33R143/24b – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Im Namen der Republik
Das Oberlandesgericht Wien erkennt als Berufungsgericht *** in der Patentrechtssache der Antragstellerin A *** gegen die Antragsgegnerin B *** , wegen der Nichtigerklärung des österreichischen Teils E 286597 des Europäischen Patents EP 1322960 B2, über die Berufung der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 16.5.2024, N 11/2020, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin deren mit EUR 3.688,32 (darin enthalten EUR 614,72 USt) bestimmte Berufungsbeantwortungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 1322960 B2, das den österreichischen Teil E 286597 (in der Folge: „Streitpatent“) umfasst, angemeldet am 3.10.2001 unter Inanspruchnahme der Priorität 3.10.2000.
Dieses Streitpatent enthält die folgenden Ansprüche:
1. Verfahren zur Detektion eines IgE-Immunglobulins, das an ein Allergen in einer Probe bindet, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere gereinigte einzelne Allergene auf einem Microarray-Chip immobilisiert werden, wonach anschließend die Probe mit den immobilisierten Allergenen inkubiert wird, so dass IgE-Immunglobuline, die für die Allergene spezifisch sind, an das spezifische Allergen binden, wonach die an die spezifischen immobilisierten Allergene gebundenen IgE-Immunglobuline detektiert werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere rekombinante Allergene auf dem Microarray-Chip immobilisiert werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere synthetische Allergene auf dem Microarray-Chip immobilisiert werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Haptene als Allergene auf dem Microarray-Chip immobilisiert werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Allergene auf einem Spot mit einem Durchmesser von 10 bis 2000 μm auf dem Microarray-Chip immobilisiert werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Allergene auf einem Spot mit einem Durchmesser von 50 bis 500 μm, vorzugsweise 150-250 μm, auf dem Microarray-Chip immobilisiert werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Allergene auf einem festen Träger als Microarray-Chip immobilisiert werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass Allergene auf einem Glas- bzw. Kunststoffträger als Microarray-Chip immobilisiert werden.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass Allergene auf einem Siliziumplättchen als Microarray-Chip immobilisiert werden.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Allergene an einer Membran als Microarray-Chip immobilisiert werden.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Microarray-Chip chemisch modifiziert wird, vorzugsweise durch eine Amino-reaktive bzw. Carboxy-reaktive Modifizierung.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Allergene kovalent an den Microarray-Chip gebunden werden.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Immunglobuline in Blutserum als Probe detektiert werden.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass das Blutserum 1:1-1:15, vorzugsweise 1:5 verdünnt wird.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Probe mit den Allergenen 1 min bis 24 Stunden, vorzugsweise 1 bis 2 Stunden, inkubiert wird.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass die Probe mit den Allergenen bei einer Temperatur zwischen 0 und 60° C, vorzugsweise bei 37° C inkubiert wird.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die gebundenen Immunglobuline mit zumindest einem markierten, spezifischen anti-Immunglobulin-Antikörper detektiert werden.
18. Verfahren nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, dass die gebundenen Immunglobuline mit zumindest einem Fluoreszenz-markierten, spezifischen anti-Immunglobulin-Antikörper detektiert werden.
19. Verfahren nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, dass die gebundenen Immunglobuline mit zumindest einem radioaktiv markierten, spezifischen anti- Immunglobulin-Antikörper detektiert werden.
20. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Indoor-Allergene als Allergene immobilisiert werden.
21. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Outdoor-Allergene als Allergene immobilisiert werden.
22. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Nahrungsmittel- Allergene als Allergen immobilisiert werden.
23. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Gift-Allergene als Allergene immobilisiert werden.
24. Verfahren zur in vitro-Diagnose von Allergien in einem Patienten, dadurch gekennzeichnet, dass eine dem Patienten entnommene Serumprobe auf an Allergene bindende IgE-lmmunglobuline gemäß einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 23 analysiert wird, wobei ein Microarray-Chip verwendet wird, auf dem zumindest 10, vorzugsweise zumindest 50, mehr bevorzugt zumindest 90, verschiedene Allergene immobilisiert sind, wonach eine positive Reaktion zwischen der Probe und den immobilisierten Allergenen als Allergie diagnostiziert wird.
25. Verwendung eines Microarray-Chips, auf dem ein oder mehrere gereinigte einzelne Allergene immobilisiert sind, zur Detektion von IgE-lmmunglobulinen.
26. Verwendung eines Microarray-Chips nach Anspruch 25, dadurch gekennzeichnet, dass die Allergene auf einem Spot mit einem Durchmesser von 100 bis 500 μm, vorzugsweise 200-300 μm, immobilisiert sind.
