JudikaturVfGH

V48/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
12. März 2024

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Mit ihrem auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Partei, "die 101. Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 2022, Zl 10 JAG 1/106 2022, betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Fischotter […] zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben" sowie in eventu "eine individuelle Normenkontrolle durchzuführen".

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 (K NSG 2002), LGBl 79/2002 (WV), idF LGBl 36/2022 lauten wie folgt:

" §19

Besonderer Tierartenschutz

(1) Jene Arten freilebender, nicht als Wild geltender und nicht dem Fischereirecht unterliegender Tiere, deren Bestand gefährdet oder aus Gründen der Erhaltung eines ausgeglichenen Naturhaushaltes zu sichern ist, können von der Landesregierung durch Verordnung vollkommen oder teilweise geschützt werden. Die im Anhang IV lita der FFH Richtlinie eingetragenen Tierarten sind durch Verordnung als vollkommen geschützte Tierarten auszuweisen, wobei sich der Schutz nicht heimischer Arten auf das Verbot des Feilbietens, des Erwerbs und der Weitergabe beschränken darf.

(2) – (6) […]

[…]

§54a

Beteiligung von Umweltorganisationen an Verfahren

(1) Anerkannte Umweltorganisationen gemäß §19 Abs7 UVP G 2000, deren örtliche Anerkennung auch das Land Kärnten umfasst, haben das Recht

1. gegen Bewilligungen gemäß §24b Abs2 bis 5 oder

2. gegen

a) Bewilligungen gemäß §9 und §24 Abs3,

b) Ausnahmen von den Verboten gemäß §10 und

c) Genehmigungen gemäß §22 Abs2,

sofern geschützte Arten, die im Anhang IV der FFH Richtlinie (§67a Abs3 litb) oder in Anhang I der Vogelschutz Richtlinie (§67a Abs3 lita) genannt oder in Art4 Abs2 der Vogelschutz Richtlinie angesprochen sind, betroffen sind, wegen der Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes, soweit sie Bestimmungen der FFH Richtlinie und der Vogelschutz Richtlinie umsetzen, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.

(2) Die Landesregierung hat eine elektronische Plattform zur Verfügung zu stellen, die nur den Behörden und den anerkannten Umweltorganisationen offensteht, und der Bereitstellung verfahrens-relevanter Anträge und Bescheide zur Ermöglichung der Ausübung der Beteiligungsrechte gemäß §24b Abs1b und 1c und des Beschwerderechts gemäß Abs1 dient. Die Landesregierung hat den anerkannten Umweltorganisationen im Sinne des Abs1 auf Antrag eine Zugangsberechtigung zu dieser Plattform sowie die erforderlichen Informationen für die Ausübung der Zugriffsberechtigung zur Verfügung zu stellen.

(3) Alle Bewilligungen in den in Abs1 Z1 und 2 lita bis c genannten Angelegenheiten sind, ohne die Einschränkung gemäß Z2 letzter Halbsatz auf unionsrechtlich geschützte Arten, auf der elektronischen Plattform gemäß Abs2 bereitzustellen. Mit Ablauf von zwei Wochen ab dem Tag der Bereitstellung gilt der Bescheid den Umweltorganisationen gemäß Abs1 als zugestellt. Ab dem Tag der Bereitstellung ist ihnen Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Die Anträge und Bescheide dürfen frühestens sechs Wochen nach der Bereitstellung von der elektronischen Plattform entfernt werden.

(4) Beschwerden von Umweltorganisationen gemäß Abs1 sind binnen vier Wochen ab der Zustellung (Abs3) schriftlich bei der Behörde einzubringen.

(5) Beschwerden einer Umweltorganisation gemäß Abs1 gegen 1. Entscheidungen gemäß Abs1 Z1 – soweit dies Angelegenheiten des §24b Abs1a betrifft – sind, wenn sie innerhalb der dort festgelegten Frist keine begründete Stellungnahme in dieser Angelegenheit abgegeben hat, oder 2. Bescheide, die der Umweltorganisation gemäß Abs3 als zugestellt gelten, sind nach Ablauf der Frist des Abs4 als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Umweltorganisation bereits vor Beginn der Frist des §24b Abs1b erster Satz (Z1) oder §54a Abs3 zweiter Satz (Z2) eine Zugriffsberechtigung gemäß Abs2 zur Verfügung stand."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Jagdgesetzes 2000 (K JG), LGBl 21/2000 (WV), idF LGBl 75/2022 lauten wie folgt:

" §4

Wild

Zum Wild im Sinne dieses Gesetzes gehören:

a) Haarwild: Rot-, Dam-, Reh-, Gams-, Stein-, Muffel- und Schwarzwild (Schalenwild); der Feldhase und der Alpen- oder Schneehase, das wilde Kaninchen, das Murmeltier, der Biber;

der Bär, der Waschbär, der Wolf, der Fuchs, der Dachs, der Baum- oder Edelmarder, der Stein- oder Hausmarder, der Marderhund, der Iltis, das große Wiesel oder Hermelin, das kleine Wiesel, der Fischotter, der Luchs, die Wildkatze, Goldschakal, (Raubwild);

b) […].

[…]

7. Abschnitt

Schonvorschriften

§51

Schonzeiten

(1) Während des ganzen Jahres sind zu schonen: das Steinwild, der Bär, der Wolf, das kleine Wiesel, der Fischotter, der Luchs, die Wildkatze, der Biber, die Auerhenne, die Birkhenne, die Haselhenne, das Alpenschneehuhn, das Steinhuhn, die Wachtel, die Wacholderdrossel (der Krammetsvogel), der Graureiher, der Haubentaucher, die Bekassine, die Wildenten, ausgenommen die Stockente, die Krickente, die Pfeifente, die Schnatterente, die Spießente, die Löffelente, die Tafelente, die Reiherente und die Knäkente, die Wildgänse, ausgenommen die Graugans, die Saatgans und die Kanadagans, die Hohltaube, der Kolkrabe, die Taggreifvögel und die Eulen sowie die Aaskrähe, der Eichelhäher und die Elster.

(2) Die Landesregierung hat hinsichtlich des nicht in Abs1 angeführten Wildes mit Verordnung unter Bedachtnahme auf die Grundsätze eines geordneten Jagdbetriebes (§3), auf die Erhaltung bedrohter Wildarten sowie unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht und der biologischen Eigenheiten des Wildes festzulegen, welches Wild während des ganzen Jahres oder während bestimmter Zeiträume zu schonen ist (Schonzeiten). Für Alpenschneehasen, Alpensteinböcke, Gemsen, Edelmarder und Iltisse ist jedenfalls eine Schonzeit festzulegen. In der Verordnung über die Schonzeiten ist auch das Wild anzuführen, das ganzjährig bejagt werden darf.

(3) Im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes kann die Landesregierung bei schwerer Gefährdung der Wildbestände durch Wildverluste, die durch außergewöhnliche Witterungsverhältnisse, Naturkatastrophen, Wildseuchen u. ä. verursacht werden, im ganzen Land, in einzelnen Verwaltungsbezirken oder in einzelnen Jagdgebieten die Schonzeiten verlängern oder festlegen, daß bestimmte Wildarten während des ganzen Jahres zu schonen sind. Diese Verordnung ist aufzuheben, sobald der Grund für ihre Erlassung weggefallen ist.

(4) Die Landesregierung kann für bestimmte Wildarten die nach Abs1 oder 2 festgelegten Schonzeiten für alle oder einzelne Jagdgebiete verlängern oder – soweit es sich nicht um Wild nach Abs4a handelt – auch aufheben oder verkürzen, wenn dies im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes mit Rücksicht auf die örtlichen oder klimatischen Verhältnisse gerechtfertigt erscheint. Diese Verordnungen dürfen jeweils nur für die Dauer von zwei Jahren erlassen werden.

