JudikaturOLG Wien

12R87/24p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
29. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin Mag. Fisher als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Reden und den Richter Mag. Resetarits in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch MMag. Maximilian Höltl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B * , **, vertreten durch Hintermeier Brandstätter Engelbrecht Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen EUR 151.335,90 sA, Herausgabe (EUR 125.000,--) und Feststellung (EUR 1.000,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 27. September 2024, **-41, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.566,12 (darin EUR 761,02 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind die Töchter von C* D* (verstorben am **) und E* D* sen. (verstorben am **). F* D* jun. ist der Bruder der Streitteile. C* und E* D* sen. waren jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ** KG ** mit der Adresse ** (Liegenschaft **). Mit Testament vom 29.6.2005 setzte E* D* sen. seine Ehegattin C* D* zur Alleinerbin ein und für den Fall, dass sie früher versterben oder die Erbschaft nicht annehmen sollte, seine Kinder je zu einem Drittel. Mit Schenkungsverträgen auf den Todesfall verpflichteten sich C* D* am 28.6.2016 und E* D* sen. am 14.12.2016 für den Fall ihres Ablebens zur schenkungsweisen Übertragung ihrer Liegenschaftshälfteanteile an der Liegenschaft ** an die Klägerin. Darin wurde auch ein vertragliches Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie die Einwilligung sämtlicher Streitteile zur grundbücherlichen Einverleibung desselben festgehalten. Über Wunsch der Klägerin wurde das Belastungs- und Veräußerungsverbot tatsächlich aber nicht im Grundbuch eingetragen. Grund dafür war, dass die Geschwister der Klägerin von der Schenkung auf den Todesfall keine Kenntnis erlangen sollten. Am 31.10.2017 widerrief der Vater der Streitteile seine bisherigen Testamente und verfügte, dass er als Erben die Beklagte und seinen Sohn zu gleichen Teilen einsetzt. Am selbem Tag wurde unter einem ein Übergabsvertrag betreffend die Liegenschaft ** zwischen der Mutter und dem Vater sowie der Beklagten und dem Bruder der Streitteile geschlossen, wonach die Eltern ihren Hälfteanteil unter Lebenden an die Beklagte und den Sohn übergeben, sodass diese je zur Hälfte Eigentümer der besagten Liegenschaft werden. Sodann erfolgte die grundbücherliche Eintragung der Beklagten und ihres Bruders als jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft.

