JudikaturOLG Innsbruck

7Bs175/25f – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 15.5.2025, GZ C*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.

Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug n i c h tzu (§ 89 Abs 6 StPO).

Begründung :

Text

Im zu AZ ** gegen A* B* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen geführten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Feldkirch wurde über deren Antrag (ON 1.17) mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 2.2.2024, GZ **, der bei „A* B* am 23.1.2024 von Beamten des Landeskriminalamtes für ** sichergestellte und bei der Rechnungsführerin des Landesgerichts Feldkirch zu ** eingezahlte Bargeldbetrag von EUR 24.025,-- zur Sicherung des Verfalls nach § 20 StGB“ gemäß § 115 Abs 1 Z 3 StPO beschlagnahmt (ON 22) und schließlich bei der Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichts Innsbruck auf einem Sparbuch des Bundes mit der Nr. D* zu ** fruchtbringend angelegt (ON 39).

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 9.10.2024, C*-82, wurde – soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz – A* B* mehrerer Verbrechen nach dem SMG schuldig erkannt und zum Kostenersatz gemäß § 389 Abs 1 StPO verurteilt sowie „gemäß § 20 Abs 3 StGB ein Betrag in der dabei eingetretenen unrechtmäßigen Bereicherung in der Höhe von EUR 3.319.500,--“ (vgl jedoch § 20 Abs 1 und 3 StGB sowie RIS-Justiz RS0134949) für verfallen erklärt. Die mit Blick auf das ergangene Verfallserkenntnis nicht unmittelbar vollstreckbare (vgl 3 Ob 178/24h) Lastschriftanzeige betreffend des ausgesprochenen Wertersatzverfallsbetrags wurde dem Verurteilten am 2.12.2024 zugestellt.

Bereits mit Beschluss vom 19.12.2025 (ON 39.6) wies die Vorsitzende des Schöffengerichts – ohne Zustimmung des Zahlungspflichtigen – die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Innsbruck und die Buchhaltungsagentur des Bundes an, das elektronische Sparbuch Nr. D* der E* (**) mit dem Einlagestand von EUR 24.025,-- aufzulösen und das Realisat samt den angefallenen Zinsen gemäß § 20 Abs 3 StGB für den Bund auf den ausgesprochenen Verfallsbetrag zu vereinnahmen (vgl jedoch RIS-Justiz RS0059329 und insbesondere auch 11 Os 56/02). Diese Anweisung wurde am 23.1.2025 vollzogen, die angefallenen Zinsen betrugen EUR 160,25 (vgl wiederum ON 39.6).

Weil der Verurteilte keine Zahlungen leistete, wurde infolge des am 14.1.2025 erlassenen und ihm am 17.1.2025 zugestellten Zahlungsauftrags der Kostenbeamtin letztlich die Einleitung der Exekution hinsichtlich eines Verfallsbetrags „in Höhe von EUR 3.295.314,75 (nach Anrechnung des Erlöses aus dem Sparbuch in Höhe von EUR 24.185,25)“ veranlasst (ON 90.2).

Mit einem am 6.5.2025 beim Landesgericht Feldkirch eingelangten Schreiben des Verurteilten vom 24.4.2025 teilte dieser seine Einwände gegen die Verwendung des sichergestellten Geldbetrages mit und beantragte dessen Freigabe und „Rückerstattung“ an seine Lebensgefährtin F*, da der Geldbetrag aus einem rechtmäßig von ihm gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin abgeschlossenen Kreditvertrag stammen würde (ON 114.3f).

