Spruch
W200 2297035-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und den Richter Mag. PLESCHBERGER sowie die fachkundige Laienrichterin Frau SCHRENK als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (SMS) vom 19.07.2024, OB: XXXX , beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 16.12.2022 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: SMS, belangte Behörden) einen Antrag auf Leistungen nach dem Impfschadengesetz aufgrund der ihm am 09.11.2021, 03.02.2021 und 13.01.2021 verabreichten COVID-19-Impfungen, Pfizer/BioNTech (Cormirnaty), FH0161, EJ6797 und EJ6796. Die ersten Symptome seien am 21.08.2022 bzw. am 09.03.2022 aufgetreten und würden bis jetzt anhalten.
Der Beschwerdeführer beschreibt den Krankheitsverlauf zusammengefasst dahingehend, dass er am 21.08.2022 selbst eine Thrombose im linken Bein festgestellt habe. Die Diagnose sei durch einen Radiologen bestätigt worden. Seither bestehe die Thrombose im linken Bein. Im März dieses Jahres habe er eine Schlüsselbeinfraktur gehabt. Postoperativ habe sich eine Phlebitis rund um die Einstichstelle des Venenflons gebildet. Im Sommer dieses Jahres habe er eine eigenartige Hautveränderung in der Halsregion gehabt, die er immer als unspezifisches Ekzem abgetan habe. Auch dieses Ekzem habe durch eine oberflächliche Thrombophlebitis verursacht werden können. Daher habe er die Thrombophlebitis der V. saphena magna als Thrombophlebitis saltans gewertet, der entweder ein Malignom oder eine Autoimmunerkrankung zugrunde liegen könnten. Untersuchungen hätten keinen Hinweis auf ein Malignom ergeben, daher hege er den Verdacht, dass durch die mRNA der angeschuldigten Impfung eine Autoimmunerkrankung bzw. eine Veränderung seines Gerinnungssystems ausgelöst worden sei, das für die von ihm geschilderten Symptome verantwortlich sei. Die jetzt nach medizinischen Richtlinien durchgeführte Antikoagulation mit einem NOAC sehe er als ausreichende körperliche Einschränkung bzw. Gesundheitsschädigung an, um nach § 84 Abs. 1 StGB eine schwere Körperverletzung darzustellen, auch wenn diese nach 3 Monaten vermutlich beendet werden könne. Ob eine Dauerfolge im Sinne des § 2 ISG bestehen bleiben werde, sei derzeit noch nicht absehbar. Eine Vernarbung der V. saphena magna, eine Operation mit Entfernung der Vene und ziehende Schmerzen würden vermutlich bleiben.
Das SMS holte ein Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 18.04.2023, basierend auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.03.2023, ein, welches auszugsweise lautet wie folgt:
„[…] Impfanamnese:
Es sind insgesamt 3 Impfungen mit dem Covid-19-Vakzin Biontech- Pfizer/Comirnaty erfolgt mit Verabreichung am 3.1.2021, am 3.2.2021 und am 9.11.2021.
Am 21.8.2022 (also 9 Monate nach der 3. Covid-19-Boosterung) ist am linken Bein eine oberflächliche Venenentzündung und Thrombose festgestellt worden, wobei auffallend gewesen sei, dass dieses Bein (im Gegensatz zum rechten Bein mit vorliegender Varikositas) keine Anzeichen eines Krampfadernleidens vorherig gezeigt hatte. Die klinische Selbstdiagnose wurde dann über eine Ultraschalluntersuchung der linken Beinvene bestätigt, wobei die Vena saphena magna über eine Ausdehnung von 25 cm eine Thrombophlebitis aufgewiesen hatte, die tiefen Beinvenen aber unauffällig gewesen sind. Therapeutisch erfolgte eine Blutverdünnungsbehandlung über 3 Monate mit dem DOAC-Präparat Eliquis (Apixaban).
Eine Nachuntersuchung am 24.3.2023 zeigte die Vena saphena magna weitgehend rekanalisiert mit allerdings vorliegenden Wandunregelmäßigkeiten, entsprechend organisierten Restthromben.
Krankenstände wurden nicht in Anspruch genommen, Herr XXXX ist als ehemaliger Anästhesist (bis 7/2021 im stationären Krankenhausbereich tätig) als praktischer Arzt in der Gemeinschaftsordination mit der Gattin tätig.
