatz aufgrund von staatsrechtlichen Vereinbarungen mit anderen Ländern, hat die Landesregierung im Verwaltungsweg zu entscheiden.

[...]

§ 17

Einleitung des Verfahrens

(1) Leistungen der Sozialhilfe zur Absicherung des allgemeinen Lebensunterhaltes und zur Befriedigung des Wohnbedarfs (§§ 10 und 11) werden nur auf Antrag der hilfsbedürftigen Person gewährt. Werden der Bezirkshauptmannschaft (§ 15) Umstände bekannt, die eine Änderung dieser Leistung erforderlich machen, kann diese auch von Amts wegen tätig werden.

(2) Leistungen der Sozialhilfe zur Unterstützung bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung (§ 12), in besonderen Lebenslagen (§ 13) und im Todesfall (§ 14) werden auf Antrag der hilfsbedürftigen Person oder von Amts wegen gewährt.

(3) Jede hilfsbedürftige Person kann im eigenen Namen Leistungen der Sozialhilfe beantragen. Die allgemeinen Regelungen über die Stellvertretung bleiben unberührt.

(4) Volljährige hilfsbedürftige Personen können Leistungen der Sozialhilfe auch im Namen der in Haushaltsgemeinschaft lebenden, ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten oder mit ihnen in einer Ehe oder eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Personen beantragen.

(5) Anträge auf Leistungen der Sozialhilfe können bei der Bezirkshauptmannschaft (§ 15) oder der Gemeinde, in der die hilfsbedürftige Person ihren Hauptwohnsitz und ihren tatsächlichen dauernden Aufenthalt hat, eingebracht werden.“

9 Nach der Aktenlage hat der Mitbeteiligte mit Antrag vom 16. Jänner 2023 den Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen für „Zahnarzt“ unter gleichzeitiger Beilage einer Honorarnote für kieferorthopädische Leistungen, die an seiner minderjährigen Tochter F.M. erbracht wurden, gestellt. Angeschlossen war weiters die Kopie eines Heil- und Kostenplanes über die bei der Tochter notwendigen kieferorthopädischen Leistungen.

10 Auch in der Beschwerde gegen den genannten Zurückweisungsbescheid hat der Mitbeteiligte darauf hingewiesen, dass dem Antrag die Zahnbehandlung für seine Tochter F.M. zugrunde liege.

11 Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht das vorliegende Begehren „erkennbar“ in der Übernahme der in Rechnung gestellten Kosten für die kieferorthopädische Behandlung der minderjährigen Tochter des Mitbeteiligten (der „derzeit“ keine Sozialhilfe beziehe) gesehen und als Rechtsgrundlage dafür § 12 SLG angenommen.

12 Der Umstand, dass die Kosten für die kieferorthopädischen Leistungen schon „in der Vergangenheit“, konkret vor der gegenständlichen Antragstellung, angefallen seien, stehe der Kostenübernahme gemäß § 12 (gemeint offenbar: Abs. 2) SLG nicht entgegen. Diese Auffassung begründete das Verwaltungsgericht (einerseits) mit dem Verweis auf das Erkenntnis VwGH 23.6.1998, 97/08/0114, und (andererseits) mit dem Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung.

13 Die vorliegende Amtsrevision wendet sich nicht gegen die (unbedenkliche) Ansicht, dass das Begehren auf eine „Unterstützung bei Krankheit“ iSd 12 SLG gerichtet ist.

14 Vielmehr wird in den Revisionsgründen der Rechtsansicht widersprochen, dass für die Kosten einer bereits erbrachten Krankenbehandlung grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Sozialhilfe bestehe. Dazu führt die Revision aus, dass die Erläuterungen der Regierungsvorlage des SLG keine Ausführungen hinsichtlich „amtswegiger Gewährung von Sozialhilfe“ enthielten und dass dieser Wortfolge nach Ansicht der Revisionswerberin die Bedeutung zukomme, die schon dem historischen Sozialhilfegesetz (Hinweis auf Sitzungsberichte des Vorarlberger Landtages aus dem Jahr 1971 und auf das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1961, Zl. 1100/61, betreffend allerdings den Kostenersatz für bezogene Kohle) zugrunde gelegen sei.

15 Dieses Revisionsvorbringen bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung, weil es im vorliegenden Revisionsfall um die Gewährung von Sozialhilfe über Antrag geht (lediglich als Hilfsargument hat das Verwaltungsgericht siehe Rz 3 auf die auch amtswegig zu gewährende Unterstützung bei Krankheit gemäß § 17 Abs. 2 SLG hingewiesen und damit § 5 Abs. 5 zweiter Satz SLG als mögliche Grundlage für die Annahme der Unzulässigkeit einer Erstattung auch in der Vergangenheit aufgelaufener Kosten verworfen).

