Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des J A P und 2. der M F P, beide in W, beide vertreten durch die Korn Gärtner Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 37, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 21. Juni 2023, 405 3/1106/1/15 2023, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Gemeinde Wals Siezenheim; mitbeteiligte Partei: W F in W, vertreten durch die Ferner Hornung Partner Rechtsanwälte GmbH, 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 11; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerber haben dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den im gemeindeinternen Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. März 2023 Folge gegeben und dieser Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Antrag auf nachträgliche Bewilligung für die Errichtung eines Wintergartens sowie eines Garten Abstellraums auf einem näher bezeichneten Grundstück und auf Ausnahmegenehmigung gemäß § 25 Abs. 8 Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) Unterschreitung des Mindestabstandes durch den Wintergarten sowie Garten Abstellraum zu einem näher bezeichneten Grundstück abgewiesen. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht soweit für das Revisionsverfahren relevant aus, das Grundstück des Mitbeteiligten grenze mit seiner Nordseite an das Grundstück der Revisionswerber. Die Revisionswerber hätten am 14. Juni 2014 die Errichtung eines Swimmingpools sowie den Anbau eines Wintergartens mit Garten Abstellraum bei einer Überschreitung der gedachten Linie zwischen der höchstzulässigen Traufe von 2,5 m zur Bauplatzgrenze und dem höchstzulässigen First von 4 m in 3,5 m Entfernung zum benachbarten Grundstück des Mitbeteiligten beantragt. Die Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten hätten die Einreichunterlagen auf dem Deckblatt sowie das Formular Z 2 „Zustimmung einer Partei zu einer baulichen Maßnahme gemäß § 25 Abs. 7a BGG“ unterfertigt. Dieser Formularvordruck beinhalte eine Wahlmöglichkeit, in welchem Umfang die Zustimmung erteilt werde. Die Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten hätten lediglich die Überschreitung der gedachten Linie zwischen der höchstzulässigen Traufe von 2,5 m zur Bauplatzgrenze und dem höchstzulässigen First von 4 m in 3,5 m Entfernung ausgewählt. Das Bauvorhaben sei in weiterer Folge ohne Baubewilligung errichtet worden. Der Mitbeteiligte habe am 7. März 2022 Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben, in welchen er vorgebracht habe, dass der Mindestabstand nicht eingehalten und keine Ausnahme nach § 25 Abs. 8 BGG erteilt worden sei. Über behördlichen Auftrag seien von den Revisionswerbern Austauschpläne mit der Darstellung der tatsächlichen Ausführung sowie ein Bestandsplan vorgelegt worden. Der Austauschplan weise die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis näher aufgezählten Unterschiede zu den vorhergegangenen Unterlagen auf. Der Mitbeteiligte habe sich auch gegen diese Planung ausgesprochen. In allen Plänen sei eine direkte Verbindung von dem bestehenden Wohnhaus und dem Wintergarten gegeben. Vom Wohnzimmer führe eine Glasschiebetür in den Wintergarten. In den Plänen sei in diesem jeweils eine Essgruppe eingezeichnet und es erfolge eine Verwendung als Wohn bzw. Aufenthaltsraum, unabhängig von der Nutzung des Swimmingpools. Die Lastabtragung des projektierten Baus erfolge über eine eigene Stütze, die sich aktuell hinter einer Verkleidung befinde und von außen nicht erkennbar sei. In den an den Wintergarten (Fläche 33,73 m2) angebauten Abstellraum (Fläche 12,89 m2) gelange man nur über eine Türe von außen.
3 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, ein Verlust der Parteistellung im Hinblick auf die eingewendete Unterschreitung des Mindestabstandes zum Grundstück des Mitbeteiligten sei durch die Zustimmungserklärung der Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten nicht eingetreten. Darüber hinaus handle es sich bei der letztlich bewilligten baulichen Maßnahme auch nicht um eine Nebenanlage gemäß § 25 Abs. 7a BGG. Die direkte Betretbarkeit der Baulichkeit über das Wohnzimmer des Hauptgebäudes ergäbe einen bautechnischen und funktionellen Zusammenhang, sodass das Hauptgebäude und sein Anbau als eine Einheit betrachtet werden müssten. Die Baulichkeit sei daher als Zubau zu qualifizieren. Im Ergebnis liege sohin keine Nebenanlage vor und es seien daher für diesen Bau die Abstände gemäß § 25 Abs. 3 BGG einzuhalten sohin mindestens 4 m. Der Abstand der projektierten baulichen Maßnahme betrage knapp mehr als 2 m und befinde sich folglich innerhalb des gesetzlichen Mindestabstandes. Die Behörde könne gemäß § 25 Abs. 8 BGG auf Antrag die Unterschreitung der in den Abs. 3 und 4 festgesetzten Abstände bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen durch Bescheid ausnahmsweise zulassen. Es entspreche nicht der zeitgemäßen Wahrung der Funktion eines Gebäudes, dass dieses mit einem Pool ausgestattet sei. Insofern erscheine es jedenfalls zumutbar, dass der Pool bzw. die dazugehörigen Anlagen so dimensioniert seien, dass die Abstände eingehalten werden würden. Die Erteilung einer Abstandsnachsicht zum Zwecke des Aufenthalts von Personen während des Regens oder zur Erholung würde diese Bestimmung ad absurdum führen und stünde in krassem Widerspruch zum Gesetzeswortlaut, zur Judikatur und zum Grundsatz, dass Ausnahmebestimmungen eng auszulegen seien. Der Antrag auf Unterschreitung der in § 25 Abs. 8 Abs. 3 und 4 BGG festgesetzten Abstände sei daher bereits wegen des Fehlens der Voraussetzung gemäß § 25 Abs. 8 lit. a BGG abzuweisen.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 7. Dezember 2011, 2011/06/0136, ab. Auch in diesem Fall sei das falsche Formular herangezogen worden. Im dortigen Verfahren hätten die Eigentümer des Nachbargrundstücks wie im vorliegenden Fall das Deckblatt der Mappe mit den Bauplänen unterschrieben. Zudem sei von diesen ein Formular unterfertigt worden, mit welchem sie erklärt hätten, dass dem Vorhaben unwiderruflich zugestimmt werde.
