Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie den Hofrat Dr. Mayr und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision 1. der S S, 2. des Dr. J S, 3. des H B und 4. der M B, alle in G, alle vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12. September 2022, LVwG 851670/33/Wg/AHo 851673/2, betreffend Änderung einer bestehenden Betriebsanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen; mitbeteiligte Partei: H GmbH in G, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerber haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die mitbeteiligte Partei betreibt an einem näher genannten Standort eine Mühle mit Nebenanlagen, welche gewerbebehördlich genehmigt ist. Die Revisionswerber sind Nachbarn dieser Betriebsanlage.
2Mit Schreiben vom 28. Mai 2021 beantragte die mitbeteiligte Partei gemäß § 81 GewO 1994 die Erweiterung des Mühlengebäudes und Getreidelagers, die Installierung einer weiteren Vermahlungsanlage sowie die Schaffung weiterer Getreidelager. Die Vermahlungskapazität der Betriebsanlage solle künftig 500 Tonnen pro Tag betragen, weshalb es sich um eine Änderung der bestehenden Betriebsanlage in eine sogenannte „IPPC“ Betriebsanlage handle.
3 Mit Bescheid vom 13. August 2021 erteilte die belangte Behörde unter Auflagen die gewerberechtliche Genehmigung für die beantragte Änderung der genehmigten Betriebsanlage und sprach aus, dass mit dieser Änderung der Standort zur IPPCAnlage nach Anlage 3 der GewO 1994 werde. Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, weil sie sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Nachbarrechten gemäß § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 GewO 1994 als verletzt erachteten.
4 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wies mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Einholung ergänzender Gutachten aus den Bereichen Lärmtechnik, Luftreinhaltetechnik und Humanmedizin sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision für zulässig.
Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass sich unter Bezugnahme auf die entsprechenden Gutachten durch das Projekt keine nachteiligen Auswirkungen im Sinne erheblicher Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen durch Schallimmissionen ergäben. Nach den luftreinhaltetechnischen Beurteilungen würden die aktuell gültigen Grenzwerte nach dem IG L eingehalten. Gefährdungen durch Explosionen seien nicht zu erwarten. Die erforderlichen Auflagen seien erteilt worden. Die im behördlichen Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen hätten ihre Ausführungen aufrecht gehalten. Weder diesen Gutachten noch den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten ergänzenden gutachterlichen Ausführungen seien die Revisionswerber auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Ebenso wenig hätten sie Widersprüche der Gutachten zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen aufgezeigt. Die Beschwerde stütze sich auf gemäß der Gewerbeordnung eingeräumte subjektivöffentliche Rechte und die Genehmigungsvoraussetzungen für die Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 seien keine anderen als jene, die § 77 GewO 1994 vorsehe.
Die Zulässigkeit der Revision wurde damit begründet, dass „zur Rechtsfrage, ob das Landesverwaltungsgericht im konkreten gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren betreffend die Änderung einer Betriebsanlage, wodurch die Betriebsanlage zur IPPC Anlage wird, verpflichtet ist, weitere Ermittlungsschritte zu setzen, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorhanden“ sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erstatteten Revisionsbeantwortungen, in denen sie jeweils die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragten.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 31.1.2024, Ro 2022/04/0004, Rn. 7, mwN).
10Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Mit dem bloßen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift wird nicht dargelegt, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte (vgl. etwa jüngst VwGH 31.10.2023, Ro 2023/04/0033 bis 0036, Rn. 13, mwN).
11 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zum einen auf die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit verwiesen, zum anderen wird ein Abweichen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht. Das Zulässigkeitsvorbringen enthält weitwendige Ausführungen betreffend Ermittlungs und Feststellungsmängel in Bezug auf die zu erwartenden Lärmemissionen und den Genehmigungsumfang der zu ändernden Altanlage.
12 Seitens der Revisionswerber wird im Zulässigkeitsvorbringen zwar auf die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit der Revision verwiesen, abgesehen davon wird aber nicht näher erläutert, inwiefern sich vorliegend eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit Ermittlungserfordernissen im Falle einer Änderung einer genehmigten Betriebsanlage, welche aufgrund der Änderung zu einer IPPC Anlage wird, stellt. Gerade auf den Umstand, dass durch die beantragte Änderung die vorliegende Betriebsanlage zu einer IPPC Anlage wird, geht die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht ein.
13 Sofern die Revisionswerber vermeinen, das in Revision gezogene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes weiche von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der Umschreibung des Verfahrensgegenstandes ab, übersehen sie, dass im Gegensatz zum Sachverhalt, welcher dem in der Revision zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2012, 2009/04/0313, zugrunde lag im vorliegenden Fall der Verfahrensgegenstand konkret und nachvollziehbar umschrieben wurde, indem im angefochtenen Erkenntnis im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen sowohl die genehmigte Betriebsanlage unter chronologisch geordneter und klar aufgelisteter Anführung der einzelnen Betriebsanlagengenehmigungen samt Information zu den damit jeweils genehmigten Anlageteilen als auch im Anschluss die beantragte Änderung der Betriebsanlage detailliert dargestellt wurden.
14 Sofern die Revisionswerber darüber hinaus weitwendig Ermittlungs und Feststellungsmängel vorbringen, gelingt es ihnen gleichfalls nicht, die Zulässigkeit der Revision zu begründen, weil diese Ausführungen inhaltlich als Revisionsgründe zu qualifizieren sind.
15 Zu den vorgebrachten Ermittlungs und Feststellungsmängeln, mit denen die Revisionswerber einen Verfahrensmangel geltend machen, ist überdies auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach der die Zulässigkeit einer Revision im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Fall der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. etwa VwGH 3.7.2024, , Rn. 16, mwN).
16Im vorliegenden Fall führte das Verwaltungsgericht aufgrund der Nachbarbeschwerde ein Ermittlungsverfahren durch und traf Feststellungen zum Umfang der bestehenden Betriebsanlage sowie zu der beantragten Änderung und zu den aufgrund § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu berücksichtigenden Interessen der Revisionswerber. Zum Einwand in der Revision, es sei entgegen den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1976, 943/76, aufgestellten Erfordernissen die Klangcharakteristik nicht beurteilt worden, ist festzuhalten, dass sich der schalltechnische Sachverständige ausführlich mit der Ist Situation wie auch den zu erwartenden Emissionen nach Änderung der Betriebsanlage befasst hat, sämtliche Schallemissionsquellen und die ungünstigste Situation berücksichtigt hat und zu dem Ergebnis gelangte, dass die Geräuschcharakteristik unverändert bleibt. Seitens der Revisionswerber wurde kein Gegengutachten vorgelegt, welches die im behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten widerlegt hätte. Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision mit ihren in Bezug auf die erforderliche Relevanzdarlegung pauschalen Ausführungen nicht, einen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Verfahrensmangel aufzuzeigen.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
18Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Dezember 2024