JudikaturOLG Wien

33R28/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien erkennt als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten MMMag. Frank als Vorsitzenden, den Richter Mag. Schmoliner sowie den Kommerzialrat Ing. Karall in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Krüger/Bauer Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* C* KG , **, vertreten durch Dr. in Lisa Knapp-Untermoser, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung (EUR 35.000) und EUR 20.000 sA, über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: Unterlassung [EUR 35.000] und EUR 12.000 sA) gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30.12.2024, **-24, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit EUR 3.702,42 (darin EUR 617,07 USt) bestimmte Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt insgesamt EUR 30.000.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Der Kläger ist ein im deutschsprachigen Raum unter seinem Künstlernamen „D*“ bekannter Musiker. Seine Ehefrau starb am 8.11.2023 eines natürlichen Todes.

In der in ganz Österreich verbreiteten Ausgabe der Zeitschrift „E*“ vom 29.11.2023 erschien auf der Titelseite folgender „Anreißer“

sowie auf Seite 11 folgender ganzseitiger Artikel (./1):

Das Impressum der Zeitschrift weist an erster Stelle die Beklagte mit dem Zusatz „Redaktion E*“ auf. Als Verlagsgesellschaft ist die F* B* G* KG (in Folge „B* KG“) genannt. Dabei handelt es sich um die Muttergesellschaft, unter deren Führung zahlreiche Zeitschriften produziert und vertrieben werden. Die eigentliche Redaktion der Artikel, also das Verfassen und Aufbereiten, erfolgt durch die Beklagte. Die Verantwortlichkeit für den Inhalt der jeweiligen Artikel liegt bei der jeweiligen Spartengesellschaft, für den hier inkriminierten Artikel bei der Beklagten. Die B* KG führt keine Inhaltskontrolle der Artikel durch.

Am 21.1.2024 schlossen der Kläger und die B* KG einen prätorischen Vergleich vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien, in dem sich die B* KG zur Unterlassung der Veröffentlichung von Lichtbildern des Klägers und/oder seiner verstorbenen Gattin in der Zeitschrift „E*“ verpflichtete, wenn im Zusammenhang mit der Berichterstattung in den Raum gestellt wird, die Ehegattin des Klägers könnte ermordet worden sein (./4).

Der Klägerbegehrt von der Beklagten, gestützt auf § 78 UrhG, die mit EUR 35.000 bewertete Unterlassung, in der Zeitschrift „E*“, soweit sie in Österreich verbreitet werde, den Kläger und/oder seine verstorbene Ehegattin darstellende Lichtbilder zu veröffentlichen, wenn im Zusammenhang mit der Berichterstattung in den Raum gestellt werde, die Ehegattin des Klägers könnte ermordet worden sein. Weiters begehrt er EUR 20.000 sA an immateriellem Schadenersatz. Die Beklagte sei, wie sich aus dem Impressum ergebe, Medieninhaberin der Zeitschrift „E*“ und damit passiv legitimiert. Jedenfalls hafte die Beklagte in Bezug auf ihre redaktionelle Rolle als Beitragstäterin.

Die Veröffentlichung der Bildberichterstattung verletze berechtigte Interessen des Klägers und dessen naher Angehöriger, ohne dass dem ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegenstehe. Das Wort „Mordverdacht“ in den Titeln finde keine Entsprechung im Fließtext der Berichterstattung, weshalb davon auszugehen sei, dass es ausschließlich zur Gewinnmaximierung und zur Befriedigung der Sensationslust der Leserschaft verwendet worden sei.

Der sich nur auf die Zeitschrift „E*“ stützende Unterlassungsvergleich schütze den Kläger nicht vor weiteren Veröffentlichungen in anderen Zeitschriften der B* KG, für welche die Beklagte die redaktionellen Inhalte besorge. Insofern sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Ein immaterieller Schadenersatz von EUR 20.000 sei gerechtfertigt, weil sich der Kläger, der mit seiner Frau ** Jahre lang glücklich verheiratet gewesen sei, gerade in einer schmerzlichen Trauerphase befinde und die Bildberichterstattung eine empfindliche Kränkung darstelle. Zudem sei die enorme Reichweite der Zeitschrift zu berücksichtigen.