8 Mit ihrem Hinweis auf das zitierte Erkenntnis vermögen die Revisionswerber kein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufzuzeigen. Abgesehen davon, dass dieses Erkenntnis zu einer anderen Rechtslage ergangen ist, erteilten die Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts mit dem irrtümlich herangezogenen Formular Z 2 gemäß § 25 Abs. 7a BGG ihre Zustimmung lediglich zur Überschreitung der gedachten Linie zwischen der höchstzulässigen Traufe von 2,5 m zur Bauplatzgrenze und dem höchstzulässigen First von 4 m in 3,5 m Entfernung und nicht zum gesamten Bauvorhaben. Somit umfasste die Zustimmung nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht die vom Mitbeteiligten eingewendete Unterschreitung der Mindestabstände zum Nachbargrundstück.
9Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es seien zur Wahrung der Rechtssicherheit „weitere höchstgerichtliche Entscheidungen“ nötig, wird den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG schon deshalb nicht entsprochen, weil mit den Ausführungen keine konkrete, für den Ausgang des Revisionsverfahrens relevante Rechtsfrage formuliert wird, die der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 19.4.2024, Ra 2024/06/0056, mwN).
10Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit weiters vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen (Hinweis auf VwGH 10.3.2022, Ro 2021/06/0014, 17.8.2010, 2009/06/0071), weil es den Garten Abstellraum nicht als Nebenanlage qualifiziert habe. Beim Garten-Abstellraum handle es sich um einen selbstständigen Bau und nicht um einen Teil des Hauptgebäudes.
11 Die Frage, ob im konkreten Fall der Garten Abstellraum als Nebenanlage im Sinn des § 25 BGG zu qualifizieren ist oder nicht, betrifft grundsätzlich nur den Einzelfall, und es stellt diese nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. idS etwa zu Verwendungszweckänderungen VwGH 8.11.2023, Ra 2023/06/0106, Rn. 8, mwN).
12Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss es sich bei einer Nebenanlage im Sinne des § 25 BGG um einen selbständigen Bau und nicht um einen Teil des Hauptgebäudes handeln. Als Zubau zum Hauptgebäude ausgestaltete Teile der Hauptgebäude fallen nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 25 Abs. 8 BGG (vgl. ausführlich VwGH 14.4.2020, Ra 2017/06/0199 bis 0200, weiter VwGH 10.3.2010, Ro 2021/06/0014, VwGH 15.5.2020, Ra 2018/06/0320, jeweils mwN).
13 Die Revision zeigt in ihrer Zulässigkeitsbegründung keine Unvertretbarkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes auf, zumal das Verwaltungsgericht das vorliegende Bauvorhaben (Wintergarten und Garten Abstellraum) im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund der festgestellten baulichen Ausgestaltung (der Wintergarten sei mit dem Haupthaus konstruktiv verbunden und der Abstellraum sei an den Wintergarten angebaut) als Zubau zum Hauptgebäude qualifizierte.
14 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es sei sowohl für den Wintergarten als auch für den GartenAbstellraum gesondert zu beurteilen, ob es sich um eine Nebenanlage handle, weil diese gänzlich voneinander getrennte Räumlichkeiten seien, ist darauf hinzuweisen, dass diese Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen (vgl. etwa VwGH 28.2.2024, Ra 2024/06/0019, Rn. 6, mwN) mit welchen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung formuliert wurde und daher schon aus diesem Grund eine Zulässigkeit der Revision nicht begründet werden kann. Dies gilt ebenso für die Zulässigkeitsausführungen der Revision, das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob die Voraussetzungen zur Ausnahmegenehmigung gemäß § 25 Abs. 8 lit. b und lit. c vorlägen.
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
16Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 12. November 2024