4R181/24k – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , Pensionistin, vertreten durch die Vorsorgebevollmächtigte C*, geborene B*, vertreten durch Dr. Michael Grubhofer, Rechtsanwalt Dornbirn, wider die beklagte Partei D* , Betriebswirt, vertreten durch Mag. Andreas Steger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 106.796,02 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 22.10.2024, **-36 (Berufungsinteresse EUR 106.796,02), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.
Der Berufung in der Hauptsache wird keine Folge gegeben.
Der Berufung im Kostenpunkt wird Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abgeändert , dass sie zu lauten hat wie folgt:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen des Klagsvertreters die mit EUR 26.273,80 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagsvertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 3.926,82 (darin enthalten EUR 654,47 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgegenständlich sind Ansprüche der Klägerin aus einem Vermächtnis ihres verstorbenen Lebensgefährten gegen den Beklagten als Sohn und Alleinerben des (im Folgenden) Erblassers. Dessen Testament vom 17.05.2021 hat unter anderem nachstehenden Inhalt:
„ II. Für den Fall meines Ablebens setze ich meinen Sohn [Beklagter] zum Universalerben meines gesamten, welchen Namen immer habenden und wo immer sich befindlichen beweglichen und unbeweglichen Nachlassvermögens ein.
III. Für den Fall, dass mein Erbe vor mir, gleichzeitig mit mir oder nach mir, jedoch noch vor Abgabe einer Erbantrittserklärung versterben sollte oder nicht erben will, setze ich meine Schwiegertochter ….. zur Ersatzerbin ein.
IV. a.) Mein Haus in EZ …., **, vermache ich meinem Enkel [Name]
b) Mein Boot …. vermache ich meiner Enkelin [Name]
c) Mein Grundstück in EZ …. vermache ich je zur Hälfte [Name] und [Name], beide wohnhaft ….. Mir hat immer gefallen, wie sich diese beiden Mädchen auf dem besagten Grundstück mit Freude aufgehalten haben. Vielleicht können sie auf dem Grundstück später ein eigenes Pferd halten.
d) Meine Bausparbriefe bzw Bausparguthaben vermache ich Herrn [Name] sowie ein Moped ….. Dieser steht mir seit Jahren unentgeltlich und hilfreich zur Seite.
e) Meiner Lebensgefährtin [Klägerin] vermache ich mein Bargeld bei der [Bank 1] sowie bei der [Bank 2].
f.) Meiner Schwiegertochter [Name] vermache ich meine …. Miteigentumsanteile …. in EZ …. **.
V. Die Bestimmungen des Pflichtteilsrechts sind mir bekannt. Meine beiden Kinder [Beklagter] und [Tochter] haben jeweils Erb- und Pflichtteilsverzichtserklärungen unterzeichnet. Zudem haben diese bereits größere Vermögenswerte von mir erhalten . “
Die Klägerin begehrt EUR 106.796,02 und brachte vor, der Verstorbene habe mit der Formulierung „Bargeld“ das auf Konten und Sparbüchern (im Todeszeitpunkt in Klagshöhe) erliegende Geld gemeint. Der Pflichtteilsverzicht des Beklagten erstrecke sich auf dessen Nachkommen. Pflichtteilsberechtigte hätten sich erhaltene Vermächtnisse und Schenkungen auf ihren Anspruch anrechnen zu lassen.