Die Beklagte wendet ihre mangelnde Passivlegitimation ein, weil sie weder Medieninhaberin der Zeitschrift „E*“ noch Medienstelle im Sinne des Mediengesetzes sei. Sie sei eine rein interne Dienstleisterin der B* KG und habe den inkriminierten Artikel weder verfasst noch vervielfältigt oder verbreitet. Die Bildberichterstattung habe keine berechtigten Interessen des Klägers oder naher Angehöriger im Sinne einer Bloßstellung, Herabsetzung, Entwürdigung oder dergleichen verletzt. Zudem handle es sich beim Kläger und seiner Ehegattin um in der Öffentlichkeit präsente Personen, weshalb andere Maßstäbe heranzuziehen seien. Der Kläger habe selbst im Zusammenhang mit dem Tod seiner Ehegattin die Öffentlichkeit gesucht. Es liege auch keine Wiederholungsgefahr vor, weil die B* KG einen prätorischen Vergleich mit dem Kläger abgeschlossen habe, mit dem sie sich verpflichtet habe, Behauptungen wie die gegenständliche zu unterlassen. Ideeller Schadenersatz gebühre dem Kläger nicht, weil ein solcher Angehörigen nicht zustehe und eine persönliche Betroffenheit des Klägers – wenn überhaupt – als höchst geringfügig zu bewerten sei. Sein Begehren sei auch der Höhe nach vollkommen überzogen.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Unterlassungsbegehren Folge, verpflichtete die Beklagte zur Zahlung eines immateriellen Schadenersatzes von EUR 12.000 samt Zinsen und wies ein Mehrbegehren von EUR 8.000 - unangefochten – ab. Neben dem eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt ging es von den auf den Urteilsseiten 2 bis 5 sowie 8 und 9 ersichtlichen Feststellungen aus, die durchwegs unbekämpft geblieben sind und auf die verwiesen wird.

Rechtlich folgerte es, auf Grundlage der Feststellungen könne zumindest von einer mittelbaren Täterschaft, wenn nicht sogar von einer Mittäterschaft der Beklagten ausgegangen werden, die in der allein verantwortlichen inhaltlichen Verfassung und Aufbereitung von Artikeln begründet sei. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Beklagte auch Medieninhaberin nach dem MedienG sei.

Es sei ein verpönter und äußerst geschmackloser Angriff in die auch bei allgemein bekannten Personen geschützte Privatsphäre, wenn im Zusammenhang mit dem Tod der Ehegattin des Klägers ein Mordverdacht in den Raum gestellt werde. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger selbst anlässlich des Ablebens seiner Gattin an die Öffentlichkeit gegangen sei, weil in diesem Zusammenhang kein Anlass bestanden habe, an deren natürlichen Tod zu zweifeln. Die Beklagte habe mit dem in den Raum gestellten Mordverdacht ausschließlich die Sensationslust ihrer Leserschaft bedienen wollen, was kein legitimes Interesse für die Bildberichterstattung sei. Die ohne jeden ersichtlichen Grund angestellte Mordspekulation habe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gemütslage des Klägers geführt, und sei aus äußerst niederen und verwerflichen Beweggründen erfolgt, weshalb – auch unter Berücksichtigung generalpräventiver Gründe – ein immaterieller Schadenersatz von EUR 12.000 angemessen sei.

Die Wiederholungsgefahr sei zu bejahen, weil sich die B* KG mit dem Unterlassungsvergleich nur zu einer Unterlassung in Bezug auf die Zeitschrift „E*“ verpflichtet habe, was die hier Beklagte aber nicht hindere, die gleiche oder eine vergleichbare Bildberichterstattung für eine andere Zeitschrift der B* KG zu verfassen oder aufzugreifen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten ausschließlich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne einer vollständigen Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise es aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger stellt in seiner Berufungsbeantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Die Beklagte vermeint zunächst, der von der B* KG mit dem Kläger abgeschlossene prätorische Vergleich (./4) beseitige sowohl die Wiederholungsgefahr als auch das Rechtsschutzinteresse des Klägers im vorliegenden Verfahren.

