Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision 1. der Umweltorganisation A in W, 2. der Umweltorganisation N in K und 3. der W K in W, alle vertreten durch Dr. Lorenz Edgar Riegler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Oktober 2021, Zl. W118 2197944 1/182E, betreffend eine Genehmigung nach § 17 UVP G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S Windpark P GmbH in E, vertreten durch die Onz Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Zum zugrundeliegenden Verfahrensgang und zum Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auf die Darstellung im Erkenntnis VwGH 23.8.2023, Ro 2022/04/0003, Rn. 1 bis 23, verwiesen, dem ebenfalls eine Revision gegen das hier angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 4. Oktober 2021 zugrunde lag.
2 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien, zwei gemäß § 19 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP G 2000) anerkannte Umweltorganisationen, sowie die Drittrevisionswerberin, eine Nachbarin im Sinn des § 19 Abs. 1 Z 1 UVP G 2000, die vorliegende ordentliche Revision.
3 Die Mitbeteiligte (Antragstellerin im Verfahren gemäß § 17 UVP G 2000) erstattete zur vorliegenden Revision sowie zu den beiden zu Ro 2022/04/0003 bzw. zu Ro 2022/04/0007 protokollierten Revisionen eine gemeinsame Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragt.
4 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 4.9.2023, Ro 2023/03/0031, Rn. 10, mwN).
8 3. Im vorliegenden Fall formulierte das BVwG in der Begründung seines Ausspruchs gemäß § 25a Abs. 1 VwGG über die Zulassung der Revision drei als grundsätzlich angesehene Rechtsfragen.
9 3.1. Zum einen erachtete das BVwG die Revision im Hinblick auf die Frage als zulässig, ob nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 14. Jänner 2021, C 826/18, Stichting Varkens , noch ein Anwendungsbereich für § 40 Abs. 1 dritter Satz UVP G 2000 bleibe bzw. wie diese Bestimmung vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung des EuGH auszulegen sei.
10 Abgesehen davon, dass die dieser Frage zugrundeliegenden Ausführungen des BVwG die Zulässigkeit der Beschwerde einer am vorliegenden Revisionsverfahren nicht beteiligten Beschwerdeführerin betrafen, ist auf diese Rechtsfrage schon deshalb nicht näher einzugehen, weil die Revision diese Rechtsfrage in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zwar wiedergibt, in ihren Revisionsausführungen darauf aber in keiner Weise eingeht (vgl. dazu VwGH 26.3.2015, Ro 2014/07/0095, Pkt. 2).
11 3.2. Zum anderen erachtete das BVwG die Frage als grundsätzlich, ob Einwirkungen auf das Landschaftsbild im Hinblick auf das Erkenntnis VwGH 22.11.2018, Ro 2017/07/0033 bis 0036, als Immissionen im Sinn des § 17 Abs. 2 Z 2 UVP G 2000 betrachtet werden müssen.
12 Die Revision nimmt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auf diese Rechtsfrage Bezug und führt in ihren Revisionsausführungen dazu näher aus, dass diese Frage zu bejahen und eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes aufgrund physikalischer Vorgänge als Immission anzusehen sei.
13 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher bereits in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - geklärt, ist eine Revision insoweit nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 18.6.2023, Ro 2022/03/0043, Rn. 16, mwN).
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VwGH 21.12.2023, Ro 2020/04/0018 (dem im Übrigen eine Revision der hier erstrevisionswerbenden Partei in einem Verfahren betreffend eine Genehmigung nach § 17 UVP G 2000 mit insoweit im Wesentlichen inhaltsgleichen Ausführungen zugrunde lag), ausgesprochen, dass im Rahmen des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP G 2000 auf nicht physische Einwirkungen nicht Bedacht zu nehmen ist und dass die (dort vom BVwG vertretene) Auffassung, § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP G 2000 finde auf Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes keine Anwendung, nicht zu beanstanden ist. Auf die Erwägungsgründe dieses Erkenntnisses, Rn. 26 bis 35, kann daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden.
15 3.3. Schließlich begründete das BVwG die Zulassung der Revision noch damit, dass zur Auslegung des § 27 Abs. 4 (gemeint wohl: Abs. 3) Steiermärkisches Naturschutzgesetz 2017 (StNSchG 2017) keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege und sich die Bestimmung auch nicht als hinreichend klar erweise, um von einer eindeutigen Rechtslage ausgehen zu können.
