JudikaturOLG Wien

3R159/24k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
28. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Guggenbichler und die Richterin Mag. a Müller in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B* , 2. C* B*, beide **, beide vertreten durch die Donnerbauer Partner Rechtanwalts GmbH in Retz, gegen die beklagte Partei D* GmbH, FN **, **, vertreten durch die Hintermeier Brandstätter Engelbrecht Rechtsanwälte OG in St. Pölten, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei E* GmbH, HRB ** , **, D-**, vertreten durch die Orsini und Rosenberg Striessnig Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 130.002,38 sA, über den Rekurs der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 4.9.2024, ***, in nichtöffentlicher Sitzung den

B E S C H L U S S

gefasst:

Spruch

Die Rekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen .

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufgehoben.

Die Nebenintervenientin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g:

Die Kläger begehrten mit Klage vom 17.11.2023 EUR 130.002,38 sA an Kosten der Verbesserung durch vollständigen Austausch mangelhafter Wand- und Dachpaneele, die die Beklagte im Zusammenhang mit der im Auftrag der Kläger erfolgten Errichtung einer Lagerhalle in ** geliefert und montiert habe.

Die Beklagte habe eine Verbesserung letztlich abgelehnt.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, die Lieferantin der Paneele, die E* GmbH, habe im Auftrag der Beklagten ein ganz konkretes Sanierungskonzept erarbeitet, das eine vollwertige und nachhaltige Reparatur gewährleiste. Die Kläger haben dieses jedoch abgelehnt.

Die E* GmbH trat dem Rechtsstreit nach Streitverkündung durch die Beklagte auf deren Seite als Nebenintervenientin bei und schloss sich deren Vorbringen an.

Das Erstgericht bestellte mit Beschluss vom 26.4.2024 (ON 27) Ing. F*, MBA, zum Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstattung von Befund und Gutachten zu näher genannten fachlichen Fragen.

Die Kläger erlegten über Auftrag des Erstgerichts einen Kostenvorschuss von EUR 3.000 für die voraussichtlichen Sachverständigengebühren (ON 20).

Der Sachverständige übermittelte am 22.7.2024 sein Gutachten sowie eine Gebührennote über EUR 2.995 (ON 31).

Das Erstgericht übermittelte das Gutachten und die Gebührennote den Parteien und der Nebenintervenientin mit der Aufforderung, allfällige Fragen zum Gutachten binnen 14 Tagen bekanntzugeben. Für diesen Fall werde die antragstellende Partei ersucht, einen Kostenvorschuss von EUR 1.000 zur Deckung weiterer Sachverständigengebühren binnen 14 Tagen zu erlegen (ON 32).

Die Nebenintervenientin beantragte mit Schriftsatz vom 28.8.2024 (ON 37) die schriftliche Ergänzung des Gutachtens und erhob Einwendungen gegen die Gebührennote des Sachverständigen.

Mit dem angefochtenen Beschluss trug das Erstgericht der Nebenintervenientin den Erlag eines Kostenvorschusses von EUR 1.500 binnen 14 Tagen auf. Begründend führte es aus, aufgrund des von der Nebenintervenientin gestellten Antrags auf Gutachtensergänzung seien voraussichtlich weitere Sachverständigengebühren in dieser Höhe zu erwarten. Da weder die Kläger noch die Beklagte die Erörterung oder Ergänzung des Gutachtens beantragt haben, sei die Nebenintervenientin ausnahmsweise Beweisführerin und somit verpflichtet, den Kostenvorschuss zu erlegen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Nebenintervenientin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben. Hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

1. Dem angefochtenen Beschluss liegt keine Entscheidung über die Gebühren eines Sachverständigen oder Dolmetschers zugrunde, sondern ein Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses; über den Rekurs ist daher nicht nach § 8a JN durch einen Einzelrichter, sondern in Senatsbesetzung zu entscheiden (RW0000879; OLG Wien 2 R 217/13s = SV 2014, 111 uva; vgl Krammer, SV 2012, 42 [Glosse zu OLG Wien 13 R 234/11v]).

2. Der Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses ist eine prozessleitende Verfügung im engeren Sinn und das Rekursverfahren daher einseitig (RW0000918; Sloboda in Fasching/Konecny 3 IV/I § 521a ZPO Rz 11). Die Rekursbeantwortung der Beklagten war dementsprechend zurückzuweisen.

3. Der Rekurs gegen den Beschluss, mit dem dem Nebenintervenienten der Erlag eines Kostenvorschusses aufgetragen wurde, ist ohne die Beschränkungen des § 332 Abs 2 ZPO zulässig, weil dieser nicht zum Erlag verpflichtet werden kann (vgl RW0000425; Frauenberger in Fasching/Konecny 3 III/1 § 332 ZPO Rz 16 und Körber-Risak in Höllwerth/Ziehensack , ZPO-TaKom § 332 ZPO Rz 9). Dazu wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen.

4. Mit Recht weist die Nebenintervenientin darauf hin, dass nur die Hauptparteien, nicht aber der Nebenintervenient zum Erlag eines Kostenvorschusses für einen Sachverständigenbeweis verpflichtet ist, mag auch er oder nur er die Aufnahme dieses Beweises beantragt haben. Will sich die Hauptpartei dieser Verpflichtung entziehen, muss sie dem vom Nebenintervenienten allein gestellten Beweis-antrag widersprechen ( Krammer in Fasching/Konecny 3 III/1 § 365 Rz 20). Die Nebenintervenientin hat nur ein rechtliches Interesse am Obsiegen anderer Personen, sie ist aber nicht selbst Prozesspartei und kann somit selbst keine Prozesshandlungen im eigenen Namen setzen. Vielmehr wird sie nur im Namen der Partei, auf deren Seite sie dem Verfahren beitritt, zu ihrer Unterstützung tätig ( Schneider in Fasching/Konecny ³ II/1 Vor §§ 17 ff ZPO Rz 1 ff). Dies bedeutet, dass alle Handlungen der Nebenintervenientin nur für die von ihr unterstützte Partei erfolgen und nur für diese wirksam werden ( Schneider aaO Rz 4). Ein Beweisantrag einer Nebenintervenientin gilt daher als Beweisantrag jener Partei, auf deren Seite sie dem Rechtsstreit beigetreten ist. Auch eine Kostenvorschusspflicht kann vor diesem Hintergrund nur die beweisführende Partei – nicht aber die sie unterstützende Nebenintervenientin – treffen (OLG Wien 4 R 108/14b; 2 R 174/09m; 3 R 150/07m).

Dem Rekurs war daher Folge zu geben.

Für einen erfolgreichen Rekurs gegen einen Beschluss, mit dem einer Partei der Erlag eines Kostenvorschusses für die Gebühren eines Sachverständigen auferlegt wird, stehen keine Kosten zu (RW0000386; RW0000073; OLG Wien 13 R 108/07b; 3 R 150/07m).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO. Der Rechtsmittelausschluss nach dieser Bestimmung gilt auch für einen Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses (RS0044179).