(4a) Um selektiv und in geringer Anzahl die Tötung, den Fang oder die Haltung von ganzjährig geschontem Federwild oder von Wölfen, Bären, Fischottern, Bibern, Wildkatzen oder Luchsen zu ermöglichen, kann die Landesregierung – sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt – die nach Abs1 festgelegte Schonzeit für dieses Wild aufheben oder verkürzen, und zwar im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit, der Sicherheit der Luftfahrt, zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern, zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen oder zu Forschungszwecken oder zur Aufstockung der Bestände und zur Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht. Diese Verordnung darf weiters nur unter der Voraussetzung erlassen werden, dass die Populationen der in der Verordnung angeführten Arten trotz der Aufhebung oder Verkürzung der Schonzeit ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Soweit es sich nicht um ganzjährig geschontes Federwild handelt, darf diese Verordnung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch erlassen werden zum Schutz von Eigentum im allgemeinen oder zur Erhaltung natürlichen Lebensraumes. Diese Verordnungen dürfen jeweils höchstens für die Dauer von zwei Jahren erlassen werden.

(5) Die Landesregierung kann ferner die für eine bestimmte Wildart – ausgenommen eine der in Abs4a angeführten Wildarten – geltende Schonzeit in einzelnen oder allen Jagdgebieten eines Verwaltungsbezirkes auf eine angemessene Dauer außer Wirksamkeit setzen, wenn dies im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes oder der Land- und Forstwirtschaft geboten ist. Die Schonzeit für in Abs4a angeführtes Wild darf jedoch nur dann außer Wirksamkeit gesetzt werden, wenn dies zum Schutz einer der in Abs4a angeführten Interessen geboten erscheint, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und die Voraussetzungen des Abs4a zweiter Satz gegeben sind.

(5a) Die Landesregierung kann für an Landesgrenzen gelegene Jagdgebiete, die nach §5 Abs2 festgestellt worden sind, durch Verordnung die nach Abs2 festgelegten Schonzeiten für Schalenwild auf die Dauer der Feststellung des Jagdgebietes verlängern oder verkürzen, wenn dies im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes zur Angleichung der Schonzeiten an die jenseits der Landesgrenze geltenden Bestimmungen erforderlich ist.

(6) Wild darf – sofern nicht ein Fall der §§52 oder 72 vorliegt – während der Schonzeit weder verfolgt, noch gefangen, noch erlegt werden.

(7) Bei Akten der Vollziehung gemäß Absatz 2 bis 5a ist jedenfalls auch auf den wildökologischen Raumplan und auf einen ausgeglichenen Naturhaushalt Bedacht zu nehmen.

§52

Ausnahmen von Schonvorschriften

(1) Die Landesregierung kann für Zwecke der Wissenschaft, musealer Sammlungen, des Unterrichts oder der Verpflanzung von Wild in ein anderes Jagdgebiet fallweise Ausnahmen von den Schonvorschriften gestatten, wenn dies im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes oder im öffentlichen Interesse liegt und soweit Abs2a nicht anderes bestimmt.

(2) Die Landesregierung kann Einzelstücke einer Wildart in Abweichung von den Schonvorschriften für einzelne oder alle Jagdgebiete mit Bescheid zum Abschuß oder zum Fang freigeben, wenn dies im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes, der Land- und Forstwirtschaft, zur Erhaltung einer bedrohten Wildart oder sonst im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint und soweit Abs2a nicht anderes bestimmt. Eine selektive Freigabe im Sinne des ersten Satzes darf für den Auerhahn in der Zeit vom 1. März bis 30. September, für den Birkhahn in der Zeit vom 1. April bis 20. September und für die Waldschnepfe in der Zeit vom 20. Februar bis 10. September nur erfolgen, wenn es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und die Populationen der betroffenen Art unter Berücksichtigung der Populationsgröße und der Populationsdynamik (Reproduktions- und Mortalitätsrate) in einem günstigen Erhaltungszustand verbleiben.

(2a) Wenn sich eine Maßnahme nach Abs1 oder 2 auf ganzjährig geschontes Federwild oder auf Wölfe, Bären, Fischotter, Biber, Wildkatzen oder Luchse bezieht, darf sie nur zum Schutz einer der in §51 Abs4a angeführten Interessen bewilligt werden, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt.

(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann dem Jagdausübungsberechtigten die Bewilligung erteilen, Eier des Federwildes zu sammeln und ausbrüten zu lassen, wenn die künstliche Aufzucht dieser Wildart zu ihrer Erhaltung notwendig oder im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes oder der Land- und Forstwirtschaft gelegen ist und der Bewerber die Gewähr für eine sachgemäße Durchführung bietet. Die Bewilligung darf überdies nur zum Schutz einer der in §51 Abs4a angeführten Interessen erteilt werden, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt. Ausgemähte oder durch Naturkatastrophen gefährdete Gelege dürfen durch den Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke des Ausbrütens entfernt werden.

(3a) Bezieht sich eine Bewilligung nach Abs2 oder 3 auf Taggreifvögel oder Eulen, kann die Behörde im Bescheid anordnen, daß von der Bewilligung nur in Begleitung eines Behördenorganes Gebrauch gemacht werden darf. Ist der Inhaber einer Bewilligung nach Abs2 nicht mit dem Jagdausübungsberechtigten identisch, so ist er verpflichtet, den Jagd ausübungsberechtigten so rechtzeitig zu verständigen, daß dieser oder sein Jagdschutzorgan bei der Durchführung der bewilligten Maßnahme anwesend sein kann.

(4) Wild, das infolge einer Verletzung großen Qualen oder einem Siechtum ausgesetzt, krank oder seuchenverdächtig ist, ist auch während der Schonzeit und über den Abschußplan (§57) hinaus zu erlegen. Eine solche Erlegung ist unverzüglich unter Darlegung der Gründe der Bezirksverwaltungsbehörde und dem Bezirksjägermeister anzuzeigen. Wild, das unter diesen Voraussetzungen während der Schonzeit erlegt wurde, ist auf den Abschussplan nicht anzurechnen, aber in der Abschussliste gesondert auszuweisen. Das erlegte Stück ist in der Decke dem Hegeringleiter vorzulegen; dieser hat bei Verdacht auf Vorliegen einer Verwaltungsübertretung unverzüglich die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen. Diese kann die Vorlage des Wildes verlangen.

(5) Bei Akten der Vollziehung gemäß Abs1 bis 3 ist jedenfalls auch auf den wildökologischen Raumplan und auf einen ausgeglichenen Naturhaushalt Bedacht zu nehmen.

§53

Beschränkung des Abschusses

Sinkt der Bestand einer Wildart bedeutend unter das dem Jagdgebiet entsprechende Mindestausmaß, so hat der Bezirksjägermeister nach Anhörung des Bezirksjagdbeirates den Abschuss dieser Wildart in dem Jagdgebiet auf eine angemessene Dauer einzuschränken, sofern keine Verordnung nach §51 Abs3 erlassen wurde. Dabei ist jedenfalls auf den wildökologischen Raumplan und auf einen ausgeglichenen Naturhaushalt Bedacht zu nehmen. Diese Maßnahmen sind aufzuheben, sobald der Grund für ihre Erlassung weggefallen ist.

[…]

§54c

Beteiligung von Umweltorganisationen

(1) Anerkannte Umweltorganisationen gemäß §19 Abs7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl Nr 697/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 80/2018, deren örtliche Anerkennung auch das Land Kärnten umfasst, haben das Recht, gegen Bewilligungen gemäß §52 Abs2 erster Satz – soweit dies unionsrechtlich geschützte Arten betrifft (Arten, die in Anhang IV lita der FFH Richtlinie (§100a Z1) oder in Anhang I der Vogelschutz Richtlinie (§100a Z2) genannt sind oder auf die in Art4 Abs2 der Vogelschutz Richtlinie Bezug genommen wird) – , §52 Abs2 letzter Satz, Abs2a und 3, §54a Abs2 sowie §68 Abs1c Z2 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.

(2) Bescheide gemäß Abs1 sind auf der elektronischen Plattform gemäß §54a Abs2 Kärntner Naturschutzgesetz 2002 bereitzustellen. Mit Ablauf von zwei Wochen ab dem Tag der Bereitstellung gilt der Bescheid den Umweltorganisationen gemäß Abs1 als zugestellt. Ab dem Tag der Bereitstellung ist ihnen Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Die Bescheide dürfen frühestens sechs Wochen nach der Bereitstellung von der elektronischen Plattform entfernt werden.

