Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der I KG, vertreten durch Dr. Julia Klatil, Rechtsanwältin in Feldkirchen in Kärnten, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2020, Zl. W211 2233508 1/9E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde; mitbeteiligte Partei: M; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Mai 2020 wurde der Datenschutzbeschwerde des Mitbeteiligten Folge gegeben und ausgesprochen, dass die Revisionswerberin ihn in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem sie in der Antwort auf sein E Mail 37 weitere Empfänger „in cc gesetzt“ und damit Name und Telefonnummer des Mitbeteiligten offengelegt habe.
2 2.1. Die dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 30. November 2020 als unbegründet ab.
Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig.
3 2.2. In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Revisionswerberin eine Hausverwaltung betreibe, die (unter anderem) mit der Verwaltung einer näher bezeichneten Liegenschaft in Kärnten beauftragt sei. Der Mitbeteiligte sei Miteigentümer dieser Liegenschaft (Wohnungseigentumsgemeinschaft) und wohne auch an dieser Adresse. Der Mitbeteiligte habe sich mit E Mail vom 14. März 2019 in Zusammenhang mit der Reparatur bzw. Montage eines neuen Garagentores an die Revisionswerberin gewandt. In der Signatur des E Mails seien die Wohnadresse, der Vor- und Nachname und die private Telefonnummer des Mitbeteiligten angeführt gewesen. Zumindest die Telefonnummer sei mit der Nachricht vom 14. März 2019 erstmalig aufgeschienen. Die Revisionswerberin habe dem Mitbeteiligten noch am selben Tag geantwortet und ihr Antwortmail mit dem angeschlossenen Mail des Mitbeteiligten an 37 weitere Personen „in cc“ versendet, nämlich 18 Miteigentümer, 17 Miteigentümer der ebenfalls von der Revisionswerberin mitbetreuten benachbarten Wohnanlage, den Hausverwalter sowie eine Person, die entweder Miteigentümer oder Mieter sei.
4 In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Verwaltungsgericht aus, dass nach § 1 Abs. 2 DSG Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender Interessen eines anderen zulässig seien. Solche ließen sich aber gegenständlich für die Revisionswerberin nicht ausmachen. Bei einer Wohnungseigentumsgemeinschaft handle es sich nicht um einen „internen“, quasi „privaten“ Kreis. Auf die Geheimhaltungsinteressen der Wohnungseigentümer sei daher auch innerhalb dieser Gemeinschaft Rücksicht zu nehmen. Gemäß § 20 Abs. 1 WEG sei der Verwalter verpflichtet, die gemeinschaftsbezogenen Interessen aller Wohnungseigentümer zu wahren und Weisungen der Mehrheit der Wohnungseigentümer zu befolgen, soweit diese nicht gesetzwidrig seien. Zu einer der aus § 20 Abs. 1 WEG erfließenden Verpflichtungen der Revisionswerberin gehöre etwa, auf Verlangen Wohnungseigentümern die ihr bekannt gegebenen Zustellanschriften zu übermitteln. Diese Verpflichtung finde dort ihre Grenzen, wo eine Hausverwaltung durch entgegengesetzte Weisungen von Miteigentümern in einen Interessenkonflikt gerate. Begründet werde diese Verpflichtung der Hausverwaltung damit, dass sie diese Miteigentümer bei der Ausübung ihrer Individualinteressen auf Einberufung einer Versammlung oder Einleitung eines sonst erforderlichen Willensbildungsverfahrens innerhalb der Eigentümergemeinschaft zu unterstützen habe. Der gegenständlichen Korrespondenz lasse sich nicht entnehmen, dass die Kontaktdaten des Mitbeteiligten von anderen Miteigentümern für eine relevante Willensbildung angefragt worden seien. Auch ergebe sich daraus nicht, dass durch die Revisionswerberin überhaupt eine über eine reine Information hinausgehende Verwaltungsaufgabe zu erfüllen gewesen wäre. Während nachvollziehbar sei, dass die Revisionswerberin als zuständige Hausverwaltung die „in cc gesetzten“ interessierten Personen (und auch den Mitbeteiligten) über die Zugänglichkeit des Garagentores und den zeitlichen Ablauf der Reparatur habe informieren wollen, könne der mit der Antwort weitergeleiteten ursprünglichen Nachricht des Mitbeteiligten kein inhaltlicher Mehrwert für die anderen Miteigentümer bzw. Mieter entnommen werden.
5 Ein entsprechendes Vorgehen der Revisionswerberin nämlich das Löschen der Anfrage des Mitbeteiligten bei der darauf erfolgten Antwort an insgesamt 38 Personen sowie sonstige Maßnahmen betreffend die Kenntlichkeit der Mail Adressen der Empfänger stellten im gegenständlichen Fall keinen besonderen Aufwand dar, der für die Revisionswerberin als Hausverwaltung hätte unzumutbar sein können.
6 Auch im Rahmen der Prüfung nach der DSGVO kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass von berechtigten Interessen der Revisionswerberin an der Weiterleitung der personenbezogenen Daten des Mitbeteiligten nicht ausgegangen werden könne. Die Weiterleitung des E Mails des Mitbeteiligten sei für die Information über die Funktionstüchtigkeit und den Reparaturablauf des Garagentores nicht erforderlich gewesen und habe keinerlei Mehrwert gebracht. Ein Rechtfertigungstatbestand des Art. 6 DSGVO komme auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht zur Anwendung. Schließlich sei die Weiterleitung der personenbezogenen Daten des Mitbeteiligten durch das Antwortmail der Revisionswerberin nicht mit den Grundsätzen der Datenminimierung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO in Einklang zu bringen.
7 Die belangte Behörde habe daher zu Recht eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung des Mitbeteiligten festgestellt, weshalb die Beschwerde der Revisionswerberin abzuweisen gewesen sei.
8 Der Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass Rechtsfragen zu lösen gewesen seien, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukomme und für die es noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gebe, „so gegenständlich zum Grundsatz der Datenminimierung nach der DSGVO“.
9 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
10 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragte.
11 Der Mitbeteiligte brachte eine selbstverfasste Revisionsbeantwortung ein. Darin führte er aus, dass die Weiterleitung seiner persönlichen Daten an unzählige fremde Personen eine „arge Missachtung“ der DSGVO darstelle. Die Revisionswerberin habe seine personenbezogenen Daten zu schützen. Er hoffe auf ein „entsprechendes Urteil“ und die Einhaltung der DSGVO, damit in Zukunft derartige Fehler der Revisionswerberin nicht mehr vorkämen.
12 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
15 5.1. Das Verwaltungsgericht begründete die Zulassung der Revision lediglich mit dem Fehlen von Rechtsprechung zum „Grundsatz der Datenminimierung nach der DSGVO“.
16 Das bloße Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt jedoch nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision (vgl. die Nachweise bei Thienel , Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, ZVG 2018, 180 [189]). Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert vielmehr die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. auch zur DSGVO VwGH 2.4.2024, Ro 2021/04/0018, Rn. 13, mwN).
Derartige Ausführungen finden sich in der Zulassungsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses vom 30. November 2020 nicht.
17 5.2. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 5.6.2020, Ro 2018/04/0023, Rn. 13, mwN):
18 In der vorliegenden Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit bloß ausgeführt, dass gegenständlich Rechtsprechung zur Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung fehle. Das Verwaltungsgericht habe in seinem Erkenntnis die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ausdrücklich auch ausgesprochen.
Weitere Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit sind der Revision nicht zu entnehmen.
19 6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 17. Oktober 2025