Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des M G in L, vertreten durch Mag. Dr. Martin Enthofer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 16/II, gegen das mit „10.03.2025“ datierte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (richtig: vom 10. April 2025), I412 2294227 1/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 11. Oktober 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 23. April 2024 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer am 25. März 2025 abgehaltenen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber verweist in der Begründung der Zulässigkeit der Revision darauf, dass die Beschwerdeverhandlung am 25. März 2025 stattgefunden habe. Das angefochtene (mit dem Datum „10.03.2025“ versehene) Erkenntnis weise „somit ein denkunmögliches und unrichtiges Datum“ auf. Dieser Fehler stelle eine über den konkreten Einzelfall in seiner Bedeutung hinausgehende Rechtswidrigkeit dar. Im angefochtenen Erkenntnis werde der Verfahrensgang „unrichtig bzw. unvollständig“ dargestellt. Es werde weder die am 25. März 2025 abgehaltene Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erwähnt, noch finde sich eine wie auch immer geartete Bezugnahme oder Zitierung des Vorbringens des Revisionswerbers. „Aus formaltechnischer Sicht“ nehme daher das angefochtene Erkenntnis auf Aussagen des Revisionswerbers Bezug, die in der angefochtenen Entscheidung „weder Erwähnung“ fänden „bzw. deren Existenz überprüfbar“ sei, weil „weder diese Vorbringen zugeordnet werden, noch zum Aktenbestandteil erklärt worden“ seien. Dies verunmögliche „jedwede Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit der (inhaltlich zu bestreitenden) belangten Behörde“, weil „der maßgebliche Sachverhalt weder zum Aktenbestandteil erklärt“ worden sei „und andererseits daher das angefochtene Erkenntnis auf unüberprüfbaren Entscheidungsgrundlagen“ basiere. Das angefochtene Erkenntnis weise „daher in sich begründete immanente Mängel auf bzw. erklärt sich lediglich aus den erstinstanzlich Vorbringen des Revisionswerbers, wobei die Erhebungen bzw. Vorbringen des Revisionswerbers im Zuge seiner zweitinstanzlichen Aussage vor dem BVwG am 25.03.2025 unüberprüfbar entweder Verwendung fanden oder auch nicht“. Dieser Formalmangel sei einer Heilung nicht zugänglich, sondern habe „zur zwingenden Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses zu führen“.
8 Soweit der Revisionswerber auf das im Erkenntnis aufscheinende Datum „10.03.2025“ Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 62 Abs. 4 AVG die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen kann. Dies gilt auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, weil gemäß § 17 VwGVG die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG auch von diesen anzuwenden ist. Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreicht, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides hätten erkennen können und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können. Bei der Beurteilung einer Unrichtigkeit als offenkundig im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG kommt es letztlich auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile (etwa die Begründung) bzw. auf den Akteninhalt an. Handelt es sich um offenbar auf Versehen beruhende Unrichtigkeiten, die nach § 62 Abs. 4 AVG jederzeit hätten berichtigt werden können, ist die Entscheidung auch vor einer Berichtigung bereits in der entsprechenden richtigen Fassung zu lesen (vgl. zu all dem etwa VwGH 14.4.2022, Ra 2022/14/0082 bis 0086, mwN).
9 Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts scheint zwar als Datum der Erstellung der Urschrift der 10. März 2025 auf. Jedoch ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Akten und der Begründung dieses Erkenntnisses ohne jeden Zweifel, dass es sich dabei um einen Schreibfehler handelt und die Unterfertigung der Urschrift tatsächlich am 10. April 2025 erfolgte. Das erhellt zum einen anhand der zeitlichen Abfolge der Protokollierung der jeweiligen Aktenstücke, die sich als nachvollziehbar darstellt, und ist zum anderen aus Aktenbestandteilen deutlich erkennbar, die ausdrücklich auf das Erkenntnis „vom 10.04.2025“ Bezug nehmen (wie der in Bezug zum Erkenntnis stehende „Kanzleiauftrag“ vom 11. April 2025, mit dem die dazugehörige Zustellverfügung erging, ebenso jener vom 16. April 2025, mit dem die neuerliche Zustellung der Ausfertigung des Erkenntnisses „vom 10.04.2025“ an die neue Adresse des Revisionswerbers verfügt wurde). Weiters findet sich auf der Urschrift ein (evident elektronisch angebrachter) Vermerk mit einer „Signaturinformation“, wonach die die Entscheidung treffende Richterin die Urschrift (elektronisch) am 10. April 2025 um „13:12:35+02:00“ unterzeichnet habe. Zudem nimmt das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erwägungen mehrfach ausdrücklich und inhaltlich auf die am 25. März 2025 stattgefundene Verhandlung Bezug, was aus dem Inhalt der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses und auch der über die Verhandlung aufgenommenen Niederschrift ohne Weiteres hervorgeht und ohne Aufwand zu entnehmen ist. Das Verwaltungsgericht setzt sich nämlich in seiner Begründung mit den während dieser Verhandlung vom Revisionswerber getätigten Aussagen ausführlich und umfassend auseinander.
