Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Rofner und Mag. Kitzbichler sowie die fachkundigen Laienrichter Leonhard Larcher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AD in RR in Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , Bezieherin einer Invaliditätspension, vertreten durch Dr. Frank Philipp, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , Landesstelle **, vertreten durch deren Angestellte B*, ebendort, wegen Ausgleichszulage, über die Berufungen der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 13.12.2024, **-53, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Beiden Berufungen wird keine Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters die mit EUR 731,90 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die am ** geborene Klägerin bezieht seit 1.4.2020 eine Invaliditätspension von der Beklagten, die ab 1.1.2022 auf monatlich brutto EUR 555,05 und ab 1.1.2023 auf monatlich brutto EUR 587,20 erhöht wurde.
Beim Bezirksgericht Dornbirn behing zu ** ein Verfahren über die vom geschiedenen Ehegatten der Klägerin (im Folgenden: geschiedener Ehegatte) eingebrachte Klage auf Herabsetzung des bis dato in Höhe von EUR 547,23 an die Klägerin monatlich bezahlten Unterhaltsbetrags auf EUR 113,90. Der geschiedene Ehegatte hatte aus gesundheitlichen Gründen sein Arbeitsverhältnis beendet und ab 1.9.2019 jeweils monatlich eine Korridorpension in Höhe von EUR 437,62 von der Schweizer Pensionskasse und eine Pension in Höhe von EUR 72,92 von der Beklagten bezogen. Im genannten Verfahren schloss die Klägerin (als Beklagte) mit dem geschiedenen Ehegatten (als Kläger) am 2.11.2020 einen gerichtlichen Vergleich, der auszugsweise lautet:
„1. Der Unterhalt, den der Kläger der Beklagten entsprechend dem zu ** des Bezirksgerichts Feldkirch am 31.7.2000 abgeschlossenen Scheidungsvergleich gem §§ 66, 67 EheG zu bezahlen hat, wird ab 8.4.2020 (Klagseinbringung) auf EUR 306,60 pro Monat herabgesetzt.
2. Der Kläger wird am 1.4.2022 die Regelpension antreten, was ohnehin eine Neuberechnung des Unterhalts zur Folge hat.
3. Hinsichtlich der Bemessung des Unterhalts wird auf die in der hg Verhandlung ** vom 5.8.2020 (AS 57) dargestellten Einkommensverhältnisse, Sorgepflichten, Berechnungsmethode etc verwiesen. Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage des klägerischen Einkommens wurde davon ausgegangen, dass die Abfertigung des Klägers von EUR 39.059,73 auf 31 Monate (Zeitraum zwischen Antritt Korridorpension bis Antritt Regelpension) aufzuteilen ist. Es herrscht Einvernehmen darüber, dass diese Aufteilungsvariante auch im Fall einer Neubemessung des Unterhalts heranzuziehen ist. Die Umstandsklausel wird nicht ausgeschlossen.“
Mit Schreiben an die Beklagte vom 2.11.2020 erklärte die Klägerin, vertreten durch den nunmehrigen Klagsvertreter, „selbstverständlich eine Neuberechnung des Unterhalts bei Erreichen des Regelpensionsalters des geschiedenen Ehegatten im April 2022 zu veranlassen“.
Mit Bescheid vom 4.11.2020 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Ausgleichszulage in Höhe von monatlich EUR 83,28 ab 1.4.2020 und in Höhe von EUR 139,43 ab 1.5.2020. Bei der Berechnung der Höhe der Ausgleichszulage ab 1.5.2020 ging die Beklagte von einer anrechenbaren Unterhaltsleistung in Höhe von monatlich EUR 306,60 aus.
Der geschiedene Ehegatte bezieht seit 1.4.2021 eine ordentliche Altersrente mit Kürzung wegen Rentenvorbezug in Höhe von CHF 1.820,00. Seit 2022 beträgt diese Rente CHF 2.282,37 brutto; davon muss er EUR 2.300,00 jährlich an das Finanzamt Österreich und EUR 41,42 an die Österreichische Gesundheitskasse abführen. Zudem erhält er seit 1.4.2022 eine Alterspension von brutto EUR 79,01 von der Beklagten.
Die Klägerin wird aufgrund ihrer psychischen Verfassung von der C* GmbH bei allen Behördenangelegenheiten, so auch der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, unterstützt.
Am 20.4.2022 sicherte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu, sich bei ihrem geschiedenen Ehegatten bzw ihrem Rechtsanwalt zu erkundigen und sich sodann bei der Beklagten zu melden. Mit Schreiben vom 5.5.2022 ersuchte die Beklagte die Klägerin erneut um Übermittlung einer vollständigen Kopie der Vergleichsausfertigung über die Neuberechnung des Unterhalts ab 1.4.2022.
Mit Schreiben vom 30.5.2022 ersuchte der Klagsvertreter den Rechtsvertreter des geschiedenen Ehegatten, ihm aktuelle Einkommensunterlagen zu übermitteln, um diese an die Beklagte weiterleiten zu können.
Mit Schreiben vom 9.6.2022 urgierte die Beklagte [bei der Klägerin] die Vorlage des neuen Unterhaltsvergleichs.
