13R162/24z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Häckel als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Reden und Mag. Wieser in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , **, vertreten durch Clara Abpurg, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei C* , **, vertreten durch Themmer, Toth Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 35.000, - s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 3.10.2024, ** 16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.662,52 (darin EUR 610,42 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 9.10.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau D* B* ein Darlehn in Höhe von EUR 10.000,--, rückzahlbar in wöchentlichen Raten, spätestens bis zum 18.11.2009 zuzüglich EUR 1.500, - an Zinsen und 1,5% Verzugszinsen pro Monat. Am 11.11.2010 gewährte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau ein weiteres Darlehn in Höhe von EUR 10.000, zu den gleichen Bedingungen.
Zur Absicherung erhielt die Beklagte eine E* Damenarmbanduhr als Pfand, die im Eigentum des Klägers stand, wobei die Beklagte davon ausging, dass die Uhr dem Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam gehörte. Da der Beklagte und seine Ehefrau das Darlehen nicht wie vereinbart bis 24.12.2010 bezahlt hatten und auch einige Monate später noch mit rund EUR 13.000, - im Rückstand waren, schlug die Beklagte der Ehefrau des Klägers vor, die Uhr zu verkaufen, um den Schuldbetrag und damit auch die Zinszahlungen zu reduzieren. D* B* stimmte dem Verkauf grundsätzlich zu. Daraufhin erkundigte sich die Beklagte bei der Firma F* und erfuhr, dass man für die E* Damenuhr noch rund EUR 2.500,-- bekommen könnte. Sie bot die Uhr in der Folge privaten Personen zum Kauf an und verkaufte diese um EUR 4.000, -, wodurch sich der Restschuldbetrag von EUR 12.322 auf EUR 8.322, - verringerte. In den folgenden Jahren bis 2022 wurden von D* B* monatlich kleinere Beträge auf den aushaftenden Darlehensbetrag zurückbezahlt, sodass am 28.2.2022 noch ein Betrag von EUR 5.523, - aushaftete. Im Jahr 2015 übermittelte die Beklagte ihr eine Kopie der Darlehensauflistung, auf der der Verkauf der Uhr im Jahr 2011 vermerkt war. Am 15.3.2022 fand ein Treffen zwischen dem Kläger und der Beklagten statt, bei dem der Kläger der Beklagten EUR 4.500,-- übergab und sie hinsichtlich des noch aushaftenden Betrages eine Restschuldbefreiung vereinbarten.
Der Kläger begehrte von der Beklagten (zuletzt) die Zahlung von EUR 35.000, - sA mit dem Vorbringen, Alleineigentümer der Uhr (gewesen) zu sein und diese der Beklagten im November 2010 als Pfandsache zur Besicherung des Darlehens überreicht zu haben. Am 15.3.2022 habe der Kläger der Beklagten einen Barbetrag von EUR 4.500, - zum Zweck der Resttilgung der offenen Darlehen überreicht, sodass die Aushändigung der Pfandsache zu diesem Zeitpunkt fällig gewesen sei. Diese sei trotz Aufforderung bis dato nicht erfolgt. Die Verwertung der Uhr sei ohne Rücksprache mit dem Kläger erfolgt. Der Klagsbetrag orientiere sich am aktuellen Marktpreis der Uhr von EUR 37.100, -.
Die Beklagte wendete ein, die Pfandsache sei mit Zustimmung des Klägers verwertet worden. Zum Zeitpunkt der Verwertung der Uhr habe deren Wert lediglich EUR 2.500, - betragen. Allfällige Ansprüche aus deren Verwertung im Jahr 2011 seien verjährt.
Kompensando wendete die Beklagte eine Gegenforderung in Höhe von EUR 12.214,-- (Verwertungserlös Pfand samt Zinsen aus EUR 4.000,- vom 1.12.2011 bis 28.4.2023) ein. Selbst wenn sie das Pfand ohne Zustimmung des Klägers verwertet haben sollte, sei sie aufgrund der Fälligkeit und des Zahlungsverzuges gemäß § 466a ABGB dazu berechtigt gewesen.
