Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Schuld, Strafe und des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 21. Mai 2025, GZ **-22.2, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Aichinger, im Beisein der Richterin Mag. Staribacher und des Richters Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des Oberstaatsanwalts Mag. Hinterleitner, des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Harald Hauer, des Angeklagten A* B* sowie seines Verteidigers Mag. Ivo Loevi durchgeführten Berufungsverhandlung am 2. Oktober 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wegen Schuld und Strafe wird nicht , hingegen jener wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche dahin Folgegegeben, dass der Zuspruch gemäß § 369 Abs 1 StPO an die Privatbeteiligte C* B* auf 3.720 Euro herabgesetzt und die Genannte mit ihren darüber hinausgehenden Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* B* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen dreimonatigen Freiheitsstrafe sowie gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von 3.960 Euro binnen 14 Tagen an die Privatbeteiligte C* B*, die mit ihren darüber hinausgehenden Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde, verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 26. Dezember 2024 (zu ergänzen:) in ** seine Ehefrau C* B* am Körper verletzt, indem er sie an den Oberarmen packte, ihr einen Kopfstoß und Faustschläge ins Gesicht versetzte, sie zu Boden brachte und sie am Boden liegend mehrmals trat, wobei sie ihren Kopf mit den Händen schützte und er sie im Rippen- und Beinbereich traf, wodurch sie eine Prellung der linken Augenhöhle verbunden mit einer Blutunterlaufung des Augenlids und der weißen Augenhaut, Blutunterlaufungen am rechten Oberarm und an der Innenseite des linken Unterarms, eine Prellung der Außenseite des linken Oberschenkels und eine Prellung der linken Brustkorbseite erlitt.
Bei der Strafbemessung wertete die Erstrichterin die Tatbegehung zum Nachteil einer Angehörigen (§ 33 Abs 2 Z 2 StGB) erschwerend, mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig mit umfassendem Anfechtungsziel angemeldete (ON 24) und fristgerecht zu ON 27 (unter gleichzeitiger Zurückziehung der Anmeldung der Berufung auch wegen Nichtigkeit) wegen Schuld, Strafe und des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche ausgeführte Berufung des Angeklagten.
Zur Berufung wegen Schuld ist vorweg festzuhalten, dass die freie Beweiswürdigung ein kritisch-psychologischer Vorgang ist, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (RIS-Justiz RS0098390). Die Frage der Glaubwürdigkeit von Angeklagten und Zeugen sowie der Beweiskraft ihrer Aussagen ist der freien richterlichen Beweiswürdigung vorbehalten, wobei das Gericht nur zu einer gedrängten Darlegung seiner Gründe, nicht jedoch dazu verhalten ist, jedes Verfahrensergebnis im Einzelnen zu analysieren (RIS-Justiz RS0104976). Wenn aus den vom Erstgericht aus den vorliegenden Beweisergebnissen folgerichtig abgeleiteten Urteilsannahmen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich sind, so tut dies nichts zur Sache. Selbst der Grundsatz „in dubio pro reo“ stellt keine negative Beweisregel dar, die das erkennende Gericht – im Falle mehrerer denkbarer Schlussfolgerungen – verpflichten würde, sich durchwegs für die dem Angeklagten günstigste Variante zu entscheiden (RIS-Justiz RS0098336).
Ausgehend von diesen Erwägungen begegnet die Beweiswürdigung der Erstrichterin keinen Bedenken, zumal diese nach einer erschöpfenden Beweisaufnahme, Einbeziehung des von allen in der Hauptverhandlung Vernommenen gewonnenen persönlichen Eindrucks und unter Würdigung aller wesentlichen Ergebnisse des Beweisverfahrens nachvollziehbar darlegte, wie sie zu ihren für den Schuldspruch maßgeblichen Feststellungen in objektiver wie auch subjektiver Hinsicht gelangte, und weshalb sie der leugnenden Verantwortung des Angeklagten – der die objektivierten (vgl nur ON 2.14 S 2; ON 9.13) Verletzungen des Opfers mit einem „Unfall“ (ON 22.1.1 S 10) zu erklären versuchte - keinen Glauben schenkte.