Die Staatsanwaltschaft Feldkirch sprach sich dagegen aus (ON 116.1).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies die Vorsitzende des Schöffengerichts den auf Ausfolgung des „(vormals) zu **) sichergestellten Geldbetrages von EUR 24.025,-- an F*“ gerichteten Antrag des Verurteilten ab (ON 118) und begründete dies auszugsweise wie folgt:

Losgelöst von der Frage, ob es sich beim sichergestellten Bargeldbestand um Drogengelder handelt oder nicht, wobei an dieser Stelle anzumerken gilt, dass der Vater des Antragstellers, der Verurteilte G* B* mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30.7.2024 zu unter anderem wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 StGB schuldig erkannt wurde, wobei er laut Tenor wissentlich Vermögensbestandteile, die aus einer mit mehr als 1-jähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung eines anderen herrühren, nämlich nachgenannte Bargeldbeträge die aus Suchtgiftgeschäften der abgesondert verfolgten A* B* und H* herrühren, besessen hat, indem er die Garage und Nebenräume sowie den Briefkasten seines Wohnhauses als Lagerort zur Verfügung stellte, und zwar

1) am 21.11.2020 EUR 25.200,--,

2) am 29.11.2020 EUR 20.000,--,

3) am 3.12.2020 EUR 10.000,--,

4) am 20.2.2021 zumindest EUR 26.000,--,

5) am 2.2.2021 EUR 50.000,--;

und Teile der sichergestellten Bargeldbestände in einem Tresor im Wohnhaus des Verurteilten G* B* sichergestellt werden konnten wie auch unter Berücksichtigung der szenetypischen Stückelung (vgl. Seite 3 in ON 12.6), handelt es sich hierbei selbst nach dem Vorbringen des Antragstellers um seine Vermögenswerte, sodass diese auf den ausgesprochenen Wertersatzverfall anzurechnen waren.

Gegen diesen Beschluss richtet sich eine fristgerecht (§ 88 Abs 4 StPO) schriftlich ausgeführte Beschwerde des Verurteilten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Ausfolgung „des sichergestellten Geldbetrages inkl. der zwischenzeitlich realisierten Zinsen in der Höhe von EUR 24.185,25 anzuweisen“ (ON 121).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthalten hat, dringt nicht durch.

Gemäß § 5 Abs 1 Z 2 GEG steht dem Bund ein Zurückbehaltungsrecht zur Sicherung der nach § 1 Abs 1 GEG einzubringenden Beträge an sichergestellten und beschlagnahmten Gegenständen und sonstigen Vermögenswerten des Beschuldigten (Angeklagten) zu. Nach § 1 Abs 1 Z 3 GEG einzubringen sind unter anderem auch die „von ordentlichen Gerichten in Strafsachen verhängten Geldstrafen aller Art sowie für verfallen erklärte Geldbeträge“ (Z 3 leg cit). Sinn und Zweck des Zurückbehaltungsrechts des Bundes ist die Erkenntnis des Gesetzgebers, dass es letztlich widersinnig wäre, das Gericht zu verpflichten, dem Zahlungspflichtigen abgenommene Vermögenswerte wieder auszufolgen und es dann gegebenenfalls zu zwingen, gegen dieselbe Person zur Hereinbringung der geschuldeten Beträge Exekution zu führen. Das Zurückbehaltungsrecht entsteht ex-lege, also ohne darauf abzielende gerichtliche Entscheidung, im Zeitpunkt der tatsächlich erfolgten Sicherstellung bzw. Beschlagnahme der Vermögenswerte. Da die Zurückbehaltung auf keiner gerichtlichen Entscheidung beruht, ist dagegen keine Beschwerde zulässig, sehr wohl aber gegen einen Beschluss, mit dem ein Antrag auf Ausfolgung des zurückbehaltenen Gegenstandes abgelehnt worden ist. Die Verwertung der zurückbehaltenen Vermögenswerte hat grundsätzlich auf exekutivem Wege nach der EO zu erfolgen, es sei denn, deren Eigentümer stimmt einer direkten und formlosen Verwertung zu (zum Ganzen ausführlich Nimmervoll, RZ 2015, 128). Gemäß § 5 Abs 1 letzter Satz GEG unterliegt das Zurückbehaltungsrecht den gleichen Beschränkungen, die bei der Eintreibung der zu sichernden Beträge zu beachten sind. Dies ist dahin zu verstehen, dass einerseits eine Gefährdung der Einbringlichkeit der gemäß § 1 GEG einzubringenden Beträge zu besorgen sein muss und andererseits die zurückbehaltenen Vermögenswerte nach der Exekutionsordnung pfändbar sein müssen ( NimmervollaaO mwN; RIS-Justiz RS0059342, RS0059329).

