JudikaturOLG Wien

13R152/24d – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
17. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungs- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Häckel als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Reden und Mag. Wieser in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch MMag. (FH) Alexander Edelhauser, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei B* AG , **, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C* GmbH , **, vertreten durch Bischof Zorn + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und der Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Partei 1. D* GmbH Co KG , **, vertreten durch Dr. Martin Drahos, Rechtsanwalt in Wien, 2. E* GmbH , **, vertreten durch Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Wien, 3. F* GesmbH , **, vertreten durch Mag. Georg Kampas, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 28.584,-- sA, über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 17.160,--) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. August 2024, **-48, und den Kostenrekurs (Rekursinteresse: EUR 2.276,95) der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei gegen die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

1. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei sowie der Nebentintervenientin auf Seiten der klagenden Partei die jeweils mit EUR 1.958,22 (darin EUR 326,37 USt) bestimmten Kosten ihrer Berufungsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist nicht zulässig.

2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 336,81 (darin EUR 56,13 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft G*, Katastralgemeinde **, EZ **. Die Beklagte war bis zum 7.3.2018 Alleineigentümerin der Nachbarliegenschaft **.

Im Jahr 2016 ließ sie auf dem darauf errichteten Gründerzeithaus einen zweigeschoßigen Dachausbau durchführen. Da das neue Dachgeschoss des Gebäudes der Beklagten das Dachgeschoss des Gebäudes der Klägerin überragte, mussten infolge eines Auftrags der Baubehörde sechs Kaminzüge am Haus der Klägerin verlängert werden. § 126 Abs 4 vierter Satz der Wiener Bauordnung sieht für solche Fälle vor, dass der Eigentümer des niedrigeren Gebäudes für den Hochzug seiner Abgasanlage Sorge zu tragen hat, der Eigentümer des höheren Gebäudes aber dem Eigentümer des tieferen Gebäudes zum Ersatz der dafür notwendigen Kosten verpflichtet ist. Aus Sicht der Beklagten, die bereits Professionisten mit der Aufstockung des eigenen Gebäudes beauftragt hatte und auch selbst einen Kaminhochzug herstellen musste, war es günstiger, die notwendigen Arbeiten an den Kaminen des Hauses der Klägerin durch unmittelbar von ihr beauftragte Professionisten durchführen zu lassen. Die beklagte Partei kam daher mit der Hausverwaltung der Klägerin als deren Vertreterin überein, dass nicht die Klägerin sondern die Beklagte die Verlängerung der Kaminzüge auf der Liegenschaft der Klägerin in Auftrag geben werde. Wer von Seiten der beklagten Partei die Gespräche mit der Hausverwaltung der Klägerin führte, kann nicht festgestellt werden. Fest steht aber, dass jene Person von der beklagten Partei dazu bevollmächtigt war, und dass die von ihr getroffene Vereinbarung von der beklagten Partei genehmigt und umgesetzt wurde . Die Beklagte beauftragte in der Folge die drei auf ihrer Seite dem Verfahren beigetretenen Nebenintervenientinnen mit der Herstellung der Kaminhochzüge auf der Liegenschaft der Klägerin auf Rechnung der Beklagten. Die Rechnungen für diese Arbeiten wurden direkt an die Beklagte gelegt und von ihr bezahlt.

