3R28/25x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden, die Richterin Mag. a Müller und den Kommerzialrat DI Viehauser, MSc, in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch Grama Schwaighofer Vondrak Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. a B* , geboren am **, Rechtsanwältin, **, vertreten durch Mag. Walter Pirker, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 300.000, sA und Feststellung (EUR 5.000, ; Gesamtstreitwert: EUR 305.000, ), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 19.12.2024, **-90, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der Antrag der klagenden Partei auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.669,92 (darin enthalten EUR 778,32 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht ging von folgendem Sachverhalt aus (die bekämpfte Feststellung ist hervorgehoben ):
Die Beklagte ist Rechtsanwältin und war für den Kläger als Verfahrenshelferin tätig.
Der Kläger begehrte im Verfahren ** des BG Liesing die Aufhebung des – in einem anderen Verfahren abgeschlossenen - Räumungsvergleichs als rechtsunwirksam sowie Schadenersatz in Höhe von EUR 10.000, .
Zunächst waren andere Verfahrenshelfer bestellt. Der Kläger vermutete eine unzulässige Doppelvertretung und bat Rechtsanwalt Dr. C*, der ihn und seine Gesellschaften in anderen Verfahren vertreten hatte, ihm einen ** Anwalt zu empfehlen. Dr. C* konnte die Verfahrenshilfe nicht übernehmen, weil sich seine Kanzlei nicht in ** sondern in ** befand. Dr. C* kontaktierte die Beklagte, die am 21.1.2014 (nachdem bereits die vorbereitenden Tagsatzung stattgefunden hatte) als Verfahrenshelferin bestellt wurde. Darüber war der Kläger informiert.
Von Jänner 2014 bis März 2014 übernahm Dr. C* in der Sache die Korrespondenz zwischen der Beklagten und dem Kläger, die in dieser Zeit keinen direkten Kontakt hatten. Der Kläger kontaktierte Dr. C*, wenn er Informationen und Anweisungen an die Beklagte weitergegeben haben wollte.
Für 26.3.2014 war eine Tagsatzung zur Parteienvernehmung des Klägers anberaumt. Dabei bestand eine Kollision mit einem Termin in einem anderen Verfahren, in dem Dr. C* eine Gesellschaft des Klägers vertrat. Dr. C* wies den Kläger auf die Kollision hin und ersuchte am 24.1.2014 um Stellungnahme, „ ob Mag. B* hier ein Fristerstreckungsansuchen einbringen soll “. Der Kläger wies Dr. C* am 11.2.2014 an, erst eine Woche vor dem Termin am 26.3.2014 eine Vertagungsbitte einzubringen.
Dr. C* schickte am 19.3.2014 eine E Mail an die Beklagte mit einem Schreiben im Anhang, laut dem die Beklagte „ auftrags von Herrn A* “ ersucht werde, für die Verhandlung vor dem BG Liesing eine Vertagungsbitte aufgrund einer Terminkollision einzubringen, was sie am 20.3.2014 tat.
Der Antrag wurde vom BG Liesing mit Beschluss vom selben Tag abgewiesen. Am 21.3.2014 schickte die Beklagte diesen Beschluss per E Mail direkt an Dr. C*, der ihn am selben Tag an den Kläger weiterleitete.
Am 25.3.2014 kündigte Dr. C* per E Mail gegenüber dem Kläger sämtliche ihm erteilte Vertretungsvollmachten. Ab diesem Zeitpunkt leitete er auch keine Schreiben der Beklagten an den Kläger weiter.
Zur Tagsatzung am 26.3.2014 vor dem BG Liesing erschien der Kläger nicht. Die Beklagte legte eine Krankenstandsbestätigung für den Kläger vor und bot seine Untersuchung durch den Amtsarzt an. Sie beantragte die nochmalige Einvernahme der bisher vernommenen Zeugen aufgrund des Vertreterwechsels und hielt den Antrag auf Einvernahme der Klägers aufrecht. Die Verhandlung wurde von der Richterin geschlossen.
Der Kläger gab weder der Beklagten noch Dr. C* im Vorfeld der Tagsatzung Anweisungen, bestimmte Sachvorbringen zu erstatten, bestimmte Zeugen zu benennen oder Urkunden vorzulegen. Er ließ der Beklagten oder Dr. C* vor der Verhandlung keine Unterlagen zukommen. Er nahm vor der Verhandlung auch keinen telefonischen Kontakt mit der Beklagten auf, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, zumal er wusste, dass sie seine Verfahrenshelferin war. Ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kläger und der Beklagten fand während des Verfahrens vor dem BG Liesing gar nicht statt.