Am 27.9.2022 erhielt der Klagsvertreter ein Schreiben des Rechtsvertreters des geschiedenen Ehegatten mit folgendem Inhalt:
„Wie mit Ihnen letzte Woche besprochen, leite ich Ihnen die mir zugegangenen Unterlagen weiter.
Mein Mandant hat mir ergänzend erklärt, dass sich seine Einkünfte aus der Schweiz mit:
CHF 481,30 und
CHF 1.820,00
niederschlagen.
In diesem Zusammenhang ist von ihm eine Einkommenssteuer in Höhe von EUR 2.300,00 zu bezahlen.
In Österreich verbleibt ihm kein Pensionsauszahlungsbetrag und ist es so, dass er noch einen Betrag von ca EUR 41,00 aufzahlen muss, um Versicherungsschutz zu haben.
Ich lege Ihnen folgende Unterlagen bei:
- Mitteilung Zentrale Ausgleichsstelle ZAS vom 2.2.2022
- Verfügung Schweizerische Ausgleichskasse SAK vom 4.3.2021
- Vorauszahlungsbescheid 2021
- Verständigung über die Leistungshöhe zum 1.1.2022 der PVA
- Beitragsvorschreibung zur Krankenversicherung vom 15.2.2022 und 15.9.2022“
Eine „Neuberechnung“ des Unterhalts der Klägerin wurde bis dato (Schluss der Verhandlung erster Instanz: 13.12.2024) nicht vorgenommen. Der geschiedene Ehegatte zahlt der Klägerin nach wie vor unverändert EUR 306,60 monatlich an Unterhalt.
Die Klägerin schloss nicht aus, dass ihr ein erhöhter Unterhaltsanspruch zusteht.
Soweit steht der Sachverhalt unbekämpft fest (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5.5.2022 setzte die Beklagte die der Klägerin gewährte Ausgleichszulage ab 1.5.2022 „vorläufig“ auf EUR 85,00 monatlich herab.
In Anfechtung dieses Bescheids begehrt die Klägerin mit rechtzeitiger Bescheidklage, die Beklagte zur Zahlung der Ausgleichszulage ab dem 1.5.2022 „im vollen gesetzlichen Ausmaß ungekürzt“ zu verpflichten. Anspruchsbegründend brachte sie zusammengefasst vor, ihr geschiedener Ehegatte erhalte jährlich CHF 16.380,00 an Pension, wovon er Einkommenssteuer in Höhe von EUR 2.300,00 jährlich zu zahlen habe; insgesamt betrage sein jährliches Einkommen, das die Unterhaltsbemessungsgrundlage darstelle, maximal EUR 1.100,00 monatlich, 12 mal jährlich. Davon ausgehend habe sie keinen höheren Unterhaltsanspruch als EUR 306,60 monatlich. Bemessungsgrundlage dieses Unterhaltsbetrags sei ein seinerzeitiges monatliches Einkommen des geschiedenen Ehegatten von EUR 1.745,61 gewesen. Die Verhältnisse hätten sich daher nicht geändert, weshalb ihr Anspruch auf Ausgleichszulage unverändert weiterbestehe.
In der Folge (ON 27 und 32) brachte die Klägerin davon teilweise abweichend vor, ihr geschiedener Ehegatte habe im Jahr 2022 ein Nettojahreseinkommen von EUR 22.078,93 (Bruttoeinkommen EUR 26.116,93 abzgl EUR 4.038,00 Einkommenssteuer) erzielt; demgegenüber hätten ihre Pensionseinkünfte insgesamt EUR 7.770,14 betragen. Ihr Unterhaltsanspruch betrage 40 % des gemeinsamen Einkommens von EUR 29.849,07 abzüglich des eigenen Einkommens, somit höchstens EUR 347,45 monatlich. Berücksichtige man darüber hinaus, dass der inländische Pensionsbetrag des geschiedenen Ehegatten von EUR 850,44 zur Gänze nicht zur Auszahlung gelange und sich sein Einkommen daher um diesen Betrag reduziere, errechne sich tatsächlich kein gegenüber dem Unterhaltsvergleich erhöhter Unterhaltsanspruch. Eine Änderung der Verhältnisse, die sie zur Geltendmachung eines höheren Unterhalts berechtigen würde, sei daher nicht eingetreten. Der geschiedene Ehegatte habe über ihre schriftliche Aufforderung durch seinen Rechtsvertreter mitteilen lassen, dass sich seine Einkünfte gegenüber dem Zeitpunkt des Unterhaltsvergleichs nicht erhöht hätten, weshalb für ihn keine Veranlassung bestünde, einen höheren Unterhalt zu leisten.
Die Beklagtebeantragt Klagsabweisung und wendete zusammengefasst ein, im gerichtlichen Unterhaltsvergleich sei ausdrücklich festgehalten worden, dass im Zeitpunkt des Pensionsantritts des geschiedenen Ehegatten mit 1.4.2022 eine Neuberechnung des Unterhalts erfolgen werde. Trotz mehrfacher Nachfrage habe die Klägerin bislang keinen Nachweis über eine Neuregelung des Unterhalts beigebracht. Vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 107 Abs 2 lit a ASVG treffe die Beklagte die Verpflichtung, ab Kenntnis des allfälligen zusätzlichen Einkommens die Ausgleichszulage „vorsorglich“ herabzusetzen. Eine Ausgleichszulagenwerberin könne zwar grundsätzlich auf Ansprüche mit Einkommenscharakter verzichten, doch sei ein solcher Verzicht – hier: ein allfälliger Unterhaltsverzicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten – unter Umständen bei der Feststellung der Ausgleichszulage unbeachtlich, weil die Leistungslast vom Unterhaltspflichtigen nicht auf die öffentliche Hand abgewälzt werden dürfe. Diese Grundsätze würden auch gelten, wenn eine Ausgleichszulagenwerberin ohne ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzicht die Durchsetzung gesetzlicher Ansprüche unterlasse.