16 Entscheidend ist, dass Leistungen der Sozialhilfe nach dem SLG, wie sich schon aus den Grundsätzen des § 5 SLG ergibt, eine aktuelle Notlage voraussetzen, weil sie nur hilfsbedürftigen Personen zu gewähren sind, die von einer sozialen Notlage betroffen und bereit sind, sich in angemessener und zumutbarer Weise um die Abwendung, Milderung oder Überwindung dieser Notlage zu bemühen.

17 Zur aktuellen Notlage hat der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 23. Juni 1998, 97/08/0114, unter ausführlichem Hinweis auf Vorjudikatur und Literatur ausgeführt:

„Demgemäß scheidet die Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit aus, es sei denn, daß Umstände der Vergangenheit eine aktuelle oder unmittelbar drohende Notlage bedingen. (...) Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Sozialhilfeleistungen für diesen Zeitraum hängt zunächst davon ab, ob sich diese in der Vergangenheit zur Abwendung der Notlage eingegangenen Schulden noch aktuell, also im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ausgewirkt haben, d.h. eine aktuelle oder unmittelbar drohende Notlage der Beschwerdeführerin bewirkt haben.“

18 Diese Ausführungen sind entgegen dem Revisionsvorbringen auch für den vorliegenden Fall von Bedeutung (anders als die Revision meint, hat der Verwaltungsgerichtshof in den wiedergegebenen Erwägungen des zitierten Vorerkenntnisses nicht darauf abgestellt, ob die Sozialhilfebehörde vor der Antragstellung bereits Kenntnis von der Hilfsbedürftigkeit hatte).

19 Weder hat die Amtsrevisionswerberin für ihre Rechtsauffassung, im Fall bereits vor Antragstellung aufgelaufener Kosten für eine Krankenbehandlung sei der auf Übernahme dieser Kosten gerichtete Sozialhilfeantrag unzulässig, eine Bestimmung des SLG ins Treffen geführt, die diese Ansicht stützen könnte, noch ist für den Verwaltungsgerichtshof eine solche erkennbar. Weder die zitierten allgemeinen Bestimmungen des SLG noch § 12 leg. cit. über Leistungen bei Krankheit oder die verfahrensrechtlichen Anordnungen legen für sich oder im Regelungszusammenhang nahe, dass ein Antrag auf Gewährung einer Unterstützungsleistung bei Krankheit nur zulässig wäre, wenn er vor Inanspruchnahme der medizinischen Maßnahme gestellt wurde.

20 Auch der vom Verwaltungsgericht angesprochenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur (Nicht )Berücksichtigung von Zahlungsverpflichtungen für in der Vergangenheit eingegangene Schulden (vgl. etwa VwGH 20.11.2023, Ra 2022/10/0009; 24.4.2023, Ra 2021/10/0060; 25.3.2020, Ra 2020/10/0015; 24.6.2015, Ra 2014/10/0055) lagen inhaltliche, nicht aber zurückweisende Entscheidungen zugrunde.

21 Entgegen der Ansicht der Amtsrevisionswerberin ist daher ein Antrag auf Unterstützungsleistung bei Krankheit nicht deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil er erst nach Konsumation der medizinischen Leistung gestellt wurde.

22 Schon weil sich die belangte Behörde gegenständlich mit der Frage des Vorliegens einer aktuellen Notlage inhaltlich nicht auseinandergesetzt, sondern den Antrag zurückgewiesen hat, konnte der eingangs genannte Bescheid vom 7. Februar 2023 keinen Bestand haben (vgl. zur ersatzlosen Behebung des Bescheides etwa VwGH 16.5.2024, Ro 2023/19/0001; 14.11.2023, Ra 2020/22/0012).

23 Für das fortzusetzende (behördliche) Verfahren wird auf die Begriffsbestimmungen des SLG hingewiesen, wonach hilfsbedürftig eine Person ist, die u.a. den Schutz bei Krankheit nicht oder nicht ausreichend selbst decken kann (§ 1 Abs. 3 lit. a SLG) und Leistungen der Sozialhilfe unter den sonst festgelegten Voraussetzungen nur hilfsbedürftigen Personen zu gewähren sind (§ 5 Abs. 1 SLG), wobei jede hilfsbedürftige Person im eigenen Namen Leistungen der Sozialhilfe beantragen kann (die allgemeinen Regelungen über die Stellvertretung bleiben unberührt; vgl. § 17 Abs. 3 SLG).

24 In diesem Zusammenhang ist weiters hervorzuheben, dass Gegenstand des Bescheides vom 7. Februar 2023 und damit auch des angefochtenen Erkenntnisses ausschließlich der Sozialhilfeantrag des Mitbeteiligten war; über den im Sinne des § 17 Abs. 4 SLG auch für seine Tochter (als Empfängerin der Krankenleistung) gestellten Antrag wurde damit noch gar nicht abgesprochen.

25 Die Revision war aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 3. Oktober 2024

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