Spruch
W200 2310501-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und den Richter Mag. PLESCHBERGER sowie die fachkundige Laienrichterin Frau SCHRENK als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (SMS) vom 25.02.2025, OB: XXXX , beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 17.03.2023 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: SMS, belangte Behörde) einen Antrag auf Leistungen nach dem Impfschadengesetz aufgrund der ihm am 15.05.2021, 26.06.2021 und 29.11.2021 verabreichten COVID-19-Impfungen, Pfizer/BioNTech (Comirnaty), FA4598, FD6840 und FH9951. Die ersten Symptome seien am 20.05.2021 aufgetreten und würden bis heute andauern.
Der Beschwerdeführer beschreibt den Krankheitsverlauf dahingehend, dass er nach der ersten Impfung extreme Einschränkungen des Bewegungsapparates, Herzrasen und Kurzatmigkeit verspürt habe und die Thrombosegefahr angestiegen sei. Er habe eine Faktor V Leiden-Mutation. Er leide unter Konzentrationsstörungen und Atemnot. Er sei körperlich nicht mehr belastbar, seine Muskeln seien angeschwollen und er habe starke chronische Schmerzen. Er habe alles im Impfzentrum bekannt gegeben, dies sei abgetan worden mit den Worten: „Von der Impfung kann das nicht sein.“ Nach der dritten Impfung habe er dies seinem Hausarzt, mehreren Fachärzten und Chefärzten bekanntgegeben. Er sei überall mit den Worten „Wir sind nicht zuständig“ abgewiesen worden.
Das SMS holte ein Gutachten aufgrund der Aktenlage eines Facharztes für Innere Medizin vom 27.05.2024 ein, welches auszugsweise lautet wie folgt:
„[…] DIAGNOSEN
1. PULMOLOGISCH
1.1. Schlafapnoesyndrom
1.1.1. AHI 60
1.2. Pulmonalarterielle Embolie 2021
1.3. COPD II
2. KARDIOVASKULÄR
2.1. Hypertonie
2.2. Tiefe Venenthrombose 3 Etagen mit Pulmonalarterieller Embolie 2021
2.3. Chronisch venöse Insuffizienz
2.4. EF im unteren Normbereich
2.5. Diastolische Funktionsstörung Grad I
2.6. cAVK I (Plaques beidseits Bifurkationsbereich)
2.7. Noduläre Auftreibung der linken Nierenarterie
3. GASTROENTEROLOGISCH
3.1. Steatosis hepatis
3.1.1. TA erhöht
3.2. Pankreaslipomatose
4. HÄMATOLOGISCH
4.1. Faktor V Leiden Mutation
5. DERMATOLOGISCH
5.1. Hidradenitis suppurativa
5.1.1. 2020 Ulcus skrotal
5.1.2. S.p. Humira
5.1.3. S.p. multiplen Operationen
5.2. Akne inversa
5.3. Gangrän/Ulcus am lateralen linken USCH nach Insektenstich
6. STOFFWECHSEL
6.1. Adipositas Grad III BMI 40
6.2. Kombinierte Hyperlipidämie
6.3. Diabetes mellitus
6.4. Hyperurikämie
7. Nikotinabusus
8. PSYCHE
8.1. Depressio
9. HNO
9.1. Ronchopathie
9.2. Chron Laryngitis
9.3. Cerumen obturans
10. UROLOGISCH
10.1. BPH
11. ORTHOPÄDISCH
11.1. Tendovaginitis HG re
11.2. Cervikalsyndrom
[…]
ZUSAMMENFASSUNG
Aufgrund der chronischen Erkrankung war es dem Klienten nicht möglich, persönlich zu einer Untersuchung zu erscheinen. Mit der zuständigen Abteilung des Sozialministeriums wurde vereinbart, ein aktenbasiertes Gutachten zu erstellen. Aus dem Studium von 202 Seiten Akten geht hervor.