Mit Urteil vom 31.5.2021 stellte das Landesgericht Korneuburg zu ** die Nichtigkeit des Übergabsvertrages betreffend die dem Vater gehörige Liegenschaftshälfte an der Liegenschaft ** fest. Nach dem Tod des Vaters wurde die Klägerin daher auf Grundlage der Schenkung auf den Todesfall als Eigentümerin des Hälfteanteils des Vaters im Grundbuch einverleibt.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von EUR 151.335,90 sA und die Zustimmung zur Einverleibung ihres Eigentumsrechts am Viertelanteil an der Liegenschaft ** (in eventu, die Zahlung von EUR 276.335,90 sA) sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden aus dem Eingriff in ihr Forderungsrecht. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt der Schenkung an sie und ihrem Bruder gewusst, dass ihre Eltern die Liegenschaftsanteile bereits zuvor mittels Schenkungsverträgen auf den Todesfall an die Klägerin verschenkt hätten. Sie sei über die Schenkungen auf den Todesfall erbost gewesen und habe ihre Eltern zum Abschluss des Übergabsvertrages gedrängt. Dabei sei es ihr darauf angekommen, die Erfüllung der Schenkungen auf den Todesfall zu vereiteln. Damit habe sie wissentlich in das ihr bekannte Forderungsrecht der Klägerin aus den Schenkungsverträgen auf den Todesfall eingegriffen, sodass sie der Klägerin schadenersatzpflichtig sei. Beim Bruder der Streitteile handle es sich um Nutznießer der Machenschaften der Beklagten. Aufgrund dieses wissentlichen Eingriffs in das Forderungsrecht der Klägerin sei diese nicht Eigentümerin des Hälfteanteils ihrer Mutter geworden, weshalb ihr ein Schaden in Höhe des Verkehrswertes dieser Liegenschaftshälfte entstanden sei. Der Klägerin stehe daher ein Anspruch auf Schadenersatz in Form der Naturalrestitution, also die Herausgabe ihres Liegenschaftsanteils zu. Betreffend den Liegenschaftsanteil des Bruders stehe der Klägerin ein Wertersatz zu, da sie aufgrund des wissentlichen Eingriffs in ihr Forderungsrecht in diesem Umfang nicht Eigentümerin geworden sei. Für den Fall, dass der Liegenschaftsanteil der Beklagten zum Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht mehr in deren Eigentum stehen sollte, werde ein Eventualbegehren auf Wertersatz auch in diesem Umfang gestellt. Der Wert der gegenständlichen Liegenschaftshälfte betrage mindestens EUR 250.000,--. Da die Klägerin aufgrund des Eingriffs der Beklagten gezwungen gewesen sei, mehrere Verfahren anzustreben, um die Nichtigkeit des Übergabsvertrags betreffend ihren Vater aufgrund dessen mangelnder Geschäftsfähigkeit feststellen zu lassen, seien ihr Verfahrenskosten in Höhe von EUR 26.335,90 entstanden, die ihr die Beklagte aufgrund des wissentlichen Eingriffs in ihr Forderungsrecht zu ersetzen habe. Da die Beklagte nunmehr auch eine Teilungsklage betreffend die Liegenschaft ** eingebracht habe, drohe der Klägerin im Fall der Versteigerung unter dem Verkehrswert ein Schaden, weshalb die Feststellung der Haftung für einen allfälligen Schaden aus der Versteigerung der Liegenschaft begehrt werde.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete ein, zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Übergabsvertrages keine Kenntnis betreffend die Schenkungsverträge auf den Todesfall gehabt zu haben und daher nicht wissentlich in die Forderungsrechte der Klägerin habe eingreifen können. Im Vorfeld des Abschlusses des Übergabsvertrages habe sie aufgrund der Äußerungen ihres Vaters lediglich vermutet, dass die Klägerin den Vater zur Errichtung eines neuen, diese begünstigenden Testaments gezwungen hätte. Sie habe sich im Vorfeld des Übergabsvertrages von ihrem Rechtsvertreter beraten lassen, der ihr nach Einsicht in das Grundbuch erklärt habe, dass darin keine Hinweise auf eine Verfügung über die drei Liegenschaften der Eltern ersichtlich seien. Er habe auch erklärt, dass offensichtlich keine Schenkung auf den Todesfall erfolgt sei, da ansonsten ein Veräußerungs- und Belastungsverbot in das Grundbruch eingetragen worden wäre. Sie habe erst nach Bestellung einer Erwachsenenvertreterin für ihren Vater im Dezember 2016 Kenntnis von der Schenkung auf den Todesfall betreffend ihren Vater erfahren und erst danach in einem Gespräch, dass auch ihre Mutter eine derartige Schenkung auf den Todesfall zu Gunsten der Klägerin vorgenommen habe. Die Klägerin treffe ein Mitverschulden, da diese den Schenkungsvertrag bewusst geheim abgewickelt habe und die Nichteintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes grob fahrlässig gewesen sei. Ihren Pflichtteilsanspruch sowie jenen ihres Bruders, der diesen an sie abgetreten habe, wendete sie kompensando gegen die Klagsforderung ein.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Hauptklagebegehren sowie das Eventualbegehren ab. Es ging von dem auf den Seiten 2 bis 3 und 6 bis 8 der UA ersichtlichen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, dass die Beklagte und F* D* jun. mit Einverleibung im Grundbuch am Hälfteanteil der C* D* Eigentum erworben hätten, wodurch der zukünftige Erfüllungsanspruch der Klägerin aus dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 28.6.2016 vereitelt worden sei. Der darauf gestützte Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bestünde mangels besitzverstärkten Forderungsrechts jedoch nur dann zu Recht, wenn die Beklagte vom Forderungsrecht der Klägerin, sohin vom Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 28.6.2016, gewusst und ihre Mutter zur Nichteinhaltung dieses Vertrages verleitet oder in arglistiger Weise im Zusammenspiel mit ihr gehandelt hätte. Nach den Feststellungen habe die Beklagte aber nicht gewusst, dass C* D* bereits mittels Schenkungsvertrags auf den Todesfall über ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft ** verfügt habe. Die Vermutung, dass diese testamentarisch zu Gunsten der Klägerin über die Liegenschaft verfügt haben könnte, sei nicht tatbestandsmäßig, da die Beklagte diesfalls nicht in ein Forderungsrecht der Klägerin eingegriffen hätte, handle es sich doch bei Testamenten um einseitige, frei widerrufliche letztwillige Verfügungen und nicht um (bindende) vertragliche Vereinbarungen. Auch von einem Kennen müssen wäre nach den Feststellungen nicht auszugehen, zumal die Eintragung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots gerade im Hinblick darauf unterblieben sei, dass die Beklagte von der Schenkung auf den Todesfall keine Kenntnis erlange. Mangels Wissentlichkeit des Eingriffs in das Forderungsrecht der Klägerin aus dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall liege daher keine Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte vor, sodass das Klagebegehren abzuweisen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Verfahrensrüge:

Als Verfahrensmangel macht die Berufungswerberin eine Verletzung der Begründungspflicht durch das Erstgericht geltend. Das angefochtene Urteil weise Begründungsmängel bei der Beweiswürdigung auf, da sich das Erstgericht nicht mit allen Beweisergebnissen auseinandergesetzt und Widersprüche zwischen Beweisergebnissen übergangen habe, sodass wesentliche Teile des Prozessstoffs außer Acht gelassen worden seien. Hätte sich das Erstgericht damit auseinandergesetzt, hätte es richtigerweise festgestellt, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Errichtung des Übergabsvertrages am 31.10.2017 Kenntnis von den bereits erfolgten Verfügungen über die Liegenschaft ** zu Gunsten der Klägerin gehabt und damit wissentlich in das Forderungsrecht der Klägerin eingegriffen habe.

Gemäß § 272 Abs 1 ZPO hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine tatsächliche Angabe für wahr zu halten ist oder nicht. Die Umstände und Erwägungen, welche für die Überzeugung des Gerichts maßgebend waren, sind in der Begründung der Entscheidung anzugeben (§ 272 Abs 3 ZPO). Das Urteil muss damit klar und zweifelsfrei die erforderlichen Tatsachenfeststellungen und die Begründung dafür enthalten, warum die festgestellten Tatsachen als erwiesen und andere behauptete Tatsachen als nicht erwiesen angenommen wurden. Da freie Beweiswürdigung nicht Willkür bedeutet, muss das Rechtsprechungsorgan offen legen, aufgrund welcher Erfahrungssätze es zur Auffassung gelangt ist, die festgestellten Tatsachen seien für wahr zu halten. Dabei genügt es, wenn das Gericht in knapper, aber überprüfbarer und logisch einwandfreier Form dargelegt hat, warum es aufgrund bestimmter Beweis- oder Verhandlungsergebnisse bestimmte Tatsachen festgestellt hat und sowohl die Parteien als auch das Berufungsgericht die Schlüssigkeit dieser Werturteile überprüfen können (RS0040122).

Der Mangel einer Begründung stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5 § 272 ZPO Rz 3; Rechberger in Fasching/Konecny 3 § 272 ZPO Rz 7f). Ein solcher liegt vor, wenn dem angefochtenen Urteil nicht die Erwägungen zu entnehmen sind, die zu den getroffenen Feststellungen geführt haben. Es liegt aber keine Mangelhaftigkeit darin, wenn bei der gemäß § 272 Abs 3 ZPO vorzunehmenden Begründung der Entscheidung von Beweiswürdigungsfragen „nach freier Überzeugung“ ein Umstand nicht erwähnt wurde, der noch erwähnt hätte werden können oder eine Erwägung nicht angestellt wurde, die noch angestellt hätte werden können, oder dass die Begründung sich mit der einer Partei günstigen Zeugenaussage nicht auseinandersetzt oder auf bestimmte Zeugenaussagen nicht Bezug nimmt (RS0040180).