Nach den vorgelegten Urkunden erhalte der geschiedene Ehegatte nunmehr eine Pension aus der Schweiz in Höhe von monatlich brutto EUR 2.282,37. Hinzu komme die inländische Pension von EUR 79,01, 14 mal jährlich. Bringe man davon den Krankenversicherungsbeitrag (5,1 %) sowie die Einkommenssteuer laut Vorauszahlungsbescheid in Höhe von EUR 2.300,00 in Abzug, errechne sich ein Gesamtnettoeinkommen von EUR 24.741,36 (EUR 2.282,37 x 12 + EUR 79,01 x 14 abzgl 5,1 % KV-Beitrag sowie Steuer iHv EUR 2.300,00). Gerechnet mit den Werten aus 2022 ergebe sich ein Gesamteinkommen von netto EUR 23.557,78 (EUR 2.183,49 x 12 + EUR 74,68 x 14 abzgl 5,1 % und EUR 2.300,00). Die Klägerin habe im Jahr 2022 ein Bruttoeinkommen von EUR 555,91, abzüglich des Krankenversicherungsbeitrags von EUR 32,64 somit ein Nettoeinkommen von jährlich EUR 7.385,82 gehabt. Das Nettohaushaltseinkommen 2022 betrage daher EUR 30.943,60; 40 % davon seien EUR 12.377,44. Berücksichtige man das Einkommen der Klägerin, ergebe sich jedenfalls ein höherer monatlicher Unterhaltsanspruch als EUR 306,60, nämlich konkret EUR 415,97 (bzw EUR 358,04 selbst bei Heranziehung der von der Klägerin behaupteten Steuerlast von EUR 4.038,00). Für das Kalenderjahr 2023 müsse bei der Klägerin ein Gesamtnettoeinkommen von EUR 7.740,88 angesetzt werden; somit ergebe sich diesbezüglich ein Nettogesamthaushaltseinkommen von EUR 32.482,24 und ein Unterhaltsbetrag von EUR 437,67. Die „vorsorgliche“ Herabsetzung der Ausgleichszulage sei daher zu Recht erfolgt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sei das Einkommen des geschiedenen Ehegatten nicht zweimal um den Krankenversicherungsbeitrag zu reduzieren, sondern nur einmal bei Ermittlung der Nettobeträge; dass die inländische Pensionsleistung aufgrund der Krankenversicherungsbeiträge nicht zur Auszahlung gelange, habe die Beklagte bei ihrer Berechnung der Nettobeträge bereits berücksichtigt. Da eine Neuberechnung des Unterhaltes zum 1.4.2022 im Unterhaltsvergleich ausdrücklich festgehalten worden sei, sei nicht nachvollziehbar, dass nunmehr keine allfällige Neufestsetzung des Unterhalts veranlasst werde.
Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang . Mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 24.7.2024 (ON 44) wurde das klagsabweisende Ersturteil vom 13.12.2023 aufgehoben und die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im Wesentlichen war das Ersturteil mit einem Erörterungsmangel behaftet, zumal der von der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs mangels vollständig vorgetragenem Tatsachensubstrat unvollständig und damit unschlüssig geblieben war. Das Berufungsgericht trug dem Erstgericht daher auf, die aufgezeigte Unschlüssigkeit im fortgesetzten Verfahren mit der Beklagten zu erörtern; ergänzendes tatsächliches Vorbringen vorausgesetzt werde der Klägerin in weiterer Folge die Möglichkeit einzuräumen sein, darauf zu replizieren und allenfalls – unter Hinweis auf die Entscheidung 10 ObS 139/18s – ihrerseits Umstände vorzubringen, die einer Realisierbarkeit des Unterhaltsanspruchs entgegenstünden. Schließlich wurde ausgeführt, dass zu sämtlichen diesbezüglichen Punkten, zu denen konkretes Tatsachenvorbringen erstattet worden sei, aussagekräftige – positive oder negative – Feststellungen getroffen werden müssten, die eine abschließende Beurteilung im Sinn der im Aufhebungsbeschluss ebenfalls dargestellten rechtlichen Grundsätze zuließen (ON 44 S 12 ff [Punkt 2.3. ff]).
