JudikaturBVwG

I404 2307109-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
19. Mai 2025

Spruch

I404 2307109-1/8Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Franz OPBACHER und Gerhard BACHMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Spruchpunkt B) des Bescheides des Arbeitsmarkservice XXXX vom 18.11.2024 betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt B) wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG iVm § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18.11.2024 wurde gemäß § 49 AlVG ausgesprochen, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) im Zeitraum 11.10.2024 bis 06.11.2024 kein Arbeitslosengeld erhält (Spruchpunkt A). Des Weiteren wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

Der in Spruchpunkt B) verfügte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde wie folgt begründet: „Die Einhaltung einer Kontrollmeldung ist ein wesentliches Instrument der Arbeitsvermittlung und dient der raschen Integration in den Arbeitsmarkt, weshalb diese grundsätzlich einmal wöchentlich wahrzunehmen ist. Die im öffentlichen Interesse gelegene rasche Arbeitsmarktintegration gestaltet sich umso schwieriger, je länger die arbeitslose Person der Vermittlungstätigkeit des AMS fernbleibt, indem er vorgeschriebene Kontrollmeldungen ohne Vorliegen von triftigen Gründen nicht wahrnimmt. Da im Zeitraum ab dem versäumten Kontrollmeldetermin bis zur Wiedermeldung (bzw. neuerlichen Antragstellung) dem AMS die Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nicht möglich war, stünde eine vorläufige Auszahlung der Leistung im Hinblick auf die von der dem Beschwerdeführer verursachte Verhinderung der Vermittlungs- und Betreuungsmöglichkeit in einem die Versichertengemeinschaft grob belastenden Missverhältnis. Eine aufschiebende Wirkung würde den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu gewähren, unterlaufen. Aus diesem Grund überwiegt das öffentliche Interesse gegenüber dem mit einer Beschwerde verfolgten Einzelinteresse.“

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin führte der Beschwerdeführer aus, dass in der Woche des Termins mit seiner AMS-Betreuerin leider seine Oma verstorben sei. Er habe bis dato keine Nachzahlung erhalten und er könne somit bis heute nicht bezahlen. Seinen neuen Arbeitsvertrag habe er bereits unterschrieben, da er trotzdem bemüht gewesen sei, eine Arbeitsstelle zu finden, die seiner Qualifikation entspreche.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.12.2024 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und erneut der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen (Spruchpunkt II.).

4. Dagegen hat der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag eingebracht, in welchem er ausschließlich Gründe dargelegt, warum er den Kontrolltermin versäumt habe. Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird kein Vorbringen erstattet.

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 06.02.2025 vorgelegt.

6. Am 16.05.2025 wurde der Akt der Gerichtsabteilung I404 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.11.2024 wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 49 AlVG im Zeitraum 11.10.2024 bis 06.11.2024 kein Arbeitslosengeld zusteht (Spruchpunkt A). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid. Er erstattete jedoch kein Vorbringen dahingehend, dass der sofortige Vollzug des Bescheides ihn unverhältnismäßig hart treffen würde.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Sie ist in Hinsicht auf Spruchpunkt B) des Bescheides jedoch nicht begründet.

Zu A) Teilabweisung der Beschwerde:

3.2. Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG), solange diese Wirkung nicht mit Bescheid (§ 13 Abs. 2 VwGVG) oder mit Beschluss (§ 22 Abs. 2 VwGVG) ausgeschlossen worden ist.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 – sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist – dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

3.3. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028). § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, u.a. Folgendes ausgeführt:

„Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.02.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat.

Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 3f und 19 zu § 56). Wirkt der Notstandshilfebezieher an den Feststellungen über die Einbringlichkeit nicht mit, kann von einer Gefährdung derselben ausgegangen werden (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 19 zu § 56). Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. zur Erfolgsprognose VwGH 09.05.2016, Ra 2016/09/0035).“

3.4. Im vorliegenden Fall enthält die Beschwerde (und auch der Vorlageantrag) keinerlei Ausführungen zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung. So führt der Beschwerdeführer lediglich an, bis dato keine Nachzahlung erhalten zu haben und er nicht bezahlen könne. Insbesondere wird nicht dargetan, welcher konkrete wirtschaftliche, finanzielle oder rechtlicher Nachteil mit der Verpflichtung zur sofortigen Rückerstattung des Arbeitslosengeldes verbunden wäre.

Nach der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft den Beschwerdeführer hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils eine Konkretisierungspflicht. In diesem Sinne erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter – tunlichst ziffernmäßiger – Angaben über die finanziellen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für die beschwerdeführende Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte.

Dazu ist auch ins Treffen zu führen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13). „Unverzüglich“ und „ohne weiteres Verfahren“ bedeutet wohl, ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).

Vorliegend führte der Beschwerdeführer nicht aus, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der Verpflichtung zur sofortigen Rückerstattung der Notstandshilfe verbunden wären.

Demgegenüber wurde der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von der belangten Behörde insbesondere damit schlüssig begründet, dass die Einhaltung einer Kontrollmeldung ein wesentliches Instrument der Arbeitsvermittlung ist und der raschen Integration in den Arbeitsmarkt dient. Da im Zeitraum ab dem versäumten Kontrollmeldetermin bis zur Wiedermeldung (bzw. neuerlichen Antragstellung) dem AMS die Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nicht möglich war, stünde eine vorläufige Auszahlung der Leistung im Hinblick auf die von der dem Beschwerdeführer verursachte Verhinderung der Vermittlungs- und Betreuungsmöglichkeit in einem die Versichertengemeinschaft grob belastenden Missverhältnis. Eine aufschiebende Wirkung würde den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu gewähren, unterlaufen.

3.5. Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung war daher spruchgemäß abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass mit diesem (Teil-)Erkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird.

3.6. Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde „ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden“, was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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