1.1 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Beklagte selbst vorbringt, mit der B* KG nicht identisch zu sein. Der prätorische Vergleich kann damit keine (unmittelbare) Wirkung zugunsten der hier Beklagten entfalten. Richtig ist zwar, wie die Berufung aufzeigt, dass die Begründung des Erstgerichts nicht überzeugt, nach der sich die B* KG nur zu einer Unterlassung in Bezug auf die Zeitschrift „E*“ verpflichtet habe, was die Beklagte jedoch nicht hindere, für eine andere Zeitschrift (der B*-Verlagsgruppe) Artikel zu verfassen: Ein solches Unterlassungsgebot, für andere Zeitschriften als die „E*“ Artikel zu verfassen, ist nämlich nicht Gegenstand des Unterlassungsbegehrens im vorliegenden Verfahren, sondern es bezieht sich ebenfalls ausschließlich auf die „E*“. Dieses Argument trägt die Annahme der Wiederholungsgefahr daher nicht.

Allerdings ist es für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr im Allgemeinen ausreichend, dass der Beklagte im Prozess seine Unterlassungspflicht bestreitet und auf seinem bisherigen Standpunkt beharrt (RS0012055; RS0079692 [T12]). Die Beklagte steht vorliegend – auch noch in der Berufung – auf dem Standpunkt, keine unwahren Tatsachen behauptet zu haben und zur Berichterstattung berechtigt gewesen zu sein (vgl S 8 der Berufung).

Das allein reicht, wie dargestellt, für die Annahme der Wiederholungsgefahr aus.

1.2Das an sich vorhandene Rechtsschutzinteresse des Klägers geht nicht dadurch verloren, dass er einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich gegen ein von der Beklagten unterschiedliches Rechtssubjekt erwirkt hat. Dass die Beklagte alleine, also ohne Zutun der B* KG, derzeit den Druck und den Vertrieb der Zeitschrift nicht aus Eigenem veranlassen kann, steht der Annahme der Wiederholungsgefahr nicht entgegen, weil sich diese Zustände jederzeit ändern können. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufung vorbringt, bei der B* KG bestehe eine interne Sperrvermerksdatenbank, in der sämtliche Veröffentlichungsverbote hinterlegt würden und an die sich alle Verlagsgesellschaften zu halten hätten, verstößt sie damit gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 1 ZPO, weil sie in erster Instanz ein solches Vorbringen nicht erstattet hat.

1.3 Die Wiederholungsgefahr ist daher zu bejahen.

2. Weiters wendet die Beklagte ein, sie habe das Lichtbild des Klägers nicht veröffentlicht oder verbreitet.

2.1 Die Berufung lässt dabei die Feststellungen des Erstgerichts unbeachtet, nach denen die Beklagte die inkriminierte Bildberichterstattung verfasst und aufbereitet hat und dafür verantwortlich war, wogegen die B* KG keine Kontrolle auf den Inhalt der Artikel ausübte (US 8 f).

Wie schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, ist Verbreiter aber nicht nur der unmittelbare Täter, sondern auch der Mittäter, der Anstifter und Beitragstäter. Beitragstäter ist zB wer Lichtbilder an Mitarbeiter eines Mediums zur Veröffentlichung weitergibt (4 Ob 112/09p = MR 2010, 77; Kodek in Handik / Hofmacher / Kucsko , urheber.recht 3§ 78 UrhG Rz 24). Die Beklagte hat daher mit der von ihr auch in der Berufung zugestandenen Weitergabe der Bildberichterstattung an die B* KG zur Verbreitung des Lichtbilds beigetragen und ist damit schon aus diesem Grund für die vorliegenden Ansprüche passiv legitimiert.