27. Verwendung eines Microarray-Chips nach Anspruch 25 oder 26, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Glasträger ist.
28. Verwendung eines Microarray-Chips nach Anspruch 25 oder 26, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Kunststoffträger ist.
29. Verwendung eines Microarray-Chips nach Anspruch 25 oder 26, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Siliziumplättchen ist.
30. Verwendung eines Microarray-Chips nach Anspruch 25 oder 26, dadurch gekennzeichnet, dass er eine Membran ist.
31. Verwendung eines Microarray-Chips nach Anspruch 25 bis 30, dadurch gekennzeichnet, dass er chemisch modifiziert ist, vorzugsweise durch eine Amino-reaktive bzw. Carboxy-reaktive Modifizierung.
32. Verwendung eines Microarray-Chips nach einem der Ansprüche 25 bis 31, dadurch gekennzeichnet, dass die Allergene kovalent daran gebunden sind.
33. Verwendung eines Kits zur Durchführung des Verfahrens gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 24, dadurch gekennzeichnet, dass es einen Microarray-Chip, auf dem ein oder mehrere gereinigte einzelne Allergene immobilisiert sind, sowie ein erstes Reagens, umfassend zumindest ein Immunglobulin-detektierendes Reagens, vorzugsweise einen anti-lmmunglobulin- Antikörper, vorzugsweise in einer bekannten Konzentration, sowie gegebenenfalls als positive Probe ein zweites Reagens, umfassend zumindest ein an ein Allergen bindendes Immunglobulin, umfasst.
Dabei gliedert sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in die Merkmale M1 bis M6:
Ml Verfahren zur Detektion eines IgE-Immunglobulins,
M2 das an ein Allergen in einer Probe bindet, dadurch gekennzeichnet,
M3 dass ein oder mehrere gereinigte einzelne Allergene
M4 auf einem Microarray-Chip immobilisiert werden,
M5 wonach anschließend die Probe mit den immobilisierten Allergenen inkubiert wird,
M6 so dass IgE-Immunglobuline, die für die Allergene spezifisch sind, an das spezifische Allergen binden, wonach die an die spezifischen immobilisierten Allergene gebundenen IgE-Immunglobuline detektiert werden.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 25 gliedert sich in die Merkmale M1 bis M2 auf:
Ml Verwendung eines Microarray-Chip, auf dem ein oder mehrere gereinigte einzelne Allergene immobilisiert sind,
M2 zur Detektion von IgE-Immunglobulinen.
Das angegriffene Patent beschreibt die Aufgabe der Erfindung und deren technische Wirkung ua wie folgt (./A, ./B):
Ziel der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zum Nachweis eines an ein Allergen bindenden IgE-Immunglobulins in einer Probe bereitzustellen, das in kurzer Zeit mit nur geringer Proben- und Allergenmenge durchgeführt werden kann, hochzuverlässig und sensitiv ist und den Nachweis einer praktisch unbegrenzten Anzahl von Allergenen in einem einzigen Test ermöglicht. [0015]
Bei den bekannten Microarray-Chip-Verfahren zum Testen von Proteinen werden die Antikörper auf dem Microarray-Chip immobilisiert. Dabei zeigte es sich, dass es möglich ist, nicht nur die Antikörper an den Microarray-Chip zu binden, sondern sogar Allergene, die die den spezifischen Antikörpern entsprechenden Antigene sind, insbesondere IgE bzw. IgG. Diese Tatsache ist besonders überraschend, weil funktionelle Allergene eine besondere Sekundärstruktur aufweisen, die bei Bindung in so hoher Dichte an eine feste Phase, wie den Microarray-Chip, modifiziert werden kann. Diese Modifikation der Struktur des Allergens würde die Antikörper-Allergen-Bindung stören, was zu falsch negativen Ergebnissen führte. […] [0020]
Außerdem ist die Diversität möglicher Allergene natürlich viel größer als die Antikörper-Diversitäten im Hinblick auf die Handhabung der Proteine, insbesondere für das Immobilisieren und Färben einer solchen Serie strukturell diverser Allergene. Es zeigte sich jedoch überraschenderweise, dass auf einem Microarray-Chip immobilisierte Allergene bei einem Verfahren zur Detektion von Immunglobulinen in einer Probe sehr verlässlich und empfindlich sind. [0022]
