23Bs74/25p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. November 2024, GZ **-149.3, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Aichinger, im Beisein der Richterin Mag. Staribacher und des Richters Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Strnad, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Alexander Philipp durchgeführten Berufungsverhandlung am 17. April 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Text
Mit dem angefochtenen auch ein Einziehungserkenntnis enthaltenden Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – A* jeweils eines Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 SMG (I/) und nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II/B/) sowie des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II/A/) und eines Vergehens der Entziehung von Energie nach § 132 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (III/) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gemäß § 20 „Abs 1“ und 3 StGB wurde hinsichtlich A* ein Betrag in Höhe von 44.439,27 Euro für verfallen erklärt.
Danach hat er
I/ (US 7: vorschriftswidrig) zwischen Oktober 2023 und dem 4. Juni 2024 in B* im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) mit dem zugleich rechtskräftig verurteilten C* (nach der zu II/A/ beschriebenen Ernte [US 7]) Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung von Suchtgift in einer das 15-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz angebaut, dass dieses in Verkehr gesetzt werde, indem die beiden eine Cannabisindoorplantage betrieben und dort 900 Cannabispflanzen zur Gewinnung von Cannabiskraut (mit einem Wirkstoffgehalt von 0,75 % Delta-9-THC und 9,71 % THCA) ansetzten und bis zur Blüte am 4. Juni 2024 aufzogen;
II/ vorschriftswidrig Suchtgift,
A/ in einer das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, und zwar zwischen Oktober 2023 und dem 4. Juni 2024 im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) mit C* ca. 16 kg Cannabiskraut (Reinsubstanz: 92,3 Gramm Delta-9-THC und 1.205 Gramm THCA), indem sie dieses in der zu I/ genannten Plantage angebaute Cannabiskraut abernteten;
B/ von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2024 bis zum 4. Juni 2024 in ** in einer das 15-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar 1.169,2 Gramm Kokain (Reinsubstanz: 144,1 Gramm Cocain) und 793 Gramm Cannabisharz (Reinsubstanz: „39,8 Gramm Delta-9-THC und 522 Gramm THCA“) sowie (US 6, 10 und 13 f:) ca. 16 kg Cannabiskraut (Reinsubstanz: 92,3 Gramm Delta-9-THC und 1.205 Gramm THCA);
III/ vom 1. Dezember 2023 bis zum 3. Juni 2024 in B* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dadurch, dass er eine Stromleitung (ohne Zählervorrichtung) anzapfte, elektrische Energie aus einer Anlage, die deren Zuführung dient, im 5.000 Euro übersteigenden Wert von 44.439,27 Euro entzogen.
Bei der Strafzumessung wurden erschwerend das Zusammentreffen von drei Verbrechen mit einem Vergehen und das Handeln aus reiner Gewinnsucht, mildernd hingegen die Sicherstellung des Suchtgifts, das teilweise Geständnis und der bisher ordentliche Lebenswandel gewertet. Da die Sicherstellung des Suchtgifts und der Cannabispflanzen kein Verdienst der beiden Angeklagten war, wurde ihr vom Erstgericht nur geringe strafmildernde Wirkung zugebilligt.
Nach Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 25. Februar 2025, GZ **-5, war vorliegend über die eine schuld- und tatangemessene Herabsetzung der Freiheitsstrafe und eine Aufhebung des Verfallsausspruchs anstrebende Berufung des Angeklagten (ON 159) zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Zur Strafe :
Ein reumütiges Geständnis liegt vor, wenn der Angeklagte in Bezug auf die objektive und die subjektive Tatseite reuige Schuldeinsicht zeigt ( Riffelin WK² StGB § 34 Rz 38). Ein allfälliger Beitrag zur Wahrheitsfindung ist dann wesentlich im Sinn des § 34 Abs 1 Z 17 StGB, wenn dadurch die Beweisführung maßgebend erleichtert wird (RIS-Justiz RS0090940; RS0091510 [T1 und T2]; RS0091512 [T3]; Riffel aaO § 34 Rz 38). Davon ausgehend und unter Berücksichtigung, dass sich der Angeklagte eingangs der Hauptverhandlung zwar schuldig bekannte, sich letztlich zu den Schuldsprüchen I/ und II/A/ jedoch bloß mit einer unterlassenen Verhinderung des Anbaus und der Gewinnung verantwortete und zum Schuldspruch II/B/ erklärte, das Suchtgift bloß für einen namentlich nicht Genannten aufzubewahren, auch sonst keinen Beitrag zur Wahrheitsfindung leistete, kommt ihm dieser Milderungsgrund auch mit Blick auf die eindeutig belastenden Ermittlungsergebnisse tatsächlich nicht zu.