(3) Beschwerden von Umweltorganisationen gemäß Abs1 sind binnen vier Wochen ab der Zustellung (Abs2) schriftlich bei der Behörde einzubringen. Beschwerden gegen Bescheide, die aus den in Art16 Abs1 litb der FFH Richtlinie 92/43/EWG oder Art9 Abs1 lita dritter Spiegelstrich der Vogelschutz Richtlinie 2009/147/EG genannten Gründen erlassen wurden, haben keine aufschiebende Wirkung.

[…]

§68

Verbotene Jagdmethoden, Beschränkungen der Jagdausübung

(1) Es ist verboten:

1. – 3. […]

4. in Jagdgebieten Selbstschüsse, Abzugeisen – soweit Abs3 nicht anderes bestimmt – und Fanggeräte, die nicht unversehrt fangen oder nicht sofort töten – sofern Abs1b nicht anderes bestimmt –, zu verwenden oder erlaubte Fanggeräte zu verwenden, die sich nicht in einem einwandfreien, funktionsfähigen Zustand befinden;

5. Fanggeräte so aufzustellen, daß eine Gefährdung von Menschen oder Nutztieren, einschließlich der Haustiere, eintreten kann;

6. – 26. […]

(2) – (5) […]

(6) Die Landesregierung hat mit Verordnung festzulegen, welche Fanggeräte den Bestimmungen des Abs1 Z4 entsprechen und wie deren Aufstellung (Abs1 Z5) zu erfolgen hat. Die Landesregierung hat mit Verordnung Fanggeräte, die grundsätzlich oder nach ihren Anwendungsbedingungen nicht selektiv sind, zu verbieten, sofern die Verwendung dieser Fallen nicht zum Schutz einer der in §51 Abs4a angeführten Interessen weiterhin geboten erscheint, und sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt. Sie hat weiters durch Verordnung Fanggeräte, die grundsätzlich oder nach ihren Anwendungsbedingungen nicht selektiv sind, zu verbieten, wenn durch ihre Verwendung das örtliche Verschwinden des Edelmarders oder des Iltisses hervorgerufen werden könnte oder deren Populationen schwer gestört werden könnten, sofern die weitere Verwendung dieser Fallen nicht zum Schutz einer der in §51 Abs4a angeführten Interessen weiterhin geboten erscheint und sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt.

(7) […]"

3. Die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 2022, Zl 10 JAG 1/106 2022, betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Fischotter, LGBl 101/2022 lautet wie folgt:

"Auf Grund des §51 Abs4a und §68 Abs6 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 – K JG, LGBl Nr 21/2000, zuletzt geändert mit LGBl Nr 75/2022, wird verordnet:

§1

Ziel

Zur Abwendung erheblicher Schäden an Fischgewässern und zum Schutz anderer wildlebender Tiere, insbesondere Fische, Krebse, Muscheln und Pflanzen und deren natürlicher Lebensräume sowie um selektiv und in geringer Anzahl den Fang oder den Abschuss des ganzjährig geschonten Fischotters zu ermöglichen, wird, unter streng überwachten Bedingungen, in Ermangelung einer anderen zufriedenstellenden Lösung, entsprechend den Bedingungen des Artikel 16 der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna Flora und Habitat Richtlinie) eine vorübergehende Ausnahme von der ganzjährigen Schonzeit für den Fischotter, erteilt.

§2

Schonzeit

(1) Die Schonzeit für den Fischotter wird nach Maßgabe des §3 aufgehoben, soweit es sich um Rüden, Jungotter, nicht führende und nicht tragende Fähen handelt.

(2) Die Schonzeit für führende oder offensichtlich tragende Fischotterfähen wird nach Maßgabe des §3 vom 1. März bis 31. Oktober festgelegt.

§3

Eingriffsbereiche und Kontingent

(1) Fischotter in allen Entwicklungsformen dürfen vom 1. Jänner bis 31. Dezember im Bereich von Fischgewässern, ausgenommen in Gewässern nach Abs3 sowie an nicht zäunbaren Teichanlagen mit Fanggeräten die unversehrt fangen (Lebendfallen) nur von speziell geschulten Jagdschutzorganen sowie speziell geschulten Jägern, gefangen werden. Vom 1. März bis 31. Oktober dürfen nur gefangene Rüden, Jungotter nicht führende und offensichtlich nicht tragende Fähen getötet werden. Vom 1. März bis 31. Oktober dürfen gefangene führende und offensichtlich tragende Fähen nicht getötet werden, sondern sind am Fangort unversehrt und umgehend frei zu lassen.

(2) Vom 1. November bis zum jeweils letzten Tag des Februars dürfen Fischotter in allen Entwicklungsformen mit zulässigen Fangmethoden von speziell geschulten Jagdschutzorganen sowie speziell geschulten Jägern gefangen oder mit Langwaffen bejagt und getötet werden, vordringlich sind jedoch Lebendfallen zu verwenden.

(3) Nicht erlaubt, ausgenommen im unmittelbaren Bereich von Fischaufstiegshilfen, sind der Fang und das Töten von Fischottern in folgenden Gewässern: […]

(4) Die Entnahmehöchstzahl von Fischottern für Kärnten beträgt 50 Stück pro Jahr. Im ersten und im zweiten Jahr ab dem Inkrafttreten der Verordnung (§9) dürfen jeweils maximal 50 Stück Fischotter entnommen werden.

§4

Fallenfang

(1) Für Fänge vom 1. März bis 31. Oktober dürfen nur Fallen verwendet werden, die durch ihre Funktionalität, Bauart und Größe eine Unversehrtheit der Tiere beim Fangen gewährleisten. Es dürfen nur Fallen verwendet werden, wie sie jagdrechtlich zum Fang anderer von der Größe her vergleichbarer marderartiger Tierarten verwendet werden. Fischotterfallen für den Lebendfang müssen so ausgestaltet sein, dass andere Wildarten damit möglichst nicht gefangen werden können. Die Lebendfallen müssen täglich mindestens zweimal kontrolliert werden.

(2) Für Fänge vom 1. November bis zum jeweils letzten Tag des Februars dürfen alle zulässigen Fangmittel und methoden verwendet bzw angewendet werden, jedoch sollen vordringlich Lebendfallen verwendet werden. Bei der Verwendung von Conibear-Fallen dürfen nur Conibear Fallen mit einer Seitenlänge von 30cm verwendet werden.

§5

Tötung

Die Tötung der gefangenen Fischotter darf nur an Land erfolgen und hat weidgerecht, in sinngemäßer Anwendung der jagdrechtlichen Bestimmungen, zu erfolgen. Böschungsbereiche gelten als zum Gewässer gehörig.

§6

Meldepflichten und Dokumentation

(1) Jeder Fallenstandort ist mit den KAGIS-Koordinaten dem Amt der Kärntner Landesregierung – Abteilung 10 – Land- und Forstwirtschaft, Ländlicher Raum und der Kärntner Jägerschaft, binnen 24 Stunden, schriftlich (per E Mail oder Fax) zu melden. Jeder Fischotterfang ist mit dem Datum des Fanges/der Erlegung/Zurücksetzung dem zuständigen Bezirksjägermeister und dem Amt der Kärntner Landesregierung – Abteilung 10 – Land- und Forstwirtschaft, Ländlicher Raum binnen 24 Stunden, schriftlich (per E Mail oder Fax) zu melden. Die Gesamtentnahme pro Jahr ist in der Abschussliste (§59 Abs2 Kärntner Jagdgesetz 2000) zu verzeichnen.

(2) Der jeweils zuständige Bezirksjägermeister hat die Einhaltung des unter §3 Abs4 angeführten jährlichen Kontingentes zu überwachen und der Kärntner Landesregierung bis 31. März eines jeden Jahres die Abschusslisten und die Wildnachweisung betreffend entnommener Fischotter zu übermitteln.