Dieses Verfahren ermöglicht die Durchführung eines Tests auf eine Vielzahl von Immunglobulinen, die an ein spezifisches Allergen binden, in (nur) einem Versuchsschritt, wobei der Test auch automatisiert sein kann: Mehr als 100 verschiedene Allergene können getestet werden, ohne eine Vielzahl einzelner Versuchsschritte durchführen zu müssen, wie es bei Durchführung in herkömmlicher Mikrotiter-Form der Fall ist. Weiters ist dieser Test hochgradig empfindlich und verlässlich. Auch können die Testergebnisse dieses Verfahrens innerhalb einer kurzen Zeit erhalten werden, z.B. in etwa drei Stunden, wodurch die Testdauer im Vergleich zu herkömmlichen RAST- oder ELISA-Tests verkürzt wird. [0023]
Weiters ist der Microarray-Test sehr reproduzierbar bei der Durchführung repetitiver Versuche mit Chips, die Proben verschiedener Personen enthalten, z.B. mit einer mikrotiterplattenartigen Maske, wobei jede Vertiefung eine Anzahl von Spots verschiedener Allergene umfasst und eine Probe einer Person pro Vertiefung zugegeben wird. Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens gemäß der vorliegenden Erfindung ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass eine große Anzahl verschiedener Sonden eine relativ kleine Fläche einnimmt, wodurch eine hohe Dichte vorgesehen wird. Der kleine Oberflächenbereich des Arrays ermöglicht extrem einheitliche Bindungsbedingungen (Temperaturregulierung, Salzgehalt usw.), wogegen die extrem große Anzahl von Sonden ein massives Parallel-Prozessieren von Hybridisierungen ermöglicht. Da die Arrays mit hoher Dichte eine so große Anzahl von Sonden enthalten, ist es möglich, zahlreiche Kontrollen vorzusehen, einschließlich beispielsweise Kontrollen für Variationen oder Mutationen bei einem bestimmten Allergen, Kontrollen für Gesamt-Hybridisierungsbedingungen, Kontrollen für Proben-Zubereitungsbedingungen, und Fehlpassungs-Kontrollen („mismatch controls") für nicht-spezifische Bindung oder Kreuz-Hybridisierung. [0024]
Weiters erfordert der Test nur einen minimalen Bruchteil an Material (Allergen sowie Probe) im Vergleich zu herkömmlichen Testsystemen. Dies bedeutet, dass mit einer gleichen Menge an Ausgangsmaterial eine viel größere Anzahl von Test-Kits erzeugt werden kann, wenn die Microarray-Form verwendet wird, und eine kleinere Menge an Probe zum Testen auf eine größere Menge an Immunglobulinen, die an Allergene binden, verwendet werden kann. In kleinen Volumina kann die Bindung auch sehr rasch stattfinden. [0025]
Die Antragstellerin bringt vor, die Ansprüche 1 bis 33 des Streitpatents seien nicht neu und nicht erfinderisch, und begehrt deshalb die Nichtigerklärung des Streitpatents.
Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung des Antrags, weil die von der Antragstellerin behaupteten Nichtigkeitsgründe nicht zuträfen.
Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts den vorliegenden Antrag ab und hielt das Streitpatent uneingeschränkt aufrecht.
Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung der Antragstellerin; sie stellt – inhaltlich – aus den Gründen der unrichtigen Tatsachenfeststellungen, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung den Antrag, die bekämpfte Entscheidung dahin abzuändern, dass das Streitpatent zur Gänze für nichtig erklärt werde.
Die Antragsgegnerin stellt in ihrer Berufungsbeantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Tatsachen- und zur Verfahrensrüge:
1.1.Soweit die Antragstellerin an mehreren Stellen ihres Rechtmittels auf die erst in der Berufung vorgelegten Beilagen ./AA und ./BB Bezug nimmt, sind diese Ausführungen infolge ihres Verstoßes gegen das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO) unbeachtlich.
1.2. Die von der Antragstellerin unter der Überschrift „1. Unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund mangelhafter Auslegung der Ansprüche“ vorgetragenen Ausführungen lassen nicht erkennen, welche konkreten Feststellungen sie bekämpfen möchte, aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Ersatzfeststellungen sie begehrt und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese Ersatzfeststellungen zu treffen gewesen wären (siehe zu diesen Anforderungen A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 ,§ 471 ZPO Rz 15 mwN). Eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge liegt daher in diesem Bereich nicht vor.
