Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Schimpfhuber, über die Revision des M M, vertreten durch Mag. Jürgen Zahradnik, Rechtsanwalt in Lambach, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 15. März 2021, LVwG 30.20 2605/20202, betreffend Übertretung des FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Am 15. Oktober 2019 wurde der Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, der als LKW Fahrer für ein Transportunternehmen mit Sitz in Ungarn auf einer Bundesstraße einen Transport verrichtete, durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes kontrolliert.
2 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark (belangte Behörde) vom 19. Juni 2020 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, sich anlässlich der Kontrolle am 15. Oktober 2019 zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten zu haben, weil er als Drittstaatsangehöriger ohne entsprechende Meldung nach dem Lohn und Sozialdumping Bekämpfungsgesetz (LSD BG), somit unerlaubt, einer Erwerbstätigkeit als LKWFahrer nachgegangen sei. Der Revisionswerber habe als Kraftfahrer einer ungarischen „Transportfirma“ in Österreich geladen und der Abladeort sei ebenfalls in Österreich gelegen. Nach § 120 Abs. 1a FPG verhängte die belangte Behörde eine Geldstrafe über den Revisionswerber, erklärte die anlässlich der Kontrolle eingehobene vorläufige Sicherheit für verfallen, rechnete diese auf die verhängte Strafe an und erlegte dem Revisionswerber die Verpflichtung zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens auf.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber über einen ungarischen Aufenthaltstitel verfüge und als Kraftfahrer bei einem Transportunternehmen mit Sitz in Ungarn beschäftigt sei. Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der öffentlichen Sicherheit am 15. Oktober 2019 habe der Revisionswerber als Lenker eines Sattelzuges einen Transport zwischen zwei in Österreich gelegenen Orten verrichtet. Betreffend diese Tätigkeit sei für den Revisionswerber eine Meldung nach § 19 Abs. 7 LSD BG erstattet gewesen, in der allerdings sein Vor und Zuname verwechselt sowie ein anderes Kfz Kennzeichen als jenes der anlässlich der Kontrolle verwendeten Zugmaschine angegeben worden sei. Auf rechtlicher Ebene ging das Verwaltungsgericht im Wesentlichen davon aus, dass die Meldung gemäß § 19 Abs. 1 LSD BG durch den Arbeitgeber in elektronischer Form zu erstatten und wegen der darin enthaltenen Fehler als „ungültig“ anzusehen sei. Die den Revisionswerber betreffende Meldung habe infolge ihrer Fehlerhaftigkeit bei einer elektronischen Abfrage (gemeint wohl: anlässlich der Kontrolle) nicht festgestellt werden können. Erkennbar geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die genannten Mängel der Meldung nach dem LSDBG eine die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet ausschließende unerlaubte Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers iSd. § 31 Abs. 1 Z 3 FPG begründen.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 28. Februar 2022, E 1685/2021 6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
6 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Diese behauptet in den Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit, dass das Verwaltungsgericht von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wonach sich die Erlaubtheit der vom Revisionswerber im Bundesgebiet ausgeübten Erwerbstätigkeit schon aus dem ihm zukommenden ungarischen Aufenthaltstitel ergebe und daher unabhängig von Fehlern in der Meldung nach dem LSD BG die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet nicht ausschließe.
7 Die belangte Behörde erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Die Revision ist zulässig und begründet.
9Der Revisionsfall gleicht in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht dem Fall, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Ra 2022/17/0092, entschieden hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort angeführten Erwägungen war auch das hier angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
10Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 22. Oktober 2025
Rückverweise