§7

Aufsicht

(1) Die Überprüfung der Einhaltung der vorgenannten Ausnahmen von den Schonzeiten erfolgt durch die Landesregierung durch Einsichtnahme in die Abschusslisten, welche von den Jagdausübungsberechtigten laufend zu führen sind (§59 Abs1 Kärntner Jagdgesetz 2000), sowie in die vom Bezirksjägermeister aufgrund der Abschusslisten zu erstellende Wildnachweisung (§59 Abs5 Kärntner Jagdgesetz 2000).

(2) Zur Beweissicherung und Kontrolle sind der Landesregierung über Aufforderung die getöteten Fischotter (samt Aufbruch) binnen 48 Stunden (ab Meldung), zur Verfügung zu halten. Der Jagdausübungsberechtigte hat gemäß §1a Abs1 Kärntner Jagdgesetz 2000 das Recht der Aneignung der gefangenen und getöteten Fischotter.

§8

Monitoring

Damit die Populationen des Fischotters trotz vorübergehender Verkürzung der Schonzeit, ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, hat die Kärntner Landesregierung zur Kontrolle über die Bestandsentwicklung und den Erhaltungszustand des Fischotters regelmäßig ein entsprechendes Monitoring durchzuführen.

§9

Inkrafttreten – Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des auf die Kundmachung folgenden Tages in Kraft.

(2) Nach Ablauf von zwei Jahren, gerechnet vom Tag des Inkrafttretens der Verordnung, tritt diese Verordnung außer Kraft."

4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten samt Erklärung (in der Folge: "AarhK"), BGBl III 88/2005, idF BGBl III 58/2023 lauten wie folgt:

" Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens

1. – 3. […]

4. bedeutet „Öffentlichkeit“ eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

5. bedeutet „betroffene Öffentlichkeit“ die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse.

[…]

Artikel 6

Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten

(1) Jede Vertragspartei

a) wendet diesen Artikel bei Entscheidungen darüber an, ob die in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden;

b) wendet diesen Artikel in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet;

c) kann – auf der Grundlage einer Einzelfallbetrachtung, sofern eine solche nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist – entscheiden, diesen Artikel nicht auf geplante Tätigkeiten anzuwenden, die Zwecken der Landesverteidigung dienen, wenn diese Vertragspartei der Auffassung ist, dass sich eine derartige Anwendung negativ auf diese Zwecke auswirken würde.

(2) – (11) […]

[…]

Artikel 9

Zugang zu Gerichten

(1) […]

(2) Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

(a) die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

(b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten. Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können. Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

(3) Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4) – (5) […]"

5. Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (in der Folge: "FFH-RL"), ABl. 1992 L 206, 7, idF ABl. 2006 L 363, 368, lauten wie folgt:

" Artikel 2

(1) Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt

durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten,

für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.

(2) – (3) […]

[…]

Artikel 12

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet:

a) alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;

b) jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs , Aufzucht , Überwinterungs- und Wanderungszeiten;

c) jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur;

d) jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.

(2) – (4) […]

[…]

Artikel 16

(1) Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, daß die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und 14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a) und b) im folgenden Sinne abweichen:

a) zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;

b) zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;

c) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;

d) zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;

e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV zu erlauben.

(2) […]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Partei ist eine nach §19 Abs7 UVP G 2000 anerkannte Umweltorganisation mit Tätigkeitsbereich für ganz Österreich.

Am 18. Mai 2023 stellte sie den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag, die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 2022 betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Fischotter, LGBl 101/2022, als gesetzwidrig aufzuheben.

1.1. Für Fischotter gelte der besondere Artenschutz gemäß §19 K NSG 2002, weshalb diese Tiere nicht verfolgt, beunruhigt, gefangen, befördert, gehalten oder getötet werden dürften. Die angefochtene Verordnung, die Ausnahmen von der Schonzeit für Fischotter vorsehe, verstoße gegen §54a K NSG 2002. Demnach hätten anerkannte Umweltorganisationen, deren Anerkennung örtlich auch das Land Kärnten umfasse, das Recht, gegen die Genehmigungen von Ausnahmen der in den §§17 bis 21 K NSG 2002 enthaltenen Verbote Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten zu erheben, sofern davon geschützte Arten betroffen seien, die im Anhang IV FFH-RL oder im Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten ("Vogelschutz RL") genannt seien. Einzelfallentscheidungen nach den genannten Bestimmungen müssten daher in Bescheidform ergehen.

1.2. Die anstelle der bescheidförmigen Genehmigung von Ausnahmen ergangene, nunmehr angefochtene Verordnung verstoße daher gegen §54a K NSG 2002, da sie entgegen der gesetzlichen Vorgabe keine Beteiligung von Umweltorganisationen am Verfahren betreffend den in Kärnten streng geschützten Fischotter vorsehe. Gemäß der AarhK seien aber die Vertragsparteien verpflichtet, Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit, jedenfalls aber den anerkannten Umweltorganisationen, bestimmte Verfahrensrechte einzuräumen, worunter ein Recht auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten zähle. Dieser Zugang zu Gerichten müsse das Recht beinhalten, Verordnungen im Umweltbereich ebenso überprüfen zu lassen wie behördliche Unterlassungen.

1.3. Die angefochtene Verordnung sei aber auch deshalb rechtswidrig, weil die ihr zugrunde liegenden §§51 Abs4a und 68 Abs6 K-JG gegen Art9 Abs3 AarhK verstießen. Zudem widersprächen die genannten Bestimmungen des K JG dem §54a K NSG 2002, der die speziellere Bestimmung sei, zumal er einen strengeren Schutz des Fischotters regle. Die streng geschützten Tiere seien offenbar nur deshalb in das K JG aufgenommen worden, um die Vorgaben des K NSG 2002 zu umgehen.

1.4. Die antragstellende Partei sei als anerkannte Umweltorganisation zur Antragstellung legitimiert, greife die angefochtene Verordnung doch unmittelbar, aktuell und in eindeutig bestimmter Weise nachteilig in ihre Rechtssphäre ein. Als anerkannte Umweltorganisation sei sie Adressatin der AarhK sowie von §54a K NSG 2002. Es liege insoweit geradezu im Vereinszweck der antragstellenden Partei, vom gerichtlichen Zugang bei Verstößen gegen den Artenschutz Gebrauch zu machen, um die Einhaltung von Umweltrechten zu gewährleisten. Folglich würden die rechtlichen Interessen der antragstellenden Partei nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt, zumal ihr durch die Verordnung die Möglichkeit genommen werde, Beschwerde gegen die rechtswidrige Tötung von Fischottern zu erheben oder einen anderen Zugang zu Gericht zu beschreiten. Es gebe auch keinen zumutbaren anderen Weg, um die genannten Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, könne doch angesichts der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung kein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes erwirkt werden.

2. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2023 erhob die antragstellende Partei unter Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162, Beschwerde gegen die hier angefochtene Verordnung an das Landesverwaltungsgericht Kärnten. Diese wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten mit Beschluss vom 10. August 2023, KLVwG 1204/4/2023, als unzulässig zurück, da die Verwaltungsgerichte nicht zur Überprüfung von Verordnungen berufen seien. Aus der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes folge vielmehr, dass einzig der verordnungserlassenden Behörde die Kompetenz zur Änderung oder Aufhebung der Verordnung zukomme.

3. In ihrer Äußerung vom 1. August 2023 beantragte die Kärntner Landesregierung die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des gegenständlichen Antrages.

3.1. Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergebe sich, dass anerkannten Umweltorganisationen keine Legitimation zur Stellung eines Antrages gemäß Art139 Abs1 Z3 B VG zukomme (Verweis auf VfGH 14.12.2016, V87/2014 und 14.12.2016, V134/2015). Ebenso seien auf Art144 Abs1 B VG gestützte Beschwerden anerkannter Umweltorganisationen mangels subjektiver Rechte zurückgewiesen worden (Verweis auf VfGH 18.3.2022, E2107/2021). Da die antragstellende Partei selbst nicht Adressatin der angefochtenen Verordnung sei, greife diese auch nicht tatsächlich und unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein.

