15R188/24p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Schaller als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidentin Mag. Köller-Thier und die Richterin Mag. Schmied in der Rechtssache der klagenden Partei A* B*) , **, vertreten durch Pendl Mair Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. C* GmbH, ** und 2. Mag. E*, **, beide vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Baden, wegen EUR 20.400 s.A. über die Berufung der beklagten Parteien gegen das Versäumungsurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16.10.2024, **–17,
I. in nicht öffentlicher Sitzung gem § 473 Abs 1 ZPO den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsberufung wird verworfen.
II. in nicht öffentlicher Sitzung gem § 480 ZPO zu Recht erkannt :
Im Übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.586,36 (darin EUR 431,06 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung und
Entscheidungsgründe:
Mit Klage, eingebracht am 3.5.2024, begehrte der Kläger EUR 20.400 s.A. und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass er Ende 2023 sowohl mit der Erst- als auch mit der Zweitbeklagten einen einheitlichen Sponsoringvertrag abgeschlossen habe. Dessen Gegenstand sei die Erbringung diverser Sponsoringdienstleistungen durch den Kläger im Zusammenhang mit dem 23. Promiskirennen am 16.2.2024 am ** und der Siegerehrung anschließend im E* gewesen, wie die Logoplatzierung auf den Startnummern, ein Transparent im Zielbereich, Tickets für die Abendgala usw. Als Gegenleistung seien EUR 17.000 zuzüglich USt vereinbart worden, für die beide Beklagten solidarisch hafteten. Obwohl die Leistungen von Seiten des Klägers termingerecht angeboten bzw. erfüllt worden seien, sei das vereinbarte Entgelt von den Beklagten nicht bezahlt worden.
Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und erhoben dagegen jeweils gemeinsam zwei Einsprüche, die jeweils am 3.6.2024 eingebracht wurden.
Mit dem zeitlich zuerst eingelangten Einspruch wendeten die Beklagten, beide vertreten durch Mag. Joachim Pfeiler, gegen das Klagebegehren ein, dass der Sponsoringvertrag durch den Kläger nicht erfüllt worden sei, weshalb die geltend gemachte Honorarforderung nicht zu Recht bestehe. Mit dem zweiten Einspruch wendeten sie, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte - Partnerschaft ein, die Erstbeklagte sei nicht passiv legitimiert, weil die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Zweitbeklagten persönlich getroffen worden sei. In der Folge sei der Auftrag reduziert worden und habe nur mehr den Aufdruck des Logos auf den Startnummern umfasst. Weitere Leistungen habe der Kläger auch nicht erbracht. Auch der Aufdruck sei nicht ordnungsgemäß erfolgt.
Am 6.6.2024 langte der Schriftsatz über die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zwischen den Beklagten und der Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte - Partnerschaft ein.
Am 23.8.2024 langte die Bekanntgabe über die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zwischen den Beklagten und dem Rechtsanwalt Mag. Joachim Pfeiler ein.
Weiterer Verfahrensablauf:
Mit Beschluss vom 9.9.2024 beraumte das Erstgericht die erste mündliche Streitverhandlung für den 16.10.2024 an und lud zu dieser Verhandlung die Parteienvertreter, und zwar für die Beklagten den zuletzt im Verfahren ausgewiesenen Beklagtenvertreter Mag. Pfeiler, sowie den Kläger und beide Beklagten zur Einvernahme.
Am 25.9.2024 langte beim Erstgericht der von beiden Beklagten mit dem Formblatt ZPForm 1 gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ein, der von beiden Beklagten gemeinsam ausgefüllt wurde. Die Beklagten beantragten Verfahrenshilfe im Umfang der einstweiligen Befreiung von Gerichtsgebühren, Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, den notwendigen Barauslagen und den Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt.
Mit Beschluss vom 25.9.2024 erteilte das Erstgericht den Beklagten einen Verbesserungsauftrag mit folgendem Inhalt:
„ . Es ist für beide beklagte Parteien jeweils ein getrenntes Vermögensbekenntnis zu legen
. Hinsichtlich der erstbeklagten GmbH ist zu sämtlichen Gesellschaftern ein weiters Vermögensbekenntnis zu legen
. Das Vermögensbekenntnis ist vollständig auszufüllen; nicht zutreffende Punkte sind zu streichen
. Angabe sämtlicher Bankkonten und die Vorlage von Kontoauszügen der letzten 3 Monate
. Darlegung, in welcher Höhe bzw Form monatlich Unterhalt an F* geleistet wird (Geldzahlungen oder sonstige Leistungen?)