Der Klient gibt am Aktenblatt 4 die Symptome a) Herzrasen, b) Kurzatmigkeit, c) Anschwellen der linken Hand, d) Kopfschmerzen, e) Konzentrationsstörungen, und f) fehlende Belastbarkeit und g) „beim Bücken verreist Abbiegen nicht möglich“ als Folge der Impfung gegen SARS-CoV-2 an. Hierzu ist anzumerken, dass an einer Stelle (Aktenblatt 4) die Symptome bereits nach der ersten Impfung aufgetreten seien, an einer weiteren Stelle (Aktenblatt 7) der vorliegenden Unterlagen treten sie nach der dritten Impfung auf.
Ad a) Herzrasen: Auf keinem Befund bei unzähligen Arztbesuchen gibt es einen Hinweis auf (tachycarde) Rhythmusstörungen.
Ad b) Kurzatmigkeit: Schon vor der Impfung liegt bei dem Klienten eine bekannte Einschränkung der Lungenfunktion im Sinne einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung bei chronischem Tabakkonsum vor. Außerdem erlitt er im März 2021 (2 Monate vor der ersten, 8 Monate vor der dritten Impfung eine pulmonalarterielle Embolie in mehreren Segmenten auf dem Boden einer häufig vorkommenden Thrombophilie und Ruhigstellung der linken unteren Extremität wegen eines operativen Eingriffes bei einem großen nekrotisch-gangränösen Ulkus. Die Impfung hat in diesem Fall nichts mit der Embolie zu tun. Die Ursache der Dyspnoe liegt somit mehr bei der chronischen Lungenerkrankung und dem Zustand nach pulmonalarterieller Thromboembolie. Hierzu sei auf die Diagnosen 1, 2, 6, 7 und 9 hingewiesen.
Ad c) Anschwellen der linken Hand: Dieses Symptom wird in keinem Befund erwähnt. Auf einem Befund wird eine Tendovaginitis des rechten Handgelenks erwähnt. Auf Aktenblatt 194 gibt es einen Hinweis auf Hypästhesien oder Parästhesien im Bereich der linken oberen Extremität. Hinzu kommt, dass der Klient unter einer rezidivierenden Erkrankung der Glandulae sudoriferae leidet. Daher kann ein Zusammenhang mit der Impfung nicht hergestellt werden.
Ad d) Kopfschmerzen: Cephalea ist eine häufige unerwünschte Arzneimittelwirkung, aber auch ein sehr unspezifisches und allgemeines Symptom. An einer Stelle wurde ein Cervicalsyndrom diagnostiziert, welches häufig als Ursache für Cephalea gilt.
Am 29.11.2021 (Aktenblatt 190) wurde dem Klienten Diclofenac verschrieben. Aus den Akten geht jedoch nicht hervor, wofür die Verschreibung erfolgte.
Ad e) Konzentrationsstörungen werden häufig bei den Diagnosen Long-Covid und Post-Covid beobachtet. In Zusammenhang mit der Impfung sind diese nicht beschrieben. Hinweise auf eine COVID-19 Erkrankung finden sich in den Unterlagen nicht.
Ad f) Fehlende Belastbarkeit ist ebenso ein multifaktorielles Beschwerdebild, welches auch in Zusammenhang mit ME-CFS als so genannte PEM (post-exertional Malaise) beschrieben wird. Allerdings trägt auch ein obstruktives Schlafapnoesyndrom sowie eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung zu fehlender Belastbarkeit bei.
Ad g) Die unter „beim Bücken verreist Abbiegen nicht möglich“ vorliegende Symptomatik erschließt sich mir nur zu Teilen. Es dürfte sich um eine traumatische Veränderung im Bereich des Stützapparates handeln. Hierfür kann ein Zusammenhang mit der Impfung nicht hergestellt werden.
I. Welchem Krankheitsbild bzw. welcher Gesundheitsbeeinträchtigung entspricht die geltend gemachte Gesundheitsschädigung?
a) Tachykardie
b) Dyspnoe
c) Gelenk-/Weichgewebsschwellungen
d) Cephalea
e) Konzentrationsstörungen
f) Fatigue
g) Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
II. Ergeben sich daraus maßgebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen?
Ja, allerdings wie in der Zusammenfassung angeführt, stehen diese Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht im Zusammenhang mit der angeschuldigten Impfung.