Die Feststellung zur Unkenntnis der Klägerin von den Schenkungsverträgen im Zeitpunkt der Errichtung des Übergabsvertrages begründete das Erstgericht mit dem Inhalt der Gesprächsprotokolle und der Aussage der Beklagten. Diese habe nachvollziehbar geschildert, wie sie zunächst versucht habe, Informationen zum Vater zu erlangen, jedoch von diesem nur erfahren habe, dass das Grundstück „überschrieben“ sei. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt nicht auch eine Schenkung des Grundstücks für möglich gehalten habe; doch bestehe insgesamt kein Zweifel, dass sie nicht konkret gewusst habe, wie über die Liegenschaft verfügt worden sei, da sie sich ansonsten nicht in der vom Rechtsvertreter Dr. G* geschilderten Weise von ihm beraten hätten lassen müssen. Damit im Einklang stehe auch die Aussage des Bruders der Streitteile, der glaubhaft und lebensnah geschildert habe, dass der Beklagten „klar“ gewesen sei, das etwas passiert sei, jedoch beide nichts Konkretes gewusst hätten. Aus den Tonbandprotokollen erschließe sich, dass die Beklagte auch C* D* mit ihren Vermutungen konfrontiert und versucht habe, weitere Informationen zu gewinnen, sowie dass diese ihr gegenüber zugegeben habe, selbst auch „etwas“ mit Bezug zur Liegenschaft ** unterschrieben zu haben. Dass die Beklagte aufgrund der Auskunft des Rechtsanwalts Dr. G*, dass eine etwaige Schenkung bzw. Schenkung auf den Todesfall aus dem Grundbuch ersichtlich wäre und mangels entsprechender Eintragung im Grundbuch davon auszugehen sei, dass keine derartigen Verfügungen getroffen worden seien, davon ausgegangen sei, dass zwar vielleicht eine testamentarische Verfügung errichtet worden sei, sie jedoch nicht einmal mehr vermutet habe, dass eine Schenkung auf den Todesfall stattgefunden haben könnte, sei glaubhaft. Eine positive Kenntnis von den Schenkungen auf den Todesfall ergebe sich aus den Tonbandprotokollen nicht. Auch die Vermutung, dass es sich bei den Verfügungen der Eltern um eine Schenkung oder Schenkung auf den Todesfall handeln könnte, habe zum Zeitpunkt der Errichtung und Unterzeichnung des Übergabevertrages nicht bestanden, da die Beklagte zuvor die eindeutige Auskunft ihres Rechtsanwalts erhalten habe, dass derartige Verträge im Grundbuch aufscheinen würden. Es erscheine daher glaubhaft, dass die Beklagte davon erst durch die Sachwalterin des Vaters am 5.12.2017 erfahren habe, was nicht zuletzt auch die Sachwalterin in ihrer Zeugeneinvernahme bekräftigt habe, die lebensnah geschildert habe, dass die Beklagte über die Information überrascht gewesen sei (Seiten 12 ff der UA).

Damit hat das Erstgericht hier klar und zweifelsfrei ausgeführt, worauf es die Feststellung zur Unkenntnis der Klägerin von den Schenkungsverträgen stützt. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.

2. Tatsachenrüge:

2.1. Bekämpft wird die Feststellung, dass weder die Beklagte noch F* D* jun. im Zeitpunkt der Errichtung sowie der Unterzeichnung des Vertrages vom 31.10.2017 Kenntnis von den Schenkungsverträgen auf den Todesfall zu Gunsten der Klägerin hatten.

Begehrt wird die Ersatzfeststellung, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Übergabsvertrages vom 31.10.2017 Kenntnis von der bereits erfolgten dinglichen Verfügung zu Gunsten der Klägerin gehabt hat. Zumindest hätte das Erstgericht feststellen müssen, dass das Forderungsrecht der Klägerin für die Beklagte deutlich erkennbar gewesen sei.

Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung entscheidet, welcher davon Glaubwürdigkeit zukommt (RS0043175; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klick a 5 § 272 ZPO Rz 1). Dabei ist das Erstgericht als Tatsacheninstanz an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden, sondern hat nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob jene hohe Wahrscheinlichkeit erreicht wird, die es rechtfertigt, eine fragliche Tatsache für wahr zu halten und festzustellen. Gerade in Fällen, in denen das Erstgericht keine sicheren objektiven Beweisergebnisse zur Verfügung hat, sondern Aussagen von Parteien und Zeugen zu würdigen hat, kommt dem persönlichen Eindruck, den das Erstgericht von den vernommenen Personen gewinnt, besondere Bedeutung zu. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozesstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen (RS0041830). Maßgeblich ist alleine, ob für die richterliche Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausreichende Gründe bestanden ( Klauser/Kodek 18 § 467 ZPO E39/1). Die Beweiswürdigung kann daher nur dadurch erfolgreich angefochten werden, dass stichhaltige Gründe gegen deren Richtigkeit ins Treffen geführt werden ( Rechberger in Fasching/Konecny 3 § 272 ZPO Rz 4ff). Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung (nur) darauf zu überprüfen, ob das Erstgericht die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten und die Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat ( Kodek in Rechberger/Klick a 5 § 482 ZPO Rz 6). Im Rahmen der Beweisrüge hat der Rechtsmittelwerber daher insbesondere aufzuzeigen, durch welche Überschreitung des dem Gericht gemäß § 272 Abs 1 ZPO eingeräumten Beurteilungs- und Ermessensspielraums die genannte Verfahrensbestimmung verletzt worden sein soll ( Kodek , aaO § 471 ZPO Rz 15). Dies gelingt der Berufungswerberin hier aber nicht.

Die Berufung macht geltend, dass die vorgelegten Tonbandprotokolle (Beilage ./A) eindeutige Aussagen enthielten, wonach die Liegenschaft ** bereits an die Klägerin übertragen worden sei. Dem kann sich das Berufungsgericht – der Einschätzung des Erstgerichts folgend – nicht anschließen. Die Aussagen in den Protokollen Beilage ./A sind zu verwirrend und in sich widersprüchlich, um daraus verlässliche Rückschlüsse auf die Art einer über die gegenständliche Liegenschaft erfolgten Verfügung (testamentarisch oder vertraglich) ziehen zu können. Zum Aussagegehalt der protokollierten Gespräche steht im Übrigen (unbekämpft) fest, dass die Beklagte daraus keine konkreten Informationen betreffend mögliche testamentarische oder vertragliche Verfügungen erlangen konnte, sodass diese in Sorge darüber, ihre Eltern könnten bereits (testamentarisch oder vertraglich) über die Liegenschaft ** zu Gunsten der Klägerin verfügt haben, den Rechtsanwalt Dr. G* kontaktierte (Seite 7 der UA). Wenn die Berufung meint, es wäre lebensfremd, dass die Beklagte nach dem Gespräch mit ihrem Anwalt nicht mehr davon ausgegangen sei, dass die Liegenschaft ** bereits an die Klägerin übertragen worden sei, sondern vermutet habe, dass letztwillig über die Liegenschaft verfügt worden sei, so übersieht sie, dass dies unbekämpft fest steht; ebenso, dass der Anwalt der Beklagten nach Einholung von Grundbuchsauszügen betreffend die Liegenschaft ihrer Eltern die Auskunft gab, dass weder ein Schenkungsvertrag noch eine Schenkung auf den Todesfall erfolgt sein konnte, da diesfalls eine Eintragung im Grundbuch, beispielsweise die Einverleibung eines Belastungs- oder Veräußerungsverbotes, bestanden hätte (Seiten 7 f der UA). Fest steht weiters, dass die Beklagte erst am 6.12.2017 von der Sachwalterin des E* D* sen. von den Schenkungsverträgen auf den Todesfall erfuhr (Seite 8 der UA).

Diese - unbekämpft gebliebenen - Feststellungen lassen sich aber mit der begehrten Ersatzfeststellung zur Kenntnis der Beklagten von der erfolgten dinglichen Verfügung zu Gunsten der Klägerin im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Übergabsvertrages am 31.12.2017 nicht in Einklang bringen. Die bekämpfte Feststellung ist daher unbedenklich.

Zur bloßen Erkennbarkeit des Forderungsrechts der Klägerin wird mit der bekämpften Feststellung keine Aussage getroffen. Soweit die Berufungsausführungen auf eine dazu zu treffende „Ersatzfeststellung“ abzielen, sind sie als Tatsachenrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.

2.2. Bekämpft wird weiters die Feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte ihre Eltern im Vorfeld der Vertragsabschlüsse am 31.10.2017 unter Druck setzte, um diese zur Leistung der Unterschrift zu bewegen und sich auf diese Weise die Liegenschaft anzueignen. Begehrt wird die gegenteilige Ersatzfeststellung.