16 Die Revision erachtet in ihren Revisionsausführungen die Interessenabwägung durch das BVwG als unrichtig, weil auszuschließen sei, dass das öffentliche Interesse am Windpark S höher zu bewerten sei als das öffentliche Interesse an der Bewahrung von Natur und Landschaft vor störenden Eingriffen; das BVwG wäre gehalten gewesen, die Regelung des Abs. 4 des § 27 StNSchG 2017 heranzuziehen. Des Weiteren hegt die Revision verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 27 Abs. 3 und 4 StNSchG 2017; so sei es rechtsstaatlich bedenklich, wenn der Gesetzgeber in ein laufendes Bewilligungsverfahren wiederholt durch Erlassung geänderter Rechtsvorschriften eingreife, und es sei unzulässig, die Interessenabwägung als Ermessensentscheidung der Behörde bzw. dem BVwG zu übertragen; geltend gemacht wird diesbezüglich ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip sowie eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter; zudem sei die Bestimmung kompetenzwidrig, „weil sie das Regime des UVP G unterminiert“.
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem bereits zitierten (aufgrund einer Revision der Umweltanwältin des Landes Steiermark gegen das auch hier angefochtene Erkenntnis des BVwG ergangenen) Erkenntnis VwGH 23.8.2023, Ro 2022/04/0003, eingehend mit der Interessenabwägung nach § 27 Abs. 3 erster Satz StNSchG 2017 auseinandergesetzt und diese fallbezogen als nicht unvertretbar erachtet. Auch die Prüfung der Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 27 Abs. 3 zweiter Satz StNSchG 2017 durch das BVwG wurde vom Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandet. Auf die Erwägungsgründe dieses Erkenntnisses, Rn. 36 bis 43 sowie 48 bis 54, kann somit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in diesem Erkenntnis auch mit der Änderung des § 27 StNSchG 2017 während des laufenden Genehmigungsverfahrens befasst und dargelegt, dass die Interessenabwägung unter Heranziehung der konkreten Auswirkungen des Vorhabens zu erfolgen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hegte dabei weder Bedenken rechtsstaatlicher Natur gegen die erfolgte Rechtsänderung noch hinsichtlich der Bestimmtheit der Regelungen; derartige Bedenken sind auch aus Anlass der vorliegenden Revision nicht entstanden. Weshalb die Regelung des § 27 StNSchG 2017 über die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung und die dafür vorzunehmende Interessenabwägung gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter verstoßen oder kompetenzwidrig sein sollte, erschließt sich für den Verwaltungsgerichtshof aufgrund des diesbezüglichen Revisionsvorbringens nicht. Mangels Vorliegens von Bedenken sieht sich der Verwaltungsgerichtshof daher nicht veranlasst, der Anregung nachzukommen, einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
19 Soweit die Revision schließlich zu § 27 Abs. 5 StNSchG 2017 die Frage aufwirft, ob es überhaupt möglich sei, durch finanzielle Mittel eine nachhaltige Schädigung der Natur, Landschaft und Umwelt zu kompensieren, genügt der Hinweis, dass diese Bestimmung vom BVwG - in nicht zu beanstandender Weise - nicht angewendet worden und daher im vorliegenden Revisionsverfahren nicht gegenständlich ist.
20 4. Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 31.10.2023, Ro 2020/04/0024, Rn. 15, mwN).
21 Im vorliegenden Fall enthält die Revision in ihren Revisionsgründen ausführliches Vorbringen, mit dem die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses behauptet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist aber weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. wiederum VwGH 31.10.2023, Ro 2020/04/0024, Rn. 16, mwN). Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer - behaupteter Maßen - abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 17.7.2023, Ro 2021/04/0015, Rn. 16). Ein pauschales bzw. nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht nicht aus (vgl. VwGH 27.1.2020, Ro 2020/04/0001 bis 0006, Rn. 11, mwN).