III. Sind die Symptome als Impfreaktion oder Impfkomplikation in der Literatur bekannt?
Wie auf den Seiten 14 bis 16 angeführt, lassen sich die angegebenen Symptome nicht mit der Impfung in Zusammenhang bringen, daher können auch keine wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Thema angeführt werden.
IV. Welche ärztliche Befunde sprechen für den Zusammenhang der vorliegenden Gesundheitsschädigung mit der Impfung?
Wie in der Zusammenfassung (Seite 14-16) angeführt, weisen die vorliegenden Befunde (Seite 9-13) nicht auf einen Zusammenhang mit der Impfung hin.
V. Wie gewichtig ist jede einzelne dieser Schlussfolgerung?
gewichtig
VI. Welche ärztliche Befunde sprechen gegen einen Zusammenhang mit der Impfung?
In der Zusammenfassung (Seite 14-16) habe ich die unterschiedlichen Symptome versucht einer bekannten Impfkomplikation zuzuordnen, dies ist allerdings nicht möglich.
VII. Wie gewichtig ist jede einzelne dieser Contra-Schlussfolgerung?
gewichtig
VIII. Spricht im Sinne der gesamtheitlichen Sicht erheblich mehr für oder erheblich mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang?
Es spricht erheblich mehr GEGEN einen ursächlichen Zusammenhang.
IX. Ist daher aus ärztlicher Sicht ein bzw kein wahrscheinlicher Zusammenhang anzunehmen?
Es ist KEIN Zusammenhang anzunehmen.
X. Insbesondere sind folgende Kriterien zu prüfen:
A. Besteht ein klarer zeitlicher Zusammenhang?
Nein
B. Entspricht die Symptomatik im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Impfung?
Nein
C. Gibt es eine andere (wahrscheinlichere) Erklärungsmöglichkeit der Äthiologie?
Für jede einzelne Gesundheitsstörung, welche vom Klienten angegeben wurde beziehungsweise so sie überhaupt dokumentiert ist, gibt es eine wahrscheinlichere Ursache, (s. Seiten 14-16).
XI. Hat die Impfung eine zumindest über 3 Monate andauernde Gesundheits-schädigung verursacht?
Nicht anwendbar
A. Wenn ja, hat sich die Gesundheitsschädigung im Verlauf in ihrer Schwere maßgeblich verändert?
Nicht anwendbar
B. Können daher für bestimmte Zeiträume bestimmte Schweregrade angegeben werden?
Nicht anwendbar
XII. Hat die Impfung zwar keine Dauerfolgen, aber eine schwere Körperverletzung nach §84 Abs. 1StGB bewirkt?
Nicht anwendbar […]“
Im gewährten Parteiengehör zu dem Gutachten aufgrund der Aktenlage brachte der Beschwerdeführer am 13.08.2024 eine Stellungnahme ein, in der er zusammengefasst ausführte, dass ein Antigentest nicht aussagekräftig und er auch nicht auf Post-Covid getestet worden sei. Es seien weder irgendwelche Tests noch - wie versprochen - eine Videotelefonie mit dem befassten Gutachter durchgeführt worden. Es sei bereits ein Grad der Behinderung von 60% festgestellt worden.
Das SMS holte aufgrund des Parteiengehörs eine Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin vom 19.02.2025 ein, dessen für die gegenständliche Entscheidung relevanten Passagen lauten wie folgt:
„[…] ZUSAMMENFASSUNG
Es gibt keine gravierenden neuen Erkenntnisse. Daher ändert sich auch die Aussage des Gutachtens nicht. Die Argumentation ist dieser Stellungnahme nochmals beigefügt.
AKTENBASIERTES GUTACHTENA/VIDEOTELEFONIE
Meine Assistentin hat in einem Telefonat die Möglichkeit der Videotelefonie angesprochen, dennoch wurde ein möglicher Termin vom Klienten mehrmals nach hinten verschoben, da er Befunde abwarten wollte und sich sehr schwach fühlte.
Am 27.02.2024 wurde von Frau XXXX per E-Mail nachgefragt, ob zwischenzeitlich doch eine Untersuchung stattfinden konnte oder ob eventuell eine aktenmäßige Beurteilung möglich sei.