1.2. Unter der Überschrift „Unrechtmäßige Anlehnung an ein mangelhaftes Gutachten des Österreichischen Patentamts“ führt die Antragstellerin zwei Argumente ins Treffen:
Zum einen beanstandet sie, die Nichtigkeitsabteilung habe sich zu Unrecht an der von der Antragsgegnerin vorgelegten Beilage ./11 orientiert. Allerdings wird diese Urkunde in der angefochtenen Entscheidung an keiner Stelle erwähnt. Die Antragstellerin führt in diesem Zusammenhang auch keine konkreten Tatsachenfeststellungen ins Treffen, die ihrer Ansicht nach zu Unrecht – wenn auch unausgesprochen – auf die in Rede stehende Urkunde gestützt worden seien, sondern wirft der Nichtigkeitsabteilung vor, sie habe die Beilagen ./E und ./F in Anlehnung an Beilage ./11 unrichtig interpretiert. Damit sind diese Ausführungen der Antragstellerin – inhaltlich – der Rechtsrüge zuzuordnen.
Zum anderen wendet sich die Antragstellerin gegen die Aussage der Nichtigkeitsabteilung, wonach Penicilline „keine Allergene“ seien (Entscheidung S 21, letzter Abs). Allerdings führt die Antragstellerin keine konkrete Ersatzfestellung an, die sie stattdessen anstrebt, sodass auch hier keine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge vorliegt (siehe bereits oben ad 1.). Im Übrigen ist die angefochtene Entscheidung in der gebotenen Gesamtbetrachtung – in Übereinstimmung mit den Intentionen der Antragstellerin – ohnehin so zu verstehen, dass die Nichtigkeitsabteilung davon ausgeht, Penicillin G könne allergische Reaktionen hervorrufen (Entscheidung S 20, Abs 2). Schließlich misst die Antragstellerin dieser Frage an einer anderen Stelle ihres Rechtsmittels gar keine entscheidende Bedeutung bei (Berufung S 16, Abs 2). Die hier in Rede stehenden Ausführungen sind daher insgesamt nicht zielführend.
2. Zur Rechtsrüge:
2.1. Allgemeine Grundsätze:
2.1.1.Ein Europäisches Patent ist (mit Wirkung für einen Vertragsstaat) ua dann für nichtig zu erklären, wenn sein Gegenstand nicht patentierbar war (§ 10 Abs 1 PatV-EG iVm § 138 Abs 1 lit a EPÜ; 4 Ob 228/18k), insbesondere weil er nicht neu war oder nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte (Art 52 Abs 1 EPÜ).
2.1.2.Neu ist, was nicht zum Stand der Technik gehört (Art 54 Abs 1 EPÜ). Den Stand der Technik bildet alles, was der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag der Anmeldung durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist (Art 54 Abs 2 EPÜ). Bei der Neuheitsprüfung gilt als Stand der Technik auch der Inhalt von prioritätsälteren europäischen Patentanmeldungen, die erst am Prioritätstag der jüngeren Anmeldung oder danach veröffentlicht wurden (Art 54 Abs 3 EPÜ). Dem Stand der Technik ist alles zuzurechnen, was sich aus der Warte der Fachperson zumindest implizit aus einer Veröffentlichung ableiten lässt (vgl 4 Ob 80/18w [Rz 5.2.]] mwN; 4 Ob 29/23b [Rz 8.4.]).
2.1.3.Eine erfinderische Tätigkeit liegt vor, wenn sich die Neuerung für die Fachperson nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (Art 56 Satz 1 EPÜ). Die erfinderische Tätigkeit fehlt aber nicht schon dann, wenn die Fachperson aufgrund des Stands der Technik zur Erfindung gelangen hätte können, sondern erst dann, wenn sie die Erfindung aufgrund eines hinreichenden Anlasses in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch tatsächlich vorgeschlagen hätte (RS0071157 [T1]: „could-would-approach“).
Ob eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist eine Rechtsfrage (RS0123155 [T3]). Sie ist aber in erster Linie von Tatfragen abhängig, nämlich insoweit, als es auf das Fachwissen ankommt, über das die Durchschnittsfachperson auf dem betreffenden Gebiet verfügt (4 Ob 80/18w mwN).
Auch die vorgelagerte Frage, ob sich der Gegenstand einer Erfindung für die Fachperson in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, ist damit keine Tat-, sondern eine Rechtsfrage. Denn die angesprochene Fachperson ist nicht mit einer tatsächlich existierenden Person gleichzusetzen. Eine dem Gebot der Rechtssicherheit genügende einheitliche Beurteilung einer Erfindung wäre auf der Grundlage individueller Kenntnisse und Fähigkeiten auch gar nicht möglich. Fachkundiges Denken, Erkennen und Vorstellen wird deshalb bemüht, um mit dem auf dem betreffenden Gebiet der Technik üblichen Fachwissen sowie den durchschnittlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort tätigen Fachleute und dem hierdurch geprägten Verständnis vom Inhalt einer technischen Lehre eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu gewinnen. Die maßgebliche Sicht selbst ist unmittelbarer Feststellung entzogen. Dies gilt nicht nur für das sinnvolle Verständnis einer Lehre zum technischen Handeln, sondern gleichermaßen für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Stand der Technik diese technische Lehre nahegelegt hat (ausführlich und überzeugend BGH X ZR 213/01 [Rz 34]).