Mit Urteil vom 14.4.2014 wies das BG Liesing die Klage des Klägers ab. Die Beklagte verfasste daraufhin gemeinsam mit Dr. C* eine Berufung.
Der Kläger meldete sich weder bei der Beklagten noch bei Dr. C* mit inhaltlichen Wünschen bezüglich der Berufung, obwohl er aus dem Protokoll vom 26.3.2014 erkennen konnte, dass die Verhandlung geschlossen worden und somit ein Urteil zu erwarten war. (bekämpfte Feststellung)
Am 8.5.2014 brachte die Beklagte die Berufung als Verfahrenshelferin des Klägers ein. Darin machte sie das Unterbleiben der Parteienvernehmung des Klägers sowohl aus Nichtigkeit als auch als Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie als Argument zur Bekämpfung der Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung geltend.
Am 14.5.2014 kam es zu einem ersten Telefonat zwischen dem Kläger und der Beklagten, nachdem der Kläger zuvor um umgehende Information über den Status der Verfahren ersucht hatte.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht bestätigte mit Urteil vom 4.6.2014 zu 39 R 153/14k das Urteil des BG Liesing. Die außerordentliche Revision, die vom neuen Verfahrenshelfer des Klägers eingebracht worden war, wurde zurückgewiesen. In der Folge wurde die Räumung der Liegenschaft aufgrund des Räumungsvergleichs am 1.12.2014 vollzogen.
Der Kläger begehrt Schadenersatz in Höhe von EUR 300.000, und die Feststellung der Haftung der Beklagten. Sie habe ihn im Verfahren vor dem BG Liesing zu ** bezüglich der Aufhebung eines Vergleichs und Geltendmachung von Schadenersatz in Höhe von EUR 10.500, als Verfahrenshelferin vertreten. Der Vergleich sei während eines Räumungsverfahrens vor dem BG Eisenstadt zu ** irrtümlicherweise über die falschen Grundstücke abgeschlossen worden, über die der Kläger kein Nutzungsrecht mehr gehabt habe. In der Folge sei es zu dem Verfahren vor dem Bezirksgericht Liesing gekommen. Die Beklagte habe den Kläger schlecht vertreten. Rechtsanwalt Dr. C* sei in das Verfahren vor dem BG Liesing nicht eingebunden gewesen. Die Beklagte habe die Weisungen des Klägers nicht bzw nicht ordnungsgemäß befolgt, Informationen verschwiegen oder verspätet übermittelt und sei eigenmächtig zum Nachteil des Klägers vorgegangen. Dies habe dazu geführt, dass es nicht zur Aufhebung des bekämpften Räumungsvergleichs, sondern zur Räumung des Grundstücks und somit zu einem beträchtlichen Schaden für den Kläger gekommen sei.
Die Beklagte bestritt und brachte vor, es sei von Anfang an klar gewesen, dass Rechtsanwalt Dr. C* als Bindeglied zwischen dem Kläger und der Beklagten fungieren werde. Der Kläger habe diesen Weg der Kommunikation gewählt, daher trage auch er das Risiko des Informationsverlustes. Es sei dem Kläger jederzeit freigestanden, die Beklagte zu kontaktieren. Sie habe weder von Dr. C* noch vom Kläger selbst Kenntnis über Tatsachen und Beweismittel erlangt. Diese hätten auch nichts am Ergebnis des Verfahrens geändert. Der Kläger habe sich erstmals nach Übermittlung von Urteil und Berufung bei der Beklagten gemeldet und bei der Rechtsanwaltskammer eine Disziplinaranzeige eingebracht. Das Feststellungsbegehren bestünde nicht zu Recht, weil schon die Erhebung eines Leistungsbegehrens möglich und zumutbar gewesen sei. Die Ansprüche seien überdies verjährt. Die Beklagte habe dem Kläger das Verhandlungsprotokoll vom 26.3.2014 am 4.4.2014 zugesandt.