Am 19.3.2024 antwortete meine Assistentin, dass sie in der Zwischenzeit mit Herrn XXXX gesprochen habe, der sich außerstande sähe, einen Termin in der Ordination wahrnehmen zu können.
Herr XXXX wurde von ihr informiert, dass ein aktenbasiertes Gutachten erstellt würde, und er wies lediglich darauf hin, dass er 1.800 Seiten Befunde ans Sozialministerium geschickt hätte, was meine Assistentin im Vorfeld abklärte und Fr. XXXX am 21.3.2024 per E-Mail richtig stellte und um eine aktenbasierte Beurteilung bat.
Wir sind von einem Einverständnis des Klienten ausgegangen. Der e-Mail Verkehr mit dem Sozialministeriumservice liegt vor.
HÄTTE EINE VIDEOTELEFONE EINE ÄNDERUNG DES GUTACHTENS GEBRACHT?
Die Befunde hätten sich wohl auch bei einem direkten Gespräch nicht geändert, eine klinische Untersuchung hätte auch virtuell nicht stattfinden können. Daher ist nicht davon auszugehen, dass eine Online-Besprechung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. […]“
In weiterer Folge wurde der Antrag vom 17.03.2023 mit Bescheid vom 25.02.2025 abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte Gutachten samt Stellungnahme verwiesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zusammengefasst unter anderem vorgebracht, dass nie eine physische Begutachtung des Beschwerdeführers stattgefunden habe. Er sei weder von dem befassten Facharzt für Innere Medizin noch von einem anderen Arzt untersucht worden. Ihm seien ein Telefonat und eine Videokonferenz versprochen worden, beides habe nicht stattgefunden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt hervorgehoben (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind.
Der Umstand, dass gegebenenfalls (punktuelle) ergänzende Einvernahmen durchzuführen wären, rechtfertigt nicht die Zurückverweisung; vielmehr wären diese Einvernahmen, sollten sie wirklich erforderlich sein, vom Verwaltungsgericht - zweckmäßigerweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - durchzuführen. (Ra 2015/08/0178 vom 27.01.2016)
In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN). (VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Aus der Einsichtnahme in das Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie vom 10.12.2024 nach dem Bundesbehindertengesetz (BBG), welches vom SMS auf Aufforderung vorgelegt wurde, ergibt sich, dass der BF im März 2024 - sohin wenige Wochen vor der Gutachtenserstellung - stationär in der Psychiatrie XXXX aufgenommen war und an einer Belastungsreaktion mittleren Grades leidet. Die Aufnahme sei in Begleitung der Polizei erfolgt, da der BF Suizidäußerungen getätigt habe. Festzuhalten ist daher, dass der BF sich zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung bzw. kurz davor in einem psychischen Ausnahmezustand befand. Aus dem genannten Gutachten nach dem BBG ergibt sich, dass der Beschwerdeführer der Ladung zur persönlichen Untersuchung am 10.12.2024 im Verfahren nach dem BBG Folge geleistet hat, sodass ihm das Fernbleiben von einer Untersuchung im gegenständlichen Verfahren unter Zugrundelegung des psychiatrischen Zustandes zum damaligen Zeitpunkt nicht als Verletzung seiner Mitwirkungspflicht ausgelegt werden kann.
Der Facharzt für Innere Medizin stellte ohne jegliche Untersuchung des Beschwerdeführers eine Diagnose. Das Gutachten vom 27.05.2024 basiert ausschließlich auf der Aktenlage. Bereits in der im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme rügte der Beschwerdeführer unter anderem, dass keine Tests oder die versprochene Videotelefonie durchgeführt worden seien. Eine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers fand auch in weiterer Folge nicht statt. Auch wenn dem Gutachten aufgrund der Aktenlage 202 Seiten Aktenstudium zugrunde liegen, war es dem befassten Sachverständigen nicht möglich, sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer zu verschaffen und dessen geltend gemachte Gesundheitsschädigungen zu beurteilen.
