JudikaturVwGH

Ra 2022/08/0066 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
28. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision der L GmbH als Masseverwalterin im Konkursverfahren der A GmbH, vertreten durch Prof.Dipl.Ing.Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2022, G312 20033031/11E, betreffend Pflichtversicherung und Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse; mitbeteiligte Parteien: 1. W F und 2. A M; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische GesundheitskasseÖGK) vom 9. August 2010 aus, die Mitbeteiligten seien aufgrund ihrer Tätigkeit als Servicetechniker für die A GmbH während im Einzelnen genannter Zeiträume in den Kalenderjahren 2002 bzw. 2004 der „Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht“ gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen. Die A GmbH habe in diesem Zusammenhang an die ÖGK Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge sowie Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt € 25.695,89 nachzuentrichten.

2Mit Beschluss eines Landesgerichtes vom 14. Dezember 2018 war über das Vermögen der A GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden. In diesem Konkursverfahren hatte die Steiermärkische Gebietskrankenkasse eine Forderung in der Höhe von € 55.996,61 angemeldet, die die revisionswerbende Partei (als Masseverwalterin im Konkursverfahren) zunächst bestritten hatte. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Wiener Neustadt vom 12. Februar 2022 wurde der Konkurs nach der Schlussverteilung aufgehoben. Die A GmbH wurde in der Folge wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht.

3 Im Insolvenzverfahren zog die revisionswerbende Partei (als Masseverwalterin im Konkursverfahren) mit Schriftsatz vom 9. August 2022 (und somit nach Einbringung der vorliegenden Revision) die Bestreitung der Forderung der ÖGK zurück, erkannte ausdrücklich „die gesamte Forderung der [ÖGK] in der angemeldeten Höhe“ an und hielt fest, aufgrund der nunmehr vorliegenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichtes werde die Führung „weiterer Verfahren für nicht zielführend“ erachtet. Die ÖGK legte diesen Schriftsatz dem Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung vor.

4 Der Verwaltungsgerichtshof räumte der revisionswerbenden Partei die Möglichkeit ein, vor dem Hintergrund dieses Schriftsatzes zur Frage Stellung zu nehmen, inwieweit weiterhin ein Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung über die Revision bestehe; die revisionswerbende Partei machte davon keinen Gebrauch.

5Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist eine Prozessvoraussetzung für ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses an der inhaltlichen Erledigung. Ein solches ist immer dann zu verneinen, wenn es (etwa auf Grund geänderter Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben, wenn also durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Revisionswerbers an der Entscheidung wegfällt. Liegt das Rechtsschutzbedürfnis schon bei Einbringung der Revision nicht vor, ist diese unzulässig (§ 34 Abs. 1 VwGG), fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens als gegenstandslos nach § 33 Abs. 1 VwGG (vgl. etwa VwGH 18.6.2023, Ra 2023/03/0086, mwN).

6 Die mit dem angefochtenen Erkenntnis vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge sind Teil jener Forderung der ÖGK, die die revisionswerbende Partei als Masseverwalterin im Konkursverfahren nach Revisionserhebung ausdrücklich anerkannte. Unter Berücksichtigung der Erklärungen im Insolvenzverfahren ist nicht zu erkennen, dass für die revisionswerbende Partei noch ein Rechtsschutzbedürfnis an der Entscheidung über die vorliegende Revision besteht.

7Die Revision war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

8Da nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand beurteilt werden kann, welchen Ausgang das Verfahren genommen hätte, wenn keine Gegenstandslosigkeit eingetreten wäre, wurde gemäß § 58 Abs. 2 VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass ein Kostenersatz nicht stattfindet (vgl. etwa VwGH 4.10.2016, Ra 2015/08/0072, mwN).

Wien, am 28. Juli 2025