2.2Gemäß § 1 Abs 1 Z 8 MedienG ist Medieninhaber wer a) ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt oder b) sonst die inhaltliche Gestaltung eines Medienwerks besorgt und dessen Herstellung und Verbreitung entweder besorgt oder veranlasst oder c) sonst im Fall eines elektronischen Mediums dessen inhaltliche Gestaltung besorgt und dessen Ausstrahlung, Abrufbarkeit oder Verbreitung entweder besorgt oder veranlasst oder d) sonst die inhaltliche Gestaltung eines Mediums zum Zweck der nachfolgenden Ausstrahlung, Abrufbarkeit oder Verbreitung besorgt. Entscheidend ist demnach die Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung und die Verantwortung hierfür (4 Ob 153/08s; Koukal in Berka / Heindl / Höhne / Koukal, MedienG 4§ 1 Rz 30 mwN). Schon im Hinblick auf die der Beklagten festgestelltermaßen zukommende – und im vorliegenden Fall auch ausgeübte - Möglichkeit der inhaltlichen Gestaltung und die Verantwortung dafür ist sie als Medieninhaberin im Sinne der zitierten Bestimmung anzusehen und damit auch aus diesem Grund für die Verbreitung des Lichtbilds nach § 78 UrhG verantwortlich.

3. Weiters argumentiert die Beklagte, sie habe nicht schuldhaft oder rechtswidrig gehandelt.

3.1Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig ist (RS0106069; Kodek aaO Rz 102), weshalb sich das diesbezügliche Vorbringen nur auf den Schadenersatzanspruch beziehen kann.

3.2Bei einer allgemein bekannten Person, wie es der Kläger im deutschsprachigen Raum zweifelsfrei ist, werden deren Interessen durch die Bildveröffentlichung selbst in aller Regel nicht beeinträchtigt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine schrankenlose Verbreitung des Bildes zulässig wäre. Erforderlich ist, dass die Veröffentlichung des Lichtbilds einen Nachrichtenwert hat. Dient die Veröffentlichung hingegen bloß der Befriedigung von Neugierde und Sensationslust, ist seine Verwendung unzulässig (RS0077777; KodekaaO Rz 99 f;). Die Verbreitung von Bildern einer bekannten Person, die sie mit Vorgängen in Verbindung bringen, mit denen sie nichts zu tun hat, ist jedenfalls unzulässig (RS0077903). Die Trauer um nahe Angehörige zählt auch bei Personen, für deren Leben sich breite Bevölkerungskreise interessieren und die immer wieder Gegenstand von Medienberichten sind, zum geschützten (innerfamiliären) Lebensbereich (4 Ob 224/13i).

3.3 Im vorliegenden Fall verwendete die Beklagte Lichtbilder des Klägers und dessen verstorbener Gattin, um die durch nichts untermauerte und den Feststellungen widersprechende Vermutung zu illustrieren, die Gattin des Klägers sei ermordet worden. Soweit die Beklagte in der Berufung dazu vorbringt, sie habe keine unwahren Tatsachen behauptet, entfernt sie sich abermals vom festgestellten Sachverhalt. Nach diesen starb die Gattin des Klägers eines natürlichen Todes und wurde somit gerade nicht ermordet.

Dabei hilft es der Beklagten auch nicht, dass sie - wie sie in der Berufung ausführt - bloß Fragen, die „spekulative Tendenzen“ aufweist, stellt: Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Tatsachenbehauptung nämlich auch in der Form einer Frage sowie in Verdachts- oder Vermutungsform aufgestellt oder verbreitet werden (RS0031675 [T5, T7, T8]; RS0032305 [T2]; RS0032212 [T5]). Nur wenn in einem Medienartikel klar und vollständig offengelegt wird, auf welchem konkreten wahren Tatsachenkern ein geäußerter Verdacht beruht, liegt bei einer Verdächtigung kein Umgehungstatbestand vor (RS0031816 [T1]). Ein solcher wahrer Tatsachenkern liegt hier aber – nicht einmal nach dem Vorbringen der Beklagten – vor.