Mit dem angefochtenen Urteilwies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf neben den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen die auf Seiten 1 bis 2 und 5 bis 10 des Urteils enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen, auf die verwiesen wird, und folgerte rechtlich, dass die Beklagte als Rechtsanwältin zwar dem erhöhten Sorgfaltsmaßstab nach § 1299 ABGB unterliege und nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet sei, die Rechte ihrer Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten und das übertragene Geschäft umsichtig zu besorgen, doch habe das Beweisverfahren keine Sorgfaltswidrigkeit der Beklagten erwiesen. In Bezug auf die Berufung im Verfahren vor dem BG Liesing sei dem Kläger der Beweis nicht gelungen, dass es Informationen oder Dokumente gegeben hätte, die in der Berufung einen Unterschied für die Beurteilung des Berufungsgerichts gemacht hätten.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige rechtlicher Beurteilung sowie unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung. Er begehrt die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
I.Der Antrag des Klägers auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung war mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen, da seit der Aufhebung von § 492 ZPO durch BGBl I 2009/52 eine solche gemäß § 480 Abs 1 ZPO nur anzuberaumen ist, wenn der Berufungssenat dies im Einzelfall für erforderlich hält; das ist hier nicht der Fall.
II. Zu den Berufungsgründen:
1.1 Der Berufungswerber behauptet in seiner Mängelrüge , das Erstgericht habe in der Tagsatzung vom 18.10.2024 den Beweis der Parteieneinvernahme des Klägers unzulässigerweise für präkludiert erklärt und das Verfahren ohne dessen Einvernahme fortgesetzt. Der Kläger sei dadurch in seinem Recht auf Aussage gehindert worden. Das Gericht habe mit dem Beschluss den Antrag der Beklagten vom 22.3.2024 auf Präklusion überschritten, denn der Kläger sei zur Tagsatzung vom 6.9.2024 erschienen, doch habe seine Einvernahme aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht abgeschlossen werden können. Diese gesundheitlichen Probleme hätten auch zum Zeitpunkt der erstreckten Tagsatzung am 18.10.2024 noch vorgelegen. Ein Hindernis von ungewisser Dauer bestehe nicht. Durch seine Einvernahme hätte der Kläger seinen Verfahrensstandpunkt unter Beweis stellen können.
1.2Nach § 279 Abs 1 ZPO hat das Gericht unter anderem dann auf Antrag eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablauf die Verhandlung auf Begehren einer der Parteien ohne Rücksicht auf die ausstehende Beweisaufnahme fortgesetzt wird, wenn der Aufnahme des Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegensteht oder die Ausführbarkeit einer Beweisaufnahme zweifelhaft ist.Auch eine wiederholte Entschuldigung mit Krankheit ist geeignet, eine Prozessverzögerung beziehungsweise eine Beweisvereitelung zu bewirken, sodass die Befristung einer Parteienvernehmung im Rahmen des § 279 ZPO auch dann möglich ist (RS0108902). § 279 Abs 1 ZPO setzt auch nicht voraus, dass das mehrmalige Fernbleiben der Partei Folge einer einzigen lang andauernden Krankheit ist. Vielmehr genügt schon eine – wie hier - im Verfahren zutage getretene Krankheitsanfälligkeit der Partei, um die Ausführbarkeit einer Beweisaufnahme zweifelhaft erscheinen zu lassen (6 Ob 106/23s [Rz 26]).
1.3 Der Kläger ließ sich bereits für die vorbereitende Tagsatzung am 23.3.2023 krankheitsbedingt entschuldigen. Auch für die Verhandlung vom 29.11.2023 legte der Kläger eine ärztliche Bestätigung vor, wonach aus medizinischen Gründen keine Verhandlungsfähigkeit bis voraussichtlich Anfang Dezember 2023 bestehe. Das Erstgericht lud den Kläger zur Parteieneinvernahme für den 22.3.2024 , für die er sich unter Vorlage einer ärztlichen Bestätigung entschuldigte.
Die Beklagte beantragte in der Tagsatzung vom 22.3.2024, dass die Parteieneinvernahme des Klägers mit Ablauf der nächsten Tagsatzung präkludiert werde. Mit Beschluss vom 22.3.2024 befristete das Erstgericht die Parteienvernehmung des Klägers gemäß § 279 ZPO mit Ablauf der nächsten Tagsatzung.
Die Tagsatzung wurde zur Parteienvernehmung des Klägers auf den 21.6.2024 erstreckt. Aufgrund von Behandlungsterminen des Klägers wurde die Verhandlung über seinen Antrag auf den 6.9.2024 verlegt (ON 73).
