11Rs18/25h – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. Patrick Eixelsberger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Adalbert Spitzl (Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Dragoljub Velebit (Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **straße **, **, vertreten durch B*, Rechtsreferentin der Kammer für Arbeiter und Angestellte C*, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , Landesstelle D*, **, **, vertreten durch ihren Angestellten Mag. E*, wegen Invaliditätspension, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 31. Jänner 2025, Cgs* 19, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, sodass es insgesamt zu lauten hat:
„1. Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ab 1.6.2023 die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß unbefristet zu gewähren, wird abgewiesen.
2. Es wird festgestellt, dass bei der klagenden Partei im Zeitraum vom 22.3.2022 bis 9.9.2023 vorübergehende Invalidität vorlag.
Der Anspruch der klagenden Partei auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation besteht im Zeitraum vom 1.6.2023 bis 9.9.2023 zu Recht.
Der Anspruch der klagenden Partei auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung besteht im Zeitraum vom 1.6.2023 bis 30.9.2023 zu Recht.
3. Das Mehrbegehren auf Feststellung des Anspruchs auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation und Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung über den 9.9.2023 bzw 30.9.2023 hinaus sowie auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation wird abgewiesen.“
Die ordentliche Revision ist zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 29.9.2023 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 17.5.2023 auf Gewährung einer Invaliditätspension ab und sprach aus, dass kein Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung, kein Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation und auch kein Anspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation bestehe.
Der Kläger begehrte mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage, die Beklagte zur Gewährung einer Invaliditätspension ab 1.6.2023 zu verpflichten, in eventu den Anspruch des Klägers auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation samt Rehabilitationsgeld (aus der Krankenversicherung) ab 1.6.2023 festzustellen sowie wiederum in eventu den Anspruch des Klägers auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation festzustellen. Er sei invalide, da er an einer Amputation des 4. Fingers links, einer Handverschmälerung 4. Strahl links, an Belastungsschmerzen mit Bewegungseinschränkungen in allen Ebenen sowie einer Kraftminderung der linken Hand, an Phantomschmerzen, an einer chronischen Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Einflussfaktoren, an einer posttraumatischen Belastungsstörung, an einer generalisierten Angststörung sowie an einer rezidivierenden Depression in gegenwärtig schwerer Episode leide.
Die Beklagtebeantragte die Abweisung der Klage und wandte ein, dass der Kläger im Beobachtungszeitraum nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig gewesen sei. Der Kläger sei gemäß § 255 Abs 3 ASVG im Stande, durch eine auf dem Arbeitsmarkt noch bewertete und ihm auch zumutbare Tätigkeit wenigstens die gesetzliche Lohnhälfte zu erzielen.
Mit dem angefochtenen Urteilwies das Erstgericht die Klage zur Gänze ab. Es legte den auf den Seiten 2 und 3 ersichtlichen Sachverhalt zugrunde, auf den gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Diese Feststellungen sind auszugsweise wie folgt wiederzugeben:
Der am ** geborene Kläger war in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1.6.2008 bis 31.5.2023) 4 Monate als Hausmeister, 9 Monate als Reiniger, 13 Monate als Arbeiter bei Fensterbeschlägen und 19 Monate als Lagerarbeiter beschäftigt. Insgesamt erwarb der Kläger bislang 69 Beitragsmonate der Pflichtversicherung, davon 24 Beitragsmonate der Pflichtversicherung in einer Teilversicherung (APG) und 45 Beitragsmonate der Pflichtversicherung einer Erwerbstätigkeit.
Der Kläger erlitt am 22.3.2022 einen Arbeitsunfall im Bereich des 4. Fingers der linken Hand. Nach Mehrfachoperationen im UKH D* musste zuletzt der Ringfinger der linken Hand amputiert werden und wurde zusätzlich eine Handverschmälerungsoperation mit Teilamputation des 4. Mittelhandknochens durchgeführt. Daraus resultieren eine Schmerzhaftigkeit im Bereich des Amputationsstumpfes des 4. Strahles der linken Hand und auch neuropathische Schmerzen mit Kälteempfindlichkeit und rötlichen Verfärbungen. Beim Kläger liegen Zeichen einer affektiven Störung im Sinne einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion von längerer Dauer vor.