Ist die Erfindungshöhe zu bejahen, so liegt auch Neuheit vor, zumal Erfindungshöhe Neuheit als Voraussetzung hat (4 Ob 167/20t [Rz 2.5.]).
2.2. Zum Streitpatent:
2.2.1.Um den vorliegenden Nichtigkeitsantrag abschließend beurteilen zu können, trifft das Berufungsgericht die folgenden teils ergänzenden, teils präzisierenden Feststellungen. Da diese Konstatierungen ausschließlich auf mittelbar aufgenommenen Beweisen (Urkunden) basieren, die bereits der erstinstanzlichen Behörde zur Verfügung standen, ist dafür die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht notwendig (RS0043026 [T4]):
„Zum relevanten Stand der Technik und zum Fachwissen einer durchschnittlichen einschlägigen Fachperson (nämlich einer durchschnittlichen Fachperson auf den Gebieten der Molekularbiologie, Immunologie und Labordiagnostik) gehörten unmittelbar vor dem Prioritätszeitpunkt 3.10.2000 die folgenden damals öffentlich zugänglichen Quellen:
Die soeben angeführten Urkunden sind ihrem Inhalt nach unstrittig. Da ohnehin nur Fachkundige die darin enthaltenen komplexen naturwissenschaftlichen Ausführungen nachvoll-ziehen können und dieser Personenkreis auch Zugang zu all diesen Quellen (zB zu den zitierten Aufsätzen in Fachzeitschriften) hat, verzichtet das Berufungsgericht – vor allem auch zur Wahrung einer besseren Übersichtlichkeit – darauf, den Inhalt dieser Urkunden in diesem Berufungsurteil vollständig wiederzugeben. Eine auszugsweise Wiedergabe erfolgt nur insofern, als sie für die rechtliche Beurteilung notwendig ist (siehe unten ad 2.2.3.).
Dass diese Quellen den Stand der Technik und damit das Wissen einer durchschnittlichen einschlägigen Fachperson (nämlich einer durchschnittlichen Fachperson auf den Gebieten der Molekularbiologie, Immunologie und Labordiagnostik) unmittelbar vor dem 3.10.2000 widerspiegeln, ergibt sich per se aus der Existenz und dem Inhalt dieser Urkunden.
2.2.2. Im Übrigen ist vorauszuschicken, dass die Ansprüche 2 bis 24 des Streitpatents zwingend auf Patentanspruch 1 rückbezogen sind und jeweils weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des Anspruchs 1 betreffen. Weiters sind die Ansprüche 26 bis 32 des Streitpatents zwingend auf Patentanspruch 25 rückbezogen und betreffen jeweils weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des Patentanspruchs 25. Anspruch 33 ist zwar formal unabhängig, setzt aber die Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1 bis 25 als gegeben voraus.
Weiters sind unter den im Streitpatent genannten „gereinigten einzelnen Allergenen“ einzelne Allergene zu verstehen, die zB native, rekombinante oder synthetisch erzeugte Allergene sein können und die beispielsweise aus einem Allergen-Extrakt gereinigt sind (S 11, Absätze 4-6). Die Fachkraft wird daraus schließen, dass solche Allergene von hoher Konzentration, insbesondere aber stabil und frei von anderen (v.a. allergenen) Stoffen sind, sodass reproduzierbare, aber keine falsch positiven Ergebnisse erhalten werden können. Eine einfache Aufkonzentration oder diverse Waschschritte (z.B. zur Erhöhung der Bindung an eine feste Phase, wie einen Microarray) sind damit jedoch nicht gleichzusetzen. Dieser Zustand der Reinheit ist erfindungsgemäß bewusst vorzusehen bzw. herbeizuführen und wird durch den allgemeinen Ausdruck „(einzelnes) Allergen“ nicht impliziert.
2.2.3. Setzt man die Ansprüche des Streitpatents in Relation zum Stand der Technik und zum Wissen, das die einschlägige Fachperson unmittelbar vor dem 3.10.2000 hatte, so ergibt sich folgendes Bild:
Die Beilage ./E spiegelte unmittelbar vor dem Prioritätszeitpunkt den nächstliegenden Stand der Technik wider.