Der Beklagte wandte ein, nach dem Vermächtnis stehe der Klägerin lediglich Bargeld in Schließfächern der Banken zu. Es seien nicht alle Ersparnisse bei diesen Banken gemeint gewesen. Die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, die persönlichen Sachen des Erblassers zu durchsuchen und die Schlüssel der Schließfächer an sich zu nehmen oder verschwinden zu lassen. Die Klägerin habe vom Verstorbenen große Geldbeträge erhalten und danach nichts mehr von ihm wissen wollen, was einen groben Undank darstelle und sie erbunwürdig mache. Sie sei weiters erbunwürdig, weil die der Klägerin zuzurechnende Vorsorgebevollmächtigte die Katzen des Verstorbenen mit falschen Behauptungen ins Tierheim verbracht habe, was dem Willen des Erblassers widersprochen hätte. Aufgrund des Pflichtteilsverzichts des Beklagten und seiner Schwester seien die Enkel des Verstorbenen pflichtteilsberechtigt. Da nach Abzug der Vermächtnisse praktisch nichts mehr in der Verlassenschaft verbleibe, müsse es zur Abdeckung der Pflichtteilsansprüche zu einer Kürzung kommen, weshalb die Klagsforderung zumindest um 15 % zu kürzen wäre. Im Testament sei die Gattin des Beklagten als Vermächtnisnehmerin vorgesehen, obwohl der Verstorbene über diesen Teil des Vermögens nicht mehr frei verfügen habe können. Der wesentliche Irrtum lege nahe, dass das Testament auch an anderen Stellen rechtsirrig, zumindest unklar und missverständlich sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es von folgendem weiteren Sachverhalt ausging. Die vom Beklagten bekämpfte Passage ist mit [1] gekennzeichnet:
Am 22.12.1993 unterzeichneten der Verstorbene und der Beklagte einen Schenkungsvertrag auf den Todesfall und Erbverzichtsvertrag, mit welchem der Erblasser dem Beklagten eine Wohnungseigentumseinheit schenkte und der Beklagte auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht nach dem Erblasser verzichtete. Nicht feststellbar ist, ob der Erblasser und der Beklagte darüber sprachen, ob der Pflichtteilsverzicht auch für die Rechtsnachfolger des Beklagten gelten solle. Am 16.1.1995 unterzeichneten der Erblasser und dessen Tochter einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag, mit welchem die Tochter für sich und ihre Rechtsnachfolger auf jedes Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber dem Erblasser verzichtete.
Das Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Erblasser war durchwachsen. Dennoch besuchte der Erblasser die Familie des Beklagten etwa alle 14 Tage, wobei insbesondere das Verhältnis zur Schwiegertochter gut war. Der Verstorbene sprach mit dem Beklagten nie über seine Vermögensverhältnisse. Er erwähnte, ein Testament zu errichten, sprach jedoch nicht über dessen Inhalt.
Die Klägerin führte mit dem Erblasser seit 2001 eine Beziehung in getrennten Haushalten. Die Mahlzeiten und die gemeinsamen Abende wurden bei der Klägerin verbracht. An Wochenenden übernachtete der Verstorbene auch bei der Klägerin. Die Klägerin ist vermögend und unter anderem Eigentümerin zweier Wohnungen. Der Erblasser fragte die Klägerin im Frühjahr 2021, was sie im Falle seines Ablebens von ihm möchte. Sie erwiderte, dass sie schon genug Besitz habe. Wenn er ihr etwas geben wolle, dann Geld. Der Verstorbene sprach in diesem Zusammenhang von „Geld auf der Bank“ und davon, dass es eine große Summe sei.
Der Beklagte gab eine bedingte Erbantrittserklärung ab. Der Reinnachlass nach Abzug der Passiva betrug EUR 193.975,97. Davon ausgenommen war nur die vom Beklagten nicht anerkannte Forderung der Klägerin. Bei [Bank 1] und [Bank 2] wiesen Sparbücher und Girokonten des Verstorbenen zum Todeszeitpunkt einen Einlagestand in Höhe der Klagsforderung auf.
[1] Der Wille des [Erblassers] zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 17.05.2021 war es, dass seine Lebensgefährtin (die Klägerin) die Guthaben auf den vorangeführten Konten bzw Sparbüchern bei der [Bank 1] und [Bank 2] bekommt.
Der Verstorbene verfügte zum Todeszeitpunkt - mit Ausnahme der im Abhandlungsprotokoll angeführten - weder über weitere Sparbücher, Konten, Depots, Safes oder Schließfächer bei diesen oder anderen Bankinstituten. Jedenfalls bis 2014 verfügte der Erblasser über ein Schließfach bei der [Bank 2]. Der Erblasser erwähnte gegenüber dem Testamentserrichter nicht, dass er der Klägerin sein gesamtes Geld auf Konten und Sparbüchern vermachen wolle. Nicht festgestellt werden kann, dass der Verstorbene gegenüber einem Bekannten kurz vor seinem Ableben behauptete, seine persönlichen Wertgegenstände, Urkunden, Bargeld sowie sonstige Wertsachen in einem Schließfach aufzubewahren. Nicht feststellbar ist, ob er gegenüber dem Beklagten oder dessen Frau über ein Schließfach bei einer Bank sprach. Nicht feststellbar ist, wie hoch das Vermögen des Verstorbenen zu Lebzeiten war und was er vor seinem Ableben mit seinem Vermögen und seinen Einkünften machte. Der Erblasser nannte Geld oft „Kohle“ oder „Bares“ und sagte beispielsweise, er müsse Kohle (von der Bank) holen, um es seinem Sohn geben zu können.