In der Tagsatzung vom 6.9.2024 wurde mit der Einvernahme des Klägers begonnen, doch wurde die Vernehmung auf dessen Bitte zuerst unterbrochen und schließlich abgebrochen. Das Erstgericht hielt im Protokoll ausdrücklich fest, dass dem Kläger eine letzte Chance zum Abschluss seiner Parteieneinvernahme gegeben und der Termin mit 11.10.2024 festgelegt wird (ON 80.5, S 7).
Dieser Termin wurde auf Ersuchen des Klägers wegen einer akuten Infektion auf den 18.10.2024 verlegt. Auch für diesen Termin brachte der Kläger eine Vertagungsbitte mit einer ärztliche Bestätigung ein. Er erschien zum Termin am 18.10.2024 nicht.
Der Kläger entschuldigte sein Fernbleiben insgesamt sechs Mal mit Erkrankungen und Behandlungen. Der Abbruch seiner Einvernahme erfolgte auch auf seine Bitte hin und unter Rücksichtnahme auf seinen Gesundheitszustand. Er war insgesamt fünf Mal zur Parteienvernehmung geladen (22.3.2024, 21.6.2024, 6.9.2024, 11.10.2024 und 18.10.2024), wobei bei der Auswahl der Termine auf ihn und seine Behandlungen Rücksicht genommen wurde.
1.4Zusammenfassend kann dem Standpunkt des Klägers nicht gefolgt werden, dass er an seinem Recht auszusagen gehindert worden sei. Die Voraussetzungen für die Befristung der Einvernahme lagen nach § 279 Abs 1 ZPO vor. Da es sich bei der im Beschluss über die Beweisbefristung zu setzenden Frist um eine richterliche Frist handelt, die verlängert werden kann, stellt die wiederholte Verlängerung der Frist durch das Erstgericht keine Überschreitung des Antrags der Beklagten dar (vgl Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka ZPO 5§ 279 ZPO Rz 4).
2.1 Der Kläger begehrt in seiner Beweisrüge anstelle der bekämpften Feststellung nachfolgende Ersatzfeststellung:
„ Die Beklagte hat dem Kläger das Urteil erst gemeinsam mit der bereits ergangenen Berufung übermittelt. “
Aus der Ersatzfeststellung ergebe sich die fehlerhafte Verfahrensführung durch die Beklagte.
2.2 Die begehrte Ersatzfeststellung steht nicht im Widerspruch zur getroffenen Feststellung, sodass die Beweisrüge nicht den Anforderungen des Gesetzes entspricht.
2.3 Im Übrigen hat das Erstgericht die bekämpfte Feststellung mit der Urkunde Beilage ./2 begründet (Urteil ON 90 S 11). Dabei handelt es sich um ein mit 4.4.2014 datiertes Schreiben der Beklagten an den Kläger, worin es heißt: „ In der Anlage übermittle ich das Protokoll mit der Bitte um Kenntnisnahme “.
Die Beklagte hat über Vorhalt der Beilage ./2 ausgeführt, dass sich daraus ergebe, dass sie das Protokoll direkt mit der Post an den Kläger geschickt habe (ON 67.3, S 6 letzter Absatz).
Der Kläger führt keine Grund ins Treffen, der gegen die Richtigkeit der Feststellung spricht. Er behauptet auch nicht, das Protokoll nicht bereits vor dem Urteil und der Berufung erhalten zu haben. Selbst wenn die Beklagte das Urteil und die Berufung gleichzeitig an den Kläger übermittelt haben sollte ergibt sich daraus keine fehlerhafte Verfahrensführung der Beklagten (→ 3.).
2.4 Das Berufungsgericht übernimmt auch die bekämpfte Feststellung als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt sie seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde.
3.1 In seiner Rechtsrüge behauptet der Kläger, dass es zentrale Aufgabe der Beklagten als Rechtsanwältin gewesen wäre, von sich aus den Kontakt zum Kläger zu suchen. Der Kläger habe keine Anhaltspunkte geliefert, dass sich die Beklagte auf Dr. C* als Vermittler verlassen darf. Das Verhalten des Dr. C* könne nicht dem Kläger zugerechnet werden.
3.2Zutreffend ist, dass der Rechtsanwalt aufgrund des Bevollmächtigungsvertrages zur sachgemäßen Vertretung und Belehrung seines (meist rechtsunkundigen) Klienten verpflichtet ist (RS0038695 [T3]; RS0038682). Als Rechtsvertreter hat er grundsätzlich die Aufgabe, den an ihn herangetragenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht zu prüfen und die nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks zu unternehmen (RS0026566 [T1]). Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts dürfen aber nicht überspannt werden (RS0026584 [T5]). Bei Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs sind der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalls maßgeblich (6 Ob 35/24a).