Die Arbeiten wurden jedoch nicht sach- und fachgerecht durchgeführt, sodass die Konstruktion nicht die erforderliche Stabilität aufwies. In der Nacht vom 17.1.2022 auf den 18.1.2022 kippte die Stahlkonstruktion mit den Kaminverlängerungen bei Windspitzen von bis zu 97 km/h um und wurde die Beton- Abdeckplatte der Schornsteine, auf denen die Stahlkonstruktion mit Dübeln befestigt war, herausgerissen. Das Versagen der Konstruktion ist darauf zurückzuführen, dass ein Stahlseil unzureichend fixiert und daher nicht für den statisch erforderlichen Lastabtrag ausgerichtet war. Da sowohl die Hausverwaltung der nunmehrigen Eigentümer der Nachbarliegenschaft als auch die Beklagte die Sanierung der Kamine ablehnten, gab die Klägerin die Sanierung bzw. Wiederherstellung der Kamingruppe selbst in Auftrag, wofür ihr ein Betrag von netto EUR 23.820,-- bzw. brutto EUR 28.584,-- in Rechnung gestellt wurde (./A). Die durchgeführten Arbeiten waren zur Wiederherstellung der Kamine notwendig. Die Sanierung entspricht allerdings nicht vollends dem Stand der Technik: Zur Seilabspannung wurden bloß zwei Seilklemmen verwendet. Um ein den gängigen Vorschriften entsprechendes Gewerk herzustellen, wären drei Seilklemmen zu verwenden gewesen. Weiters wurden offene Haken verwendet; an deren Stelle hätten geschlossene Haken zur Anwendung kommen müssen. Dass die Arbeiten deswegen unbrauchbar oder wertlos wären, kann nicht festgestellt werden. Der für die Kaminsanierung in Rechnung gestellte Betrag ist überhöht, angemessen wäre ein Betrag von insgesamt EUR 14.300,--netto.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin die Zahlung von EUR 28.584,-- sA mit dem Vorbringen, zwischen ihr und der Beklagten sei vereinbart worden, dass die Beklagte die Verlängerung der sechs Kaminzüge am Haus der Klägerin übernehme, da deren Professionisten aufgrund des Dachgeschossausbaus und der auch für das Haus der Beklagten notwendigen Kaminverlängerung ohnehin vor Ort gewesen seien. Die Beklagte habe ihren Professionisten daraufhin den Auftrag erteilt, die Kamine auf der Liegenschaft der Klägerin zu verlängern. Diese hätten die für die Kaminverlängerung hergestellte statische Abstützkonstruktion allerdings unsachgemäß geplant und nicht dem Stand der Technik entsprechend hergestellt, sodass im Zuge eines Sturmereignisses in der Nacht vom 17.1. auf den 18.1.2022 alle Edelstahlrohre samt Stahlrahmenkonstruktion mitsamt der Kaminabdeckplatte vom Ziegelkamin gekippt seien. Mit der vorliegenden Klage würden die Kosten der von der Klägerin beauftragten Kaminsanierung geltend gemacht. Die Klägerin stütze ihr Klagebegehren auf vertraglichen Schadenersatzanspruch sowie auf jeden erdenklichen Rechtsgrund. Die Beklagte habe eine Verpflichtung der Klägerin von dieser übernommen, um die gesetzlich vorgesehene Abwicklung zu vereinfachen. Die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich schon daraus, da es sich um Ansprüche aus einem mit ihr abgeschlossenen Vertrag handle. Bei der Sanierung der Kamine handle es sich um Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung.

Die Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei schloss sich dem Vorbringen der Klägerin an.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und erhob den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation der Klägerin, da nicht diese sondern die einzelnen Miteigentümer geschädigt seien. Die erbrachten Werkleistungen seien fachgemäß und auf Basis der behördlich bewilligten Pläne erfolgt. Zwischen der Klägerin und der Beklagten habe kein Vertragsverhältnis bestanden. Das Verhalten der auf ihrer Seite dem Verfahren beigetretenen Nebenintervenientinnen sei ihr daher nicht zurechenbar. Es treffe sie auch kein Auswahlverschulden. Weiters bestritt die Beklagte die Höhe der Sanierungskosten sowie die Tauglichkeit der Sanierung.

Die Nebenintervenientinnen auf Seiten der Beklagten schlossen sich dem Vorbringen der Beklagten an und brachten vor, die von ihnen durchgeführten Arbeiten ordnungsgemäß erbracht zu haben.

Die erste Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten bestritt darüber hinaus die Angemessenheit der Sanierungskosten.