Ausgehend davon, dass die Beklagte von der Schenkung auf den Todesfall zu Gunsten der Klägerin keine Kenntnis hatte, kommt der Frage, ob sie ihre Eltern unter Druck setzte, um sie zur Unterfertigung der Übergabsverträge vom 31.10.2017 zu bewegen, keine Relevanz zu. Eine meritorische Erledigung der Beweisrüge kann aber unterbleiben, wenn Feststellungen angefochten werden, die für die rechtliche Beurteilung der Sache ohne Bedeutung sind (RS0042386; RS0043190). Auf diesen Punkt der Tatsachenfestrüge ist daher nicht weiter einzugehen.

3. Rechtsrüge:

Mit der Rechtsrüge macht die Berufung das Fehlen von Feststellungen zur Erkennbarkeit des Forderungsrechts der Klägerin für die Beklagte vor Abschluss des Übergabsvertrages am 31.10.2017 geltend. Das Erstgericht gehe in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass der Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte mangels besitzverstärkten Forderungsrechts nur dann zu Recht bestehe, wenn die Beklagte vom Forderungsrecht gewusst und ihre Mutter zur Nichteinhaltung des Vertrages verleitet oder in arglistiger Weise im Zusammenspiel mit ihr gehandelt habe. Dabei übersehe das Erstgericht die geltende Rechtsprechung, wonach neben der wissentlichen Beeinträchtigung eines bekannten Forderungsrechts auch (vorwerfbare) Unkenntnis des Bestehens eines Forderungsrechts einen Schadenersatzanspruch auslösen könne, wenn das fremde Forderungsrecht aufgrund besonderer Umstände für den Verletzer deutlich erkennbar gewesen sei. Das Vorliegen eines besitzverstärkten Forderungsrechts sei daher entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts für eine Haftung der Beklagten nicht erforderlich. Eine solche Haftung könne sich bereits daraus ergeben, dass das Forderungsrecht der Klägerin aus anderen Umständen erkennbar gewesen sei, was hier der Fall wäre.

Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung neben der wissentlichen Beeinträchtigung eines bekannten Forderungsrechts auch (vorwerfbare) Unkenntnis des Bestehens eines fremden Forderungsrechts einen Schadenersatzanspruch auslösen kann, wenn das fremde Forderungsrecht aufgrund besonderer Umstände für den Verletzer deutlich „sozial-typisch“ erkennbar war (RS0022852 [T12]; RS0011226 [T4]). An die „sozial-typische“ Erkennbarkeit sind aber strenge Anforderungen zu stellen (RS0022852 [T12]; 9 Ob 7/12i; 2 Ob 137/16k). Nachforschungspflichten lassen sich nur bei Vorliegen besonderer Umstände (wie zB. beim „besitzverstärkten“ Forderungsrecht) rechtfertigen (1 Ob 125/05x; 7 Ob 191/11f; 4 Ob 192/15m).

Ob zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Übergabsvertrages am 31.10.2017 fahrlässige Unkenntnis der Beklagten vom Forderungsrecht der Klägerin vorlag, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung und entzieht sich einer von der Berufungswerberin dazu gewünschten Tatsachenfeststellung. Ein besitzverstärktes Forderungsrecht, das entsprechende Nachforschungspflichten der Beklagten ausgelöst hätte, lag im vorliegenden Fall nicht vor, weil die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum zwischen Abschluss des Schenkungsvertrages auf den Todesfall am 28.6.2016 und Abschluss des Übergabevertrages am 31.10.2017 nicht in dem Haus auf der Liegenschaft ** gewohnt hat (Seite 8 der UA). Vergleichbare Umstände, die geeignet wären, eine Vorwerfbarkeit der Unkenntnis der Beklagten vom Forderungsrecht der Klägerin zu begründen, ergeben sich weder aus dem in erster Instanz erstatteten Vorbringen der Klägerin, das ausschließlich auf einen wissentlichen Eingriff in ihr Forderungsrecht abzielte, noch aus den erstgerichtlichen Feststellungen. Die rechtliche Schlussfolgerung des Erstgerichts, dass auch nicht von einem Kennen müssen des Forderungsrechts der Klägerin im Zeitpunkt der Unterfertigung des Übergabsvertrages am 31.10.2017 auszugehen ist, ist daher nicht zu beanstanden.

Der unberechtigten Berufung war damit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht §§ 41, 50 ZPO.

Die ordentliche Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.