Diese Quelle beschreibt Vorrichtungen für die immunologische Analyse sowie u.a. ein Verfahren unter Verwendung einer solchen Vorrichtung. Die Vorrichtung besteht aus einem festen porösen Träger, auf dem Lösungen oder Suspensionen von z.B. Antigenen in einer vorhergewählten Anordnung von Absorptionsbereichen aufgebracht werden. Die Vorrichtung wird für die Analyse mit einer Probe inkubiert, die die nachzuweisenden Immunglobuline enthält. Die an das Antigen gebundenen Immunglobuline werden danach mit einem geeigneten Indikatorsystem detektiert. In dem Dokument wird jedoch nicht beschrieben, dass gereinigte (einzelne) Allergene für die immunologische Analyse verwendet werden. Es werden lediglich verschiedenste potentiell allergen wirkende Substanzen bzw. solche Substanzen aufweisende „Fundstellen“ aufgezählt, ohne Angabe, in welchem Zustand sich das genannte Allergen befindet oder für die Analyse zu verwenden ist. Bei vielen dieser Allergene, insbesondere jenen, die in der Natur vorkommen, ist bekannt, dass sie nicht als „Reinstoff“ auftreten und deshalb ohne weitere Angaben zum Zustand auch nicht als gereinigt angesehen werden können. Aber auch allergen wirkende Medikamente sind in aller Regel nicht als Reinstoff zu betrachten, weil für deren therapeutische Anwendung üblicherweise pharmazeutische Trägerstoffe usw. beigefügt sind, die sogar teilweise selbst allergen wirken können.
Anspruch 1 unterscheidet sich daher – zusammenfassend - von der Beilage ./E durch die Verwendung von gereinigten einzelnen Allergenen, die auf dem Microarray immobilisiert werden. Mittels der gereinigten einzelnen Allergene kann das Verfahren bzw. der Microarray-Chip standardisiert und genauer Qualitätskontrollen unterzogen werden. Weitere Wirkungen sind eine erhöhte Empfindlichkeit des Detektionsverfahrens sowie eine erhöhte Stabilität. Das Merkmal M3 des Anspruchs 1 und das Merkmal M1 des Anspruchs 25 sind daher als nicht durch Beilage ./E offenbart anzusehen.
Beilage ./F beschreibt einen halbautomatischen Probenanalysator, der ua mittels eines auf einem Array aufgebrachten Allergen-Fangreagenz IgE-Antikörper in einer Probe detektieren kann. Der Aufbau sowie die Anordnung/Größe der Teststellen unterscheidet sich von jenem eines Microarray-Chips. Zum Beispiel weisen die auf dem Array aufgebrachten Teststellen einen Durchmesser von 0,254 cm (0,1 Inch) auf. Die in Beilage ./F erwähnten Allergene werden nicht näher beschrieben, insbesondere wird nichts zu deren Art oder Zustand ausgeführt. In Beilage ./F wird ohne nähere Angaben allgemein auf die Beilagen ./G, ./S und ./T verwiesen.
Die Merkmale M3 und M4 des Anspruchs 1 und das Merkmal M1 des Anspruchs 25 sind daher als nicht durch Beilage ./F offenbart anzusehen.
In Beilage ./G wird weder die Verwendung von gereinigten einzelnen Allergenen offenbart noch eine Detektion von IgE-Immunglobulinen mittels Microarray-Chip vorgeschlagen. Eine Kombination der Dokumente Beilage ./F und ./G hätte somit keinesfalls die Ansprüche 1 und 25 nahe gelegt.
Aus Beilage ./H sind rekombinante Allergene bekannt. In Bezug auf die Verwendung von rekombinanten Allergenen zu Diagnosezwecken wird in diesem Dokument die Verwendung eines Allergen-„Cocktails“ vorgeschlagen. Falls eine Fachperson, ausgehend von Beilage ./E, zur Lösung der Aufgabe überhaupt Beilage ./H heranzöge, so würde sie diesem Dokument daher allenfalls die Lehre entnehmen, rekombinante Allergene in Form eines Cocktails für Diagnosezwecke einzusetzen. Das Merkmal M3 des Anspruchs 1 wäre damit aber nicht erfüllt.
Beilage ./I betrifft Vorrichtungen zum Nachweis der IgE-Menge in einer Probe, wobei ein Allergen beispielsweise auf Nitrozellulose fixiert ist. Es ist aber nicht dargestellt, dass mit einer Behandlung mit diesen Substanzen einzelne gereinigte Allergene erhalten werden. In Beilage ./I ist kein Microarray-Chip offenbart. In Kenntnis der Beilage ./I wird die Fachperson angeregt sein, durch eine Vorbehandlung von Allergenen deren Bindung an den Träger zu verbessern, aber nicht die Entwicklung eines Microarray-Chips in Betracht ziehen.