So konnte sie ihre Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen bedenkenlos auf die als glaubwürdig erachteten Angaben der C* B* stützen, wonach ihr der Angeklagte – der aufgrund einer vermuteten außerehelichen Beziehung ihr Mobiltelefon in Augenschein habe nehmen wollen – mehrere Faustschläge ins Gesicht, einen Kopfstoß und mehrere Tritte versetzt habe, wodurch sie insbesondere ein „aufgeplatztes Jochbein“, aber auch weitere – mit dem als schlüssig und nachvollziehbar beurteilten Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof.Dr. D* (ON 22.1.1 S 37 ff) in Einklang zu bringende - Verletzungen erlitten habe (ON 2.6 S 4 f; ON 11.5; ON 22.1.1 S 16 ff). Weiters bezog die Erstrichterin in ihre Erwägungen in nachvollziehbarer Weise die Angaben der Genannten gegenüber den sie behandelnden Ärzten (ON 9.8 S 1) mit ein und legte ausführlich, überzeugend und lebensnah dar, weshalb sie (insbesondere vor dem Hintergrund seiner Angaben gegenüber den ersteinschreitenden Beamten; vgl ON 2.18) die Verantwortung des Angeklagten als unglaubwürdig, lebensfremd und widersprüchlich qualifizierte.
Das Vorliegen der subjektiven Tatseite wurde vom Erstgericht letztlich empirisch einwandfrei aus dem äußeren Tatgeschehen, insbesondere der konkreten Handlungsweise des Angeklagten, abgeleitet (vgl RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).
Wenn der Berufungswerber die Angaben der C* B* als „massiv widersprüchlich“ erachtet und darauf verweist, dass diese „(erstmalig) im Rahmen der Hauptverhandlung […] Angaben betreffend zahlreiche körperliche Attacken des Angeklagten im Fahrzeug“ gemacht, demgegenüber im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung „noch überhaupt keine Schilderungen von Gewalt im Fahrzeug“ getätigt habe, ist ihm zu erwidern, dass dies einerseits nicht zutrifft (vgl ON 2.6 S 4: „Es hat im Auto bereits angefangen, wo er mich schon geschlagen hat. Er ist im Auto schon auf mich losgegangen.“), sich die Erstrichterin aber andererseits auch mit Diskrepanzen in der Aussage der Genannten auseinandergesetzt und in nachvollziehbarer Weise dargelegt hat, weshalb sie ihr dennoch Glaubwürdigkeit attestierte (US 6f). Im Rahmen der seitens des Angeklagten weiters ins Treffen geführten Vernehmung vom 18. Februar 2025 (ON 9.5) wurde hinwieder überhaupt nicht thematisiert, wo die Handgreiflichkeiten am 26. Dezember 2024 begannen, die weiters angesprochene Sachverhaltsdarstellung ON 9.15 betraf überhaupt einen ganz anderen Vorfall.
Die weitere Behauptung des Angeklagten, „schon aus der Vorgangsweise bzw. den Angaben der […] Zeugin im Ermittlungsverfahren […] sowie auch aus ihren Behauptungen in den […] noch anhängigen Zivilverfahren“ ergebe sich, dass es C* B* „mit der Wahrheit überhaupt nicht genau“ nehme und sie „zu massiven Übertreibungen“ neige, ist mangels näherer Konkretisierung einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich.
Davon abgesehen macht die – C* B* in Bezug auf hier nicht gegenständliche Vorwürfe wahrheitswidrige Behauptungen unterstellende - Berufung aber auch nicht klar, weswegen durch die Staatsanwaltschaft erfolgte (Teil-)Einstellungen des Ermittlungsverfahrens gegen deren Glaubwürdigkeit sprechen sollten.
Wenn der Angeklagte letztlich seine bisherige Verantwortung wiederholt und diese als mit den Ausführungen des Sachverständigen in Einklang zu bringend sowie „der Wahrheit entsprechend[…]“ ansieht, stellt er lediglich eigene Beweiswerterwägungen an, ohne jedoch Mängel an der lebensnahen Beweiswürdigung des Erstgerichts aufzuzeigen.