Auch bei der Schlüsselbeinoperation im Februar 2022 sei ihm aufgefallen, dass er eine Venentzündung rund um die Einstichstelle des Venflons gehabt habe, wobei dieser Venflon nicht einmal eine Liegedauer von 24 Stunden aufgewiesen hat. Weiters ist im Sommer des Jahres 2022 eine "eigenartige Hautveränderung der linken Halsregion" Vorgelegen, wo er durch Freunde und Verwandte angesprochen worden sei. Er selber habe diese Hautveränderungen als "Ekzem" abgetan. Herr XXXX vermutet nun, dass die Thrombose im linken Bein eine sogenannte Thrombophlebitis saltans (Phlebitis migrans) gewesen sein könnte, worunter man Thrombophlebitiden an wechselnden Orten des Körpers versteht ohne dass die Vene dabei wie eine Krampfader verändert sei. Diese Thrombophlebitis saltans (migrans) wird als fakultatives paraneoplastisches Syndrom verdächtigt, wobei entweder eine Autoimmunerkankung oder ein Malignom zugrunde liegen kann. Die nachfolgenden Durchuntersuchungen haben keinen Hinweis auf ein Malignom ergeben.
Allerdings hat sich in einer aktuellen Laboranalyse (Medizinisches Labor XXXX ) eine APC-Resistenz gezeigt (aktivierte Protein C-Resistenz), was für eine erbliche Krankheitsmutation (heterozygote Mutation des Faktor V spricht (Faktor V-Leiden-Mutation), welche ein erhöhtes Risiko für thrombo-embolische Komplikationen aufweist. Unauffällig geblieben sind Protein C und freies Protein S.
Es wird von Herrn XXXX nun der Verdacht geäußert, dass durch die mRNA-lmpfungen eine Veränderung des Gerinnungssystems ausgelöst worden sein könnte bzw. eine Autoimmunerkrankung die zu den vorgebrachten Krankheitsbildern (Thrombophlebitis der Vena saphena magna li., Venentzündung des Venflons nach einer Schlüsselbeinoperation - mündl. angegebenes Datum 8.2.2022) nach einer Liegedauer von unter 24 Stunden geführt hat sowie auch ein unspezifisches Ekzem im linken Halsbereich mit angegebenem Datum 6/2022 bewirkt haben könnte.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Farbkodierte Duplexsonographie der Beinvenen links ( XXXX ) vom 23.8.2022:
Die tiefen Beinvenen des Ober- und Unterschenkels sind frei durchgängig. Beim Pressen zeigt sich ein Reflux im Verlauf der V. saphena magna. Am distalen Oberschenkel und proximalen Unterschenkel ist die V. saphena magna von echoarmem Material ausgefüllt - Thrombophlebitis, die Linie beträgt etwa 25 cm. Die Pahena parva ist frei.
Ergebnis:
Thrombophlebitis der V. saphena magna bei Stammvarikose links, keine tiefe Beinvenenthrombose.
Kontrolle der farbkodierten Duplexsonographie der Beinvenen links am 24.3.2023 ( XXXX ):
Die tiefen Beinvenen des Ober- und Unterschenkels links sind frei durchgängig. Im Verlauf der V. saphena magna zeigen sich bei Zustand nach Thrombophlebitis Flusssignale, sie ist im wesentlichen weitgehend rekanalisiert.
Wandunregelmäßigkeiten entsprechen den organisierten Restthrombosen. Keine rezente Thrombose oder Phlebitis.
Ergebnis:
Zustand nach Thrombophlebitis der V. saphena magna links, diese im wesentlichen rekanalisiert mit geringen Wandunregelmäßigkeiten, keine rezente Thrombose oder Phlebitis.
Laborbefund Medizinisches Labor XXXX von 22.3.2023:
Gerinnungsstatus:
PTZ 108 % (78 - 123), INR 1,0, aPTT ActinFS 26,1 sec. (21,6 - 29,0), Fibrinogen 244 mg/dl (150 - 420). Protein C Aktivität 107 % (70,0 - 140,0), freies Protein S 111 % (65,0 -115,0), aktiv. Protein C Resistenz 1,5 Ratio ( 3,50).
(Bewertung: Wert von 1,40 bis 2,00 spricht für heterozygote Mutation von Faktor V als erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen).
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
48 Jahre, altersentsprechender internistischer Untersuchungsbefund, normalgewichtig mit BMI 32,2 kg/m2. Erhöhter Bauchumfang 110 cm, Körperfett 28,9 % = 28,6 kg.
Größe: 178 cm Gewicht: 99 kg
Blutdruck: 144/88 mmHg Sauerstoffsättigung: 98 %
Herr XXXX ist seit ca. 10 Jahren Nichtraucher.
Internistisch findet sich ein völlig unauffälliger Untersuchungsbefund, kardio-pulmonal keine Auffälligkeiten bei der Auskultation.
Es liegt eine Vena saphena magna-Varize im linken Kniebereich innenseitig vor, die "derzeit keine Probleme mache". Rechtsseitig liegen Varizen vor, auch im Kniebereich.
