Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des F S in L, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Jänner 2021 (richtig: 2022), I404 2201996 1/28E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatangehöriger, stellte am 21. Oktober 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 5. Juni 2018 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Erhebung einer Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 25. August 2022, E 550/2022 10, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
5 In der Folge stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision, welcher mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Oktober 2022, Ra 2022/20/0328 4, abgewiesen wurde.
6 Daraufhin wurde die gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Zur in der Revision erhobenen Rüge der Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 28.7.2022, Ra 2022/20/0041, mwN). Derartiges zeigt die Revision mit ihren allgemein gehaltenen Vorwürfen, insbesondere das Bundesverwaltungsgericht habe nicht ermittelt, welche Folgen seine (frühere) Mitgliedschaft in der Bath Partei, seine illegale Ausreise und die Stellung eines „Asylantrags“ für den Revisionswerber im Irak haben würden, nicht auf.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es zur Dartuung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen (vgl. etwa VwGH 6.10.2022, Ra 2022/20/0277 bis 0278, mwN). Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass in der gesonderten Begründung der Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 17.11.2022, Ra 2022/20/0232, mwN).
Diesen Erfordernissen wird die vorliegende Revision nicht gerecht. Es wird darin lediglich pauschal eine Verletzung von Verfahrensbestimmungen behauptet, ohne konkret darzulegen, welcher Sachverhalt bei Vermeidung dieser Fehler hätte festgestellt werden können und inwiefern daraus in rechtlicher Hinsicht für den Revisionswerber ein günstigeres Ergebnis zu gewinnen gewesen wäre.
12 Zur Darlegung der Relevanz eines Verstoßes gegen das Erfordernis der Heranziehung aktueller Länderinformationen genügt es nicht, sich ändernde Verhältnisse durch Zitierung von Berichten zu behaupten, sondern es ist auch erforderlich, unter Anführung eines Belegs konkret aufzuzeigen, aufgrund welcher vor der Entscheidung verfügbarerer (aktuellerer) Berichte es zu geänderten, für den Revisionswerber günstigeren Feststellungen hätte kommen können (vgl. VwGH 26.9.2022, Ra 2022/20/0150, mwN). Daher wird die Zulässigkeit der Revision nicht damit dargelegt, dass sich diese auf im Übrigen nicht näher bezeichnete „zahlreiche Berichte“ bezieht.
13 Soweit der Revisionswerber zur Begründung der Zulässigkeit der Revision auf die allgemeine Berichtslage zum Irak verweist, ohne ein konkretes Vorbringen zu seiner individuellen Situation zu erstatten, ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Fremden gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. VwGH 29.6.2022, Ra 2022/20/0123, mwN).
14 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. erneut VwGH 28.7.2022, Ra 2022/20/0041, mwN). Derartiges zeigt der Revisionswerber mit seinem bloß allgemein gehaltenen Hinweis, dass sein Vorbringen einer ganzheitlichen Würdigung zu unterziehen gewesen wäre, nicht auf.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. Jänner 2023