Die dritte Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten wendete die mangelnde Fälligkeit des Klagsbetrages ein. Die von der Klägerin vorgenommene Verbesserung entspreche nicht den gängigen Vorschriften und sei für sich genommen mangelhaft. Hätte die Klägerin ihren Sorgfaltspflichten entsprechend eine professionelle Abnahme der Reparaturarbeiten vornehmen lassen, wäre dieser Umstand aufgefallen und der Rechnungsbetrag bis zur ordnungsgemäßen Herstellung nicht fällig geworden.

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 17.160,-- sA schuldig (1.) und wies das Mehrbegehren ab (2.).

Es verpflichtete die Beklagte zum Ersatz von EUR 5.729,30 (darin EUR 331,78 USt und EUR 3.738,60 Barauslagen) an Verfahrenskosten an die Klägerin (3.) und von EUR 1.012,27 (darin EUR 168,71 USt) an die Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin (4.), sowie die Klägerin, der Drittnebenintervenientin auf Seiten der Beklagten EUR 264,-- an Barauslagen zu ersetzen (5.). Weiters sprach es aus, dass die Erstnebenintervenientin und die Zweitnebenintervenientin auf Seiten der Beklagten ihre Kosten jeweils selbst zu tragen haben (6.).

Dazu traf es die auf den Seiten 2 und 5 bis 9 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, deren im Berufungsverfahren wesentlicher Inhalt eingangs wiedergegeben wurde (bekämpfte Feststellung durch Unterstreichung hervorgehoben).

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zur Aktivlegitimation der Klägerin aus, dass die Arbeiten zur Höherführung der Kamine als Erhaltungsarbeiten iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 MRG zu qualifizieren und damit der ordentlichen Verwaltung zuzuordnen seien, sodass die Klägerin verpflichtet und berechtigt gewesen sei, diese Arbeiten durchführen zu lassen und die Durchführung dieser Arbeiten betreffende Verträge zu schließen. Ebenso stünden der Klägerin Schadenersatzansprüche aus der Schlechterfüllung solcher Verträge originär zu und sei auch die von der Klägerin letztlich angeordnete Ersatzvornahme dem Kreis der Erhaltungsarbeiten zuzuordnen, sodass die Klägerin zur Geltendmachung des klagsgegenständlichen Anspruchs legitimiert sei, ohne dass es einer Abtretung durch die einzelne Wohnungseigentümer bedürfe. Gegenstand der Klage sei ein aus der Erhaltungspflicht der Eigentümergemeinschaft resultierender vertraglicher Schadenersatzanspruch.

Zum Grund des Anspruchs führte das Erstgericht aus, dass nach den Feststellungen zwischen den Streitteilen ein Vertrag zustande gekommen sei, wonach die Beklagte entsprechend den Vorgaben der Baubehörde die Verlängerung der Kamine auf dem Haus der Klägerin in Auftrag geben und errichten würde. Die Beklagte habe sich das Verhalten ihrer Gehilfen, denen sie sich in Ausführung des Vertrages bedient habe, daher nach § 1313a ABGB zurechnen zu lassen. Da die Klägerin nach Weigerung der Beklagten die Sanierung selbst vorgenommen habe, seien ihr die angemessenen Sanierungskosten zu ersetzen. Da der der Klägerin vom beauftragten Unternehmen in Rechnung gestellte Betrag überhöht und für die durchgeführte Sanierung Kosten in Höhe von EUR 14.300,-- netto, somit EUR 17.160,-- brutto angemessen seien, bestehe die Forderung der Klägerin nur in dieser Höhe zu Recht. Daraus, dass die Sanierung teilweise nicht vorschriftsgemäß erfolgt sei, sei für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen, zumal dies die Sanierung weder unbrauchbar noch wertlos mache. Der Ersatzanspruch der Klägerin sei auch fällig. Eine Verpflichtung zur Zurückbehaltung des Werklohns habe nicht bestanden, zumal die Ausführungsmängel für die Klägerin nicht erkennbar gewesen seien. Im Übrigen sei für das Bestehen eines Schadenersatzanspruches die ernstliche Absicht einer Reparatur ausreichend.