Daraus ergeben sich im Bereich der rechten oberen Extremität keine Einschränkungen. Im Bezug auf die linke obere Extremität sind dem Kläger Hebe- und Tragebelastungen bis zu 2,5 kg möglich. Arbeiten können im Sitzen, Gehen und Stehen durchgeführt werden ohne Unterbrechung einer Körperhaltung. An der linken Hand bzw am linken Arm bestehen Einschränkungen der Feinmotorik und der Grobmotorik. Rechts ist das Anheben und Heben von Lasten von mehr als 15 kg uneingeschränkt möglich, links bis zu 3 kg drittelzeitig. Grobmanuelle Tätigkeiten mit dem linken Arm/der linken Hand sind nicht möglich.
Arbeiten sind möglich bis zu einem zeitweise überdurchschnittlichen Zeitdruck (fallweise forciertem Arbeitstempo). Nachtschichtarbeiten und Akkordarbeiten sind dem Kläger nicht möglich. Ansonsten bestehen keine kognitiven Einschränkungen oder Einschränkungen in Bezug auf soziale und persönliche Kompetenz. Auch situationsbedingte Einschränkungen und sonstige Einschränkungen liegen beim Kläger nicht vor.
Der Kläger ist in der Lage, ein tägliches Arbeitspensum von 8 Stunden und ein wöchentliches Pensum von 40 Stunden zu bewältigen. Zusätzliche Arbeitspausen sind [nicht] erforderlich.
Selbst bei Einhaltung des Leistungskalküls sind regelmäßige leidensbedingte Krankenstände im Ausmaß von 2 Wochen pro Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
Nach seinem Unfall vom 22.3.2022 bestand beim Kläger bis zur Absolvierung des stationären Aufenthalts in ** (von 8.8.2023 bis 9.9.2023) Arbeitsunfähigkeit. Seit diesem Zeitpunkt trat eine wesentliche Besserung im Zustand des Klägers ein und seit diesem Zeitpunkt besteht das oben angeführte Leistungskalkül.
Mit seinem eingeschränkten Leistungskalkül ist der Kläger in der Lage, einfache Beschäftigungen am allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, wie etwa Tätigkeiten als Portier, Montagearbeiter kleiner Werkstücke, Verpackungsarbeiter, Museumsaufseher, Adjustierer oder Telefonist. Diese Tätigkeiten sind körperlich leicht, geistig einfach, leicht überschaubar und immer wiederkehrend. Bei diesen Tätigkeiten besteht die Möglichkeit eines beliebigen Wechsels der Körperhaltung. Die angeführten Verweisungstätigkeiten kommen bundesweit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zahlreich vor, zumindest in einer Anzahl von 100 Arbeitsstellen und mehr.
In rechtlicher Hinsichtging das Erstgericht zusammengefasst davon aus, dass auf den Kläger, der keinen Berufsschutz genieße, die Bestimmung des § 255 Abs 3 ASVG anzuwenden sei und ihm eine Invaliditätspension erst dann gebühre, wenn er nicht mehr in der Lage sei, eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertete Tätigkeit zu verrichten. Der Kläger sei nach dem Ende des Rehabilitationsaufenthalts im September 2023 aber wieder im Stande, die in den Feststellungen genannten Verweisungstätigkeiten zu verrichten. Im davor liegenden Zeitraum sei der Kläger zwar ab 22.3.2022 vorübergehend arbeitsunfähig gewesen. Ein Anspruch auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation samt Rehabilitationsgeld [aus der Krankenversicherung] bestehe jedoch nicht, da eine vorübergehende Invalidität im Ausmaß von sechs Monaten ab dem Stichtag vorliegen müsse; dies sei hier nicht der Fall.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagte hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt.
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Vorweg ist auf den Anfechtungsumfang einzugehen. Der Kläger führt in der Berufungserklärung an, das Urteil vollumfänglich anzufechten; der Berufungsantrag lautet auf Klagsstattgabe, in eventu Aufhebung des gesamten Urteils. Wie sich aus den Berufungsausführungen ergibt, richtet sich die Rechtsrüge des Klägers bloß gegen die Abweisung seines Anspruchs auf medizinische Rehabilitation und Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung. Gegen die Abweisung des Hauptbegehrens und des Eventualbegehrens auf berufliche Rehabilitation trägt der Kläger keine Argumente vor.