22 Diesen Vorgaben wird mit dem im Zulässigkeitsvorbringen der Revision enthaltenen pauschalen Hinweis darauf, dass „weitere Rechtsfragen auftreten, deren Lösung grundsätzliche Bedeutung zukommt“, jedenfalls nicht entsprochen. Aber auch hinsichtlich der in den Revisionsausführungen zu einzelnen Aspekten weiters aufgeworfenen Fragen wird (aus nachstehenden Gründen) eine vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht in hinreichend konkreter Weise dargelegt.
23 4.1. Soweit die revisionswerbenden Parteien vorbringen, die „Vorgehensweise der UVP Behörde“ habe gegen (näher zitierte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung bzw. zu den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten verstoßen, genügt der Hinweis, dass Gegenstand des Verfahrens das angefochtene Erkenntnis des BVwG und nicht der diesem zugrundeliegende Bescheid der belangten Behörde ist.
24 4.2. Die revisionswerbenden Parteien monieren einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, weil das BVwG bei seiner Beweiswürdigung ein vorgelegtes schalltechnisches Gutachten „unterdrückt“ bzw. nicht berücksichtigt und somit nicht unparteiisch agiert habe; zudem habe das BVwG zugelassen, dass die Immissionen zweier bestehender Windenergieanlagen lediglich berechnet und nicht gemessen worden seien.
25 Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die entsprechenden Unterlagen nicht „unterdrückt“, sondern (neben anderen) Thema der Erörterung (in der mündlichen Verhandlung) mit dem vom BVwG bestellten Sachverständigen waren, dessen Ausführungen das BVwG in seiner Beweiswürdigung als überzeugend erachtete. Ausgehend davon richtet sich das Vorbringen betreffend die mangelnde Berücksichtigung der Sache nach gegen die Beweiswürdigung durch das BVwG.
26 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 28.4.2021, Ra 2019/04/0027 bis 0034, Rn. 46, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung vermag die Revision vorliegend allerdings nicht aufzuzeigen.
27 Soweit die Revision die mangelnde Messung des Ist-Standes bei der [H] Hütte moniert, lässt sich (abgesehen davon, dass die Verpflichtung zur Durchführung von Messungen zwar grundsätzlich, aber nicht allgemein besteht, und in Ausnahmefällen davon abgesehen werden kann; vgl. näher dazu VwGH 26.6.2019, Ra 2017/04/0013 bis 0020, Rn. 17; VwGH 2.8.2022, Ra 2022/04/0046 und 0047, Rn. 14, jeweils mwN) der Revision nicht in hinreichend konkretisierter Weise entnehmen, in welcher Weise mit diesem Vorbringen im Hinblick auf die Immissionsprognosen betreffend die von der beantragten Anlage ausgehenden Emissionen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen sollte, von deren Beantwortung die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt.
28 4.3. Des Weiteren monieren die revisionswerbenden Parteien einen Einsatz befangener Gutachter und bringen dazu vor, es widerspreche § 7 AVG sowie der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG derselbe Sachverständige beauftragt werde, der bereits für die UVP Behörde tätig gewesen sei.
29 Dass wie die revisionswerbenden Parteien meinen die Beauftragung von bereits im behördlichen Verfahren tätigen Sachverständigen auch im Beschwerdeverfahren (gemeint offenbar: jedenfalls) § 7 AVG bzw. der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche, lässt sich keiner der diesbezüglich ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes entnehmen.
30 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage einer allfälligen Befangenheit von bereits im Behördenverfahren beigezogenen Sachverständigen vielmehr festgehalten, dass jeder Vorwurf einer Befangenheit konkrete Umstände aufzuzeigen hat, welche die Objektivität des Sachverständigen in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist; nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Heranziehung von Amtssachverständigen in einem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren bestehen, und zwar selbst dann nicht, wenn ein Bediensteter der belangten Behörde, der bereits im Verfahren vor der Behörde als Sachverständiger tätig geworden ist, auch vom Verwaltungsgericht in derselben Sache als Sachverständiger beigezogen wird. Dies gilt umso mehr für Amtssachverständige, die keine Bediensteten der belangten Behörde sind, sowie für nichtamtliche Sachverständige, die nicht organisatorisch in die Behörde eingegliedert sind (vgl. zu allem VwGH 24.5.2022, Ra 2021/03/0167 bis 0276, Rn. 124 und 127, mwN).