Da die Art der Droge (sogenannte harte oder weiche Drogen) bzw. das von einzelnen Suchtgiften ausgehende unterschiedliche Gefährdungspotenzial bereits durch § 1 der Suchtgift-Grenzmengenverordnung iVm § 28b SMG berücksichtigt wird, kommt dem vom Berufungswerber reklamierten Umstand, dass „sich ein Großteil der Fakten auf Cannabis bezieht“, keine zusätzlich mildernde Wirkung zu (vgl. RIS-Justiz RS0102874 [T1]). Dem Umstand, dass (gemeint wohl als Selbstschädigung der Anbau für den Eigenkonsum und der Konsum von) Cannabis „bereits in mehreren Staaten legalisiert worden“ ist, kommt im gegenständlichen Fall keine Relevanz zu.
Im Rahmen der allgemeinen Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) fiel jedoch zusätzlich erschwerend ins Gewicht, dass zum Schuldspruch II/B/ - auch unter Berücksichtigung der zutreffenden Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde zum Reinheitsgehalt des sichergestellten Cannabisharz bzw. des Untersuchungsberichts ON 114 S 7 (Probe 4.1: 4 g „THC gesamt“ und ca. 58 g „THCA gesamt“ sowie Proben 4.2 und 4.3: insgesamt 5,23 g Delta-9-THC und 68,68 g THCA) - die strafsatzbestimmende Qualifikationsgrenze des § 28 Abs 2 SMG jedenfalls um das 3-Fache überschritten wurde ( Riffel aaO § 32 Rz 77).
Ausgehend von den erstrichterlichen – mit dem Akteninhalt in Einklang stehenden (vgl. ON 14.11; ON 20.5 S 20; ON 32; ON 124; ON 149.2.1 S 7 ff) - Konstatierungen ist der Angeklagte nicht an den Konsum von Suchtgiften gewöhnt (US 8) und tätigte/n die beiden Angeklagten die Tathandlungen zu den Schuldsprüchen I/ und II/A/ zumindest überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts (US 7) bzw. A* jene zum Schuldspruch II/B/ ausschließlich zur Finanzierung seines Lebensunterhalts (US 8). Blieb der Eigenkonsum seitens des Berufungswerbers gänzlich unerwähnt, bleibt als Motiv – zumal seine Verantwortung, das sichergestellte Suchtgift für einen namentlich nicht bezeichneten Anderen bloß aufbewahrt zu haben, vom Erstgericht durchaus nachvollziehbar nicht gefolgt wurde (US 12 f), und auch die Berufung kein anders Motiv nennt - jedoch tatsächlich nur die Tatbegehung aus reiner Gewinnsucht (RIS-Justiz RS0106649).
Angesichts der solcherart ausschließlich zum Nachteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungslage und unter Berücksichtigung allgemeiner Strafzumessungserwägungen im Sinne des § 32 Abs 2 und 3 StGB, insbesondere der in Rede stehenden Mengen unterschiedlicher Suchtgifte im Rahmen unterschiedlichster Tathandlungen über einen Zeitraum von immerhin acht Monaten, erweist sich – bei einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren – die mit gerade einmal knapp 23 % des möglichen Strafausmaßes ermittelte Sanktion keinesfalls als „drakonisch“, sondern vielmehr schuld- und tatangemessen und damit – auch um spezial- und generalpräventiven Erfordernissen gerecht zu werden (US 18 f; vgl RIS-Justiz RS0090592 [T1]; zum Ganzen Riffel in WK 2StGB § 32 Rz 23 ff) – einer Reduzierung nicht zugänglich.
Zum Verfall :
Nach den erstrichterlichen Feststellungen entzog der Angeklagte im Zeitraum von 1. Dezember 2023 bis 3. Juni 2024 über eine ungezählte Stromleitung widerrechtlich 193.362 kWh Strom im Wert von 44.439,27 Euro (US 7).
Da der Berufungswerber zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat weder befriedigt noch für sie Sicherheit geleistet hat (§ 20a Abs 2 Z 2 StGB) und die Voraussetzungen für ein Absehen vom Verfall wegen unverhältnismäßig hohem Verfahrensaufwand nach § 20a Abs 3 StGB (RIS-Justiz RS0131561) nicht vorliegen, erfolgte der Ausspruch des betragsmäßig mit dem aus der Tat erlangten Vermögenswert korrespondierenden Wertersatzverfalls nach § 20 Abs 3 StGB zu Recht, sodass die Strafberufung auch in diesem Umfang keinen Erfolg hatte.