Durch ein medizinisches Gutachten sind folgende Fragen zu klären:
• Welchem Krankheitsbild bzw. welcher Gesundheitsbeeinträchtigung entspricht die geltend gemachte Gesundheitsschädigung?
Es hat eine Thrombophlebitis der Vena saphena magna im linken Kniebereich in einer Ausdehnung von ca. 25 cm bestanden. Es handelt sich dabei um eine hautnahe Venenentzündung mit entzündlich bedingter Venenthrombosenbildung, was einem Verschluss der Vene entspricht. Da es sich um eine Entzündung oberflächlicher Venen handelt, in denen sich ein Blutgerinnsel (Thrombus) bildet, wird die Thrombophlebitis auch als "oberflächliche Venenthrombose bezeichnet. In über 90 % der Fälle entsteht diese Thrombophlebitis an einer Krampfadervarize (also nicht an einer gesunden, sondern an einer bereits krankhaft veränderten Vene).
Die von XXXX vermutete Thrombophlebitis saltans oder Thrombophlebitis migrans ist dadurch gekennzeichnet, dass hier eine Venenwandentzündung entsteht, die nicht als Krampfader erscheint. Bei diesem Krankheitsbild, das allerdings nicht verifiziert ist, handelt es sich um eine Venenentzündung, die unerwartet an einer Hautvene auftritt und auch ihre Lokalisation verändern kann ("migrans") in wandernder Art und Weise. Die Eigenschaft einer wandernden oberflächlichen Venenentzündung ist allerdings nicht vorgelegen, sondern es hat sich um eine Thrombophlebitis an einer einzigen Lokalisation, nämlich an der Vena saphena magna, gehandelt. Als Folge der Wandentzündung der Vene kann sich ein Blutgerinnsel und ein Thrombus bilden, wobei im Zusammenhang mit der Thrombophlebitis saltans (migrans) Autoimmunerkrankungen aus dem rheumatologischen Formenkreis wie Riesenzellarteriitis, Wegener'sche Granulomatose und Lupus erythematosus vorliegen können, aber auch durch Tumorleiden. Die erfolgte Abklärung in diese Richtung hat bei Herrn XXXX keine diesbezüglichen Hinweise ergeben, eine Paraneoplasie (ein evt. zugrundeliegendes Tumorleiden) wurde ausgeschlossen.
Des Weiteren ist nachfolgend am 22.3.2023 von Seiten der Blutgerinnung eine Erberkrankung festgestellt worden, eine sogenannte APC-Resistenz (Faktor V Leiden-Mutation). Das bedeutet, dass hier ein höheres Risiko der Thromboseentstehung vorliegt, verursacht durch eine genetische Veränderung des Blutgerinnungsfaktors V. Die Betroffenen haben ein höheres Thromboserisiko, also ein erhöhtes Risiko, ein Blutgerinnsel zu bekommen. Dabei ist aufgrund einer genetischen Fehlinformation der Faktor V, der in der Leber gebildet wird, minimal verändert mit der Konsequenz, dass der Gegenspieler des Faktor V, das aktivierte Protein C (APC) aufgrund der veränderten Struktur den Faktor V nicht mehr ausreichend hemmen kann, sondern nur mehr in einem geringeren Ausmaß. Der Faktor V ist also gegen das aktivierte Protein C "resistent", das Ergebnis ist eine übermäßige Blutgerinnung und ein Thromboserisiko.
• Ergeben sich daraus maßgebliche Funktionsbeeinträchtigungen?
Aus der vorliegenden Thrombophebitis ergibt sich die Funktionsbeeinträchtigung einer schmerzenden vergrößerten und verdickten Hautvene mit lokaler Druck- und Berührungsempfindlichkeit, gestörtem Venenzufluss oder Venenabfluss und der Notwendigkeit von entzündungshemmenden Maßnahmen, sowohl in Salbenform als auch über Medikamenteneinnahme. Des Weiteren ist den Leitlinien entsprechend auch eine Blutverdünnungsbehandlung vorzunehmen, die im Fall des Herrn XXXX in Form einer DOAC-Behandlung mit Eliquis über 3 Monate erfolgt ist. Zusätzlich können Kompressionsbehandlungen (wie Stützstrümpfe) notwendig sein.
• Entsprechen Krankheitsbild oder Gesundheitsbeeinträchtigung einer bekannten Impfreaktion?
Das Auftreten einer Thrombophlebitis nach einem Zeitraum von 8 Monaten nach einer durchgeführten mRNA-lmpfung (Impfdatum der zweiten Boosterung am 9.11.2021, Auftreten der Thrombophlebitis am 21.8.2022) ist als Impfkomplikation in der Literatur nicht bekannt.