Mit dem angefochtenen Urteilwies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es ging von den auf den Seiten 1 und 3 bis 4 der UA ersichtlichen Feststellungen aus, deren wesentlicher und im Berufungsverfahren unstrittiger Inhalt eingangs wiedergegeben wurde. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, werde eine mit einem Pfand gesicherte Forderung trotz Fälligkeit nicht bezahlt, könne der Pfandgläubiger die Sachhaftung in Anspruch nehmen und das Pfand verwerten lassen. Die Pfandverwertung könne grundsätzlich gerichtlich oder bei beweglichen körperlichen Sachen auch außergerichtlich erfolgen. Zur gerichtlichen Pfandverwertung müsse der Pfandgläubiger ein Urteil erwirken. Alternativ könne der Pfandgläubiger bewegliche körperliche Sachen, die ihm verpfändet worden seien, auch ohne gerichtliche Mithilfe durch einen dazu befugten Unternehmer versteigern lassen. Der Pfandgläubiger und der Pfandgeber könnten jedoch auch abweichende Arten der außergerichtlichen Pfandverwertung vereinbaren (§ 466a Abs 3 ABGB). Nach den Feststellungen habe bei Fälligkeit des Darlehens am 24.12.2010 noch fast der gesamte Betrag in Höhe von Rund EUR 13.000, - ausgehaftet, sodass die Beklagte damit das Recht gehabt habe, das Pfand zu verwerten. Durch die in Absprache mit dem Kläger erfolgte Zustimmung der Ehefrau des Klägers zum Verkauf um EUR 4.000, - sei wirksam die freihändige private Veräußerung durch die Beklagte vereinbart worden. Indem die Beklagte bei der Firma F* den aktuellen Wert der E* Damenuhr erfragt habe und der Verkaufspreis sogar deutlich darüber gelegen sei, seien die Interessen des Klägers und seiner Ehefrau ausreichend gewahrt worden. Der Verkauf der Uhr durch die Beklagte sei sohin rechtmäßig erfolgt, sodass kein Anspruch auf Schadenersatz bestehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Tatsachenrüge:
1.1. Bekämpft wird die Feststellung:
„Diesem Verkaufsangebot [um EUR 4.000, ] stimmte die Ehefrau des Klägers mit dessen Einverständnis zu.“
Begehrt wird die Ersatzfeststellung, dass die Ehefrau des Klägers diesem Verkaufsangebot ohne Einverständnis des Klägers zugestimmt habe.
Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen ist es erforderlich anzugeben, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung diese getroffen wurde, welche (ersatzweise) Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese zu treffen gewesen wäre (RS0041835; Pimmer in Fasching/Konecny 3§ 467 ZPO Rz 40; Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 471 ZPO Rz 15 mwN).
Im Rahmen einer Beweisrüge hat der Rechtsmittelwerber insbesondere aufzuzeigen, durch welche Überschreitung des dem Gericht gemäß § 272 Abs 1 ZPO eingeräumten Beurteilungsund Ermessensspielraums diese Verfahrensbestimmung verletzt worden sein soll. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen (RS0041830). Maßgeblich ist alleine, ob für die richterliche Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausreichende Gründe bestanden ( Klauser/Kodek 18§ 467 ZPO E 39/1). Die Beweiswürdigung kann daher nur dadurch erfolgreich angefochten werden, dass stichhaltige Gründe gegen deren Richtigkeit ins Treffen geführt werden ( Rechberger in Fasching/Konecny 3§ 272 ZPO Rz 4 ff). Dies gelingt dem Berufungswerber hier mit seiner Tatsachenrüge nicht.