Dass zur Illustrierung solcher unwahrer Behauptungen die Verwendung eines Lichtbildes auch einer bekannten Person nicht zulässig ist, musste der Beklagten, unabhängig davon, ob ihr die konkrete Rechtsprechung der österreichischen Gerichte bekannt war, bewusst sein. Das gilt vor allem deshalb, weil auch nach der Rechtsprechung des EGMR zu unterscheiden ist, ob eine Veröffentlichung – wie hier – nur dem Zweck dient, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben einer bekannten Person zu befriedigen, oder ob sie als Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse angesehen werden kann (vgl EGMR 59320/00, v. Hannover gegen Deutschland [MR 2004, 246 [ Windhager]). Gegen diese Grundsätze hat die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft – wofür Fahrlässigkeit genügt (4 Ob 63/98p; Guggenbichler in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht [21. Lfg.] § 87 UrhG Rz 15) – verstoßen.

4. Damit kommt auch ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens in Betracht ( Kodek aaO Rz 108).

4.1.Nach ständiger Rechtsprechung ist ein solcher nur dann zu ersetzen, wenn die Beeinträchtigung den mit jeder Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger übersteigt, es sich also um eine ganz empfindliche Kränkung handelt. Dabei muss der Abgebildete konkret behaupten, worin die durch die beanstandete Bildveröffentlichung verursachte empfindliche Kränkung besteht (RS0078172; KodekaaO Rz 112). Da der Schadenersatzanspruch nach § 78 UrhG höchstpersönlich und unvererblich ist, ist ein Anspruch Angehöriger auf Ersatz immaterieller Schäden aus einer postmortalen Persönlichkeitsverletzung ausgeschlossen, weil beim Verstorbenen kein Gefühlsschaden eingetreten ist (RS0131156).

4.2Das bedeutet, dass der Kläger immateriellen Schadenersatz nur für seine eigene Kränkung, nicht aber für die Kränkung seiner verstorbenen Gattin verlangen kann. Dazu hat er vorgebracht, die nicht einmal einen Funken Wahrheit enthaltende Behauptung eines Mordverdachtes habe ihn gerade in der akuten Phase der Trauer um seine Frau, mit der er ** Jahre lang glücklich verheiratet gewesen sei und die ihn zu allen Konzerten begleitet habe, besonders stark getroffen. Diese Ausführungen sind auch vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass die inkriminierte Bildberichterstattung nur drei Wochen nach dem Tod der Gattin des Klägers erschienen ist. Demgegenüber vermag die Beklagte auch in der Berufung nicht aufzuzeigen, worin ihr berechtigtes Interesse oder ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit gelegen sei, über einen ohne jegliches Tatsachensubstrat in den Raum gestellten Mordverdacht zu berichten. Ein Veröffentlichungsinteresse an einer Bildberichterstattung im Zusammenhang mit einem erweislich unwahren Sachverhalt ist jedoch ebenso zu verneinen wie wenn der Abgebildete mit Vorgängen in Verbindung gebracht wird, mit denen er nichts zu tun hat (4 Ob 177/06t, Udo Jürgens; 4 Ob 233/08f, Fiona G.; Ciresa in Ciresa aaO § 78 Rz 23, 28).

Dass der Kläger selbst anlässlich des Ablebens seiner Gattin an die Öffentlichkeit gegangen ist, vermag – worauf bereits das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat – die Beklagte nicht zu exkulpieren. Im Gegensatz zur Beklagten hat der Kläger dabei nämlich keinen unbegründeten Mordverdacht in den Raum gestellt.

4.3Die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadens hat unter Berücksichtigung sämtlicher Verfahrensergebnisse nach § 273 ZPO zu erfolgen, wobei die Höhe für den Verletzer zumindest fühlbar sein und der Allgemeinheit verdeutlichen soll, dass sich Rechtsverletzungen dieser Art nicht lohnen ( Guggenbichler aaO Rz 22; Nageler-Petritz in Handlik / Hofmacher / Kucsko aaO § 87 Rz 41). Bei der Bemessung der Höhe des immateriellen Schadens wegen Eingriffen in das Recht am eigenen Bild sind unter anderem die Bekanntheit der abgebildeten Person, die Verbreitung des das Bild veröffentlichenden Mediums, die Abweichung des Begleittexts zum wahren Sachverhalt sowie ein dem Abgebildeten zu Unrecht unterstelltes Motiv zu berücksichtigen ( Nageler-Petritz aaO Rz 42).