Prinzipiell wird die erhöhte Thromboseneigung als Impfreaktion und Impfkomplikation in der Literatur ohnehin kontrovers beurteilt, ganz im Gegensatz zu den thrombotischen Prozessen bei der Covid-Erkrankung.
Während bei Nachkontrollen durch Ultraschalluntersuchung der Beine nach Covid-Infektionen eine zwei- bis dreifach höhere Wahrscheinlichkeit auf Zeichen einer zurückliegenden Beinvenenthrombose nachgewiesen worden ist, wurde in einer aktuellen Publikation ein solcher Zusammenhang nach Impfungen nicht gesehen. (Petersen et ah Multi-Organ-Assessement in mainly non- hospitalized individuals after SARS-CoV-2 infection: The Hamburg City Health Study COVID Programme), (CampeHo E. et ah Absence of Hypercoagulability after nCa~19 Vaccination: An observational Pilot Study. DOI 6/21).
In der Studie von Campello sollte geklärt werden, ob die Impfstoffe (verwendet wurden Vektorimpfstoffe und der mRNA-lmpfstoff Biontech) ein prothrombotisches Milieu verursachen können und ob Menschen mit Prädispositionen für Gerinnungsstörungen, speziell dem Vorliegen einer APC- Resistenz, ein höheres Risiko haben. In den Ergebnissen wurden in einem Zeitraum von bis zu 4 Wochen nach den Impfungen keine Veränderungen im Gerinnungsprofil nachgewiesen. Es ist somit bei dem verwendeten mRNA- lmpfstoff der Firma Biontech keine impfungsbedingte Koagulopathie fassbar geworden. Prinzipiell liegt das Risiko von tiefen Beinvenenthrombosen (Phlebothrombose) bei Verwendung eines mRNA-lmpfstoffes bei einer OR von 0,9, nach Impfung mit Vektorimpfstoffen bei OR 1,1. Dies bezieht sich auf tiefe Beinvenenthrombosen (Phlebothrombosen), die bei Herrn XXXX nicht vorgelegen hat. Hier hat es sich um eine oberflächliche Thrombophlebitis (Entzündung und Thrombose einer Hautvene) gehandelt.
Ein wesentlich gewichtiges Argument gegen einen kausalen Zusammenhang mit den stattgehabten mRNA-lmpfungen ist auch das Zeitintervall der aufgetretenen Thrombose. Prothrombotische Effekte lassen sich bei der Covid 19- Wildinfektion bis zu 6 Monate nach der Infektion nachweisen, von seiten der Impfung sind immunologisch mediierte ev. Einflüsse auf 5 - 30 Tage beschränkt. Dies weiß man aus den seltenen Autoimmunthrombosen nach der Corona-Impfung (z.B. Sinusvenenthrombosen), die mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:100 000 auftreten. Diese Thrombosen folgen nicht dem klassischen Risikoprofil, sondern sind autoimmun mediiert. Bei Menschen mit einer gesunden Immunantwort greifen neutralisierende Antikörper ein, um die Entstehung einer Thrombose zu verhindern. In seltenen Fällen kann über eine Fehlleitung des Immunsystems die Entstehung von Thrombosen begünstigt werden, auch an untypischen Stellen wie in den Hirnvenen (Sinusvenenthrombosen) und auch in der Milz. Diese Thrombosen werden als Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie (VITT) bezeichnet. In den gängigen Publikationen sind diese Thrombosen nur innerhalb von 5 bis 30 Tagen nach der Impfung beschrieben.
• Ergaben sich daraus eine bleibende Schädigung bzw. zumindest über 3 Monate anhaltende Dauerfolgen?
Nach derzeitigem Wissen liegt im Falle des Herrn XXXX keine Impfschädigung vor.
• Falls keine Dauerfolgen entstanden, kann die entstandene Gesundheitsschädigung als schwere Körperverletzung nach § 84 Abs. 1 StGB gesehen werden (siehe Erläuterungen)?
Nach derzeitigem Wissensstand besteht keine Impfschädigung. […]“
Im gewährten Parteiengehör zu dem Gutachten brachte der Beschwerdeführer am 04.05.2023 eine Stellungnahme ein, in der er auf sein Krankheitsbild und die Meinung des Sachverständigen eingeht. Insbesondere führt er aus, dass zutreffe, dass die Thrombophlebitis saltans Ausdruck einer Aktivierung des Gerinnungssystems sei, deren Beginn nicht erst mit der Diagnose der Thrombose anzunehmen sei, sondern wesentlich früher, sodass das Argument, dass eine Impfkomplikation nach einem Zeitraum von 8 Monaten in der Literatur nicht bekannt sei, nicht zutreffe.