3.2. Überdies seien Anträge nach Art139 Abs1 Z3 B VG nur zulässig, sofern kein anderer Rechtsweg zumutbar sei. Insoweit sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162, zur NÖ Fischotter Verordnung (LGBl 98/2019) zu verweisen. In dieser Entscheidung habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages zweier Umweltorganisationen auf Überprüfung und Aufhebung der genannten Verordnung rechtswidrig war. Anerkannte Umweltorganisationen hätten auf Grund des Art6 AarhK iVm Art47 GRC ein Recht auf Teilnahme am behördlichen Verfahren, wobei ihnen die Legitimation zum Zweck der Geltendmachung einer Beeinträchtigung von umweltbezogenen Normen des Unionsrechtes selbst dann zukomme, wenn die einschlägigen Rechtsgrundlagen dafür keine Anknüpfungspunkte vorsähen. Selbst der Umstand, dass die Verordnung bereits existiere, stünde daher einer Behandlung des Antrages auf deren Überprüfung nicht entgegen.

3.3. In der Sache bringt die Kärntner Landesregierung vor, dass die angefochtene Verordnung schon deshalb nicht gegen §54a K NSG 2002 verstoßen könne, da die Fischotter nicht dem Anwendungsbereich des K NSG 2002, sondern dem des K-JG unterlägen. Die §§51 Abs4a und 68 Abs6 K-JG wiederum könnten schon wegen der Gleichrangigkeit mit §54a K NSG 2002 nicht gegen diesen verstoßen. Im Übrigen sähen Art38 Abs2 sowie 33 Abs3 bis 5 der Kärntner Landesverfassung Beteiligungsmöglichkeiten im Begutachtungsprozess vor. Zudem weise das K-JG mit seinem §54c ein Pendant zu §54a K NSG 2002 auf. Nach dieser Bestimmung hätten anerkannte Umweltorganisationen in bestimmten Konstellationen das Recht, Beschwerde gegen Bewilligungsbescheide an das Landesverwaltungsgericht Kärnten zu erheben.

Es entspreche im Übrigen dem Legalitätsprinzip, dass die Kärntner Landesregierung die gegenständlichen Maßnahmen in Verordnungsform erlassen habe, zumal der angefochtene Rechtsakt die Reduktion des Fischotterbestandes im gesamten Land bezwecke und insoweit einen generellen Adressatenkreis aufweise. Dies entspreche auch den unionsrechtlichen Vorgaben, da Art288 AEUV den Mitgliedsstaaten die Wahl der Form und Mittel zur Umsetzung von Richtlinien überlasse.

4. Mit Verfügung vom 16. August 2022 räumte der Verfassungsgerichtshof den übrigen (Ämtern der) Landesregierungen sowie der Bundesregierung (dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst) die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme ein.

5. Die Salzburger Landesregierung legte in ihrer Stellungnahme vom 11. September 2023 dar, dass der antragstellenden Partei die Legitimation zur Stellung eines Antrages nach Art139 Abs1 Z3 B VG zukomme.

5.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art139 Abs1 Z3 B VG ergebe sich, dass die Antragslegitimation einen nachteiligen Eingriff in die subjektive Rechtssphäre der antragstellenden Partei durch die Verordnung voraussetze. Es müsse also eine Rechtsposition vorliegen, die der antragstellenden Partei selbst zustehe. Überdies müsse die antragstellende Partei Normadressatin der Verordnung sein, da sie nur in diesem Fall unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen sein könne. Darauf aufbauend habe der Verfassungsgerichtshof bis dato die Antragslegitimation von anerkannten Umweltorganisationen unter anderem deshalb verneint, weil diese nicht Adressaten der angefochtenen Normen seien und daher kein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre vorliege (Verweis auf VfGH 14.12.2016, V87/2014, und 14.12.2016, V134/2015). Ebenso habe der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass Umweltorganisationen im Bereich des Naturschutzes keine subjektiven Rechte hätten und ihnen daher keine Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B VG zukomme (Verweis auf VfGH 24.11.2020, E1097/2020; 18.3.2022, E2107/2021; 29.4.2022, E285/2022).

5.2. Allerdings sei die bisherige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Antragslegitimation von anerkannten Umweltorganisationen nach Art139 Abs1 Z3 B VG unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen gefällt worden. Denn einerseits hätten die vom Gerichtshof geprüften Rechtssachen Angelegenheiten des Art9 Abs3 AarhK betroffen, während im vorliegenden Fall Art9 Abs2 AarhK einschlägig sei; und andererseits habe sich das Verständnis über Reichweite und Wirkung der AarhK in der Zwischenzeit durch Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union weiterentwickelt (Verweis auf EuGH 8.11.2016, C 243/15, Slowakischer Braunbär II ; 20.12.2017, C 664/15, Protect ; 8.11.2022, C 873/19, Deutsche Umwelthilfe e.V. ).

In der Rechtssache Protect habe die Generalanwältin festgehalten, dass das Maß der öffentlichen Beteiligung an verwaltungsbehördlichen Verfahren und der Umfang der darin bestehenden Rechte der Öffentlichkeit an das Ausmaß der wahrscheinlichen Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts geknüpft sei. Projekte mit erheblicher Auswirkung auf die Umwelt unterlägen Art6 Abs1 und 9 Abs2 AarhK, weshalb Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit ein Recht auf Beteiligung am Verfahren sowie auf gerichtliche Überprüfung der Entscheidung zukomme. Es sei daher zu überprüfen, ob das gegenständliche Vorhaben die Erheblichkeitsschwelle überschreite. Zwar enthalte die AarhK keine Definition, welche Umweltauswirkungen erheblich seien, weshalb im Sinne der Entscheidung des EuGH 8.11.2016, C-243/15, Slowakischer Braunbär II , auf die FFH-RL zurückzugreifen sei. So könne das Risiko der Beeinträchtigung streng geschützter Arten die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Vorhaben erforderlich machen (Verweis auf den Schlussantrag vom 30.6.2016 zu C 243/15, Slowakischer Braunbär II , Rz 78). Es sei daher zu prüfen, ob es sich bei auf Art16 Abs1 FFH-RL gestützten Ausnahmen vom strengen Artenschutzregime der FFH-RL, worunter auch die gegenständliche Verordnung falle, um Entscheidungen handle, die mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sein können. Obschon solche Maßnahmen nicht im Anhang I der AarhK aufgezählt seien, sei dies nach Art6 Abs1 litb AarhK zu bejahen, da das Erfordernis einer Ausnahmebewilligung für die "Entnahme" (Tötung) von Exemplaren richtliniengeschützter Arten das Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle indiziere. Folglich sei der sachliche Anwendungsbereich von Art9 Abs2 AarhK eröffnet. Zudem sei auch der persönliche Anwendungsbereich dieser Bestimmung eröffnet, da es sich bei der antragstellenden Partei um eine anerkannte Umweltorganisation und damit um einen Teil der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art2 Z5 leg cit handle. Dem stünden auch die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2016, V87/2014, sowie V134/2015, nicht entgegen, zumal diese Art9 Abs3 AarhK betroffen hätten, nicht aber Abs2 leg cit

Art9 Abs2 AarhK verlange, dass die betroffene Öffentlichkeit Parteistellung im behördlichen Verfahren und Zugang zu einem Überprüfungsverfahren habe. Der Gerichtshof der Europäischen Union erkenne dieser Bestimmung iVm Art47 GRC unmittelbare Wirkung zu und leite daraus ein eigenständiges Klagerecht der betroffenen Öffentlichkeit ab (Verweis auf EuGH 8.11.2016, C 243/15, Slowakischer Braunbär II , Rz 55 ff.). Dies führe dazu, dass entgegenstehendes nationales Recht (auch Verfassungsrecht) unangewendet bleiben müsse. Soweit daher Art139 Abs1 Z3 B VG so verstanden werde, dass er einer Antragslegitimation anerkannter Umweltorganisationen entgegenstünde, sei er durch Unionsrecht überlagert.