4.4 Der Kläger ist, wie bereits ausgeführt, im deutschsprachigen Raum durchaus bekannt. Die Zeitschrift, in der die inkriminierte Veröffentlichung erfolgte, wird in Österreich sowohl als Printausgabe als auch als Download verbreitet und liegt als Teil der sogenannten „Lesezirkel-Kollektionen“ auch in Arztpraxen und bei Friseuren auf. Wie ebenfalls bereits dargelegt basiert der Begleittext, der eine Ermordung der Gattin des Klägers in den Raum stellt, auf keinem wahren Tatsachenkern, und es bestand kein berechtigtes Interesse der Beklagten an der Veröffentlichung. Diese erfolgte vielmehr aus reiner Sensationslust.

Ausgehend davon ist dem Erstgericht beizupflichten, dass die Höhe des immateriellen Schadenersatzes im höheren Bereich anzusetzen ist.

4.5Die Tendenz in der Rechtsprechung geht dahin, höheren immateriellen Schadenersatz als bisher zuzuerkennen. So erhöhte etwa das Oberlandesgericht Wien den immateriellen Schadenersatz einer trauernden Witwe, deren Gatte bei einem Unglück in den Flitterwochen ums Leben kam, in Bezug auf eine teils unwahre Tatsachen enthaltende Bildberichterstattung von den vom Erstgericht zuerkannten EUR 1.750 auf EUR 15.000 (4 R 149/23w); der Oberste Gerichtshof sah darin keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung (6 Ob 118/24g).

Der Berufungssenat hat in den Entscheidungen 33 R 109/23a und 33 R 171/23v den dortigen Klägerinnen als Opfer von „Victim Blaming“ im Zusammenhang mit einem von ihnen erhobenen Vorwurf einer sexuellen Belästigung gegenüber ihrem Arbeitgeber jeweils einen immateriellen Schadenersatz von EUR 20.000 zuerkannt. Ein vergleichbarer Fall liegt hier zwar nicht vor, zumal dem Kläger selbst kein unlauteres Verhalten unterstellt wird. Da die Bildberichterstattung jedoch wie dargestellt ohne sachliche Rechtfertigung in den höchstpersönlichen Lebensbereich des Klägers als trauernder Witwer eingreift, sind die im konkreten Fall vom Erstgericht zugesprochenen EUR 12.000 dennoch nicht korrekturbedürftig.

4.6 Soweit die Beklagte dieser – stets einzelfallbezogen zu erfolgenden – Ausmessung des Schadenersatz nur allgemein einen Verweis auf die Tabelle in Nageler-Petritz, Zur Höhe des immateriellen Schadenersatzes bei [ungerechtfertigter] Bildveröffentlichung in Medien, MR 2021, 279 f, entgegensetzt, so finden sich dort keine vergleichbaren Fälle. Dass in der Vergangenheit geringere Beträge bei vermeintlich schwereren Verstößen zuerkannt wurden, lässt einerseits bei länger zurückliegenden Fällen die Inflation unberücksichtigt (vgl Nageler-Petritz in Handlik / Hofmacher / Kucsko aaO Rz 43) und bedeutet andererseits nicht, dass nicht in speziellen Konstellationen dennoch ein höherer Entschädigungsbetrag gerechtfertigt sein kann (OLG Wien 33 R 116/24g; 33 R 109/23a; 33 R 171/23v).

5. Zusammengefasst war das Ersturteil daher sowohl hinsichtlich des Unterlassungs- als auch des Zahlungsbegehrens zu bestätigen; die Berufung musste erfolglos bleiben.

6.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

7.Da der Wert des Entscheidungsgegenstands nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, war er gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten. Das Berufungsgericht sieht keine Veranlassung, von der vom Kläger vorgenommenen Bewertung des Unterlassungsbegehrens mit EUR 35.000 abzugehen, weshalb auszusprechen war, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt EUR 30.000 übersteigt.

8.Ob die Voraussetzungen für den Zuspruch immateriellen Schadenersatzes nach § 87 Abs 2 UrhG vorliegen, richtet sich regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalles und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO; gleiches gilt für die im Einzelfall angemessene Höhe (RS0077369 [T11, T12]). Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.