Das SMS holte aufgrund des Parteiengehörs eine Stellungnahme des befassten Facharztes für Innere Medizin vom 23.05.2023 ein, dessen für die gegenständliche Entscheidung relevanten Passagen lauten wie folgt:
„[…] Die Stellungnahme von XXXX ist nicht nur hoch interessant, sondern auch fundiert und auf jeden Fall ernstzunehmen.
Wenn die Fragestellung darum geht, ob es sich hier um eine Schädigung im Sinne des Impfschadengesetzes handeln könnte, dann bin ich der Meinung von XXXX , dass es sich "bei seiner gesundheitlichen Schädigung durchaus um eine Schädigung im Sinne des Impfschadengesetzes handeln kann".
Wenn die gutachterliche Fragestellung eine "Kann-Feststellung" ist, dann ist von Seiten des vorliegenden Sachverhaltes dies zu bejahen. […]
Wenn Herr XXXX in seiner (exzellenten und ebenso nachvollziehbaren) Stellungnahme angibt, dass es sich um eine Schädigung im Sinne des Impfschadengesetzes handeln könnte, dann stimme ich voll zu: Ja, es könnte sich um einen Impfschaden handeln.
Die Einschätzung wäre dann als schwere Körperverletzung nach § 84 Abs. 1 StGB zu führen ohne anhaltende Dauerfolgen oder bleibende Schädigung.
Die These der Aktivierung des Gerinnungssystems mit den Folgezuständen einer Thrombophlebitis saltans et migrans incl. der beteiligten "Rötung in der Vena jugularis externa" kann eine Impfschädigung darstellen, allerdings ist für die gutachterliche (möglichst objektive) Feststellung einer Impfschädigung die Faktenlage nicht ausreichend.
Ich würde in diesem Fall empfehlen, ein Zweitgutachten erstellen zu lassen, um hier eine möglichst objektive Einschätzung berechtigter Einwendungen zu ermöglichen.
Des Weiteren stelle ich auch die Möglichkeit eines Fakultätsgutachtens bezüglich dieser Sachlage "Thrombophlebitis saltans et migrans als Ausdruck einer Aktivierung des Gerinnungssystems nach Covid-19- Impfungen" in den Raum. […]“
In einer Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes des SMS wird festgehalten, dass die Stellungnahme des befassten Gutachters grundsätzlich schlüssig und nachvollziehbar sei. Auf Grund der klaren Sachlage sei daher kein Zweitgutachten erforderlich.
In weiterer Folge wurde der Antrag vom 16.12.2022 mit Bescheid vom 19.07.2024 abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte Gutachten samt Stellungnahme verwiesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zusammengefasst unter anderem vorgebracht, dass der Sachverhalt ergänzungsbedürftig sei und die in den Stellungnahmen zum Gutachten vorgelegten Beweise nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Der Gutachter habe in der Stellungnahme festgehalten, dass die Erstellung eines Zweitgutachtens zur objektiven Einschätzung seiner Einwände empfehlenswert sei. Die belangte Behörde habe dies mit dem Satz „Aufgrund der klaren Sachlage ist kein Zweitgutachten erforderlich“ übergangen. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass Thrombosen sowohl bei einer durch eine SARS-CoV verursachten Erkrankung, als auch bei allen zugelassenen Impfstoffen beschrieben worden seien. Er habe am 08.03.2022 eine Phlebitis im Bereich der rechten Cubita gehabt, was das erste klinische Symptom der Thrombophlebitis saltans 120 Tage nach Erhalt der dritten Impfung gewesen sei. Im Juli 2022 habe er eine unklare Rötung im Bereich der V.jugularis externa gehabt sowie eine am 23.08.2022 diagnostizierte Thrombose der V.saphena magna. Er sehe die erfolgte Impfung als möglichen Auslöser einer erhöhten Gerinnungsneigung als sehr wahrscheinlich an. Die Behörde sei der Empfehlung eines Zweitgutachtens nicht gefolgt, sondern habe von einer klaren Sachlage gesprochen und dafür nicht näher genannte seriöse wissenschaftliche Publikationen und die Sicherheitsberichte des Paul-Ehrlich-Instituts genannt.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.11.2024 wurde der befasste Gutachter aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, ob das Gutachten und die Stellungnahme basierend auf dem aktuell geltenden medizinischen Stand der Wissenschaft erstellt worden sei, und wenn nicht, was die Grundlage für das Gutachten gewesen sei. Weiters wurde der Gutachter aufgefordert, Stellung dazu zu nehmen, ob das Gutachten entsprechend den in den Standesregeln beschriebenen allgemeinen Verhaltensgrundsätzen der gerichtlich beeideten Sachverständigen erstellt worden sei, konkret, ob das Gutachten und die Stellungnahme objektiv und unparteilich erstellt worden sei und ob eine Befangenheit vorgelegen sei.