Das Erstgericht hat die bekämpfte Feststellung, wonach der Verkauf der Uhr um EUR 4.000, - mit dem Einverständnis des Klägers erfolgte, auf den Seiten 5 bis 7 der UA ausführlich und nachvollziehbar begründet. Dabei stützte es sich auf die von ihm als glaubwürdig und schlüssig erachtete Aussage der Beklagten, die von der von ihr über 14 Jahre sorgsam und vollständig geführten Übersicht der Rückzahlungen (Beilage ./1) bestätigt werde. Dem gegenüber fänden sich in den von der Klagsseite vorgelegten Urkunden - im einzelnen dargelegte - Ungereimtheiten, die nicht hätten aufgeklärt werden können und erhebliche Zweifel an deren Aussagekraft aufkommen ließen. Den oft widersprüchlichen Angaben des Klägers habe nur sehr eingeschränkt gefolgt werden können; ebenso der Aussage seiner Ehefrau, die von dem Bemühen geprägt gewesen sei, dessen Prozessstandpunkt zu stützen. Die Angaben des Klägers und seiner Ehegattin, wonach die EUR 4.000, - nicht aus dem Uhrverkauf sondern aus dem Verkauf des Friseurgeschäfts stammten, seien widersprüchlich gewesen und habe sich der Kläger bei seiner Aussage in weitere Widersprüche verwickelt. Es erscheine lebensnah, dass der Kläger von seiner Frau in das Prozedere zum Verkauf der Uhr um EUR 4.000, eingebunden worden sei, sodass davon auszugehen sei, dass zwischen den Eheleuten diesbezüglich Einvernehmen geherrscht habe. Vor allem deute die (näher dargestellte) Manipulation der Beilage ./D hinsichtlich der Seite mit dem Vermerk „UHR“ darauf hin, dass der Kläger bei Gericht fälschlicher Weise den Eindruck erwecken habe wollen, dass die Beklagte die Uhr eigenmächtig verkauft habe und er und seine Frau davon keine Kenntnis gehabt hätten.
Dagegen bringt die Berufung lediglich die Aussage des Klägers ins Treffen, wonach er seiner Ehefrau gesagt habe, das die Uhr auf keinen Fall verkauft werden dürfe. Sie legt aber nicht dar, warum der Aussage des Klägers eher zu folgen gewesen wäre als jener der Beklagten. Die Berufung lässt auch jegliche Auseinandersetzung mit der ausführlichen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung des Erstgerichts vermissen. Sie erweist sich damit nicht als gesetzmäßig ausgeführt, sodass die bekämpfte Feststellung zum Einverständnis des Klägers mit dem Verkauf der Uhr um EUR 4.000, - vom Berufungsgericht als unbedenklich übernommen wird.
1.2. Mit der Berufung wird auch die Feststellung bekämpft, dass die Familie B* und die Beklagte im Zuge der Pfandbestellung nicht über die Eigentumsverhältnisse betreffend die E* Damenuhr gesprochen hätten. Stattdessen wird die gegenteilige Feststellung begehrt.
Da fest steht, dass der Kläger als Eigentümer der Uhr der außergerichtlichen Verwertung durch die Beklagte um EUR 4.000,- zustimmte, kommt der Feststellung, ob über die Eigentumsverhältnisse betreffend die Uhr zwischen den Streitteilen gesprochen wurde, keine Relevanz zu. Die Erledigung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht kann aber unterbleiben, wenn der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt und der davon abweichende, von der Beweisrüge angestrebte Sachverhalt zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen müsste (RS0042386). Auf diesen Punkt der Beweisrüge war daher nicht weiter einzugehen.
2. Rechtsrüge:
Die gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge verlangt ein konkretes Vorbringen, warum die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts unzutreffend sein soll. Dieses Vorbringen muss sich strikt am festgestellten Sachverhalt orientieren und darf keine feststellungsfremden Elemente, insbesondere keinen Wunschsachverhalt einführen. Eine Rechtsrüge, die nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist nicht gesetzeskonform ausgeführt und kann insoweit einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden ( Lovrek in Fasching/Konecny 3§ 503 ZPO Rz 134 mwN; Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 471 ZPO Rz 16; RS0043603).
Mit der Rechtsrüge macht der Berufungswerber geltend, dass die Verwertung der Pfandsache nicht rechtmäßig gewesen sei, weil die Ehefrau des Klägers nicht Eigentümerin der Pfandsache gewesen sei und der Verwertung daher alleine nicht habe zustimmen können. Damit geht er auf Tatsachenebene davon aus, dass wie unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung geltend gemachtzwischen dem Kläger und der Beklagten kein Einvernehmen über den Verkauf der Uhr nach § 466a Abs 3 ABGB vorlag.
Damit legt die Rechtsrüge aber nicht dar, warum, ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts unrichtig sein soll. Wird die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, dann liegt in Wahrheit keine Rechtsrüge vor, sodass die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts nicht überprüft werden kann (RS0043312).
Insgesamt bleibt der Berufung daher ein Erfolg versagt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.