Die Beklagte brachte daraufhin im zweiten Rechtsgang ergänzend vor, die Klägerin habe im Verwaltungsverfahren zugesichert, ab 1.4.2022 eine Neuberechnung des Unterhalts vornehmen zu lassen, weshalb ihr die entsprechende Notwendigkeit zweifellos bewusst gewesen sein müsse; auch die [inländische] Adresse des geschiedenen Ehegatten sei ihr stets bekannt gewesen. Dass eine Neufestsetzung des Unterhalts bislang dennoch nicht erfolgt sei, könne nur durch einen rechtsmissbräuchlichen Verzicht erklärt werden. Das Einkommen des geschiedenen Ehegatten würde auch bei einem EUR 306,60 übersteigenden Unterhaltsbetrag nicht unter das Existenzminimum sinken und halte er sich zudem im Inland auf, weshalb ein Verfahren vor dem zuständigen Bezirksgericht für die Klägerin weder unzumutbar noch aussichtslos wäre. Die Ausgleichszulage habe sozialhilfeähnlichen, auf den individuellen Mindestbedarf abgestellten Charakter und sei subsidiär zu allen sonstigen Einkünften und/oder Ansprüchen. Es wäre weder mit dem allgemeinen Rechtsempfinden noch mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu vereinbaren, die Leistungslast des Unterhaltsschuldners auf die Allgemeinheit abzuwälzen, indem die Ausgleichszulage im bisherigen Ausmaß weiter gewährt würde, obwohl sich das Einkommen des geschiedenen Ehegatten ab 1.4.2022 erhöht habe und die Klägerin sohin einen höheren Unterhaltsanspruch habe; andernfalls wäre ein geschiedener Ehepartner niemals gehalten, einen höheren Unterhaltsanspruch durchzusetzen. Die Klägerin habe bislang entgegen ihrer ausdrücklichen Zusicherung vom 2.11.2020 rechtsmissbräuchlich den höheren Unterhaltsanspruch nicht realisiert. Ihr sei bewusst gewesen, dass ihr ab dem Pensionsstichtag des geschiedenen Ehegatten ein höherer Unterhaltsanspruch zustehe und ein allfälliger Verzicht zu ihren Lasten gehen müsse. Lautere Motive für eine Abstandnahme von der Durchsetzung bestünden nicht. Dass sich das Einkommen des geschiedenen Ehegatten – wie von der Beklagten stets vorgetragen – auch tatsächlich erhöht habe, sei im Verfahren eindeutig hervorgekommen.
Die Klägerin hielt entgegen, im Hinblick auf die abschlägige Mitteilung des Rechtsvertreters des geschiedenen Ehegatten sei es ihr weder zumutbar noch möglich gewesen, eine Neuberechnung des Unterhalts, die aufgrund der Ablehnung einer freiwilligen Erhöhung die Einleitung eines Gerichtsverfahrens samt entsprechendem Kostenrisiko erfordert hätte, zu erzwingen, weshalb weder von einem Unterhaltsverzicht geschweige denn von einer rechtsmissbräuchlichen Unterlassung der Geltendmachung eines höheren Unterhaltsbetrags auszugehen sei. Sie sei weder physisch noch psychisch in der Lage, selbst rechtsmissbräuchlich zu handeln. Ein (weiteres) Verfahren vor dem zuständigen Bezirksgericht sei ihr mental und finanziell nicht zumutbar.
Mit dem bekämpften Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren in Spruchpunkt 1. – neuerlich – ab, erkannte die Beklagte in Spruchpunkt 2. im Sinn einer Bescheidwiederholung schuldig, der Klägerin ab 1.5.2022 die Ausgleichszulage in Höhe von monatlich EUR 85,00 zu gewähren und verneinte die Voraussetzungen für einen Kostenersatz nach Billigkeit (Spruchpunkt 3.). Seiner Entscheidung legte es den eingangs referierten Sachverhalt zugrunde und traf folgende weitere, im Berufungsverfahren umkämpfte Feststellungen :
(A) Es ist und war der Klägerin, die bereits seit der Gewährung der Ausgleichszulage durch den Klagsvertreter vertreten ist, zumutbar und möglich, die Neufestsetzung des Unterhalts, wie im Vergleich vom 2.11.2020 vorgesehen und auch gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 2.11.2020 zugesichert, bei Erreichen des Regelpensionsalters des geschiedenen Ehegatten im April 2022 zu beantragen.
(B) Die Beklagte versuchte ab 20.4.2022 vergebens von der Klägerin Informationen über eine neue Unterhaltsvereinbarung zu erhalten.
(C) Die Klägerin unterließ es weiterhin, die Neufestsetzung des Unterhalts zu beantragen, obwohl keine Umstände vorlagen, die darauf hindeuteten, dass der geschiedene Ehegatte durch das Erreichen des Regelpensionsalters am [richtig] 1.4.20 22 nicht höhere Einkünfte erzielt. Dabei nahm sie billigend in Kauf, dass der Ausgleichszulagenträger zu Gunsten ihres geschiedenen Ehegatten einspringt und dadurch geschädigt wird.
Rechtlichbejahte das Erstgericht eine rechtsmissbräuchlich unterbliebene Realisierung des ab 1.4.2022 erhöhten Unterhaltsanspruchs, zumal keine Umstände vorlägen, die der Klägerin die Geltendmachung unmöglich oder unzumutbar machen würden. Die Klägerin habe unter Zugrundelegung der festgestellten Einkünfte Anspruch auf monatlichen Unterhalt von EUR 455,08 im Jahr 2022; in Ansehung des Richtsatzes von EUR 1.030,49 (zum 1.5.2022) errechne sich ein Ausgleichszulagenanspruch von EUR 20,36. Im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot des § 71 Abs 2 ASGG, wonach nach der Einbringung der Klage durch den Versicherten die Leistungspflicht, die dem außer Kraft getretenen Bescheid entspreche, als vom Versicherungsträger unwiderruflich anerkannt gelte, sei ihr aber dessen ungeachtet eine Ausgleichszulage in Höhe von EUR 85,00 monatlich zuzuerkennen.