Rechtlich urteilte das Erstgericht, nach dem Wortlaut des Vermächtnisses sei unter Bargeld physisches Geld und nicht Kontoguthaben oder Sparguthaben zu verstehen. Allerdings sei der Wille des Verstorbenen darauf gerichtet gewesen, dass die Klägerin die strittigen Kontoguthaben und Sparguthaben erhalten solle.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung des Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Klagsabweisung. In der Berufung im Kostenpunkt wird begehrt, den Kostenzuspruch an die Klägerin um EUR 178,50 zu mindern. Mit rechtzeitiger Berufungsbeantwortung, die eine Anschlussberufung enthält, beantragt die Klägerin, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Über die Berufung war in nicht öffentlicher Sitzung zu entscheiden, da das Berufungsgericht die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht für erforderlich hielt; ein diesbezügliches Antragsrecht kommt den Parteien nicht zu (§ 480 Abs 1 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung in der Hauptsache ist nicht berechtigt.
1. Im Rahmen der Beweisrüge bekämpft der Beklagte den oben zu [1] hervorgehobenen Sachverhalt und begehrt stattdessen festzustellen, der Wille des Erblassers sei nicht darauf gerichtet gewesen, der Klägerin die Guthaben auf Konten und Sparbüchern der Banken zu vermachen.
Das Testament sei von einem Rechtsanwalt und Erbrechtsspezialisten errichtet worden. Es sei davon auszugehen, dass dieser die Bedeutung des Begriffs gekannt und den Verstorbenen entsprechend belehrt habe. Einem durchschnittlichen Erblasser mag die Unterscheidung zwischen Bar- und Buchgeld nicht ausreichend bewusst sein, dies gelte aber nicht für einen Rechtsanwalt, was das Erstgericht in der Beweiswürdigung ausgeblendet habe. Es unterstelle dem Beklagten in unsachlicher Weise, dass sich die Existenz von Schließfächern zu dessen fixer Idee entwickelt habe. Dabei habe es das Erstgericht selbst als wesentlich erachtet, ob der Verstorbene über Schließfächer verfügt habe. Das Erstgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob die unglückliche Formulierung allenfalls aus einem Fehler des Testamentserrichters resultiere. Dieser habe ausgesagt, die Formulierung 1 : 1 übernommen zu haben. Tatsächlich finde sich die Formulierung aber nicht im Vermerk Beilage M, der einen weit größeren Auslegungsspielraum zulasse. Aus Beilage L ergebe sich, dass der Erblasser EUR 50.000 in zwei Tranchen behoben habe. Offensichtlich sei dieses Bargeld für die Klägerin bestimmt gewesen, wie sich aus Beilage 4 ergebe. Der Verstorbene habe den ursprünglich testamentarisch zugedachten Bargeldbetrag der Klägerin noch zu Lebzeiten vermachen wollen. Diese nachvollziehbare Erklärung habe das Erstgericht nicht in Betracht gezogen, sondern sich verkürzt auf die Schließfachfrage versteift. Die Nichtexistenz von Schließfächern könne aus Buchgeld kein Bargeld machen. Das Erstgericht habe die Aussage des Bankmitarbeiters mit der Mutmaßung einer Mitarbeiterin in der Rechtsabteilung der Bank weggewischt, dass der Bankangestellte unerfahren gewesen sei. Das Erstgericht folge lediglich der Argumentation der Klägerin, obwohl sich aus Beilage 19 ergebe, dass es in Vorarlberg nicht 12, sondern nur 9 Personen dieses Namens gegeben habe, davon nur den Verstorbenen im Bezirk **. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass jemand aus einem anderen Bezirk in einer Nebenfiliale der E* ein Schließfach geführt haben soll. Die Bankmitarbeiterinnen hätten über die Existenz von Schließfächern im Zeitpunkt der Testamentserrichtung keine Auskunft geben können. Es sei aber bestätigt worden, dass es jedenfalls zuvor Schließfächer gegeben haben müsse. Die Auskunft des Bankmitarbeiters als falsch wegen Unerfahrenheit zu qualifizieren sei zu simpel und unwahrscheinlich. Ein weiterer Bankmitarbeiter habe sich völlig lebensfremd an überhaupt nichts erinnern können, womit sich das Erstgericht nicht auseinandergesetzt habe. Gar nicht erschienen sei ein weiterer Bankmitarbeiter, dessen Einvernahme das Erstgericht ohne formelle Abweisung des Beweisantrags übergangen habe. Auf Grundlage dieses