31 Vorliegend zeigt die Revision keine konkreten Umstände auf, welche die Objektivität der Sachverständigen bezogen auf den gegenständlichen Fall in Zweifel ziehen würden. Mit dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen wird vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung weder ein Verstoß gegen § 7 AVG noch ein solcher gegen die ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt.
32 4.4. Die revisionswerbenden Parteien regen an, zur Klärung einer Reihe von Fragen ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
33 Grundsätzlich besteht für den Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit (und gegebenenfalls die Verpflichtung) eine Revision zuzulassen, um dem EuGH eine entscheidungsrelevante unionsrechtliche Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, indem er (vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte) Zweifel über die Auslegung von Unionsrecht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung qualifiziert (vgl. VwGH 20.4.2023, Ro 2021/10/0014, Rn. 22, mwN).
34 Im vorliegenden Fall sieht sich der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Ausführungen der revisionswerbenden Parteien allerdings nicht veranlasst, die von ihnen formulierten (neun) Vorlagefragen zur Vorabentscheidung an den EuGH heranzutragen:
35 Die im Zusammenhang mit der Bindungswirkung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen formulierten Fragen (Fragen 1 bis 3) geben schon deshalb keinen Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen, weil damit kein Gegenstand einer Vorabentscheidung iSd Art. 267 AEUV (Entscheidung über die Auslegung der Verträge oder über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union) angesprochen wird. Zudem vermag die Revision auch nicht in nachvollziehbarer Weise darzulegen, dass die diesen Fragen zugrundeliegenden Annahmen (Unterdrückung von Gutachten, erkennbar falsche Begründung, Missachtung nationaler oder unionsrechtlicher Bestimmungen bzw. der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) fallbezogen vorliegen. Bedenken unionsrechtlicher Natur gegen die in Pkt. 4.3. dargestellte Rechtsprechung zur Heranziehung von Sachverständigen bzw. zu deren allfälliger Befangenheit hegt der Verwaltungsgerichtshof keine, weshalb er keine Veranlassung sieht, eine darauf abzielende Frage (Frage 4) an den EuGH heranzutragen. Gleiches gilt für die (in Frage 6 angeführte) Bestimmung des § 27 StNSchG 2017 (die in dieser Frage ua. genannten Abs. 4 und 5 des § 27 StNSchG 2017 waren vorliegend zudem nicht anzuwenden). Zur Frage, ob „das politische Interesse an der Produktion erneuerbarer Energie derart über sämtlichen naturschutzfachlichen und naturschutzrechtlichen Erwägungen [steht], dass diese in ihrer Gesamtheit negiert werden können“ (Frage 5), genügt der Hinweis, dass (abgesehen davon, dass auch damit kein Gegenstand einer Vorabentscheidung iSd Art. 267 AEUV angesprochen wird) das BVwG vorliegend die naturschutzrechtlichen Erwägungen nicht „negiert“, sondern im Zuge der Interessenabwägung nach § 27 Abs. 3 StNSchG 2017 das Interesse am beantragten Vorhaben höher bewertet hat als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen. Auch die Frage nach dem Umfang des Immissionsbegriffs (Frage 8) des § 17 Abs. 2 Z 2 UVP G 2000 stellt keinen Gegenstand einer Vorabentscheidung iSd Art. 267 AEUV dar. Den weiteren, pauschal formulierten Fragen, ob das gegenständliche Vorhaben mit dem EU Recht vereinbar sei (Frage 7) bzw. ob ein Landschaftsschutzgebiet durch Windenergieanlagen verunstaltet werden dürfe (Frage 9), fehlt es bereits an der für ein Vorabentscheidungsersuchen erforderlichen Konkretisierung.
36 5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
37 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
38 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Zum Antrag der Mitbeteiligten auf Aufwandersatz wird auf den bereits mit dem mehrfach zitierten Erkenntnis Ro 2022/04/0003 erfolgten Zuspruch von Aufwandersatz verwiesen (vgl. dazu, dass in einem Fall, in dem zu mehreren Revisionen gegen ein Erkenntnis eine wie hier gemeinsame Revisionsbeantwortung erstattet wird, Aufwandersatz nur in einfacher Höhe zuzusprechen ist, [dort noch iZm einer gemeinsamen Gegenschrift zu mehreren Beschwerden] VwGH 31.1.2000, 98/10/0084).
Wien, am 31. Jänner 2024