Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofräte Dr. Fasching, Mag. Brandl, Dr. Terlitza und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision der Dr. X in W, vertreten durch Dr. Georg Kahlig und Mag. Gerhard Stauder, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Siebensterngasse 42 44/3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 31. August 2023, Zl. VGW 152/099/10002/2023 22, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache den Antrag der Revisionswerberin, einer deutschen Staatsangehörigen vom 21. Oktober 2020, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Soweit die Revision ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 1 Z 6 StbG behauptet und sich dabei auf ältere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 4.4.2001, 2000/01/0135; 25.3.2003, 2001/01/0601) stützt, wird damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgeworfen, weil diese Rechtsprechung zu einer nicht mehr aktuellen Rechtslage ergangen ist (vgl. VwGH 21.10.2021, Ra 2021/01/0335). Maßgeblich ist vielmehr die im Gefolge der Staatsbürgerschaftsrechts Novelle 2005 (BGBl I Nr. 37/2006) ergangene jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 18.3.2022, Ra 2022/01/0056; zur Bedeutung dieser Novelle für die Auslegung des § 10 Abs. 1 und 2 StbG vgl. auch VwGH 10.12.2021, Ra 2021/01/0291).
6 Demnach ist bei der Prüfung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ein strenger Maßstab anzulegen und handelt es sich bei der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Prognose über das zukünftige Wohlverhalten des Verleihungswerbers um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die vom Verwaltungsgerichtshof im Revisionsmodell nur aufzugreifen ist, wenn das Verwaltungsgericht seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat (vgl. VwGH 30.9.2024, Ra 2024/01/0268, mwN, unter ausdrücklichem Hinweis auf die erwähnte „jüngere Rechtsprechung“).
7 Soweit die Revision zur Zulässigkeit weiters vorbringt, es fehle Rechtsprechung zur Frage, „ob auch bei einer leicht fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung“ eine negative Verhaltensprognose gerechtfertigt sei, oder ob dies „ein vorsätzliches oder zumindest grob fahrlässiges Verhalten voraussetzt“, ist dem zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht seine Beurteilung nicht bloß auf die damit angesprochene, zuletzt von der Revisionswerberin begangene Übertretung der StVO, sondern auf insgesamt neun rechtskräftige Bestrafungen wegen verschiedener Verwaltungsübertretungen gestützt hat. Das rechtliche Schicksal der Revision hängt demnach von der Lösung der behaupteten Rechtsfrage nicht ab (vgl. zu diesem Erfordernis etwa VwGH 3.10.2024, Ra 2023/10/0020, mwN).
8 In der Revision wird sohin weder ein Abweichen von der maßgeblichen (jüngeren) Rechtsprechung aufgezeigt, noch dargelegt, welche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hätte.
9 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt aber ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen vgl. für viele etwa VwGH 16.12.2024, Ra 2022/17/0011; 10.4.2025, Ra 2024/02/0118, jeweils mwN).
10 Mangels Überschreiten der Zulässigkeitsschwelle war es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, Fragen der allfälligen inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 24.7.2024, Ro 2022/05/0017, Rn. 15, mwN).
11 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 15. Mai 2025