Seine Kostenentscheidung gründete das Erstgericht auf §§ 43 Abs 1, 43 Abs 2, 54 Abs 1a ZPO. Zur Kostenersatzpflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin und der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin führte es aus, die Klägerin sei mit rund 60% ihres Klagebegehrens erfolgreich gewesen, sodass ihr von der Beklagten 20% der Kosten ihrer Vertretung und 60% der nur von ihr getragenen Barauslagen zu ersetzen seien. Entsprechend der Obsiegensquote der Klägerin habe die Beklagte auch der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin 20% ihrer Vertretungskosten zu ersetzen.

Gegen den klagsstattgebenden Teil des angefochtenen Urteils richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf gänzliche Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin und die Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin beantragen jeweils, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

Gegen die Kostenentscheidung in Spruchpunkt 4. richtet sich der Kostenrekurs der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin mit dem Abänderungsantrag, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr EUR 3.289,22 (darin EUR 548,20 USt) an Kosten zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt .

1. Berufung:

1.1. Tatsachenrüge:

Die Berufungswerberin bekämpft die oben durch Unterstreichung hervorgehobene Feststellung und beantragt stattdessen die Ersatzfeststellung:

„Es gab zwischen Vertretern der beklagten Partei und der Hausverwaltung der Klägerin als deren Vertreterin lose Gespräche ohne Rechtsfolgewillen darüber, dass nicht die Klägerin, sondern die Beklagte die Verlängerung der Kaminzüge auf der Liegenschaft der Klägerin in Auftrag geben werde. Darüber hinausgehende rechtswirksame Vereinbarungen, insbesondere eine Vereinbarung über das Betreten der Liegenschaft der Klägerin durch Arbeiter der Auftragnehmer der beklagten Partei, konnte nicht festgestellt werden.“

Das Erstgericht hat im Rahmen seiner Beweiswürdigung nachvollziehbar dargelegt, warum es es von einer entsprechenden Übereinkunft zwischen den Streitteilen ausgegangen ist. Es hat die bekämpfte Feststellung auf die ihm verlässlich erscheinenden Angaben des Geschäftsführers der Hausverwaltung der Klägerin, Mag. H* gestützt. Dieser habe zwar angesichts einer inzwischen erfolgten Umstellung der EDV der Hausverwaltung nicht mehr sicher angeben können, wer auf Beklagtenseite damals der maßgebliche Ansprechpartner gewesen sei; dass, wer auch immer für die Beklagte die Vereinbarung mit der Klägerin getroffen habe, jedenfalls dazu bevollmächtigt gewesen sein müsse bzw. die getroffene Vereinbarung von der Beklagten genehmigt worden sein müsse, ergebe sich aber fast zwingend daraus, dass die Beklagte die Arbeiten an den Kaminen der Nachbarliegenschaft direkt in Auftrag gegeben und bezahlt habe. Ohne Zustimmung der Klägerin wäre diese nicht befugt gewesen, das Dach der Nachbarliegenschaft zu betreten und Arbeiten durchzuführen und die Hausverwaltung der Klägerin wäre verpflichtet gewesen, ein unbefugtes Betreten der Liegenschaft durch Arbeiter der Beklagten zu unterbinden. Einzig logische Erklärung dafür, dass die von der Beklagten beauftragten Arbeiter ohne Probleme Arbeiten auf der Nachbarliegenschaft vornehmen haben können, sei daher, dass die von der Klägerin behauptete Vereinbarung getroffen worden sei und diese dazu legitimiert habe. Im Ergebnis könne somit kein Zweifel daran bestehen, dass der Kaminverlängerung durch die Arbeiter der Beklagten auf der Nachbarliegenschaft eine entsprechende Abmachung zwischen den Streitteilen zugrunde gelegen sei (Seite 9f der Urteilsausfertigung).

Dem vermag die Berufungswerberin nichts Stichhaltiges entgegenzuhalten. Sie meint, aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse sei davon auszugehen, dass die Gespräche zwischen den Parteien nicht über die Frage der Kostentragung hinausgegangen seien und es viel wahrscheinlicher sei, dass nur darüber gesprochen worden sei, dass sich die Wohnungseigentümer der Liegenschaft G* nicht um die Verlängerung der Kamine kümmern müssten und danach Mitarbeiter der von der Beklagten beauftragten Professionisten die Liegenschaft G* einfach betreten und die Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft dieses Betreten schlichtweg geduldet hätten.

