Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen §§ 15, 205 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Februar 2025, GZ ** 42.2, nach der unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein des Richters Mag. Gruber und der Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M (WU) sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Haas durchgeführten Berufungsverhandlung am 14. Oktober 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, dass die verhängte Freiheitsstrafe auf 30 Monate herabgesetzt wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person nach §§ 15, 205 Abs 1 StGB und des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 205 Abs 1 StGB – unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung - zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt.
Unter einem wurde der Angeklagte dazu verhalten, der Privatbeteiligten B* C* binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution einen Betrag in der Höhe von EUR 1.000, zu bezahlen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* am 11. Oktober 2024 in **
I./ B* C*, die wegen einer geistigen Behinderung, nämlich eines umfassenden Entwicklungsrückstands, einer leichten bis mittelgradigen Intelligenzminderung und einer Wahrnehmungsstörung, unfähig ist, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch zu missbrauchen versucht (§ 15 StGB), dass er mit ihr den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornimmt, indem er seine Hose bis zur Mitte seiner Oberschenkel nach unten zog und den Reißverschluss der Hose der Genannten öffnete (US 4 f), wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil die Mutter des Opfers, D* C*, einschritt sowie
II./ D* C* im Anschluss an die zu I./ dargestellte Tat mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme davon, ihn festzuhalten oder zu verfolgen, genötigt, indem er der Genannten, als sie ihn am Pullover festhielt, einen Stoß versetzte und die Flucht ergriff.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen, die Ausnützung eines Vertrauensverhältnisses als Busfahrer und die damit verbundene Verpflichtung gegenüber zu befördernden Personen erschwerend, mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten.
Nach Zurückweisung der vom Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 2. Juli 2025, GZ 13 Os 53/25f 4 (ON 51), verbleibt nun die fristgerecht ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 45.2), die auf eine Reduktion der Strafe und Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht abzielt.
Der Berufung kommt im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zu.
Wie vom Angeklagten reklamiert, sind die erstgerichtlich angezogenen besonderen Strafzumessungsgründe zunächst um den Milderungsgrund des teilweise Verbleibens der Taten im Versuchsstadium zu ergänzen (Faktum I./).
Hingegen zog das Erstgericht entgegen der Annahme des Angeklagten zu Recht den Milderungsgrund des teilweisen reumütigen Geständnisses nicht heran, lag doch im Hinblick auf die Angaben des Angeklagten, der im Wesentlichen ein einvernehmliches Vorgehen in Unkenntnis der gesundheitlichen Lage der Genannten behauptete (ON 42.1, 3 ff), ein bloßes Tatsachengeständnis ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens vor. Umfasst ein Geständnis nicht auch die subjektive Tatseite, könnte es sich unter dem Aspekt des wesentlichen Beitrags zur Wahrheitsfindung iSd § 34 Abs 1 Z 17 zweiter Fall StGB mildernd auswirken (RIS-Justiz RS0091585), wovon jedoch angesichts der fallkonkret gegebenen Beweislage (vgl insbesondere ON 42.2, 7 f) nicht auszugehen ist.
Inwieweit sich die vom Erstgericht aggravierend angezogene Ausnützung eines Vertrauensverhältnisses, die der Angeklagte aufgrund seiner Tätigkeit als Busfahrer zum Opfer vor der Tat aufgebaut hat, nicht auf die Tat ausgewirkt haben soll, legt die Berufung mit dem Vorbringen, „weder der Erfolgs- noch der Gesinnungsunwert“ wären „niedriger, wenn der Angeklagte die Tat an einem wildfremden Opfer begangen hätte“, nicht schlüssig dar. Im Übrigen gab der Angeklagte selbst an, er habe eine Beziehung über längere Zeit zum Opfer aufgebaut (ON 42.1, 3).
Ausgehend von der sohin zu Gunsten des Angeklagten korrigierten besonderen Strafzumessungslage erweist sich unter Zugrundelegung der in § 32 StGB verankerten Grundsätze für eine Bestrafung nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld sowie unter Berücksichtigung generalpräventiver Belange (RIS-Justiz RS009600) die - bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe – verhängte Sanktion angesichts des bisher ordentlichen Lebenswandels des zum Tatzeitpunkt 61-jährigen Angeklagten als etwas zu hoch bemessen und war daher auf ein allen Strafzwecken gerecht werdendes Ausmaß von 30 Monaten herabzusetzen.
Eine Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht gemäß § 43a Abs 4 StGB, dessen Anwendung auf extreme Ausnahmefälle, wie bspw einmalige Konflikt- und Krisensituationen, beschränkt ist (RIS-Justiz RS0092050; RS0092042), scheidet fallkonkret aus. Abgesehen von der spezialpräventiv günstigen Prognose im Sinne einer hohen Wahrscheinlichkeit, der Rechtsbrecher werde keine weiteren strafbaren Handlungen begehen (RIS-Justiz RS0092045), sind aufgrund des Verweises auf § 43 Abs 1 StGB auch generalpräventive Aspekte zur berücksichtigen (in diesem Sinne auch Jerabek/Ropperin WK2 StGB § 43a Rz 16). Gerade im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung ist der Öffentlichkeit, insbesondere aber dem Täterkreis, dem der Angeklagte zuzuordnen ist, deutlich vor Augen zu führen, dass derartige Übergriffe gegenüber wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen, auch wenn sie von Ersttätern verübt werden, empfindliche Sanktionen nach sich ziehen. Der Vollzug bloß eines Teils der Freiheitsstrafe wäre geeignet, einen der generellen Normtreue abträglichen Eindruck einer Bagatellisierung derartiger Delinquenz entstehen zu lassen und würde gegenüber anderen potentiellen tatgeneigten Rechtsbrechern nicht die erforderliche abschreckende Wirkung entfalten. Es bedarf daher der Invollzugsetzung der gesamten Freiheitsstrafe.
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