1.1 Gemäß § 467 Z 3 ZPO muss die Berufungsschrift neben den allgemeinen Erfordernissen eines vorbereitenden Schriftsatzes die bestimmte Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird, weiters die ebenso bestimmte kurze Bezeichnung der Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) und die Erklärung, ob die Aufhebung oder eine Abänderung des Urteils beantragt werde. Das Rechtsmittel entspricht nur dann den formellen Erfordernissen, wenn sich aus dem Antrag und der Begründung der Umfang der Anfechtung des Urteils ergibt; andernfalls ist es zu verwerfen (RS0042160). Wenn der Inhalt der Berufungsausführungen den Rechtsmittelantrag sachlich nicht zur Gänze begründet, liegt kein Formalverstoß vor. In einem solchen wie auch hier vorliegendenFall ist daher die Berufung nicht zu verwerfen, sondern in diesem Umfang meritorisch abzuweisen (RS0042180).
1.2 Das Berufungsgericht hat zwar bei gesetzmäßig ausgeführter Rechtsrüge die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen, ist jedoch bei Vorliegen mehrerer selbständig zu beurteilender Rechtsfragen an eine Beschränkung der Berufungsgründe gebunden (RS0043352 [T26]). Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Vorliegen dauerhafter Invalidität bzw eines Anspruchs auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation ist daher nicht erforderlich. Im Übrigen bestehen in diesem Umfang auch keine Bedenken gegen die erstgerichtlichen Ausführungen.
2. Die Berufung moniert, dass beim Kläger die Voraussetzung der zumindest sechsmonatigen Invalidität vorgelegen habe. Das Erstgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die sechsmonatige Arbeitsunfähigkeit ab dem Stichtag vorliegen müsse. Vielmehr sei auch eine vor der Antragstellung liegende Invalidität bei Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu berücksichtigen und deshalb aufgrund der getroffenen Feststellungen Rehabilitationsgeld zuzusprechen.
Dazu ist auszuführen:
2.1 Für diejenigen Versicherten, die wie der Kläger am 1.1.2014 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, wurde mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 (SRÄG 2012, BGBl I 2013/3) die befristete Invaliditätspension (Berufsunfähigkeitspension) abgeschafft, aber ein Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation bei vorübergehender Invalidität/ Berufsunfähigkeit sowie die neuen Leistungen des Rehabilitations- und des Umschulungsgeldes eingeführt (ErläutRV 2000 BlgNR 24. GP 2, 24).
Wird eine beantragte Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit abgelehnt, weil dauernde Invalidität aufgrund des körperlichen oder geistigen Zustandes nicht anzunehmen ist, so hat der Versicherungsträger gemäß § 367 Abs 4 ASVG von Amts wegen festzustellen, ob und seit wann Invalidität im Sinne des § 255 Abs 1 und 2 ASVG oder im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG vorliegt, ob ein Rechtsanspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253e ASVG besteht, sowie ob die vorübergehende Invalidität voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird und ob ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld (§ 255b ASVG) besteht.
Diese Bestimmung gilt auch für das Arbeits- und Sozialgericht, weshalb diese Feststellungen gegebenenfalls auch amtswegig im sozialgerichtlichen Verfahren zu treffen sind (10 ObS 31/18h, 10 ObS 160/16a).
2.2 Ein eigenständiger Antrag auf Zuerkennung von Rehabilitationsgeld ist nicht vorgesehen. Gemäß § 361 Abs 1 letzter Satz ASVG gilt vielmehr ein Antrag auf Gewährung einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit vorrangig als Antrag auf Leistung der medizinischen Rehabilitation und Rehabilitationsgeld.
2.3 Voraussetzung für den Leistungsanspruch auf Rehabilitationsgeld ist gemäß § 255b ASVG unter anderem, dass vorübergehende Invalidität voraussichtlich im Ausmaß von zumindest sechs Monaten vorliegt.
§ 143a Abs 1 ASVG legt fest, dass der Anspruch auf Rehabilitationsgeld ab dem Stichtag nach § 223 Abs 2 ASVG gebührt (vgl auch § 255b ASVG).
Nach § 223 Abs 2 ASVG ist der Stichtag für die Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist und auch die anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sowie in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, bei Anträgen auf eine Leistung aus den Versicherungsfällen des Alters oder der geminderten Arbeitsfähigkeit der Tag der Antragstellung, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Tag der Antragstellung folgende Monatserste.
Der Stichtag dient demnach der Feststellung, ob, in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt ( Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 223 ASVG Rz 22 [Stand 1.3.2018, rdb.at]).