Ein Rechtsmittel kann die Feststellungen wegen des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 272 ZPO) nur dann erfolgreich angreifen, wenn es stichhaltige Gründe ins Treffen führt, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen können. Dies gelingt der Berufung mit den von ihr vorgetragenen Argumenten nicht. Bloß der Umstand, dass auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Beweiswürdigung und der darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen führen. Die Berufung zeigt auch keine konkreten Beweisergebnisse auf, aus denen abgeleitet werden könnte, die Gespräche zwischen den Parteien seien über die Frage der Kostentragung nicht hinausgegangen. Andernfalls ließe sich auch nicht erklären, warum die Beklagte die Beauftragung der Kaminverlängerung übernommen hätte. Dass die Klägerin bzw. die Eigentümer der Nachbarliegenschaft ein Betreten durch Mitarbeiter der Beklagten schlichtweg geduldet hätten, ist wenig wahrscheinlich. Das Berufungsgericht hegt daher keine Bedenken gegen die bekämpfte Feststellung und die beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts.

1.2. Rechtsrüge:

1.2.1. Die Berufung wendet sich gegen die Bejahung der Aktivlegitimation der Klägerin durch das Erstgericht. Es möge sein, dass das „Höherziehen“ der Kamine eine Angelegenheit der (ordentlichen) Verwaltung sei, anders verhalte es sich jedoch mit der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches. Geschädigt sei nicht die Eigentümergemeinschaft, sondern die einzelnen Miteigentümer. Die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches gegen einen Dritten sei keine Angelegenheit der Verwaltung. Fallbezogen hätten daher sämtliche Wohnungseigentümer der Eigentümergemeinschaft ihre Ansprüche abtreten müssen.

Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen in diesem Punkt für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpften maßgeblichen Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 500a ZPO).

Die Eigentümergemeinschaft ist Trägerin sämtlicher Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung und dieser zurechenbarer Rechtsverhältnisse ( Löcker in Hausmann/Vonkilch , WEG § 18 Rz 35). Sie ist befugt, (Werk)Verträge über Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen abzuschließen und zur Geltendmachung von Forderungen daraus aktiv legitimiert. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch entspringt aus einem von der Eigentümergemeinschaft im Rahmen der ordentlichen Verwaltung und damit ihrer (Teil)Rechtsfähigkeit eingegangenen Rechtsverhältnis. Die von der Berufungswerberin zitierten oberstgerichtlichen Entscheidungen betreffen die Frage der Aktivlegitimation für deliktische Schadenersatzansprüche und sind daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Die Klägerin ist für die Geltendmachung des gegenständlichen Schadenersatzanspruches somit originär aktivlegitimiert ist. Es bedurfte daher auch keiner Feststellungen zu allfälligen Forderungsabtretungen.

1.2.2. Auch mit der Rechtsrüge wendet sich die Berufung gegen die Annahme des Erstgerichts, dass zwischen den Streitteilen ein Vertrag zustande gekommen sei. Die festgestellte Vereinbarung, dass die Klägerin die Verlängerung der Kaminzüge in Auftrag geben werde, sei rechtlich nicht als Vertrag zu qualifizieren. Dabei meint die Berufungswerberin, dass sie sich gegenüber der Klägerin nicht zur Herstellung der Kaminzüge habe verpflichten wollen. Woraus die mangelnde Bindungswirkung der „Vereinbarung“ abzuleiten wäre, legt sie jedoch nicht dar. Wenn sie meint, eine Zustimmung der Klägerin zum Betreten ihrer Liegenschaft könne keine Vertragsbeziehung zur Beklagten begründen, entfernt sie sich insoweit vom maßgeblichen Sachverhalt, als festgestellt wurde, dass die Beklagte mit der Hausverwaltung der Klägerin überein kam, dass die Beklagte die Verlängerung der Kaminzüge auf der Liegenschaft der Klägerin in Auftrag geben werde. Warum diese Übereinkunft auf Seite der Beklagten (für die Klägerin erkennbar) unverbindlich gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Wenn die Berufung in weiterer Folge von einem Übereinkommen bloß für die Kostenübernahme nach der Wiener Bauordnung spricht, geht sie wiederum nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Den zutreffenden Überlegungen des Erstgerichts folgend ist vielmehr von einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Streitteilen dahin auszugehen, dass die Beklagte sich gegenüber der Klägerin zur Erbringung einer Naturalleistung (Kaminerhöhung) anstatt des ihr nach § 126 Abs 4 der Wiener Bauordnung obliegenden Kostenersatzes verpflichtete.