Der Beschwerdeführer machte in dem verfahrenseinleitenden Antrag unter anderem geltend, dass er unter Herzrasen, Kurzatmigkeit, einem Anschwellen der linken Hand, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und einer mangelhaften Belastbarkeit leide. Zwar wird in dem Gutachten vom 27.05.2024 auf alle diese Gesundheitsschädigungen und etwaige vorhandene Befunde eingegangen; der befasste Gutachter führt aber beispielsweise hinsichtlich des Herzrasens oder des Anschwellens der linken Hand lediglich aus, dass es in den Unterlagen keine Hinweise auf derartige Symptome gebe. Auch wird im Zusammenhang mit den Kopfschmerzen festgehalten, dass dem Beschwerdeführer Diclofenac verschrieben worden sei, aber aus den Akten nicht hervorgehe, wofür die Verschreibung erfolgt sei.
Das SMS hätte dafür sorgen müssen, dass der befasste Gutachter sich hinsichtlich aller geltend gemachter Gesundheitsschädigungen einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen kann und dessen Gesundheitszustand darauf aufbauend beurteilt.
Der erkennende Senat ist nach Durchsicht der vorliegenden medizinischen Unterlagen sohin der Ansicht, dass die ohne persönliche Untersuchung vorgenommene Einschätzung des Sachverständigen nicht bedenkenlos nachvollzogen werden kann und das SMS verpflichtet gewesen wäre, ein Gutachten eines Facharztes bzw. Fachärztin für Innere Medizin basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers einzuholen.
Die ins Treffen geführte Videotelefonie als Ersatz für eine persönliche Untersuchung kann, wie der Sachverständige in der Stellungnahme vom 19.02.2025 darlegt, keine klinische Untersuchung ersetzen, weswegen das SMS im fortgesetzten Verfahren ein Sachverständigengutachten aus der Inneren Medizin auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers einzuholen haben wird.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall einerseits keinerlei Feststellungen getätigt sowie andererseits notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen. In weiterer Folge erweist sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Entscheidung als derartig mangelhaft, dass weitere Ermittlungen in Form einer Einholung eines Gutachtens basierend auf einer Untersuchung von einem fachlich geeigneten Gutachter bzw. einer fachlich geeigneten Gutachterin erforderlich sind:
In diesem Zusammenhang hat der VwGH wie folgt ausgeführt:
Für den Fall, dass bereits vor Setzen der betreffenden Tathandlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 eine bestimmte Grunderkrankung bestanden haben sollte, sind konkrete Feststellungen zu dieser Grunderkrankung zu treffen, und es ist diesbezüglich darzulegen, welche konkreten Umstände oder Vorfälle einen unbedenklichen Rückschluss auf eine solche schon zuvor bestehende Erkrankung zulassen (vgl. VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027; 21.8.2014, Ro 2014/11/0044). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)
Anschließend ist - aufbauend auf die konkreten Feststellungen zur Gesundheitsschädigung (sowie zu einer allfälligen Grunderkrankung) und zu den jeweiligen Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 - die rechtliche Beurteilung vorzunehmen, ob ein Kausalzusammenhang mit der für das VOG 1972 erforderlichen Wahrscheinlichkeit zwischen der Gesundheitsschädigung und den Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 besteht, und zwar auf der Basis von Feststellungen, denen ein ärztliches Sachverständigengutachten zugrunde zu legen ist (VwGH 26.4.2018, Ra 2018/11/0072, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)
Weiters hat der VwGH zur Frage der Feststellungen in Verfahren nach dem Impfschadengesetz wie folgt entschieden:
Die Frage, ob iSd. § 2a Abs. 1 Impfschadengesetz durch die Impfung eine schwere Körperverletzung iSd. § 84 Abs. 1 StGB bewirkt worden ist, setzt klare Feststellungen voraus, welcher Art und Intensität die geltend gemachten Schädigungen sind (vgl. zu dieser Anspruchsvoraussetzung im VOG, welches insoweit als Vorbild des § 2a Abs. 1 Impfschadengesetzes diente [RV 105 BlgNR 18. GP 5], VwGH 14.12.2015, Ro 2014/11/0017). (VwGH 20.02.2023, Ra 2022/11/0144)
Zwecks Prüfung von auf § 1 Abs. 1 VOG 1972 gestützten Ansprüchen hat das VwG erstens konkrete Feststellungen zu der ins Treffen geführten Gesundheitsschädigung und zweitens einwandfreie und umfassende Feststellungen zu den potentiell für die Gesundheitsschädigung kausalen Tathandlungen zu treffen, und zwar insbesondere hinsichtlich Beginn, Dauer, Häufigkeit und Art der behaupteten Handlungen (vgl. z.B. VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)
Das SMS wird daher an die/den Fachärztin/-arzt für Innere Medizin insbesondere folgende Fragen zu stellen haben:
1.) An welchen (Grund-)Erkrankungen hat der Beschwerdeführer vor Verabreichung der ersten COVID Impfung gelitten?