5.3. Nach Ansicht der Salzburger Landesregierung sei allerdings eine unmittelbare Anwendung des Unionsrechtes gar nicht erforderlich, um zu diesem Auslegungsergebnis zu gelangen: Art139 Abs1 Z3 B VG setze eine Verletzung in Rechten voraus, worunter der Verfassungsgerichtshof eine Verletzung in subjektiven Rechten verstehe. Ob ein solches subjektives Recht vorliege, ergebe sich aus dem Gesetz. Lege das Gesetz nicht ausdrücklich subjektive Rechte fest, sei diese Frage mithilfe der Schutznormtheorie zu klären. Im Lichte des Unionsrechtes wäre der nationale Begriff des subjektiven Rechtes aber wohl so auszulegen, dass er auch subjektive Rechte von Umweltorganisationen auf Grund von völker- und unionsrechtlichen Vorgaben zur Einhaltung des objektiven Umweltrechtes erfasse (Verweis auf Weber , VfGH: Keine Verordnungsanfechtung durch Umweltorganisationen, RdU 2017, 76 [78]). Dies entspreche auch der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union (Verweis auf EuGH 8.3.2011, C 240/09, Slowakischer Braunbär I ). So habe auch die Generalanwältin in ihrem Schlussantrag zur Rechtssache Protect (C 873/19) festgehalten, dass Umweltorganisationen üblicherweise keine materiellen Rechte zustünden, vielmehr würden sie kollektive und öffentliche Interessen wahrnehmen. Darüber hinaus habe der Gerichtshof der Europäischen Union in ebendieser Rechtssache ausgesprochen, dass Umweltorganisationen durch das innerstaatliche Recht nicht die Möglichkeit genommen werden dürfe, die Beachtung der aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen. Diese Rechtsanschauung habe der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 8.11.2022, C 873/19, Deutsche Umwelthilfe e.V. , bestätigt, wobei die damals zu Art9 Abs3 AarhK gemachten Ausführungen auch für Abs2 leg cit gelten würden (Verweis auf EuGH 8.11.2016, C-243/15, Slowakischer Braunbär II , Rz 65). Art139 Abs1 Z3 B VG stehe also im Einklang mit dem Unionsrecht, da er einer Auslegung zugänglich sei, die den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche, weshalb bei unionsrechtlichen Gewährleistungen von der Schutznormtheorie abgegangen werden sollte.

5.4. Allerdings sei die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereiches von Art9 Abs2 AarhK für artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen umstritten. Gehe man daher von der Ansicht aus, dass Art9 Abs2 AarhK nicht auf artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen Anwendung fände, würde sich das Beschwerderecht von Umweltorganisationen nach Art9 Abs3 AarhK richten. Am Ergebnis würde dies aber nichts ändern, da der Gerichtshof der Europäischen Union sein Verständnis dieser Bestimmung seit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2016, V87/2014, geändert habe: So habe der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 8.11.2022, C 873/19, Deutsche Umwelthilfe e.V. , festgehalten, dass die Anfechtungsbefugnis von anerkannten Umweltorganisationen nicht von der Verletzung in subjektiven Rechten abhängig gemacht werden dürfe (Rz 67 ff.). Selbst wenn Art9 Abs3 AarhK es den Mitgliedsstaaten überlasse, innerstaatliche Kriterien für die Einlegung solcher Rechtsbehelfe aufzustellen, dürften diese nicht derart streng sein, dass es Umweltorganisationen faktisch unmöglich sei, Handlungen und Unterlassungen im Sinne der leg cit anzufechten. Die nationalen Bestimmungen seien daher so weit wie möglich im Einklang mit Art9 Abs3 AarhK und Art47 GRC auszulegen. Sei dies nicht mehr möglich, so müsse die nationale Stelle Bestimmungen des nationalen Rechtes, die es einer Umweltorganisation verwehrten, umweltbezogene Entscheidungen anzufechten, im Lichte von Art47 GRC iVm – dem keine unmittelbare Wirkung entfaltenden – Art9 Abs3 AarhK unangewendet lassen.

5.5. Die hier sowohl im Anwendungsbereich von Art9 Abs2 als auch Abs3 AarhK bejahte aktuelle Betroffenheit und damit die Zulässigkeit des Individualantrages könne aber nur gegeben sein, wenn die angefochtene Verordnung nicht wegen Widerspruches zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht stehe und daher überlagert sei (Verweis auf VfSlg 15.771/2000, 18.298/2007).

5.6. Die Salzburger Landesregierung gehe auch davon aus, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162, keinen zumutbaren anderen Weg zur Abwehr des Eingriffes eröffne. Andernfalls würde das Prüfungsmonopol des Verfassungsgerichtshofes in einer systemfremden und untauglichen Weise beschnitten werden, ohne dass unionsrechtliche Gründe dies rechtfertigten. Folgte man dem Verwaltungsgerichtshof, dann müsste die verordnungserlassende Behörde anstelle des Verfassungsgerichtshofes beurteilen, ob ihre eigene Verordnung rechtmäßig ist.

Es wären also Verwaltungsbehörden und gerichte mit der Klärung einer Frage beschäftigt, die zu den Kernaufgaben des Verfassungsgerichtshofes gehöre. Diese Lösung sei nicht nur systemfremd, sie erweise sich auch als untauglich, um Umweltorganisationen einen effektiven Rechtsschutz zu geben, da die Prüfung durch die Verwaltungsbehörde keine abschließende Entscheidung gewährleiste, sondern lediglich ein Vorverfahren sei. Auch habe der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn der einzige Zweck eines Feststellungsbescheides darin besteht, ein Mittel zu gewinnen, um Normbedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, ein Individualantrag nicht ausgeschlossen sei (Verweis auf VfSlg 13.576/1993). Folglich könne die vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigte Rechtsschutzmöglichkeit die Zulässigkeit eines Individualantrages nicht ausschließen. Im Übrigen verlange der Gerichtshof der Europäischen Union, dass effektiver Rechtsschutz auch die Möglichkeit des Ausspruches einer einstweiligen Verfügung voraussetze, wovon im Verfahren zur Erlassung von Feststellungsbescheiden nicht auszugehen sei, wohingegen §20a VfGG Grundlage für ein solches Vorgehen biete.

6. Die Niederösterreichische Landesregierung führte in ihrer Stellungnahme vom 26. September 2023 aus, dass der Antrag unzulässig sei. Selbst wenn es sich bei der antragstellenden Partei um ein Mitglied der Öffentlichkeit gemäß Art2 Z4 bzw der betroffenen Öffentlichkeit gemäß Art2 Z5 AarhK handle, begründe dies noch nicht ihre Parteistellung im Sinne des Art9 Abs3 leg cit, da die Zuständigkeiten des Verfassungsgerichtshofes einzig durch Bestimmungen im Verfassungsrang, hier Art139 B VG, festgelegt würden (Verweis auf VfGH 14.12.2016, V87/2014, und 14.12.2016, V134/2015). Die antragstellende Partei sei auch nicht unmittelbar durch die angefochtene Verordnung in ihren Rechten verletzt worden, zumal diese gesetzmäßig ergangen sei. Im Übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162, einen anderen Rechtsschutzweg aufgezeigt. Der Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 10. August 2023 stehe dem nicht entgegen, da der Beschwerde der antragstellenden Partei kein Verfahren über einen Antrag auf Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Verordnung vor der verordnungserlassenden Behörde vorangegangen sei.

7. Die Oberösterreichische Landesregierung schloss sich in ihrer Stellungnahme vom 27. September 2023 der Kärntner Landesregierung an und führte ergänzend aus, dass die Bundesverfassung für anerkannte Umweltorganisationen keine Parteistellung in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 Z3 B VG vorsehe. Ferner bestehe aufgrund der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 13.6.2023, Ra 2021/10/0162) ein zumutbarer anderer Weg, der von der antragstellenden Partei beschritten werden könne. Die angefochtene Verordnung diene der Abwendung erheblicher Schäden an Fischgewässern und dem Schutz anderer wildlebender Tiere und ihrer Lebensräume, wobei es zur Erreichung dieser Ziele keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne der FFH-RL gebe als den selektiven Fang und Abschuss des Fischotters ohne Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustandes der Population.

8. In seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2023 meint der Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst einleitend, dass in weiten Teilen nicht ersichtlich sei, worauf die antragstellende Partei mit ihrem Vorbringen zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung hinauswolle.