In einer Gesamtschau hat auch das Berufungsgericht bei der im Rahmen der Überprüfung der Beweiswürdigung in Erledigung der Berufung wegen Schuld anzustellenden Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der erstrichterlichen Lösung der Schuldfrage.
Grundlage für die Bemessung der Strafe nach § 32 StGB ist die Schuld des Täters. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.
Der Berufungswerber führt gegenständlich keine weiteren Milderungsgründe für sein Begehren ins Treffen, er argumentiert vielmehr ausschließlich mit einer falschen Gewichtung der Strafzumessungsgründe.
Bei objektiver Abwägung der vom Erstgericht zutreffend und vollständig dargestellten Strafzumessungslage erweist sich jedoch im Sinne des § 32 StGB die - bei einem vorliegenden Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen - verhängte, mit bloß einem Viertel der Strafobergrenze ohnehin moderat ausgemessene und bedingt nachgesehene Sanktion als durchaus schuld- und tatangemessen und wird generalpräventiven Erwägungen gerecht, sodass für eine Herabsetzung kein begründeter Anlass besteht. Die Verhängung einer – vom Angeklagten (wenngleich verfehlt nach § 37 StGB; RIS-Justiz RS0091638) geforderten - Geldstrafe scheitert fallbezogen an der Art und Weise der Tatbegehung, zumal dieser sein Opfer über einen längeren Zeitraum in Form von (wiederholten) Schlägen, (Kopf-)Stößen und Tritten malträtierte. Daraus resultiert aber eine hohe personale Täterschuld, weshalb einer bloßen Geldstrafe keine ausreichend verhaltenssteuernde Funktion zukommt, um den Angeklagten von weiteren strafrechtlichen Verfehlungen abzuhalten.
Schließlich hat die Erstrichterin die für den – in den zivilrechtlichen Schadenersatzbestimmungen (§ 1325 ABGB) dem Grunde nach Deckung findenden - Privatbeteiligtenzuspruch erforderlichen Feststellungen zum objektiven Tathergang und zur subjektiven Tatseite sowie den Verletzungsfolgen und den damit einhergehenden Schmerzperioden getroffen und mit dem Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof.Dr. D* im Wesentlichen schlüssig begründet (US 5 und 8). Vor dem Hintergrund der weiters konstatierten, nicht länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung (US 5) und aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen, diese habe (lediglich) drei Wochen angedauert (ON 22.1.1 S 1), ist fallbezogen jedoch (im Zweifel) anzunehmen, dass die Schmerzperioden die Gesundheitsschädigung nicht überdauerten (vgl RIS-Justiz RS0092422 [T2]), weshalb von zehn Tagen mittelschweren und (nicht 16, sondern) 11 Tagen leichten Schmerzen auszugehen ist.
Das Schmerzengeld ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich mit einem Globalbetrag festzusetzen (RIS-Justiz RS0031415, RS0031191), die Bemessung hat gemäß § 273 ZPO nach freier Überzeugung des Gerichts zu erfolgen. Zieht man als Richtmaß die nach der ständigen Judikatur im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien angenommenen Schmerzengeldsätze von 120 Euro für leichte und 240 Euro für mittlere Schmerzen ( vgl dazu Hartl, Schmerzengeldsätze in Österreich in Euro, RZ 2025, 27) heran, war der insgesamt zugesprochene Betrag von 3.960 Euro sohin (ausgehend von den reduzierten Schmerzperioden) spruchgemäß herabzusetzen.
Wenn der Angeklagte vermeint, er sei freizusprechen, weshalb der „gegenständliche Privatbeteiligtenzuspruch […] zu Unrecht ergangen sei“, entfernt er sich vom Schuldspruch, soweit er die Angaben des Opfers „insbesondere auch mit Blick auf die behauptete Dauer“ der Gesundheitsschädigung „als massiv widersprüchlich und unglaubwürdig“ erachtet, ist er auf die grundsätzlich nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zu den fallbezogenen (vorfallskausalen) – wie oben dargestellt reduzierten - Schmerzperioden zu verweisen (ON 22.1.1 S 41).
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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