Gegen diese Entscheidung richten sich beide Parteien jeweils mit rechtzeitiger Berufung : Während die Klägerin den klagsabweisenden Teil des Urteils bekämpft und gestützt auf die Rechtsmittelgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung eine Abänderung im Sinn einer Klagsstattgebung beantragt, strebt die Beklagte unter Ausführung einer Rechtsrüge die Abänderung des Spruchpunkts 2. – erkennbar – dahin an, der Klägerin ab 1.5.2022 lediglich eine Ausgleichszulage in Höhe von EUR 20,36 zuzusprechen; hilfsweise stellen beide Seiten einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag im Umfang der jeweiligen Anfechtung. In ihren fristgerechten Berufungsbeantwortungen beantragen die Streitteile jeweils, dem gegnerischen Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Da die Durchführung einer Berufungsverhandlung nach Art und Inhalt der geltend gemachten Rechtsmittelgründe nicht erforderlich ist, war über die Berufungen in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erweisen sich beide Rechtsmittel als nicht berechtigt .
A. Zur Berufung der Klägerin:
1. Zur Beweisrüge:
1.1. Die Berufungswerberin bekämpft die oben in Kursivdruck hervorgehobenen, mit (A) bis (C) bezeichneten Sachverhaltsannahmen und begehrt an deren Stelle folgende Ersatzfeststellungen:
„Die Klägerin forderte ihren geschiedenen Ehegatten auf, offenzulegen, wie sich seine Einkommensverhältnisse im Jahr 2022 geändert haben, um im Fall einer Änderung eine allfällige Erhöhung ihres monatlichen Unterhalts geltend machen zu können. Auf entsprechende Aufforderungen der Klägerin teilte er mit, dass er Einkünfte in der Schweiz von CHF 481,30 und CHF 1.820,00 monatlich habe, von denen er noch einen Einkommensteuerbetrag von EUR 2.300,00 abzuführen habe.
Aufgrund dieser Information durch den Rechtsvertreter des geschiedenen Ehegatten ging die Klägerin berechtigterweise davon aus, dass eine Klage auf Unterhaltserhöhung mit beträchtlichen Prozess- und Kostenrisiken verbunden wäre, weil sich „aus den“ [gemeint wohl: ausgehend] von einem angegebenen Pensionseinkommen von jährlich CHF 16.380,00 abzüglich von Einkommensteuerzahlungen in Höhe von EUR 2.300,00 jährlich kein höherer Unterhaltsanspruch der Klägerin ergeben hätte, weil Bemessungsgrundlage des Unterhaltsanspruchs der Klägerin von EUR 306,60 ein Einkommen des geschiedenen Ehegatten von EUR 1.745,61 monatlich war, das sich nach diesen Angaben nicht erhöht hätte.
Die Klägerin zog nie in Erwägung, dass durch die unterlassene Klagsführung die Beklagte geschädigt werden könnte. Vielmehr war einziger Grund der unterlassenen Klagsführung, dass die Klägerin das Prozess- und Kostenrisiko scheute, weil „sie“ [gemeint wohl: sich] im Fall eines Prozessverlusts, der zu erwarten gewesen wäre, wenn sich im Verfahren die Richtigkeit der Einkommensauskünfte des geschiedenen Ehegatten bestätigt hätte, „einen beträchtlichen“ [gemeint wohl: ein beträchtlicher] Kostenersatzanspruch des geschiedenen Ehegatten, der durch [einen namentlich genannten Rechtsanwalt] vertreten war, ergeben hätte, der vom geschiedenen Ehegatten mit künftigen Unterhaltszahlungen für die Klägerin verrechnet werden hätte können, wodurch ihr laufender Unterhalt gefährdet worden wäre.“
1.2. Vom Rechtsmittelwerber ist zu verlangen, dass er deutlich zum Ausdruck bringt, a) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, b) infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, c) welche Feststellung begehrt wird, und d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre ( A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 471 ZPO Rz 15; RIS-Justiz RS0041835 [T4]). Folglich müssen bekämpfte und gewünschte Feststellungen in einem Austauschverhältnis zueinander stehen. Ein solches liegt nur dann vor, wenn sich die bekämpfte und die gewünschte Feststellung in einem Alternativverhältnis zeigen. Zwischen der bekämpften und der begehrten Feststellung muss ein derartiger inhaltlicher Widerspruch (Gegensatz) bestehen, dass sie nicht nebeneinander bestehen können; die eine Feststellung muss die andere ausschließen (RIS-Justiz RI0100145).
Die Beweisrüge der Klägerin ist dadurch gekennzeichnet, dass sie den drei bekämpften Feststellungsblöcken (A), (B) und (C), die unterschiedliche Aspekte behandeln, einen – ausführlichen – Wunschsachverhalt gegenüberstellt, ohne dabei aber das erforderliche Alternativverhältnis hinreichend herauszuarbeiten. Soweit diesbezüglich aufgrund der Formulierung der Rechtsmittelausführungen Unklarheiten verbleiben, müssen diese zu Lasten der Berufungswerberin gehen.