. Anschluss von Belegen, insbesondere zu Einkommen und Schulden (zB: Lohnzettel, Pensionsbescheid, Einkomenssteuerbescheid, Nachweis zu Sozialleistungen, Nachweis von Unterhaltspflichten, Mietvertrag etc) “.
Die Verbesserung wurde binnen 14 Tagen aufgetragen. Der Verbesserungsbeschluss enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass, wenn die aufgetragene Verbesserung nicht innerhalb der gesetzten Frist oder nur unvollständig erfolgt, dies vom Gericht zum Nachteil der die Verfahrenshilfe beantragenden Partei gewürdigt werde und zur Abweisung des Verfahrenshilfeantrages führen könne.
Dieser Verbesserungsauftrag wurde der Erstbeklagten elektronisch am 26.9.2024 und der Zweitbeklagten durch Übernahme am 30.9.2024 zugestellt.
Am 15.10.2024 , somit einen Tag vor der anberaumten Tagsatzung, rief die Zweitbeklagte in der zuständigen Geschäftsabteilung des Erstgerichtes an und teilte mit, dass sie morgen zur Verhandlung nicht erscheinen werde, weil sie krank sei und eine Krankmeldung nachschicke und sie den verbesserten Verfahrenshilfeantrag per Post an das Gericht gleich schicken werde.
In der Verhandlung am 16.10.2024 erschien von Beklagtenseite niemand, woraufhin der Kläger den Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteils stellte und das Erstgericht das nunmehr angefochtene Versäumungsurteil erließ.
Am 18.10.2024 langten zwei ausgefüllte Formulare ZPForm 1 bei Gericht ein, und zwar eines ausgefüllt von der Erstbeklagten und ein zweites ausgefüllt von der Zweitbeklagten, die beide am 16.10.2024 bei der Post aufgegeben wurden.
Gegen das am 16.10.2024 erlassene Versäumungsurteil wendet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der Nichtigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, das Versäumungsurteil aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
I. Zur Nichtigkeitsberufung:
Die Berufungswerberinnen erachten das Versäumungsurteil mit den Nichtigkeitsgründen des § 477 Abs 1 Z 4 und Z 5 ZPO behaftet, da zum Zeitpunkt der Erlassung über die von ihnen gestellten Verfahrenshilfeanträge noch nicht entschieden gewesen sei. Sie hätten keinen Rechtsanwalt beauftragen können, weil sie nicht über die notwendigen finanziellen Mittel zur Beiziehung eines selbst gewählten Rechtsvertreters verfügten. Es sei daher in dieser Situation rechtswidrig gewesen eine Tagsatzung abzuhalten. Sie seien durch diesen gesetzwidrigen Vorgang daran gehindert gewesen zu verhandeln. Nicht zuletzt hätte das Erstgericht auch die Entschuldigung der Zweitbeklagten, die die Geschäftsführerin der Erstbeklagten sei, wegen Krankheit gelten lassen müssen und nicht fälschlicherweise davon ausgehen dürfen, dass die Beklagten unentschuldigt nicht erschienen seien. Das rechtliche Gehör sei daher iS des § 477 Abs 1 Z 4 und 5 ZPO verletzt worden, weshalb das Versäumungsurteil nichtig sei.
Rechtliche Beurteilung
Dazu hat das Berufungsgericht Folgendes erwogen:
1. Gemäß § 73 Abs 1 ZPO berechtigt weder der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe noch ein anderer nach diesem Titel zulässiger Antrag die Parteien, die Einlassung in den Rechtsstreit oder die Fortsetzung der Verhandlung zu verweigern oder die Erstreckung von Fristen oder die Verlegung von Tagsatzungen zu begehren.
§ 73 Abs 1 ZPO legt damit grundsätzlich fest, dass das Verfahren über Anträge auf Erteilung der Verfahrenshilfe den Ablauf des Verfahrens in der Hauptsache nicht aufhalten soll ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 73 ZPO Rz 1).
2. § 73 Abs 2 ZPO legt eine Unterbrechung im Falle der Antragstellung auf Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Verfahrenshilfeanwalts ua. für die Klagebeantwortungs- bzw. Einspruchsfrist fest, sofern der Antrag vor Ablauf der jeweiligen Frist gestellt wurde.
Diese Unterbrechungswirkung kommt im Anlassfall nicht zum Tragen, da die Beklagten rechtzeitig und anwaltlich vertreten Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erhoben haben.