Die Beilage ./J betrifft einen Microarray Enzym Assay (Mikroarray-Enzymtest) für die Autoimmundiagnostik und beschreibt die Immobilisierung von Autoantigenen, wobei diese rekombinant hergestellt wurden. Bindungspartner ist IgG. Allergene und der Nachweis von IgE in der Probe waren nicht Gegenstand von Beilage ./J. Weder ausgehend von Beilage ./I noch von Beilage ./J würde die Fachperson die Offenbarungen dieser beiden Beilagen kombinieren und zum Gegenstand des Streitpatents gelangen.
Beilage ./K offenbart Microarrays, auf denen Proteine immobilisiert sind. Immobilisierte gereinigte einzelnen Allergene werden in der Beilage ./K aber nicht für die Detektion von IgE eingesetzt. Die Fachperson würde Beilage ./K nicht gemeinsam mit Beilage ./I betrachten, um so zum Gegenstand der Ansprüche des Streitpatents zu gelangen.
Beilage ./M beschreibt die Herstellung von rekombinanten Birkenpollenallergenen, die mittels Immunoblot auf ihre IgE-Bindungseigenschaften getestet wurden. Solche rekombinanten Allergene werden als nützlich für den Aufbau diagnostischer Tests beschrieben. Abgesehen von Immunoblots werden jedoch keine anderen Testeinrichtungen bzw. Testverfahren erwähnt. Diesem Dokument ist kein Hinweis zu entnehmen, dass die hergestellten rekombinanten Allergene in Verbindung mit Microarrays-Chips eingesetzt werden können. Ausgehend von Beilage ./E wäre es für eine Fachperson deshalb nicht naheliegend gewesen, die rekombinanten Allergene einzeln auf einem Microarray-Chip zu immobilisieren, um ein Verfahren zur gleichzeitigen Detektion einer großen Anzahl von verschiedenen Allergenen mit erhöhter Empfindlichkeit und Stabilität zu erhalten.
Beilage ./N stellt Moskito-Allergene sowie einen Immuno-Assay mit diesen Allergenen zur Detektion von IgE-Antikörpern bereit. Es werden Immunoblots beschrieben, um die Bindung von IgE an die bereitgestellten Allergene zu testen. Dieser Beilage ist allerdings kein Hinweis zu entnehmen, dass die hergestellten rekombinanten Allergene in Verbindung mit Microarrays-Chips eingesetzt werden können. Ausgehend von Beilage ./E wäre es für eine Fachperson deshalb nicht naheliegend gewesen, die rekombinanten Allergene einzeln auf einem Microarray-Chip zu immobilisieren, um ein Detektionsverfahren mit erhöhter Empfindlichkeit und Stabilität zu erhalten.
Beilage ./O beschreibt die Herstellung von komplexen Kohlenhydraten, die auf Arrays immobilisiert werden. Eine Spezialisierung auf Allergien und IgE ist nicht gezeigt. Aus Beilage ./O ergibt sich nicht, dass Kohlenhydrate Allergene oder Haptene sind.
Beilage ./P betrifft die enzymatische Synthese von Penicillin mit Penicillinum chrysogenum und Acremonium chrysogenum. Eine Fachkraft, die an der Herstellung eines Microarray-Chips mit Allergenen interessiert ist, wird Beilage ./P nicht heranziehen.
Beilage ./R berichtet über eine Studie zur Hautempfindlichkeit an Freiwilligen mit einer Vorgeschichte einer Penicillinüberempfindlichkeit. Es wurde festgestellt, dass die Entfernung der im handelsüblichen Benzylpenicillin enthaltenen Proteinverunreinigungen das Risiko schwerer allergischer Reaktionen verringern kann. Diese Beilage liefert der Fachperson lediglich die Lehre, dass die Entfernung von Verunreinigungen allergische Reaktionen von Penicillin vermindern kann. Eine Fachperson hätte daraus aber keine Motivation erhalten, einzelne gereinigte Allergene auf einem Microarray-Chip zu immobilisieren.