Am 12.12.2024 langte eine Stellungnahme des Gutachters beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt hervorgehoben (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind.
Der Umstand, dass gegebenenfalls (punktuelle) ergänzende Einvernahmen durchzuführen wären, rechtfertigt nicht die Zurückverweisung; vielmehr wären diese Einvernahmen, sollten sie wirklich erforderlich sein, vom Verwaltungsgericht - zweckmäßigerweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - durchzuführen. (Ra 2015/08/0178 vom 27.01.2016)
In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN). (VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Der befasste Gutachter führt zunächst in seinem Gutachten vom 18.04.2023 aus, dass das Auftreten einer Thrombophlebitis nach einem Zeitraum von 8 Monaten nach einer durchgeführten mRNA-Impfung als Impfkomplikation in der Literatur nicht bekannt sei. Eine erhöhte Thromboseneigung als Impfreaktion werde in der Literatur ohnehin kontrovers beurteilt, ganz im Gegensatz zu thrombotischen Prozessen bei der Covid-Erkrankung. Der Sachverständige zitierte Studien, laut denen in einem Zeitraum von bis zu vier Wochen nach den Impfungen keine Veränderungen im Gerinnungsprofil nachgewiesen werden haben können. Es liege daher nach derzeitigem Wissen beim Beschwerdeführer keine Impfschädigung vor.
Der Beschwerdeführer erstattete ein Parteiengehör zu diesem Gutachten, in der er unter anderem ausführt, dass der Beginn der geltend gemachten Gesundheitsschädigung nicht das Auftreten der Thrombose sei, sondern die Thrombophlebitis saltans Ausdruck einer Aktivierung des Gerinnungssystems sei, die nicht mit der diagnostizierten Thrombose beginne, sondern wesentlich früher. Ihm sei bewusst, dass eine Thrombose immer multifaktoriell bedingt sei; auch, dass eine heterozygote APC-Resistenz einen prädisponierenden Faktor darstelle, dennoch habe er 48 Jahre seines Lebens thrombosefrei überstanden und erst nach der Coronaschutzimpfung thrombotische Ereignisse entwickelt.
Der befasste Gutachter verfasste daraufhin eine Stellungnahme. In dieser schreibt er unter anderem Folgendes: „Die Stellungnahme von XXXX ist nicht nur hoch interessant, sondern auch fundiert und auf jeden Fall ernstzunehmen. Wenn die Fragestellung darum geht, ob es sich hier um eine Schädigung im Sinne des Impfschadengesetzes handeln könnte, dann bin ich der Meinung von XXXX , dass es sich „bei seiner gesundheitlichen Schädigung durchaus um eine Schädigung im Sinne des Impfschadengesetzes handeln kann.“ Wenn die gutachterliche Fragestellung eine „Kann-Feststellung“ ist, dann ist von seiten des vorliegenden Sachverhaltes dies zu bejahen.“ Der Gutachter revidiert damit das Ergebnis des ursprünglichen Gutachtens, indem er in der Stellungnahme nunmehr die Möglichkeit eines Impfschadens bejaht. Er bezeichnet das Parteiengehör des Beschwerdeführers als „hoch interessant“, „fundiert“ und „exzellent und ebenso nachvollziehbar“ und weicht sodann vom Grundtenor seines Gutachtens ab, indem er nunmehr die Möglichkeit eines Impfschadens bejaht.
Abschließend führt der Gutachter aus wie folgt: „Ich würde in diesem Fall empfehlen, ein Zweitgutachten erstellen zu lassen, um hier eine möglichst objektive Einschätzung berechtigter Einwendungen zu ermöglichen.“
Darüber hinaus stellt er die Möglichkeit eines Fakultätsgutachtens bezüglich „Thrombophlebitis saltans et migrans als Ausdruck einer Aktivierung des Gerinnungssystems nach Covid-19-Impfungen“ in den Raum.
In einer im Verfahrensakt einliegenden Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der belangten Behörde wird dennoch festgehalten, dass die Stellungnahme des befassten Gutachters „grundsätzlich schlüssig und nachvollziehbar“ sei. Weder wird in der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes noch im ergangenen Bescheid inhaltlich auf die Einwände des Beschwerdeführers im Parteiengehör, noch auf die in der Stellungnahme revidierte Meinung des Gutachters, es könnte es sich um einen Impfschaden handeln, eingegangen, sondern ausgeführt, dass kein zeitlicher Zusammenhang mit der Impfung gegeben ist, sodass sich jegliche weitere Abwägung der Pro- und Contra-Argumente erübrige. Zwar führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides an, dass die Einwendungen des Beschwerdeführers durch die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes entkräftet worden seien; jedoch verabsäumte es die belangte Behörde, das Gutachten samt Stellungnahme auf die Freiheit von Widersprüchen zu prüfen (vgl. VwGH 29.01.1990, 88/15/0068; VwGH 21.11.1996, 94/07/0041).