3. Es ist daher hier prüfen, ob dadurch, dass die Tagsatzung vom 16.10.2024 nach Einlangen der Verfahrenshilfeanträge der Beklagten nicht verlegt wurde, § 73 Abs 1 ZPO richtig angewendet wurde.
4. Im Anwaltsprozess kann § 73 Abs 1 ZPO zu einem gewissen Rechtsschutzdefizit dann führen, wenn die Beklagten den Verfahrenshilfeantrag erst nach (schriftlicher) Streiteinlassung stellen und der bisher einschreitende Rechtsanwalt nicht mehr tätig wird ( M. Bydlinski aaO). Von der Lehre und der Rechtsprechung wird vertreten, dass es in besonders gravierenden Einzelfällen notwendig sein kann, dass das Gericht auch eine anberaumte Tagsatzung kurzfristig auf einen in nicht ferner Zukunft gelegenen Termin verlegt, um die die Verfahrenshilfe beantragende Partei vor denkbaren Nachteilen zu bewahren ( M. Bydlinski aaO Rz 2 mwN).
Einen solchen gravierenden Einzelfall, der eine Verlegung der Tagsatzung gefordert hätte, hat der OGH in 9 Ob 53/06v angenommen. Dort wurde ein Versäumungsurteil vor Erledigung eines bereits vor längerer Zeit (mehr als drei Monate vor der Tagsatzung) gestellten Verfahrenshilfeantrags erlassen. In dieser Entscheidung führte der OGH Folgendes aus:
„ Das Verfahren über die Erteilung der Verfahrenshilfe ist ein Zwischenverfahren, das den Gang des Hauptverfahrens nicht verzögern darf (1 Ob 680/90 ua). Auch wenn der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe die Parteien nicht berechtigt, die Einlassung in den Rechtsstreit oder die Fortsetzung der Verhandlung zu verweigern oder die Erstreckung von Fristen oder die Verlegung von Tagsatzung zu begehren (§ 73 Abs 1 ZPO), so heißt dies nicht, dass die Behandlung eines Verfahrenshilfeantrags im Belieben des Gerichts steht. Nach der Rechtsprechung begründet die Fällung eines Versäumungsurteils ohne vorherige Erledigung eines allfälligen Erstreckungsantrags zwar keine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, wohl aber einen wesentlichen Verfahrensmangel nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO [...]. Ähnliche Überlegungen können auch hier angestellt werden. Die Partei soll durch die notwendig gewordene Bewilligung der Verfahrenshilfe keine Säumnisfolgen und Nachteile in Ansehung befristeter Prozesshandlungen erleiden [...]. Wie der OGH zu 1 Ob 680/90 klargestellt hat, dürfen vom Gericht zu vertretende Verzögerungen in der Beschlussfassung über den Verfahrenshilfeantrag dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen. Es gilt bereits allgemein, dass der Richter die bei Gericht anhängigen Angelegenheiten so rasch wie möglich zu erledigen hat (§ 57 Abs 1 RDG). Die eingelaufenen Stücke und die bei Gericht aufgenommenen Protokolle sind, wenn sie dringende Angelegenheiten (zB Haftsachen) betreffen, sogleich, sonst so rasch als es die Geschäftslage gestattet, zu erledigen. Gleich aber, ob nun Verfahrenshilfeanträge zu den „dringenden Angelegenheiten“ iSd § 110 Abs 1 Geo zählen, die sogleich zu erledigen sind [...], oder ob sie jedenfalls so rasch zu erledigen sind, als es die Geschäftslage gestattet, kann hier kein Zweifel bestehen, dass zwischen der ersten Antragstellung der Beklagten vom 1.9.2005 und der vorbereitenden Tagsatzung vom 9.11.2005, die schließlich zum Versäumungsurteil gegen die Beklagte führte, für das Erstgericht hinreichend Zeit lag, den Verfahrenshilfeantrag der Beklagten in Behandlung zu ziehen. Auch das Verbesserungsverfahren hinsichtlich des Antrags, das nach dem 9.11.2005 stattfand, wäre in diesem Zeitraum unterzubringen gewesen. Ist das Gericht aber wie im vorliegenden Fall aus Gründen, die ausschließlich in seiner Sphäre liegen, außer Stande, einen Verfahrenshilfeantrag zu behandeln, dann hat es die bevorstehende Tagsatzung gemäß § 134 Abs 1 Z 1 ZPO von Amts wegen zu verlegen, wenn sich dem rechtzeitigen Erscheinen der Verfahrenshilfe (einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts) beantragenden Partei ein zumindest sehr erhebliches Hindernis entgegenstellt und die Partei ohne Verlegung einen nicht wieder gut zu machenden Schaden erleiden würde.[...] Hat die Partei alles getan was vernünftiger Weise von ihr verlangt werden kann, führt aber das Gericht trotz eigener Säumnis bei der Behandlung des Verfahrenshilfeantrags die Tagsatzung durch, ohne sie von Amts wegen zu verlegen, dann leidet das erlassene Versäumungsurteil an einem wesentlichen Verfahrensmangel nach § 496 Abs 1 Z 1 ZPO.“
