Ra 2021/10/0162 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Bei der Species des Fischotters (Lutra lutra) handelt es sich um eine in Anhang IV der FFH-RL angeführte "streng zu schützende" Tierart von gemeinschaftlichem Interesse. Für eine derartige Tierart sieht Art. 12 FFH-RL ein von den Mitgliedstaaten einzuführendes - näher bestimmtes - "strenges Schutzsystem" vor, von dem die Mitgliedstaaten nur unter den Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL "abweichen" dürfen. Die in Art. 16 Abs. 1 FFH-RL formulierten Voraussetzungen finden sich im Wesentlichen in der Verordnungsermächtigung des § 20 Abs. 6 NÖ NatSchG 2000 wieder, welche der in Rede stehenden NÖ Fischotter-Verordnung zugrunde liegt; nur unter diesen Voraussetzungen "kann" die Landesregierung nach dieser Bestimmung "Ausnahmen von den Verboten nach § 18 Abs. 4 [NÖ NatSchG 2000] für einzelne Tier- und Pflanzenarten zulassen". Dem entsprechend stützt sich die belangte Behörde (NÖ Landesregierung) in der Promulgationsklausel der gegenständlichen Verordnung (ausdrücklich) auf § 20 Abs. 6 NÖ NatSchG 2000. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es nicht zweifelhaft, dass die NÖ Fischotter-Verordnung in Umsetzung des Unionsumweltrechtes, nämlich des Unions-Artenschutzrechtes nach den genannten Bestimmungen der FFH-RL, ergangen ist. Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag haben zwei anerkannte Umweltorganisationen gemäß § 19 Abs. 7 UVPG 2000, eine Beeinträchtigung von Unionsumweltrecht durch die gegenständliche NÖ Fischotter-Verordnung behauptet und dazu (umfangreich) inhaltliches Vorbringen erstattet. Dieser Antrag zielt auf die inhaltliche Überprüfung der geltenden Verordnung anhand der Vorgaben des Unionsumweltrechtes, namentlich der FFH-RL, durch die belangte Behörde ab; diese, die NÖ Landesregierung, ist zufolge der Verordnungsermächtigung des § 20 Abs. 6 NÖ NatSchG 2000 zur jederzeitigen Abänderung oder Aufhebung der NÖ Fischotter-Verordnung befugt. (Für das VwG hingegen gilt Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 1 B-VG.) Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht - richtig erkennend, dass Sache des von ihm zu erledigenden Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Überprüfung der bereits von der belangten Behörde ausgesprochenen Zurückweisung des Antrages war - diese Zurückweisung durch Abweisung der Beschwerde der Umweltorganisationen; zur Begründung berief sich das VwG auf die Kompetenz des VfGH gemäß Art. 139 B-VG zur Prüfung von Verordnungen auf deren Gesetzmäßigkeit. Diese Begründung greift allerdings insofern zu kurz, als der VfGH in seiner (bisherigen) Rechtsprechung anerkannten Umweltorganisationen keine Parteistellung im Verfahren nach Art. 139 B-VG und damit keine Antragslegitimation zuerkennt (vgl. VfGH 14.12.2016, V 134/2015, sowie 14.12.2016, V 87/2014).