1.3.Hinsichtlich der oben mit (B) bezeichneten Feststellung zeitigt dies die Konsequenz, dass die Beweisrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, weil das Rechtsmittel keine Ersatzfeststellung des Inhalts anstrebt, die Beklagte habe nicht vergebens versucht, von der Klägerin ab 20.4.2022 Informationen über eine neue Unterhaltsvereinbarung zu erhalten, oder derartige Umstände könnten nicht festgestellt werden. Damit zielt die Beweisrüge in diesem Umfang aber auf die ersatzlose Streichung der bekämpften Feststellung ab, was nicht genügt, um den Rechtsmittelgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung judikaturkonform auszuführen (RIS-Justiz RS0041835 [T3]).
Aber auch inhaltlich ist die bekämpfte Feststellung angesichts des eindeutigen Inhalts der vorliegenden Korrespondenz in den Urkunden Blg ./C, ./F und ./G, der das Rechtsmittel keine überzeugenden Argumente entgegenzuhalten vermag, unbedenklich.
1.4. Wie bereits im Aufhebungsbeschluss (ON 44 S 13) dargestellt ist die Frage, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage. Rechtsmissbrauch ist dann zu verneinen, wenn der rechtsgeschäftliche Verzicht auf Ansprüche oder – wie hier von Interesse – deren faktische Nichtgeltendmachung auf die Unmöglichkeit, Aussichtslosigkeit oder Unzumutbarkeit einer Rechtsverfolgung zurückgeht (so schon ON 44 S 12).
Davon ausgehend ist der Berufungswerberin zunächst insoweit beizupflichten, als die Frage der Zumutbarkeit der (gerichtlichen) Durchsetzung des erhöhten Unterhaltsanspruchs gegen ihren geschiedenen Ehegatten eine rechtliche Würdigung darstellt, die nicht Gegenstand einer Tatsachenfeststellung sein kann. Soweit die mit (A) bezeichneten Annahmen des Erstgerichts sohin darauf abstellen, der Klägerin sei ein bestimmtes Verhalten zumutbar (gewesen), sind sie unbeachtlich (vgl Pimmer in Fasching/Konecny 3IV/1 § 498 ZPO Rz 12) und ist die Zumutbarkeit vielmehr im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge zu beurteilen.
1.5. Dem Aspekt der Möglichkeit der Geltendmachung eines erhöhten Unterhaltsanspruchs, auf den das Erstgericht ebenfalls in der mit (A) bezeichneten Feststellung Bezug nimmt, hält die Beweisrüge kein direktes, mit dem bekämpften Feststellungsteil im Austauschverhältnis stehendes Tatsachensubstrat entgegen. Insbesondere kommt sie auf das – im Übrigen ohnedies unsubstanziiert gebliebene – erstinstanzliche Vorbringen, die Klägerin sei physisch und psychisch nicht in der Lage gewesen, selbst rechtsmissbräuchlich zu handeln, nicht mehr zurück und begehrt auch keine diesbezügliche Ersatzfeststellung, weshalb auf diese Thematik nicht einzugehen ist.
Allerdings kann die Beweisrüge in ihrer Gesamtheit dahin verstanden werden, dass die Berufungswerberin die Unmöglichkeit der Geltendmachung eines höheren Unterhalts gegen ihren geschiedenen Ehegatten daran anknüpft, nach den gegebenen Umständen und den erhaltenen Informationen sei in ihrer Situation nicht von höheren Einkünften des Unterhaltsschuldners auszugehen gewesen, weshalb kein vernünftiger Grund bestanden habe, das Kostenrisiko einer gerichtlichen Geltendmachung – wie von der Berufungswerberin zutreffend erkannt im Klagsweg (Änderungsklage; vgl RIS-Justiz RS0018984 [T6]) – einzugehen. Insoweit wird das erforderliche Austauschverhältnis zwischen der mit (C) bezeichneten Feststellung und dem Wunschsachverhalt – gerade noch – hinreichend dargestellt.
Inhaltlich dringt die Beweisrüge jedoch auch in diesem Punkt nicht durch, weil die Argumentation der Berufungswerberin, ohne entsprechende Fachkunde und Anwendung gerichtlicher „Zwangsmittel“ sei ein erhöhter Unterhaltsanspruch nicht offenkundig – und dessen Durchsetzung daher infolge des Kostenrisikos rechtlich nicht zumutbar – gewesen, nicht haltbar ist. Unbekämpft steht fest, dass der Rechtsvertreter des geschiedenen Ehegatten dem Klagsvertreter freiwillig monatliche Einkünfte des Unterhaltsschuldners von CHF 2.301,30 (CHF 481,30 + CHF 1.820,00) sowie Belastungen von EUR 2.300,00 jährlich (Einkommenssteuer) und EUR 41,00 monatlich (Sozialversicherung) mitgeteilt hat. Allein daraus würde sich – unter Anwendung eines durchschnittlichen Wechselkurses von 1 : 1, vgl ON 44 S 11) ein nunmehriges monatliches Einkommen des geschiedenen Ehegatten in Höhe von EUR 2.068,63 ergeben, das deutlich über jenem Betrag liegt, der dem seinerzeitigen Unterhaltsvergleich – auch nach dem Vorbringen der Klägerin (ON 12 sowie RMS 4: EUR 1.745,61) – zugrunde lag. Es kann sohin entgegen den Rechtsmittelausführungen keine Rede davon sein, die Klägerin und/oder ihr zurechenbare Vertreter oder Berater (Klagsvertreter; C* GmbH) hätten nicht erkennen können, dass die Einkünfte des Unterhaltsschuldners in einem für die Gewährung der Ausgleichszulage relevanten Ausmaß gestiegen sind.
