JudikaturVwGH

Ra 2016/09/0035 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 2016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der regionalen Geschäftsstelle Tulln des Arbeitsmarktservice der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Jänner 2016, Zl. W209 2115326-1/11E, betreffend Bestätigung der Voraussetzungen für die Zulassung als sonstige Schlüsselkraft nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. E KG in K, 2. A in W, beide vertreten durch Ecker, Embacher, Neugschwentner, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Revisionswerberin, mit welchem der Antrag der Mitbeteiligten auf Bestätigung der Erfüllung der Voraussetzungen des § 12b Z 1 AuslBG durch den Zweitmitbeteiligten abgewiesen worden war, aufgehoben und der Revisionswerberin aufgetragen, der nach dem Niederlassungsgesetz (NAG) zuständigen Behörde gemäß § 20d Abs. 1 Z 3 AuslBG iVm § 28 Abs. 5 VwGVG unverzüglich schriftlich zu bestätigen, dass der Zweitmitbeteiligte die Voraussetzungen für die Zulassung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG iVm § 41 Abs. 2 Z 2 NAG beim Erstmitbeteiligten als Arbeitgeber erfüllt.

2 Mit der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Revision ist der Antrag verbunden, dieser gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die belangte Behörde begründet ihren Antrag damit, dass die Zulassung des Zweitmitbeteiligten zum österreichischen Arbeitsmarkt noch während des Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof dem Schutzcharakter des AuslBG widerspräche, gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG dürften nämlich "wichtige öffentlichen und gesamtwirtschaftliche Interessen (einer Zulassung) nicht entgegen" stehen. Die Ausstellung einer Zulassung bei noch offenem Revisionsverfahren würde das Rechtsmittel der Amtsrevision ad absurdum führen, weil die Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 20d AuslBG die Wirkung einer bescheidmäßigen Berechtigung habe, die in weiterer Folge aus dem Rechtsbestand nicht mehr eliminiert werden könne. Die Bestätigung sei ein konstitutives Element der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 des Niederlassungsgesetzes.

3 § 30 Abs. 1 bis 3 VwGG lautet:

"Aufschiebende Wirkung

§ 30. (1) Die Revision hat keine aufschiebende Wirkung. Dasselbe gilt für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist.

(2) Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben."

4 Die vorläufige Maßnahme der aufschiebenden Wirkung einer beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde bewirkt, dass der "Vollzug" des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem umfassenden Sinn ausgesetzt wird. Im vorliegenden Fall würde die aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts für die regionale Geschäftsstelle Tulln des Arbeitsmarktservice unmittelbar erfließende Verpflichtung, die Bestätigung der Erfüllung der Voraussetzungen des § 12b Z 1 AuslBG durch den Zweitmitbeteiligten zu erteilen, was zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung an ihn führen könnte, für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof vorläufig aufgeschoben.

5 Die antragstellende regionale Geschäftsstelle zeigt das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht auf:

6 Die Auffassung, dass die mit dem angefochtenen Erkenntnis verfügte Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 20d AuslBG eine Wirkung habe, die in weiterer Folge aus dem Rechtsbestand nicht mehr eliminiert werden könne, weil sie ein konstitutives Element der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 des Niederlassungsgesetzes darstelle, trifft nicht zu. Die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses hätte nämlich zur Folge, dass gemäß § 42 Abs. 3 VwGG allen Rechtsakten und faktischen (Vollzugs )Akten, die während der Geltung des vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Erkenntnisses auf dessen Basis gesetzt wurden, also auch einer allenfalls ausgestellten "Rot-Weiß-Rot - Karte" im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2005, 2002/17/0179).

7 Zwar stehen zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Ein Interesse der Mitbeteiligten am Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses lässt sich jedoch angesichts des im Antrag zum Ausdruck gebrachten Interesses an der Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot - Karte für den Zweitmitbeteiligten und an der Aufnahme der angestrebten Beschäftigung bei der Erstmitbeteiligten nicht verneinen. Im Rahmen der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotene Abwägung aller berührten Interessen ist nicht zu ersehen, inwiefern dieses Interesse geringer als das von der Revisionswerberin geltend gemachte öffentliche Interesse ("wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen" daran, dass der Zweitmitbeteiligte keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalte) zu werten wäre zumal auch die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Revision im Rahmen der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Abwägung nicht für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen (vgl. dazu, dass die einer ersten Beurteilung (prima facie) unterzogenen Erfolgsaussichten der Revision nicht ohne Bedeutung sind, vgl. Müller in Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, 5. Auflage 2004, 213 f, und etwa auch das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, 2008/21/0224, und den hg. Beschluss vom 5. Dezember 2013, AW 2013/09/0039).

8 Bei dieser Sachlage war auf Grund der in § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Interessensabwägung dem Antrag gemäß § 30 Abs. 2 VwGG keine Folge zu geben.

Wien, am 9. Mai 2016

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