1.2.3. Schließlich meint die Berufungswerberin, sie müsse keinen Schadenersatz für Sanierungsarbeiten leisten, die nicht zum gewünschten Ziel führten. Da die Sanierung nicht dem Stand der Technik entsprochen habe, hätte das Erstgericht Feststellungen dazu treffen müssen, wie sich der Wert einer sach- und fachgerechten Sanierung zum Wert der tatsächlich vorhandenen Sanierung verhalte und auf Basis dieser Feststellungen die Schadenshöhe konkret ermitteln müssen. Das Fehlen dieser Feststellungen rügt sie als sekundärer Feststellungsmangel.

Ein Feststellungsmangel liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte ein Vorbringen, das den angestrebten Ersatzfeststellungen zu Grunde gelegt werden könnte, im Verfahren erster Instanz nicht erstattet hat. Sekundäre Feststellungsmängel kommen aber nur im Rahmen des Tatsachenvorbringens der jeweiligen Partei in Betracht (RS0053317).

Die Beklagte hat in erster Instanz lediglich die Tauglichkeit der (im Auftrag der Klägerin) durchgeführten Sanierung bestritten (ON 45.2, 6). Dazu hat das Erstgericht die Feststellungen getroffen, dass die durchgeführten Arbeiten zur Wiederherstellung der Kamine notwendig waren und nicht festgestellt werden kann, dass diese im Hinblick auf die vom Sachverständigen angesprochenen Mängel bei der Abspannung unbrauchbar oder wertlos wären. Weiters hat es festgestellt, dass der (zugesprochene) Betrag von EUR 14.300,-- netto (EUR 17.160,-- brutto) für die durchgeführten Arbeiten – unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen im Verfahren aufgezeigten Mängel (Seite 12 der Urteilsausfertigung) – angemessen ist (Seiten 8f der Urteilsausfertigung).

Ausgehend davon hat das Erstgericht die Beklagte ohne Rechtsirrtum zum Ersatz dieser Kosten verpflichtet.

Der unberechtigten Berufung war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Klägerin und der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin stand im Berufungsverfahren nur die Beklagte gegenüber, sodass für die Berufungsbeantwortungen kein Streitgenossenzuschlag zuzusprechen war ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 3.25).

Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.

2. Kostenrekurs:

Die Rekurswerberin steht auf dem Standpunkt, dass (auch) ihr gegenüber die Kostenentscheidung gemäß § 43 Abs 2 ZPO zu treffen gewesen wäre. Die Klägerin habe Sanierungskosten geltend gemacht, die ihr in klagsgegenständlicher Höhe in Rechnung gestellt worden seien. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass diese Sanierungskosten an sich auch berechtigt gewesen seien, jedoch habe der Sachverständige die Angemessenheit der verrechneten Kosten in Zweifel gezogen und diese auf den zugesprochenen Betrag gekürzt. Daher sei die Korrektur der Höhe der Klagsforderung ausschließlich von der Beurteilung des bestellten Sachverständigen abhängig gewesen. Dass die vom Sachverständigen beurteilte Rechnung überhöht gewesen sei, sei der Klägerin nicht erkennbar gewesen. Nach der Rechtsprechung komme das Kostenprivileg des § 43 Abs 2 ZPO auch dann zur Anwendung, wenn vom Gerichtssachverständigen ein überhöhter Kostenvoranschlag oder eine überhöhte Reparaturrechnung korrigiert werde, ohne dass der Kläger die Unrichtigkeit habe erkennen können.