Zeugenbeweises hätte das Erstgericht die Aussage des Bankmitarbeiters gesichert(er) einordnen können. Mit der Bemerkung, der Beweisantrag wäre als grob schuldhaft verspätet zurückzuweisen gewesen, offenbare das Erstgericht seine begründungsdefizitäre Präferenz für den Standpunkt der Klägerin, welche den Zeugen erstmals in der Tagsatzung vom 14.06.2024 beantragt habe, nachdem der Bankmitarbeiter die Existenz eines Schließfachs zum Todeszeitpunkt bejaht habe. Das Gericht hätte den Zeugen neuerlich laden müssen. Das Erstgericht hätte die Aussagen der drei Kinder der Klägerin einer kritischeren Würdigung unterziehen müssen, nachdem die Tochter der Klägerin bei ihrer Zeugeneinvernahme dabei ertappt worden sei, Kenntnis vom Akteninhalt erlangt zu haben. Die [richtig] Vorsorgebevollmächtigte der Klägerin sei als Partei und nicht als Zeugin anzusehen. Die Aussage, der Erblasser habe praktisch nur von „Kohle“ gesprochen, sei wenig glaubwürdig, wie insgesamt die Angaben der Kinder der Klägerin konstruiert und lebensfremd seien. Der weitere Zeuge [Freund des Erblassers] habe sich völlig verzettelt und zunächst angegeben, der Verstorbene habe ihm nichts vom Inhalt des Testaments erzählt. Später habe er sich um 180 Grad korrigiert und genau wissen wollen, dass der Verstorbene der Klägerin Bargeld habe vermachen wollen. Mit Bargeld habe der Verstorbene Geld auf der Bank gemeint. Der Zeuge habe sich daraufhin erneut korrigiert und angegeben, dass er es doch nicht wisse. Der Zeuge sei besonders unglaubwürdig, da er als einziger geschildert habe, dass die Klägerin meist am Samstag beim Verstorbenen vorbeigekommen sei. Dies sei aufgrund dessen Eigenschaft als Messie nicht der Fall gewesen und die Klägerin habe auch keinen Schlüssel für dessen Haus gehabt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Erstgericht ausschließlich die Aussagen des Beklagten und seiner Gattin in Zweifel ziehe.
1.1 Dem Rechtsmittelgericht obliegt aus Anlass einer gesetzmäßig ausgeführten Beweisrüge lediglich die Pflicht zur Prüfung, ob die Tatsacheninstanz die ihr vorliegenden Beweise nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat ( E. Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 482 ZPO Rz 6). Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich die Tatsacheninstanz für eine von zwei oder mehreren Möglichkeiten der Deutung gewonnener Beweisergebnisse entscheidet, wenn sie zum Ergebnis gelangt, dass diese mehr Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen könne als (eine) andere ( Ziehensackin Höllwerth/Ziehensack, ZPO Praxiskommentar, § 272, Rz 5 mwN). Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für einen anderen Prozessstandpunkt sprechen könnten, rechtfertigt die Annahme der Bedenklichkeit oder Unrichtigkeit der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz in aller Regel nicht.
Die vom Berufungswerber vorgebrachten Argumente vermögen keine Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichts zu wecken.
1.2 Mit der Behauptung, das Testament sei von einem Erbrechtsspezialisten errichtet worden, der den Verstorbenen über die Begrifflichkeiten entsprechend belehrt habe, negiert der Berufungswerber die Beweisergebnisse. Der Testamentserrichter sagte nämlich zu diesem Thema aus, er habe vom Erblasser bei der ersten Besprechung einen handschriftlichen Vermerk erhalten, in welchem dieser festgelegt habe, wem er was vermachen wolle. Darauf sei geschrieben gestanden, dass die Lebensgefährtin das Bargeld bei den beiden Banken erhalten solle, was er genauso in das Testament übernommen habe. Aus Sicht des Testamentserrichters sei klar gewesen, dass der Erblasser damit flüssige Barmittel, also auch Kontoguthaben verstanden habe. Der Testamentserrichter selbst habe unter dieser Formulierung Sparguthaben im Sinne von Sparbüchern und Konten verstanden, wobei dies nicht näher definiert worden sei. Seiner Erinnerung sei darüber nicht weiter gesprochen worden und er habe das nicht hinterfragt. Eine Auseinandersetzung mit dem verwendeten Begriff fand sohin nicht statt, sondern wurde nur eine vom Erblasser gewählte Formulierung übernommen.