Dies vorangestellt ist zu konstatieren, dass gegenständlich anlässlich der am 23.1.2024 durchgeführten gerichtlich bewilligten Hausdurchsuchung im Büro des Beschwerdeführers Bargeldbestände in Höhe von EUR 14.200,--, in seinem Hosensack (ON 12.6, 3) EUR 825,-- sowie in einem an der Wohnadresse seines Vaters befindlichen und im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Tresors, dessen Passwort nur er wusste und benennen konnte, ein Bargeldbetrag von EUR 9.000,-- fest- und sichergestellt wurden (ON 12.2, 2 und 3). Selbst für den Fall, dass der sichergestellte und schließlich beschlagnahmte Geldbetrag von EUR 24.025,-- – wie vom Beschwerdeführer behauptet – aus einem mit der I*, ** von ihm und seiner Lebensgefährtin gemeinsam abgeschlossenen Kreditvertrag stammen sollte, wäre damit für ihn nichts gewonnen. Abgesehen davon, dass er selbst in seinem Antrag ausführt, den Gesamtbetrag persönlich bei der Bank bar im vierten Quartal des Jahres 2023 behoben zu haben (ON 114.1,1 und ON 121,3) und dieses lebensnah wohl auch zumindest für kurze Zeit mit anderem Geld von ihm aufbewahrte (§ 371 ABGB), sprechen bereits die beschriebenen Auffindungsorte der jeweiligen Bargeldbestände dafür, dass diese im Eigentum des Beschwerdeführers stehen bzw standen. Der in seinem Tresor aufgefundene Bargeldbetrag befand sich im Übrigen in einem Bankkuvert der J*, ein ebenfalls darin befindliches Bankkuvert der K* war hingegen leer (ON 72.11.2, 1).

Der Beschwerdeführer ist mit Schulden von rund EUR 1 Mio belastet (ON 82, 6). Angesichts dessen und ungeachtet der weiters zur Sicherstellung des Verfalls gemäß § 115 Z 3 StPO erfolgten Beschlagnahmen von Goldschmuck (ON 33, die Armbanduhr der Marke Rolex und die angeführten Münzen wurden bereits an andere Personen ausgefolgt [vgl ON 95 und ON 26.1f]) und des Hälfteanteils des Beschwerdeführers an einer Liegenschaft in ** (ON 44 – Befreiungsbetrag von EUR 750.000,--) besteht hinreichend Grund zur Annahme, dass der gemäß § 20 Abs 3 StGB für verfallen erklärte Betrag von über EUR drei Mio nicht einbringlich sein wird. Anhaltspunkte dafür, dass der beschlagnahmte Geldbetrag nicht nach der Exekutionsordnung pfändbar wäre, sind (insbesondere) auch unter Berücksichtigung auf die vom Beschwerdeführer angesprochene solidarische Haftung von ihm und seiner Lebensgefährtin für den gemeinsam aufgenommenen Kredit (ON 114.3,1 und ON 121,3) nicht ersichtlich. Die letztlich vom Berufungswerber angeführte „Unverhältnismäßige Härte gegenüber einer alleinerziehenden Mutter“ und der von ihm negierte Zusammenhang zwischen dem Geldbetrag und der Verurteilung seines Vaters sind ohne Informationsgewinn für diese Entscheidung.

Das Erstgericht hat damit (im Ergebnis) den Antrag des Verurteilten zu Recht abgewiesen und war daher seiner Beschwerde ein Erfolg zu versagen.