Mit dieser Entscheidung hat der OGH klargestellt, dass die Nichterledigung des Verfahrenshilfeantrages aufgrund der Säumnis des Gerichts und die Durchführung einer (ersten) mündlichen Verhandlung in einer solchen Situation keinen Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO darstellt, da dadurch der die Verfahrenshilfe begehrenden Partei die Möglichkeit vor Gericht zu verhandeln nicht entzogen wurde. Wenn die ordnungsgemäße Ladung der Partei ausgewiesen ist, liegt daher bei ihrem Fernbleiben ein gesetzlicher Versäumnistatbestand vor, der der Annahme einer Nichtigkeit wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs entgegensteht (9 Ob 53/06v).
5. Da im Anlassfall der Parteienvertreter Mag. Pfeiler zur Verhandlung geladen wurden, bestand für die Beklagten die Möglichkeit vor Gericht zu verhandeln. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt damit nicht vor, zumal § 36 Abs 1 ZPO vorsieht, dass im Außenverhältnis die Beendigung des Vollmachtsverhältnisses erst wirksam wird, wenn die Bestellung eines anderen Rechtsanwalts von der Partei angezeigt wird. Im Anwaltsprozess ist daher über die Anzeige hinaus auch noch die Mitteilung erforderlich, welcher andere Rechtsanwalt bestellt wurde ( Fucik in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 36 Rz 2). Ohne Bestellungsanzeige ist weiterhin dem vorbestellten Rechtsanwalt zuzustellen, auch nach Ablauf der nur im Innenverhältnis maßgeblichen vierzehntägigen Frist des § 36 Abs 2 ZPO ( Fucik aaO mwN).
Demzufolge ist das hier bekämpfte Versäumungsurteil weder mit dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 noch mit jenem der Z 5 behaftet.
Die Nichtigkeitsberufung war damit zu verwerfen.
II. Zur weiteren Berufung:
Die übrige Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Verfahrensrüge
Die Berufungswerber erheben subsidiär eine Verfahrensrüge mit dem Argument, dass für den Fall, dass das Vorgehen des Erstgerichtes nicht als Nichtigkeitsgrund angesehen werde, in jedem Fall ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege.
1.1. Da, wie unter I. ausgeführt, das Vorliegen der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu verneinen ist, stellt sich daher die Frage, ob, wie in der Berufung behauptet, ein wesentlicher Verfahrensmangel gemäß § 496 Abs 1 Z 2 ZPO darin gelegen ist, dass die Verhandlung am 16.10.2024 ohne vorherige Entscheidung über die Verfahrenshilfeanträge abgehalten wurde.
1.2. Legt man die in 9 Ob 53/06v enthaltenen Erwägungen betreffend die Grenzen der Anwendung des § 73 Abs 1 ZPO auf den vorliegenden Fall um, so führt dies unter Betrachtung des zeitlichen Ablaufs des erstgerichtlichen Verfahrens zum Ergebnis, dass dem Erstgericht keine Säumnis vorzuwerfen ist, die einen Verfahrensmangel begründen würde:
Sechzehn Tage, nachdem das Erstgericht den Beschluss über die Anberaumung der mündlichen Verhandlung gefasst hatte, langten die verbesserungsbedürftigen Anträge der Beklagten auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bei Gericht ein. Noch am Tag des Einlangens dieser Anträge fasste das Erstgericht den Beschluss, mit dem die Verbesserung des Verfahrenshilfeantrages beauftragt wurde. Dieser Auftrag zur Verbesserung mit vierzehntägiger Verbesserungsfrist wurde den Beklagten am 26.9.2024 bzw. 30.9.2024 zugestellt, sodass es ihnen möglich gewesen wäre, die verbesserten Verfahrenshilfeanträge bei fristgerechtem Handeln noch vor der mündlichen Verhandlung einzubringen.