Zwar kann die Behörde sogar von einem mangelfreien Gutachten abweichen, allerdings muss sie diesfalls ihre abweichende Meinung begründen, wobei diese Begründung das Niveau einer wissenschaftlichen Darstellung nicht unterschreiten darf (vgl. VwSlg 5954 A/1963; VwGH 17.01.1989, 84/07/0174). In der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes wird auf die widersprüchlichen Aussagen des Gutachters und die Einwände des Beschwerdeführers, der im Parteiengehör grundsätzlich zustimmt, dass Thrombosen innerhalb von 5 bis 30 Tagen nach der Impfung stattfinden; aber darlegte, dass der Beginn der geltend gemachten Gesundheitsschädigung nicht das Auftreten der Thrombose sei, sondern die Thrombophlebitis saltans Ausdruck einer Aktivierung des Gerinnungssystems sei, die nicht mit der diagnostizierten Thrombose beginne, sondern wesentlich früher, nicht eingegangen, sondern dieses Vorbringen als „rein spekulativ“ bezeichnet. Die Behörde wich daher ohne eine entsprechende Begründung von der dem Gutachten bereits widersprechenden Stellungnahme ab.
Der erkennende Senat ist nach Durchsicht der vorliegenden medizinischen Unterlagen sowie der einander widersprechenden Stellungnahmen der Ansicht, dass die vorgenommene Einschätzung des Sachverständigen nicht bedenkenlos nachvollzogen werden kann und das SMS verpflichtet gewesen wäre, ein weiteres Gutachten einzuholen, um die für das Verfahren relevanten Fragestellungen nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei zu beantworten.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall einerseits keinerlei Feststellungen getätigt sowie andererseits notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen. In weiterer Folge erweist sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Entscheidung als derartig mangelhaft, dass weitere Ermittlungen in Form einer Einholung eines Gutachtens von einem fachlich geeigneten Gutachter bzw. einer fachlich geeigneten Gutachterin erforderlich sind:
In diesem Zusammenhang hat der VwGH wie folgt ausgeführt:
Für den Fall, dass bereits vor Setzen der betreffenden Tathandlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 eine bestimmte Grunderkrankung bestanden haben sollte, sind konkrete Feststellungen zu dieser Grunderkrankung zu treffen, und es ist diesbezüglich darzulegen, welche konkreten Umstände oder Vorfälle einen unbedenklichen Rückschluss auf eine solche schon zuvor bestehende Erkrankung zulassen (vgl. VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027; 21.8.2014, Ro 2014/11/0044). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)
Anschließend ist - aufbauend auf die konkreten Feststellungen zur Gesundheitsschädigung (sowie zu einer allfälligen Grunderkrankung) und zu den jeweiligen Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 - die rechtliche Beurteilung vorzunehmen, ob ein Kausalzusammenhang mit der für das VOG 1972 erforderlichen Wahrscheinlichkeit zwischen der Gesundheitsschädigung und den Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 besteht, und zwar auf der Basis von Feststellungen, denen ein ärztliches Sachverständigengutachten zugrunde zu legen ist (VwGH 26.4.2018, Ra 2018/11/0072, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)
Weiters hat der VwGH zur Frage der Feststellungen in Verfahren nach dem Impfschadengesetz wie folgt entschieden:
Die Frage, ob iSd. § 2a Abs. 1 Impfschadengesetz durch die Impfung eine schwere Körperverletzung iSd. § 84 Abs. 1 StGB bewirkt worden ist, setzt klare Feststellungen voraus, welcher Art und Intensität die geltend gemachten Schädigungen sind (vgl. zu dieser Anspruchsvoraussetzung im VOG, welches insoweit als Vorbild des § 2a Abs. 1 Impfschadengesetzes diente [RV 105 BlgNR 18. GP 5], VwGH 14.12.2015, Ro 2014/11/0017). (VwGH 20.02.2023, Ra 2022/11/0144)
Zwecks Prüfung von auf § 1 Abs. 1 VOG 1972 gestützten Ansprüchen hat das VwG erstens konkrete Feststellungen zu der ins Treffen geführten Gesundheitsschädigung und zweitens einwandfreie und umfassende Feststellungen zu den potentiell für die Gesundheitsschädigung kausalen Tathandlungen zu treffen, und zwar insbesondere hinsichtlich Beginn, Dauer, Häufigkeit und Art der behaupteten Handlungen (vgl. z.B. VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)
Das SMS hat daher ein Gutachten einer/eines bisher nicht mit der Angelegenheit befassten Fachärztin/Facharztes für Innere Medizin/Hämatologie basierend auf einer Untersuchung und dem bereits eingeholten internistischen Gutachten samt Stellungnahmen einzuholen und wird an den oder die Gutachter/-in insbesondere folgende Fragen zu stellen haben:
1.) An welchen (Grund-)Erkrankungen hat der Beschwerdeführer vor Verabreichung der ersten COVID Impfung gelitten?