Im Übrigen kann der Beweisrüge bereits deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil die gewünschten Ersatzfeststellungen in sich widersprüchlich sind und daher rechtlich keine für die Berufungswerberin günstigere Beurteilung der Sache zur Folge haben können. So begehrt die Berufungswerberin die – ohnehin getroffene – Feststellung, der geschiedene Ehegatte habe monatliche Einkünfte in der Schweiz von CHF 481,30 und CHF 1.820,00 mitgeteilt, von denen er noch einen Einkommenssteuerbetrag von EUR 2.300,00 abzuführen habe. Im Folgenden geht das Rechtsmittel aber davon aus, aufgrund dieser Informationen ergebe sich ein „angegebenes Pensionseinkommen von jährlich CHF 16.380,00 abzüglich von Einkommenssteuerzahlungen in Höhe von EUR 2.300,00 jährlich“. Diese Berechnung ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die Schlussfolgerung der Berufungswerberin, die dem Unterhaltsvergleich zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage von EUR 1.745,61 monatlich habe sich nicht erhöht.
Der Vollständigkeit halber ist noch anzuführen, dass die ebenfalls vom Erstgericht getroffene Feststellung, wonach die Klägerin nicht ausschloss, dass ihr ein erhöhter Unterhaltsanspruch zusteht, nicht bekämpft wurde. Auch diese Sachverhaltsannahme wäre aber mit den – zudem in sich widersprüchlichen – Ersatzfeststellungen nur schwer in Einklang zu bringen.
Somit vermag die Beweisrüge auch die Richtigkeit der mit (C) bezeichneten Sachverhaltsannahmen nicht in Zweifel zu ziehen. Aufgrund der festgestellten äußeren Umstände ist dem Erstgericht beizupflichten, dass die Abstandnahme von der im Klagsweg geltend zu machenden Durchsetzung eines erhöhten Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen Ehegatten durch die Klägerin nur mit einer billigenden Inkaufnahme einer Schädigung des Trägers der Ausgleichszulage erklärt werden kann.
2. Zur Rechtsrüge:
2.1. Soweit die Berufungswerberin den Standpunkt vertritt, die Beklagte habe nach wie vor kein ausreichendes Tatsachensubstrat zu den Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs vorgetragen, genügt ein Hinweis auf das im zweiten Rechtsgang von der Beklagten ergänzend erstattete Vorbringen (ON 46), das den entsprechenden Vorgaben im Aufhebungsbeschluss (ON 44 S 12-14) hinreichend Rechnung trägt.
2.2. Aber auch dem – einzigen – inhaltlichen Argument der Rechtsrüge, die Geltendmachung eines höheren Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen Ehegatten im Klagsweg sei der Klägerin mangels Erkennbarkeit der Erfolgsaussichten und in Anbetracht des damit verbundenen Kostenrisikos nicht zumutbar, ist nicht beizupflichten. Die Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens in erster Instanz kann dafür nicht erfolgreich ins Treffen geführt werden, weil der Rechtsvertreter des Unterhaltsschuldners die wesentlichen Eckpunkte, aus denen sich bereits eine relevante Einkommenserhöhung ergab, nach dem unbekämpften Sachverhalt schon im Jahr 2022 gegenüber dem Klagsvertreter offengelegt hatte. Worauf die Berufungswerberin angesichts dieser Informationen den Standpunkt gründet, die Erfolgsaussichten einer anzustrengenden Änderungsklage wären derart gering, dass das damit verbundene Kostenrisiko die Abstandnahme von der Durchsetzung des Unterhaltserhöhungsanspruchs – zu Lasten der Beklagten als Ausgleichszulagenträger – rechtfertigen würde, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr wurde bereits bei Behandlung der Beweisrüge hervorgehoben, dass allein schon aus den der Klägerin im Jahr 2022 zur Verfügung stehenden Informationen ein nunmehriges monatliches Einkommen des geschiedenen Ehegatten abzuleiten war, das deutlich über jenem Betrag lag, der dem seinerzeitigen Unterhaltsvergleich – auch nach dem Vorbringen der Klägerin – zugrunde lag. Ein als unzumutbar zu qualifizierendes Kostenrisiko im Unterhalts(erhöhungs)prozess lässt sich damit nicht begründen.
2.3. Andere Umstände, aus denen in rechtlicher Hinsicht eine Unzumutbarkeit der Durchsetzung des erhöhten Unterhaltsanspruchs folgen könnte (siehe dazu bereits ON 44 S 12-13), führt die Rechtsrüge nicht ins Treffen. Solche ergeben sich auch nicht aus dem festgestellten Sachverhalt; so müsste die Klägerin ihren Anspruch gegen den geschiedenen Ehegatten weder im Ausland durchsetzen noch würde dessen Einkommen dadurch unter die Grenze des Richtsatzes absinken. Damit gelingt es der Berufungswerberin aber insgesamt nicht, der Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach sich aus den äußeren Umständen ein eindeutiges Überwiegen der unlauteren Motive der Klägerin ergeben habe, ein stichhaltiges Argument entgegenzusetzen.