Im Zeitpunkt der Tagsatzung vom 16.10.2024 lag infolge Versäumung der Verbesserungsfrist kein verbesserter Verfahrenshilfeantrag vor, über den das Erstgericht hätte entscheiden können.
Dem Erstgericht ist bei der Prüfung der Verfahrenshilfeanträge daher keine Säumnis vorzuwerfen.
1.3. Ein Verfahrensmangel kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das Erstgericht der telefonischen Bekanntgabe der Zweitbeklagten am 15.10.2024 (ON 16.1), dass sie wegen Erkrankung an der Verhandlung nicht teilnehmen könne, keine Folgewirkungen für den weiteren Verfahrensablauf beimaß.
Die Argumentation in der Berufung, dass die Bekanntgabe des Fernbleibens von der Verhandlung in eine Vertagungsbitte umzudeuten sei, scheitert schon an dem Umstand, dass es sich bei diesem Telefonat um keine gerichtliche Eingabe handelt, die einer geschäftsordnungsgemäßen Behandlung zugeführt werden kann.
Mit der gewünschten Umdeutung übersehen die Beklagten auch, dass angesichts des im Verfahren herrschenden Anwaltszwangs aus einer Mitteilung der auch persönlich zur Einvernahme geladenen Zweitbeklagten, selbst nicht zur Verhandlung erscheinen zu können, nicht klar darauf geschlossen werden kann, dass diese auch von keinem anwaltlichen Vertreter wahrgenommen werden könne.
Im Übrigen war am 15.10.2024 die Frist zur Verbesserung des Verfahrenshilfeantrages bereits abgelaufen. Diese Verbesserung hätte von der Erstbeklagten spätestens am 10.10.2024 und von der Zweitbeklagten spätestens am 14.10.2024 zur Post gegeben werden müssen. Damit bot auch der von der Zweitbeklagten bei dem Telefongespräch gegenüber der Geschäftsabteilung gemachte Hinweis, dass der verbesserte Verfahrenshilfeantrag gleich per Post an das Gericht geschickt werde, keinen verfahrensrechtlichen Anlass, die für den nächsten Tag anberaumte Tagsatzung zu verlegen.
1.4. Da - im Gegensatz zum Verfahren 9 Ob 53/06v - dem Erstgericht im Zwischenverfahren über die Prüfung der Verfahrenshilfe keine Säumnis vorzuwerfen ist, sondern die Verfahrenshilfeanträge in Entsprechung des § 110 Abs 1 Geo. unverzüglich behandelt wurden – es wurde noch am Tag des Einlangens der Verfahrenshilfeanträge ein Verbesserungsauftrag erteilt mit einer Frist, die noch vor der Abhaltung der Tagsatzung endete - bestand für das Erstgericht keine Verpflichtung, die Tagsatzung vom 16.10.2024 entgegen der Bestimmung des § 73 Abs 1 ZPO zu verlegen.
Die Erlassung des Versäumungsurteils ist daher das Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens.
2. Zur Rechtsrüge :
Soweit in der Berufung hilfsweise auch eine Rechtsrüge mit der Begründung erhoben wird, dass das Erstgericht fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass die Beklagten unentschuldigt nicht erschienen seien, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich dabei inhaltlich um die Verfahrensrüge handelt. Die Beurteilung, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Versäumungsurteils vorliegen, sind dem Verfahrensrecht zuzuordnen. Da sich die Rechtsrüge nicht gegen die rechtliche Beurteilung der Rechtssache wendet, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Im Übrigen übersehen die Beklagten, dass das Versäumungsurteil nicht wegen ihres persönlichen Nichterscheinens, sondern wegen des Nichterscheinens eines nach § 27 Abs 1 ZPO notwendigen anwaltlichen Vertreters erlassen wurde.
Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass die am 16.10.2024 zur Post gegebenen Verfahrenshilfeanträge nur die Verbesserung im Sinne des ersten Punktes des Verbesserungsauftrages enthielten, die weiteren vom Erstgericht beauftragten Verbesserungen jedoch nicht erfolgten.
Der Berufung war daher insgesamt der Erfolg zu versagen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
4. Aufgrund der klaren rechtlichen Anordnung des § 73 Abs 1 ZPO iVm der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung über die Grenzen der Anwendung des § 73 Abs 1 ZPO ist im Anlassfall keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen. Die ordentliche Revision ist daher gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.