Richtig ist, dass in der jüngeren Rechtsprechung der Privilegierungstatbestand des § 43 Abs 2 ZPO regelmäßig angewendet wird, wenn ein Sachverständiger die Anspruchshöhe beurteilt hat. § 43 Abs 2 ZPO ist demnach anwendbar, wenn ein Sachverständiger aufgrund eigener, beim Kläger und seinem (ihm zurechenbaren) Vertreter objektiv gerechtfertigt nicht vorhandener Fachkenntnisse die Höhe ermittelt oder er dem Richter aufgrund dieser Fachkenntnisse die Grundlagen für die Schätzung nach § 273 ZPO liefert. Dabei kommt das Kostenprivileg dem Kläger nur dann zu Gute, wenn er auch tatsächlich schutzwürdig ist. Die Anwendbarkeit des Kostenprivilegs richtet sich somit danach, ob das vom Kläger ursprünglich eingeklagte auf einem ex ante betrachtet verständlichen und nachvollziehbaren Fehler der Einschätzung seiner Forderung beruht oder nicht ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.175ff mwN). Es hat allerdings der Kläger insbesondere in den Fällen, in denen er aufgrund eines Privatgutachtens oder eines Kostenvoranschlages einklagt, nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens im Prozess auf jenen Betrag einzuschränken, dessen Zuspruch nach den Gutachtensergebnissen noch objektiv möglich ist, sich also im Rahmen des vernünftigerweise zu erwartenden Entscheidungsspielraums des Gerichts hält. Ab dieser Prozesssituation bestehen nämlich objektiv keine größeren Schwierigkeiten mit der Bezifferung des Begehrens mehr ( Obermaier , aaO Rz 1.178; Fucik in Rechberger/Klicka § 43 ZPO Rz 12; 2 Ob 119/20v). Unterbleibt die Einschränkung in einem solchen Fall, führt dies aufgrund der dadurch zu Tage getretenen Beharrlichkeit im Verfolgen eines überhöhten Begehrens zu einer Quotenkompensation im gesamten Verfahren (OLG Wien 11 R 143/18g; 1 R 106/20w ua).

Die Abweisung eines Teils des Klagebegehrens ergab sich im vorliegenden Fall daraus, dass das Erstgericht – dem Gutachten des SV I* ON 25 folgend – von geringeren angemessenen Sanierungskosten ausging, als der Klägerin vom beauftragten Unternehmen mit Beilage ./A in Rechnung gestellt wurde (Seite 15 der Urteilsausfertigung). Eine mündliche Erörterung dieses Gutachtens erfolgte nicht. Der darauf gerichtete Antrag der Klägerin ebenso wie jener auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Statik (ON 28) betraf nicht die Angemessenheit der der Klägerin mit der Rechnung Beilage ./A in Rechnung gestellten Sanierungskosten, sondern die statische Abstützkonstruktion der umgestürzten Edelstahlkaminverlängerung (ON 28). Die Klägerin durfte daher nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens den begehrten Zuspruch von EUR 28.484,-- sA nicht weiterhin für möglich halten und hätte daher den Klagsbetrag auf den darin vom Sachverständigen ausgemittelten Betrag für die angemessenen Sanierungskosten einschränken müssen. Das Rekursgericht erachtet daher im vorliegenden Fall die Nichtanwendung des Kostenprivilegs des § 43 Abs 2 ZPO (Ausmittlung durch Sachverständige) für zutreffend.

Dem unberechtigten Rekurs war ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Rekursbeantwortung der Beklagten hat die Klägerin zu tragen, der die Rekurswerberin als Nebenintervenientin im Rechtsstreit beigetreten ist (RS0036057). Für diese waren jedoch nur Kosten nach TP 3a zuzusprechen. Da der Beklagten im Rekursverfahren lediglich die Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin gegenüberstand, gebührt auch kein Streitgenossenzuschlag.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.