10 Somit liegt hier in Bezug auf das im in Revision gezogenen Erkenntnis für die Genehmigung der Urschrift aufscheinenden Datum „10.03.2025“ evident ein der Berichtigung zugänglicher Schreibfehler vor.
11 Nach der zu § 29 VwGVG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Begründung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts jenen Anforderungen zu entsprechen, die in der Rechtsprechung zu § 58 und § 60 AVG entwickelt wurden. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl. VwGH 28.2.2024, Ra 2023/20/0619, mwN).
12 Im Hinblick auf die Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts wird der Anforderung, dass die maßgeblichen Erwägungen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen müssen, entsprochen, wenn dieser in den wesentlichen Punkten in der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wiedergegeben wird. Im Übrigen ist aber ein Verweis auf die Entscheidungsgründe des Bescheides der belangten Behörde zulässig (vgl. neuerlich Ra 2023/20/0619, mwN).
13 Diese Rechtsprechung wird vom Revisionswerber wie sich aus seinem Vorbringen ergibt völlig missverstanden. Nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung handelt es sich bei den zentralen Elementen der Begründung einer Entscheidung um die Darlegung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung. Die dabei jeweils erforderlichen Inhalte und der Umfang haben sich nach den Erfordernissen des konkret zu entscheidenden Falles zu richten. Dabei kann es sich fallbezogen als zweckmäßig erweisen, auch den Verfahrensgang samt dem Vorbringen eines Antragstellers darzustellen. Mitunter kann auch dem Gang des Verfahrens eine für die zu treffende Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommen (im Besonderen etwa im Fall einer verfahrensrechtlichen Entscheidung), sodass dieser nach Lage des Falles den entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalt bilden kann (vgl. ausführlich zu den an die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu stellenden Anforderungen VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).
14 Die Pflicht zur Begründung einer Entscheidung stellt jedoch keinen Selbstzweck dar. Ein Begründungsmangel führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung, wenn dadurch entweder die Rechtsverfolgung durch die Parteien oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. VwGH 24.2.2023, Ra 2019/22/0107; 14.11.2024, Ra 2024/01/0383, jeweils mwN).
15 Dass und warum das Bundesverwaltungsgericht im Sinn der zitierten Rechtsprechung im vorliegenden Fall der Pflicht zur Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht nachgekommen sein sollte, ist dem in der Revision enthaltenen Vorbringen, in dem anderes bloß unsubstantiiert behauptet wird, nicht ansatzweise zu entnehmen. Auch ergibt sich aus den Ausführungen in der Revision nicht, warum es für die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ein wesentliches Sachverhaltselement dargestellt haben sollte, dass im Beschwerdeverfahren eine Verhandlung stattgefunden hat, sodass bei der Schilderung des Verfahrensganges des Beschwerdeverfahrens und den Feststellungen jedenfalls auf die Durchführung einer Verhandlung hätte hingewiesen werden müssen. Das gilt auch für die Wiedergabe des Antragsvorbringens. Im Übrigen enthält das angefochtene Erkenntnis im Rahmen der Einleitung der beweiswürdigenden Erwägungen ohnedies den ausdrücklichen Hinweis, dass „am 25.03.2025 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt“ worden sei (S 108 des angefochtenen Erkenntnisses). Auch an anderen Stellen nahm das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf die Verhandlung und die dort vom Revisionswerber gemachten Angaben Bezug (siehe etwa S. 110, 111, 113, 114, 116 des angefochtenen Erkenntnisses). Dass sich aber das Bundesverwaltungsgericht (unter anderem auch) mit den in der Verhandlung aufgenommenen Beweisen unter Bedachtnahme auf die zur Begründung des Antrages vom Revisionswerber aufgestellten Behauptungen ausführlich auseinandergesetzt hat, wurde bereits oben erwähnt.
16 Das Vorbringen des Revisionswerbers läuft im Grunde darauf hinaus, dass seiner Ansicht nach das Verwaltungsgericht verpflichtet wäre, in der Begründung einer von ihm getroffenen Entscheidung den gesamten Akteninhalt wiederzugeben. Eine solche Pflicht ist dem Gesetz allerdings nicht zu entnehmen.
17 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 23. Juni 2025