Beilage ./S beschreibt die Immobilisierung von Weizenallergenextrakten auf einem Festphasenmaterial, mit anschließendem Kontakt mit einer Probe, um IgE-Antikörper zu detektieren. Der Allergenextrakt wird vor der Immobilisierung z.B. mit Denaturierungsmitteln, organischen Lösungsmitteln, Vernetzungsmitteln und konzentrierten Salzlösungen vorbehandelt, um die Immobilisierung auf dem Festphasenmaterial zu verbessern. Hierdurch werden keine gereinigten einzelnen Allergene erhalten. Eine Kombination der Beilagen ./F und ./S hätte somit keinesfalls zum Gegenstand der Ansprüche 1 und 25 geführt.
Beilage ./T beschreibt die Immobilisierung von Allergenzusammensetzungen, insbesondere Milchproteinallergene, auf einem Festphasenmaterial, mit anschließendem Kontakt mit einer Probe, um IgE-Antikörper zu detektieren. Es werden keine gereinigten einzelnen Allergene verwendet. Eine Kombination der Dokumente Beilage ./F und ./T hätte somit keinesfalls zum Gegenstand der Ansprüche 1 und 25 geführt.
In Beilage ./W werden rekombinante Gräserpollen-Allergene untersucht, und es wird geschlussfolgert, dass die Ergebnisse zur Verwendung dieser rekombinanten Allergene bei der Diagnose und bei der Immunotherapie anregen. Bei den Immunoabsorptionsuntersuchungen wurde jeweils eine Mischung von vier rekombinanten Pollenallergenen verwendet. Dieser Beilage ist kein Hinweis zu entnehmen, dass die untersuchten rekombinanten Allergene in Verbindung mit Microarrays-Chips eingesetzt werden können; eine Fachperson hätte daraus auch keine Motivation erhalten, einzelne rekombinante Allergene zu verwenden.
In Beilage ./X wird ein rekombinantes Bienengiftallergen hinsichtlich seiner Eignung für eine verlässliche Allergiediagnose untersucht, und es wird geschlussfolgert, dass rekombinante Bienengiftallergene die Spezifität von Diagnoseverfahren erhöhen, auch wenn deren Empfindlichkeit leiden könnte. Für ein optimales Ergebnis wird deshalb eine Mischung mehrerer rekombinanter Allergene vorgeschlagen. Dieser Beilage ist kein Hinweis zu entnehmen, dass die untersuchten rekombinanten Allergene in Verbindung mit Microarrays-Chips eingesetzt werden können; eine Fachperson hätte daraus auch keine Motivation erhalten, einzelne rekombinante Allergene zu verwenden.
Beilage ./Y berichtet über rekombinante Milbenallergene und stellt fest, dass Untersuchungsergebnisse die Verwendung eines „Cocktails“ von drei oder vier rekombinanten Milbenallergenen für diagnostische Zwecke bei Asthmapatienten nahelegen. Dieser Beilage ist kein Hinweis zu entnehmen, dass die untersuchten rekombinanten Allergene in Verbindung mit Microarrays-Chips eingesetzt werden können; eine Fachperson hätte daraus auch keine Motivation erhalten, einzelne rekombinante Allergene zu verwenden.
2.2.4.Die ad 2.2.3. angestellten Überlegungen führen – zusammenfassend – zum Ergebnis, dass der Gegenstand der vom Streitpatent umfassten Ansprüche 1 – 33 der Öffentlichkeit unmittelbar vor dem Prioritätszeitpunkt 3.10.2000 nicht zugänglich war und damals auch nicht zum Stand der Technik gehörte. Darüber hinaus lag es für eine durchschnittliche Fachperson auf den Gebieten der Molekularbiologie, Immunologie und Labordiagnostik damals nicht nahe, diese Ansprüche aus dem Stand der Technik abzuleiten. All diese Ansprüche waren daher im Prioritätszeitpunkt sowohl neu (iSd Art 54 Abs 1 EPÜ) als auch erfinderisch (gemäß Art 56 Abs 1 EPÜ). Die Argumente, auf die die Antragstellerin die Nichtigkeit des Streitpatents stützt, sind somit nicht stichhältig.
3. Der vorliegenden Berufung gegen die Abweisung des Nichtigkeitsantrags kann nach dem Gesagten kein Erfolg beschieden sein.
4.Die Entscheidung über die Berufungsbeantwortungs-kosten beruht auf §§ 41, 50 ZPO (iVm § 122 Abs 1 PatG).
5.Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruht auf § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO (iVm § 143 Abs 1 PatG) und ergibt sich aus der hohen Bedeutung von Patentansprüchen im Wirtschaftsleben.
6.Die ordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO (iVm § 143 Abs 1 PatG) nicht zulässig.
Oberlandesgericht Wien 1010 Wien, Schmerlingplatz 11 Abt. 33, am 7.7.2025