Es ist allerdings zwischen dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen und dem Leistungsanfall zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Zuspruch von Rehabilitationsgeld ist eine zumindest sechsmonatige Invalidität. Damit wird eine Anspruchsvoraussetzung normiert, um zu erreichen, dass die Leistung nur zu gewähren ist, wenn eine gewisse Mindestdauer des Bedarfs besteht, ohne dass es auf die zeitliche Lagerung vor oder nach Antragstellung ankommt (vgl RS0120157 unter anderem zu § 254 Abs 1 Z 1 ASVG aF). Es sind daher auch die Monate der Invalidität vor Antragstellung in der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu berücksichtigen. Dies zeigt sich insbesondere auch daran, dass der Versicherungsträger nach § 367 Abs 4 Z 1 ASVG festzustellen hat, ob und seit wann Invalidität vorliegt.
Die Leistung gebührt jedoch erst für die Zeiträume der vorübergehenden Invalidität nach dem Stichtag.
2.4 Wenn, wie im vorliegenden Fall, vor dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz eine vorübergehende geminderte Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt ist, steht das Ende der Dauer der vorübergehenden geminderten Arbeitsfähigkeit fest. Dies hindert jedoch einen Zuspruch von Rehabilitationsgeld nicht. Eine gesetzliche Regelung, nach der das Rehabilitationsgeld in jedem Fall unbefristet zuzuerkennen ist, findet sich nicht. Eine Verpflichtung zur Zuerkennung von Rehabilitationsgeld über die Dauer der geminderten Arbeitsfähigkeit hinaus, also für einen Zeitraum, an dem die geminderte Arbeitsfähigkeit nicht mehr vorliegt, wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt. Das Rehabilitationsgeld ist dann vielmehr befristet bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit zuzusprechen (vgl 10 ObS 31/18h).
2.5 In Hinblick auf die angestellten Überlegungen zeigt sich, dass Rehabilitationsgeld für die Dauer der vorübergehenden Invalidität zu gewähren ist, sofern eine solche im Ausmaß von zumindest sechs Monate vorliegt. Die Annahme, dass lediglich die Zeiträume nach Stichtag für die Beurteilung der sechsmonatigen Invalidität heranzuziehen sind, ist weder aus dem Gesetz ableitbar noch mit der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vereinbar.
Nach den getroffenen Feststellungen bestand beim Kläger nach seinem Unfall vom 22.3.2022 bis 9.9.2023 Arbeitsunfähigkeit, weshalb insgesamt eine mehr als sechsmonatige Invalidität vorlag. Dem Kläger steht daher Rehabilitationsgeld ab 1.6.2023 befristet bis zum Ende der Invalidität zu, und zwar in sinngemäßer Anwendung des § 99 Abs 3 Z 2 ASVG bis Ende September 2023.
3. Nach § 253f Abs 1 ASVG haben Personen, für die bescheidmäßig festgestellt wurde, dass vorübergehende Invalidität im Sinne des § 255 Abs 1 und 2 oder 3 im Ausmaß von zumindest sechs Monaten vorliegt, Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation, wenn dies zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustands zweckmäßig ist. Damit knüpft auch diese Regelung an eine gewisse Mindestdauer des Bedarfs an, ohne dass es auf die zeitliche Lagerung vor oder nach Antragstellung ankommt, weshalb die vorangeführten Ausführungen sinngemäß gelten. Im Übrigen fehlt es hier an einer Stichtagsregelung. Nur die Anspruchsdauer war mit 9.9.2023 zu befristen, weil der Kläger ab 10.9.2023 wieder arbeitsfähig war und § 99 ASVG nur für laufende Leistungen, das sind Leistungen, die auf bestimmte oder unbestimmte Dauer gewährt und in regelmäßig wiederkehrenden Zeiträumen erbracht werden, gilt (vgl Schramm in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 99 ASVG Rz 2 [Stand 1.10.2021, rdb.at]; siehe auch 10 ObS 48/20m = RS0133205).
4. Der Berufung kommt daher in diesem Umfang Berechtigung zu und war das erstgerichtliche Urteil dahingehend teilweise abzuändern.
5. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil der Oberste Gerichtshof soweit überblickbar zur Frage, ob ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung erst bei Vorliegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit in der Dauer von sechs Monaten ab Stichtag besteht, noch nicht Stellung genommen hat.