Es hat eine konkrete Aufschlüsselung der Diagnosen in zeitlicher Hinsicht zu erfolgen.
2.) An welchen Erkrankungen hat der Beschwerdeführer nach der Verabreichung der ersten COVID Impfung gelitten?
3.) An welchen Erkrankungen hat der Beschwerdeführer nach der Verabreichung der zweiten COVID Impfung gelitten?
4.) An welchen Erkrankungen hat der Beschwerdeführer nach der Verabreichung der dritten COVID Impfung gelitten?
Es ist auch folgende Frage zu beantworten: Sind die vom Beschwerdeführer beschriebene Venenentzündung um die Einstichstelle des Venflons im Februar 2022 und die beschriebene „eigenartige Hautveränderung der linken Halsregion“ im Sommer 2022 ärztlich dokumentiert?
5.) a) Ist der unter 2.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?
b) Ist der unter 3.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?
c) Ist der unter 4.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?
Hinweis: Folgende Kriterien sind lt. VwGH ausschlaggebend:
a) Es muss ein klarer zeitlicher Zusammenhang bestehen, das heißt die sogenannte Inkubationszeit muss stimmen.
b) Die Symptomatik des als Ursache der späteren Behinderung angesehenen akuten "Schadensereignisses" soll im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Virusinfektion entsprechen.
c) Da ein direkter Nachweis eines ätiologischen Zusammenhangs mit der Impfung im Nachhinein nicht möglich ist, wird zumindest das Fehlen einer anderen (wahrscheinlicheren) Erklärungsmöglichkeit der Ätiologie gefordert.
d) Falls die Impfung nicht alleinige Ursache ist, wird um Beurteilung ersucht, ob die angeschuldigten Impfung als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat.
6.) Für den Fall, dass Pkt. 5.) a, b oder c) bejaht wird
a) Hat die Impfung eine zumindest über 3 Monate andauernde Gesundheitsschädigung verursacht?
b) Hat die Impfung eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung verursacht?
7.) Falls die Kausalität unter Pkt. 5. verneint wird, ist unter anderem die Frage zu beantworten:
Worauf ist der festgestellte Leidenszustand zurückzuführen?
8.) Es hat eine ausführliche Darlegung zu erfolgen, was für den Einfluss der Impfung auf die unter Pkt. 4 festgestellten Leiden spricht und was dagegen.
Spricht erheblich mehr für oder gegen einen ursächlichen Zusammenhang und warum?
Sind die Symptome als Impfreaktion oder Impfkomplikation in der Literatur bekannt?
Ist die Differentialdiagnose anderer möglicher Erkrankungen abgeklärt?
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde wie bereits ausgeführt ein entsprechendes Sachverständigengutachten basierend auf einer Untersuchung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers vor und nach der Impfung einzuholen haben und die Ergebnisse unter Einbeziehung der vorgelegten medizinischen Beweismittel bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.
Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch darauf, dass dem SMS bereits aufgrund der Stellungnahme des Gutachters vom 16.05.2023 bewusst war, dass ein Zweitgutachten einzuholen sein wird. Die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der belangten Behörde geht auf die einander widersprechenden Schlussfolgerungen des Gutachtens und der Stellungnahme nicht substantiiert ein, sondern wird darin lediglich festgehalten, dass aufgrund der klaren Sachlage kein Zweitgutachten erforderlich sei.
Der erkennende Senat ist daher der Ansicht, dass dem SMS auch in weiterer Folge bewusst war, dass es im gegenständlichen Fall unzureichende Ermittlungen getätigt hat bzw. Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.
Von den vollständigen Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein und in weiterer Folge wird das SMS eine Entscheidung zu treffen haben.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.
Hingewiesen wird auch darauf, dass es dem Beschwerdeführer freisteht auf eigene Kosten ein Fakultätsgutachten bezüglich „Thrombophlebitis saltans et migrans als Ausdruck einer Aktivierung des Gerinnungssystems nach Covid-19-Impfungen“ erstellen zu lassen. Ein allgemeines - nicht auf einen individuellen Fall abzielendes - Gutachten kann nicht Gegenstand eines anlassbezogenen Impfschadensverfahrens sein, sondern fällt in den Bereich Wissenschaft und Forschung.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.