8.1. Die Spezies des Fischotters sei eine in Anhang IV FFH-RL angeführte, streng zu schützende Tierart von gemeinschaftlichem Interesse. Für derartige Tierarten hätten die Mitgliedsstaaten gemäß Art12 leg cit in ihren natürlichen Verbreitungsgebieten ein strenges Schutzsystem einzuführen, von dem sie nur unter den Voraussetzungen des Art16 leg cit abweichen dürften. Innerstaatlich seien Angelegenheiten des Tierschutzes in Gesetzgebung und Vollziehung nach Art15 Abs1 B VG Landessache. Gemäß §4 lita K-JG zähle der Fischotter zum Wild, womit das für ihn gemäß Anhang IV lita FFH-RL einzurichtende Schutzsystem dem Jagdrecht unterliege. Die in Art16 Abs1 FFH-RL formulierten Voraussetzungen für Ausnahmen vom Schutzsystem fänden sich in §51 Abs4a K-JG wieder, wonach die Landesregierung unter bestimmten Umständen die festgelegte Schonzeit für das Wild aufheben oder verkürzen könne.

Gemäß Art9 Abs3 AarhK stelle jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren hätten, um Handlungen bzw Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstießen. Die antragstellende Partei sei als gemäß §19 Abs7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation Mitglied der Öffentlichkeit im Sinne von Art2 Z4 AarhK. Zwar sei Art9 Abs3 AarhK nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union nicht unmittelbar anwendbar (Verweis auf EuGH 8.3.2011, C-240/09, Slowakischer Braunbär I ), allerdings dürfe Umweltorganisationen durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien nicht die Möglichkeit genommen werden, die Beachtung der aus dem Unionsrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen, zumal solche Rechtsvorschriften in den meisten Fällen auf das allgemeine Interesse und nicht auf den alleinigen Schutz der Rechtsgüter Einzelner gerichtet seien und Aufgabe besagter Umweltorganisationen der Schutz des Allgemeininteresses sei (Verweis auf EuGH 20.12.2017, C 664/15, Protect , Rz 47). Zwar hätten die Mitgliedsstaaten bei der Durchführung von Art9 Abs3 AarhK einen Gestaltungsspielraum; die insoweit aufgestellten Kriterien dürften aber nicht derart streng sein, dass es für Umweltorganisationen praktisch unmöglich sei, Handlungen und Unterlassungen anzufechten (Verweis auf EuGH 8.11.2022, C 873/19, Deutsche Umwelthilfe e.V. , Rz 69). Allerdings bestehe nach Art47 GRC für den Fall, dass jemand die Verletzung eines unionsrechtlich gewährleisteten Rechtes behaupte, ein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wiederum garantiere Art47 GRC Grundrechte, die in ihrer Formulierung und Bestimmtheit sowie in ihrer normativen Struktur einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht im Sinne des Art144 Abs1 B VG gleichen (Hinweis auf VfSlg 19.632/2012). Hinzu komme, dass nationale Gerichte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union dann, wenn eine durch das Unionsrecht und insbesondere durch die FFH-RL geschützte Art betroffen sei, ihr nationales Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen hätten, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art9 Abs3 AarhK festgelegten Zielen stehe (Verweis auf EuGH 8.3.2011, C 240/09, Slowakischer Braunbär I , Rz 50), wobei allerdings offen bleibe, in welchem Umfang sich aus den materiellen Vorschriften der FFH-RL ein unionsrechtlich gewährleistetes Recht ergebe.

8.2. Durch §54c K-JG werde anerkannten Umweltorganisationen die Möglichkeit eingeräumt, gegen bestimmte Individualrechtsakte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten zur Durchsetzung objektiver Gesetzmäßigkeit zu erheben, wobei die Bestimmung ausweislich der Materialien zur Umsetzung von Art9 Abs3 AarhK eingefügt worden sei. Hinsichtlich genereller Normen bleibe jedoch offen, auf welchem Weg und in welchem Umfang anerkannten Umweltorganisationen Zugang zu Gerichten eröffnet werden könnte. In Frage kämen daher zwei Wege: über eine Beschwerde nach Art144 Abs1 B VG oder über einen Antrag auf Normenkontrolle gemäß Art139 Abs1 Z3 B VG.

8.2.1. Hinsichtlich des ersten Weges (Beschwerde nach Art144 Abs1 B VG) sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 2023, Ra 2021/10/0162, hinzuweisen: Diesem sei ein Antrag zweier anerkannter Umweltorganisationen an die Niederösterreichische Landesregierung zugrunde gelegen, mit dem unter anderem die Überprüfung der NÖ Fischotter Verordnung (LGBl 98/2019) auf ihre Vereinbarkeit mit Art16 FFH-RL beantragt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Zurückweisung dieses Antrages als rechtswidrige Verweigerung einer Sachentscheidung qualifiziert. Der Umstand, wonach im österreichischen Recht für solche Verwaltungsmaßnahmen kein Antragsrecht und auch kein einheitliches Verfahrensrecht bestünde, ändere nichts daran, dass die österreichischen Behörden und Gerichte für einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sorgen hätten. Es müsse einer anerkannten Umweltorganisation also möglich sein, einen Antrag auf Überprüfung des innerstaatlichen Rechtsaktes im Lichte der unionsrechtlichen Vorgaben zu stellen. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege dabei die Annahme zugrunde, dass gegen einen solchen Bescheid auch ohne ausdrückliche Anordnung Beschwerde an das Verwaltungsgericht und gegen dessen Entscheidung Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden könne. Diese Sichtweise gehe im Übrigen davon aus, dass anerkannten Umweltorganisationen durch die FFH-RL ein unionsrechtlich gewährleistetes Recht eingeräumt werde.

Die Entscheidung darüber, ob ein auf Grund eines solchen Antrages ergehender Bescheid rechtmäßig sei, hänge vom Inhalt der betreffenden Verordnung sowie den für sie geltenden gesetzlichen Vorgaben ab, weshalb die Verordnung im weiteren Verfahren vor dem Verwaltungsgericht im Sinne des Art89 Abs2 B VG anzuwenden sei. Habe das Verwaltungsgericht also Bedenken gegen die Verordnung, auf deren Überprüfung der Antrag abziele, sei es verpflichtet, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf deren Aufhebung zu stellen. Weise das Verwaltungsgericht hingegen die Beschwerde ab, sei zu klären, ob eine Beschwerde nach Art144 Abs1 B VG denkbar wäre. Dies würde voraussetzen, dass anerkannten Umweltorganisationen durch die FFH-RL ein unionsrechtlich gewährleistetes Recht eingeräumt werde, das als Recht im Sinne von Art144 Abs1 B VG verstanden werden könne. Dem stehe allerdings die bisherige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes entgegen, wonach anerkannten Umweltorganisationen keine Beschwerdemöglichkeit nach Art144 B VG zukomme (Hinweis auf VfGH 24.11.2020, E1097/2020; 18.3.2022, E2107/2021; 29.4.2022, E285/2022; 28.2.2023, E143/2023; VfSlg 19.477/2011). Denn eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofes nach Art144 Abs1 B VG setze voraus, dass die angefochtene Entscheidung in subjektive Rechte des Beschwerdeführers eingreifen könne, was für (insbesondere staatliche) Organe eines Rechtsträgers jedoch grundsätzlich verneint worden sei (Verweis auf VfSlg 17.220/2004).

Es sei dem Gesetzgeber nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auch verwehrt, staatliche Organe mit Prozesslegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof im Sinne von Art144 Abs1 B VG auszustatten. Es sei davon auszugehen, dass der Verfassungsgerichtshof in dieser Frage anerkannte Umweltorganisationen staatlichen Organen gleichhalte, wofür der in VfSlg 19.477/2011 enthaltene Verweis auf VfSlg 17.220/2004 spreche.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dienten "echte" – eine Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B VG vermittelnde – subjektive öffentliche Rechte nämlich nicht bloß der Wahrung öffentlicher Interessen; vielmehr seien sie zumindest auch dazu bestimmt, dem Schutz bestimmter privater Interessen zu dienen.