3.3 Hier steht zwar fest, dass ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kläger und der Beklagten im Verfahren vor dem BG Liesing nicht stattgefunden hat, aber auch, dass der Kläger Rechtsanwalt Dr. C*, der ihn und seine Gesellschaften in anderen Verfahren vertrat, kontaktierte, wenn er Informationen und Anweisungen an die Beklagte weitergegeben haben wollte, und die Beklagte dem Kläger über Dr. C* Beschlüsse des Gerichts übermittelte.
Mit seinem Berufungsvorbringen will der Kläger offenbar darauf hinaus, dass es einer - gegenüber der Beklagten offengelegten - Vollmacht des Dr. C* für derartiges Handeln im Verfahren vor dem BG Liesing bedurft hätte, ehe die Beklagte darauf vertrauen durfte, dass die Informationen von Dr. C* weitergegeben werden. Wer – wie hier Dr. C* - Erklärungen zu übermitteln hat, ist bloßer Bote (RS0019608). Einer eigenen Vollmacht bedarf es nicht. Die Beklagte, die die Vertretung erst nach der vorbereitenden Tagsatzung übernahm, durfte zu Recht davon ausgehen, dass der Kläger die Kommunikation über Dr. C* wünscht, weil ihn dieser in anderen Verfahren vertrat und die Verfahrenshilfe im Verfahren vor dem BG Liesing nur deshalb nicht übernommen hatte, weil sein Kanzleisitz außerhalb **s lag, er die Beklagte wegen der Verfahrenshilfe kontaktiert hatte und Dr. C* die Beklagte „ auftrags von Herrn A* “ ersuchte, bestimmte Prozesshandlungen - wie die Vertagungsbitte vom 20.3.2014 - vorzunehmen. In einer solchen Situation bestand keine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger aus Eigenem zu kontaktieren – jedenfalls nicht ehe die Beklagte Kenntnis davon erlangt, dass der Kläger (oder Dr. C*) diesen Weg der Kommunikation nicht mehr wünscht. Der Kläger behauptet außerdem auch gar nicht, die Informationen über die für 26.3.2014 anberaumte Einvernahmetagsatzung und den Beschluss vom 20.3.2014 nicht von Dr. C* erhalten zu haben.
3.4 Auch nach der Kündigung der Vollmacht durch Dr. C* am 25.3.2014 ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen keine haftungsbegründende Pflichtverletzung der Beklagten: Unabhängig davon, wann sie davon Kenntnis erlangte, hat sie in der bereits am darauffolgenden Tag angesetzten Tagsatzung das Fernbleiben des Klägers unter Vorlage einer ärztlichen Bestätigung entschuldigt und die Beweisanträge aufrecht erhalten. Inwiefern die Beklagte durch eine Kontaktaufnahme mit dem Kläger hätte verhindern können, dass das Beweisverfahren ohne seine Einvernahme dennoch geschlossen wurde, lässt der Kläger auch in der Berufung offen. Völlig unklar ist auch, welche Informationen und Unterlagen der Kläger der Beklagten zur Verfügung gestellt hätte, wenn sie ihn kontaktiert hätte. Der Kläger hat jedenfalls vor der Verhandlung vom 26.3.2014 keinen Kontakt mit der Beklagten aufgenommen, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, zumal er wusste, dass sie seine Verfahrenshelferin war. Er behauptet auch in der Berufung nicht, das Protokoll vom 26.3.2014 nicht erhalten zu haben, aus dem – vor Übermittlung von Urteil und Berufung durch die Beklagte – ganz klar ersichtlich war, dass das Verfahren geschlossen wurde und mit einem Urteil zu rechnen ist.
Dr. C* hat trotz Kündigung der Vollmacht der Beklagten am 7.5.2014 den Entwurf der Berufung übermittelt. Sie hat die Berufung rechtzeitig eingebracht. Trotz Erörterung (ON 59, Seite 2 ff) erstattete der Kläger kein konkretes Vorbringen, welchen Inhalt er in der von der Beklagten erstellten Berufung vermisst und welche Informationen darin hätten eingearbeitet werden können und müssen, wenn die Beklagte deshalb nachgefragt hätte.
4. Der unberechtigten Berufung ist der Erfolg zu versagen.
5.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf den §§ 50 und 41 Abs 1 ZPO.
6. Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das Ausmaß der Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts an den Umständen des Einzelfalls orientiert.