Es hat eine konkrete Aufschlüsselung der Diagnosen in zeitlicher Hinsicht zu erfolgen.
2.) An welchen Erkrankungen hat der Beschwerdeführer nach der Verabreichung der ersten COVID Impfung gelitten?
3.) An welchen Erkrankungen hat der Beschwerdeführer nach der Verabreichung der zweiten COVID Impfung gelitten?
4.) An welchen Erkrankungen hat der Beschwerdeführer nach der Verabreichung der dritten COVID Impfung gelitten?
5.) a) Ist der unter 2.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?
b) Ist der unter 3.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?
c) Ist der unter 4.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?
Hinweis: Folgende Kriterien sind lt. VwGH ausschlaggebend:
a) Es muss ein klarer zeitlicher Zusammenhang bestehen, das heißt die sogenannte Inkubationszeit muss stimmen.
b) Die Symptomatik des als Ursache der späteren Behinderung angesehenen akuten "Schadensereignisses" soll im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Virusinfektion entsprechen.
c) Da ein direkter Nachweis eines ätiologischen Zusammenhangs mit der Impfung im Nachhinein nicht möglich ist, wird zumindest das Fehlen einer anderen (wahrscheinlicheren) Erklärungsmöglichkeit der Ätiologie gefordert.
d) Falls die Impfung nicht alleinige Ursache ist, wird um Beurteilung ersucht, ob die angeschuldigten Impfung als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat.
6.) Für den Fall, dass Pkt. 5.) a, b oder c) bejaht wird
a) Hat die Impfung eine zumindest über 3 Monate andauernde Gesundheitsschädigung verursacht?
b) Hat die Impfung eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung verursacht?
7.) Falls die Kausalität unter Pkt. 5. verneint wird, ist unter anderem die Frage zu beantworten:
Worauf ist der festgestellte Leidenszustand zurückzuführen?
8.) Es hat eine ausführliche Darlegung zu erfolgen, was für den Einfluss der Impfung auf die unter Pkt. 4 festgestellten Leiden spricht und was dagegen.
Spricht erheblich mehr für oder gegen einen ursächlichen Zusammenhang und warum?
Sind die Symptome als Impfreaktion oder Impfkomplikation in der Literatur bekannt?
Ist die Differentialdiagnose anderer möglicher Erkrankungen abgeklärt?
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde wie bereits ausgeführt ein entsprechendes Sachverständigengutachten basierend auf einer Untersuchung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers vor und nach der Impfung einzuholen haben und die Ergebnisse unter Einbeziehung der vorgelegten medizinischen Beweismittel bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.
Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch darauf, dass dem SMS bereits aufgrund der Einwände des Beschwerdeführers im Parteiengehör bewusst war, dass eine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers wohl unumgänglich ist. Der befasste Sachverständige legt auch in der Stellungnahme dar, dass die ins Treffen geführte Videotelefonie keine klinische Untersuchung ersetzen könne, weswegen nicht davon auszugehen sei, dass eine Online-Besprechung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.
Der erkennende Senat ist daher der Ansicht, dass dem SMS auch in weiterer Folge bewusst war, dass es im gegenständlichen Fall unzureichende Ermittlungen getätigt hat bzw. Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.
Von den vollständigen Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein und in weiter Folge wird das SMS eine Entscheidung zu treffen haben.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.