Zu einer Antragslegitimation von anerkannten Umweltorganisationen könne man daher nur über eine Fortbildung der Schutznormtheorie oder über eine Verdrängung dieser Theorie durch die Interessentheorie im Anwendungsbereich des Unionsrechts gelangen (Verweis auf Pöschl , Subjektive Rechte und Verwaltungsrecht, 16. ÖJT I/2, 2006, 6 [15 ff.]). In einer Fortbildung der Schutznormtheorie ließen sich aus den von Umweltorganisationen verfolgten Interessen subjektive Rechte gewinnen, indem die Einhaltung der – Unionsumweltrecht umsetzenden – nationalen Rechtsvorschriften als partikulares Interesse von Umweltorganisationen gewertet werde (Hinweise auf Weber , Umweltschutz durch Rechtsschutz?, 2015, 188 f, sowie Schulev-Steindl , Aarhus reloaded – neue Perspektiven beim Zugang zu Gerichten in Umweltsachen, in: Schulev-Steindl/Schnedl/Meyer [Hrsg.], Das Recht auf saubere Luft, 2016, 39 [55 f.]). Dies würde im Anwendungsbereich des Unionsrechtes die Schutznormtheorie ausschließen und im Ergebnis auf eine Erweiterung des Begriffsverständnisses von "Rechte" im Sinne von Art144 Abs1 B VG hinauslaufen.

8.2.2. Zum zweiten, über Art139 Abs1 Z3 B VG führenden Weg sei festzuhalten, dass die Voraussetzungen des Individualantrages im Falle anerkannter Umweltorganisationen nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes jedenfalls dann von vornherein nicht erfüllt seien, wenn die Umweltorganisation nicht Normadressatin der bekämpften Verordnung sei (Verweis auf VfGH 14.12.2016, V87/2014, und 14.12.2016, V134/2015). Art9 Abs3 AarhK vermöge demnach – selbst unter der Annahme seiner unmittelbaren Anwendung – keine Parteistellung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu begründen. Denn das Recht, Verordnungen vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen, werde durch Art139 Abs1 B VG abschließend geregelt; eine weitere Antragslegitimation könne daher nur durch Vorschriften im Verfassungsrang eingeräumt werden. Art139 B VG ließe sich auch im Lichte des Art9 Abs3 AarhK nicht in der Weise auslegen, dass Umweltorganisationen, die nicht in subjektiven Rechten unmittelbar betroffen seien, umweltrelevante Vorschriften im Verordnungsrang bekämpfen könnten.

Würde man hingegen – wie bereits oben zu Art144 Abs1 B VG angedeutet – den Begriff des Rechts, in dem jemand nach Art139 Abs1 Z3 B VG verletzt sein müsse, so auslegen, dass darunter auch die besonderen Interessen einer Umweltorganisation an der Einhaltung umweltschützender Vorschriften fielen, stellte sich die Frage, ob für den Rechtsschutz hinsichtlich solcher Verordnungen, die in Umsetzung von Unionsumweltrecht erlassen werden, der Weg über den Individualantrag eröffnet würde. Denn die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 Z3 B VG scheitere schon daran, dass Umweltorganisationen nicht Normadressaten der angefochtenen Verordnungen seien. Es stelle sich jedoch die Frage, ob es bei einer Ausweitung des Begriffes "Rechte" im Sinne des Art139 Abs1 Z3 B VG auf unionsrechtlich gewährleistete Rechte zugunsten von Umweltorganisationen für die Eigenschaft als Normadressat der betreffenden Verordnung noch ankommen könne. Verstünde man Rechte im Sinne des Art139 Abs1 Z3 B VG wie dargelegt aber so, dass darunter auch die besonderen Interessen von Umweltorganisationen an der Einhaltung umweltschützender Vorschriften fielen, könnte auch die Meinung vertreten werden, dass die Beantwortung der Frage, ob durch eine generelle Norm in solche Rechte eingegriffen wird, nicht vom Verhältnis zwischen Norm und Normadressat abhänge, sondern vom Verhältnis zwischen Norm und Normbegünstigtem (also dem Rechtsgut, zu dessen Schutz die Norm dient). Zu bedenken sei allerdings, dass die Ausweitung des Begriffes der "Rechte" in Art144 Abs1 B VG einen zumutbaren Umweg im Sinne der Rechtsprechung zu Art139 Abs1 Z3 B VG eröffnen würde.

IV. Zulässigkeit

1. Bei der antragstellenden Partei handelt es sich um eine nach §19 Abs7 UVP G 2000 anerkannte Umweltorganisation mit Tätigkeitsbereich für ganz Österreich. Mit ihrem auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehrt sie, die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 2022, Zl 10 JAG 1/106-2022, betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Fischotter, LGBl 101/2022, als rechtswidrig aufzuheben. Diese Verordnung stützt sich ausdrücklich auf §51 Abs4a und §68 Abs6 K-JG.

2. Ob Art139 Abs1 Z3 B VG – im Lichte des unionsrechtlichen Effizienzprinzips – zur Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen – in Abkehr von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl zuletzt VfGH 14.12.2016, V87/2014; 14.12.2016, V134/2015) – so auszulegen ist, dass unter bestimmten Voraussetzungen anerkannte Umweltorganisationen zur Stellung eines Individualantrages legitimiert sein können, muss aus Anlass des vorliegenden Antrages nicht entschieden werden, weil dieser schon aus folgendem Grund unzulässig ist:

2.1. Gemäß §57 Abs1 VfGG muss ein Antrag gemäß Art139 B VG begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Rechtswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Rechtsvorschrift die zur Aufhebung beantragte Bestimmung in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl zB VfSlg 14.802/1997, 17.752/2006; spezifisch zum Individualantrag zB VfGH 2.7.2016, G53/2016, V13/2016). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für die antragstellende Partei zu präzisieren (VfSlg 17.099/2003, 17.102/2003, 19.825/2013, 19.870/2014; VfGH 22.9.2021, G210/2021).

2.2. Diesen Erfordernissen wird die antragstellende Partei nicht gerecht, wenn sie die Aufhebung der angefochtenen Verordnung zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit begehrt (vgl zB VfGH 1.10.2020, V434/2020; 17.3.2022, V29/2022). Das – disloziert im Rahmen der Darstellung der Rechtslage erhobene – Vorbringen dazu beschränkt sich auf allgemeine und unsubstantiiert gebliebene Ausführungen zur behaupteten Gesetzwidrigkeit der Verordnung, ohne dies konkret darzulegen.

Die Verordnung regelt nämlich unterschiedliche Tatbestände, die von der Schonzeit für Fischotter (§2), über erlaubte Eingriffsbereiche (§3), Modalitäten der Tötung (§5) und Meldepflichten (§6) bis hin zu Aufsicht (§7) und Monitoring des Bestandes (§8) reichen. Die antragstellende Partei hat ihre Bedenken aber in keiner Weise den einzelnen Bestimmungen der angefochtenen Verordnung zugeordnet. Insbesondere macht die antragstellende Partei weder deutlich, gegen welche Rechtsvorschriften die in der Verordnung angeordnete vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Fischotter ihrer Auffassung nach verstößt, noch warum – im Hinblick auf Art9 Abs2 AarhK – welche gesetzlichen Bestimmungen zu einer Verletzung der Rechte der antragstellenden Partei im Verfahren zur Erlassung der angefochtenen Verordnung geführt haben sollen.

2.3. Soweit die antragstellende Partei auch einen Verstoß einzelner Bestimmungen des K-JG gegen das K NSG 2002 behauptet, ist dem entgegenzuhalten, dass sie die von ihr monierten Bestimmungen des K JG gar nicht angefochten hat, weshalb es dem Verfassungsgerichtshof verwehrt ist, darauf einzugehen (vgl Art140 Abs3 erster Satz B VG).

2.4. Bedenken, die einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof zugänglich sind, finden sich im Antrag also nicht. Dabei handelt es sich um ein materielles Formgebrechen, das nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht gemäß §18 VfGG behebbar ist (vgl etwa VfSlg 15.342/1998, 17.553/2005; VfGH 9.4.2022, G29/2022). Der Antrag erweist sich daher als unzulässig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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