3.Der Berufung der Klägerin, die sonstige Aspekte – insbesondere auch die Höhe des Betrags, auf den die Leistung herabgesetzt wurde – nicht anspricht (vgl RIS-Justiz RS0043338; RS0041570), kann sohin kein Erfolg beschieden sein.
B. Zur Berufung der Beklagten:
1. Die einzig ausgeführte Rechtsrüge der Beklagten lautet wörtlich:
„Die Beklagte hat mit dem klagegegenständlichen Bescheid eine vorläufige Herabsetzung der Ausgleichszulage ab 1.5.2022 durchgeführt. Die Ausführungen zu einem allfälligen Verschlechterungsverbot greifen somit nicht und muss eine Ausgleichszulage in Höhe von monatlich EUR 20,36 ab 1.5.2022 zugesprochen werden, wie sie sich aus der Berechnung des Erstgerichts auf Seite 9 des Urteils ergibt.“
2.Die gesetzmäßige Ausführung des Rechtsmittelgrunds der unrichtigen rechtlichen Beurteilung fordert die Darlegung, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint. Die bloße, in verschiedenen Formulierungen ausgedrückte aber begründungslos bleibende Behauptung, es liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, genügt nicht. Eine Rechtsrüge, die sich darauf beschränkt, allgemein die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen rechtlichen Beurteilung zu behaupten, ohne dies zu konkretisieren, ist sohin nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0043603 [T6, T12]; A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 Rz 16 mwN).
3. Den erstgenannten Anforderungen wird das Rechtsmittel der Beklagten nicht gerecht. Die Berufungswerberin lässt in ihrer Rechtsrüge nicht nur die entsprechenden Ausführungen des Erstgerichts unerwähnt, sie geht auch mit keinem Wort auf die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts im Aufhebungsbeschluss (ON 44 S 14-15) ein. Dort wurde unter Darstellung einschlägiger Rechtsprechung und Kommentarstellen bereits aufgezeigt, weshalb aus den von der Beklagten herangezogenen Bestimmungen eine gesetzliche Grundlage für eine „vorläufige“ oder „vorsorgliche“ Herabsetzung der Ausgleichszulage nicht abgeleitet werden kann und die als „vorläufig“titulierte bescheidmäßige Leistungsherabsetzung einer vormals zuerkannten Ausgleichszulage sohin im hier in Rede stehenden Fall als Neufeststellung im Sinn des § 296 Abs 3 ASVG zu betrachten ist, die ohne jeden Zweifel eine § 65 Abs 1 Z 1 ASGG unterfallende Leistungssache darstellt. Ebenso wurden der unmissverständlich auf (eine konkret bezifferte) Leistungsherabsetzung gerichtete Entscheidungswille des Versicherungsträgers sowie der Entscheidungszweck, in einen bestehenden Rechtsanspruch der Klägerin einzugreifen, hervorgehoben. Weshalb vor diesem Hintergrund aber „das Verschlechterungsverbot nicht greifen“und die Leistungsverpflichtung in Höhe von EUR 85,00 als jenem konkreten Betrag, mit dem die Beklagte die Ausgleichszulage im Sinn der zitierten Erwägungen neu festgesetzt hat, somit nicht als unwiderruflich anerkannt gemäß § 71 Abs 2 ASGG gelten sollte, macht das Rechtsmittel nicht plausibel. Vielmehr mangelt es ihm an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesem rechtlichen Aspekt.
4.Wenngleich die nicht gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden kann, auf materiellrechtliche Fragen sohin nicht einzugehen ist (vgl RIS-Justiz RS0043603 [T10]), sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass die hier zu beurteilende Konstellation auch nicht mit jener vergleichbar ist, die der Entscheidung 10 ObS 68/24h zugrunde lag, in der im Fall einer vorläufigen (gänzlichen) „Einstellung“der Leistung (auch) mit der Vorschusspflicht des § 368 Abs 2 Satz 1 ASVG argumentiert wurde.
5. Auch der Berufung der Beklagten ist somit keine Folge zu geben.
C. Kosten und Verfahrensrechtliches:
1.Da das Rechtsmittel der Beklagten erfolglos blieb, hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz der rechtzeitig und tarifkonform verzeichneten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung (§ 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG).
2.Hinsichtlich der Kosten der Berufung der Klägerin käme lediglich ein Billigkeitskostenzuspruch nach § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG in Frage. Ein solcher erfordert aber, dass das Verfahren besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweist und die wirtschaftliche Situation des Versicherten einen Kostenersatz zudem rechtfertigt. Im konkreten Fall hat die Klägerin zwar angespannte wirtschaftliche Verhältnisse behauptet (ON 1; ON 48), das Berufungsverfahren hat sich aber weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht als besonders komplex erwiesen, weshalb die Klägerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen hat.
3.Da eine Rechtsfrage mit der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen war, ist auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 und 502 Abs 5 Z 4 ZPO).
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