Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Mag. Hainz Sator und Mag. Dr. Pieler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Rieder, über die Revision 1. des Dipl. Ing. P F in W, 2. der K B in W, 3. der Gemeinde S, 4. der M J in W und 5. von G in W, alle vertreten durch Dr. Reinhard Schanda, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 25. April 2022, 1. VGW 101/053/13231/2021 4, 2. VGW 101/V/053/13233/2021, 3. VGW 101/V/053/13234/2021, 4. VGW 101/V/053/13235/2021 und 5. VGW 101/V/053/13236/2021, betreffend Erlassung einer Verordnung gemäß § 69 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerber haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2021 beantragten die Revisionswerber bei der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort die Erlassung einer Verordnung gemäß § 69 GewO 1994, welche das Verbot des Verkaufs von festen Brennstoffen, Heizöl und Treibstoffen aus fossiler Herkunft ab einem in der Zukunft liegenden Stichtag vorsehen sollte. In eventu seien „andere geeignete und effektive gleichwertige Maßnahmen“ zu erlassen. Zweck sei die Vermeidung einer Gefährdung von Leben und Gesundheit von Menschen und Belastungen der Umwelt durch die Klimakrise.
2 Mit Bescheid vom 13. Juli 2021 wies die belangte Behörde diese Anträge zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass ihr keine Kompetenz zur Erlassung der begehrten Maßnahmen zukomme, weil diese nicht auf den Kompetenztatbestand „Gewerbe und Industrie“ gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 8 B VG gestützt werden könnten.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerber wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass weder aus Art. 288 AEUV die von den Revisionswerbern geltend gemachten subjektiven Rechte abgeleitet werden können, noch aus der Verordnung (EU) 2018/842 (Lastenteilungsverordnung). Die in der Beschwerde zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe sich auf die Umsetzung der Ziele der Luftqualitäts RL bezogen und könne daher nicht zur Lösung der gegenständlichen Frage herangezogen werden. Es bestehe zudem keine gesetzliche Zuständigkeit für Verwaltungsgerichte, Behörden zur Erlassung von Verordnungen zu verpflichten. Ein rechtlich fassbarer unmittelbarer Zusammenhang zwischen den vorgebrachten globalen klimatischen Veränderungen und einer aus Art. 2 GRC ableitbaren Schutzpflicht des Staates zur Setzung konkreter Maßnahmen zum Schutz des Lebens lasse sich nicht nachweisen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die das Vorverfahren eingeleitet wurde. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und stellte einen Antrag auf Kostenersatz.
5 Die gegen dieses Erkenntnis ebenfalls erhobene Beschwerde der Revisionswerber an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 27. Juni 2023, E 1517/2022, abgewiesen.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass § 69 Abs. 1 GewO 1994 eine Ermächtigung vorsehe, zur Vermeidung einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen oder zur Vermeidung von Belastungen der Umwelt durch Verordnung bestimmte Maßnahmen festzulegen, welche die Gewerbetreibenden bei der Gewerbeausübung zu treffen haben. Das Verwaltungsgericht sei vertretbar zu der Ansicht gelangt, dass ein subjektives Recht auf Erlassung einer innerstaatlichen Verordnung nicht aus der Lastenteilungsverordnung abgeleitet werden könne. Ein subjektives Recht auf Erlassung einer Verordnung sei in § 69 Abs. 1 GewO 1994 nicht vorgesehen. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, ein solches subjektives Recht in der vorliegenden Konstellation zu normieren, sei auch aus grundrechtlichen Schutzpflichten nicht abzuleiten und insoweit aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten. Dem Gesetzgeber stehe bei der Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten regelmäßig ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Ein Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme könne aus Grundrechten grundsätzlich nicht abgeleitet werden; die Auswahl unter verschiedenen Maßnahmen zur Erreichung der Schutzpflichten obliege vielmehr dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit einleitend vorgebracht, dass „angesichts der Tatsache, dass es sich bei der voranschreitenden Klimakrise um eine fundamentale Existenzbedrohung des menschlichen Lebens auf der Erde“ handle, „die Aussage des angefochtenen Erkenntnis, dass es keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage sehe, doch als recht erstaunlich“ empfunden werde. Mit diesem nicht weiter ausgeführten Vorbringen gelingt es den Revisionswerbern nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG darzulegen.
10 Die Revisionswerber bringen zudem ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 2015, Ro 2014/07/0096, vor und begründen dies damit, dass sich aus der zitierten Entscheidung sowie aus der darauf aufbauenden Entscheidung vom 19. Februar 2018, Ra 2015/07/0074, ergebe, dass Voraussetzung für die Durchsetzung eines subjektiven Rechtes auf Erlassung einer Verordnung lediglich die unmittelbare Betroffenheit des Antragstellers sei, und sich die Revisionswerber auch im vorliegenden Fall auf unionsrechtliche subjektive Rechte gestützt hätten. Indem das angefochtene Erkenntnis die Anträge abweise, weiche es von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 4.10.2024, Ra 2024/04/0391, Rn. 13, mwN).
12 Mit ihrem pauschalen und knappen Vorbringen werden die Revisionswerber diesen Anforderungen an eine Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. Insbesondere legen sie in der Zulässigkeitsbegründung nicht dar, inwiefern sich die zitierte Rechtsprechung, in der ein Antragsrecht von natürlichen Personen und anerkannten Umweltschutzorganisationen auf Ergänzung eines unzureichenden Luftqualitätsplanes nach Art. 23 der Luftqualitäts RL 2008/50/EG (konkret eines Programmes nach § 9a IG L) bzw. einer darauf gründenden Verordnung bejaht wurde, auf die vorliegenden, auf § 69 GewO 1994 gestützten Anträge auf Erlassung einer Verordnung zum Verbot des Verkaufs von festen Brennstoffen, Heizöl und Treibstoffen aus fossiler Herkunft übertragen lässt, und in welchen konkreten Punkten die angefochtene Entscheidung von den zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
13 Für den Fall, dass die Entscheidung Ro 2014/07/0096 als nicht einschlägig angesehen werde, bringen die Revisionswerber vor, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, weshalb auch aus diesem Grund von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen sei.
14 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Mit dem bloßen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift wird nicht dargelegt, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte (vgl. etwa jüngst VwGH 20.12.2024, Ro 2022/04/0034 bis 0037 , Rn. 10, mwN).
15 Alleine mit dem nicht näher ausgeführten Vorbringen, dass es „hinsichtlich der hier zu lösenden Rechtsfrage“ an Rechtsprechung fehle, vermögen die Revisionswerber die Zulässigkeit nicht zu begründen. Um welche konkrete Rechtsfrage es sich handle, wurde von ihnen nicht dargelegt.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
17 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. Jänner 2025