Weiters trifft die Behauptung des Berufungswerbers nicht zu, der Testamentserrichter habe die Formulierung des Erblassers nicht 1 : 1 übernommen, sondern lasse dessen Vermerk einen weit größeren Auslegungsspielraum zu. Im Vermerk Beilage M hat der Erblasser in Stichworten notiert „ Lebensgef. bekommt Bargeld [Bank 1], [Bank 2]“ . Der Testamentserrichter hat diesen stichwortartigen Vermerk nicht wörtlich, aber inhaltlich 1 : 1 in das Testament übernommen und daraus einen vollständigen Satz gemacht: „Meiner Lebensgefährtin [Name, Geburtsdatum] vermache ich mein Bargeld bei der [Bank 1] sowie bei der [Bank 2]“ .
1.3 Für die Behauptung des Berufungswerbers, der Verstorbene habe (aufgrund der in Beilage L dokumentierten Geldabhebung) den der Klägerin zugedachten Bargeldbetrag noch zu Lebzeiten vermachen wollen, gibt es keine verlässlichen Beweisergebnisse. Der Betrag wurde auf ein Sparbuch des Verstorbenen einbezahlt, wobei die Schlussfolgerung des Erstgerichts, dass diese Barbehebung nicht für die Existenz eines Schließfaches zum damaligen Zeitpunkt spreche, ebenfalls nicht zu beanstanden ist. Der Beklagte maß dem Vorhandensein von Schließfächern im Verfahren besondere Bedeutung zu, wobei es sich aber lediglich um ein einzelnes Indiz unter mehreren Beweisergebnissen für die Absicht des Erblassers handelt. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers hat sich das Erstgericht ausführlich und nachvollziehbar mit der Existenz von Schließfächern und deren Bedeutung in der Beweiswürdigung auseinandergesetzt. Unrichtig ist, dass das Erstgericht die Aussage eines Bankmitarbeiters mit der Mutmaßung einer Mitarbeiterin der Rechtsabteilung weggewischt habe, der Mitarbeiter sei unerfahren gewesen. Der betreffende Bankmitarbeiter sagte selbst aus, dass er im System lediglich nach Namen gesucht und nicht nach dem Geburtsdatum gefragt oder dies überprüft habe. Er habe auch nicht geäußert, dass es ein Schließfach gebe, nachdem er den Kunden mangels Geburtsdatum nicht eindeutig identifiziert gehabt habe. Danach habe ein erfahrener Kollege übernommen. Nichts anderes ergab sich aus den Angaben der weiters vernommenen Bankmitarbeiter.
Unabhängig davon, ob sich aus Beilage 19 nun neun oder (mit Variationen) zwölf Personen mit dem gleichen Namen wie der Erblasser ergeben, ist es entgegen der Ansicht des Berufungswerbers nicht lebensfremd anzunehmen, dass Personen aus anderen Bezirken in dieser Filiale Schließfächer führen. Der gemeldete Hauptwohnsitz ist nicht das alleinige Kriterium für die Auswahl einer Bankfiliale. Der Dienstort, sonstige (familiäre) Verbindungen, Nebenwohnsitze und dergleichen können bei der Auswahl eine Rolle spielen. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass ein Schließfach nach einem Wohnsitzwechsel einfach belassen wird. Schließlich ist durch die Beweisergebnisse zweifelsfrei erwiesen, dass zum Todeszeitpunkt kein Schließfach des Erblassers bestand.
1.4 In diesem Zusammenhang rügt der Berufungswerber die unterlassene Einvernahme des weiteren Bankmitarbeiters und macht damit im Ergebnis einen Verfahrensmangel geltend, der allerdings nicht vorliegt. Der Beklagte hatte den (ursprünglich von der Klägerin angebotenen und unentschuldigt nicht erschienenen) Zeugen in der letzten Tagsatzung zum Beweis dafür angeboten, dass der Zeuge den Bankmitarbeiter, welcher die Namensabfrage machte, ablöste, das Kundengespräch fortsetzte und den Beklagten über die Person des Bankbetreuers informiert habe. Diese Beweisthemen wurden von der Klägerin daraufhin außer Streit gestellt, sodass das Erstgericht zu Recht von der neuerlichen Ladung und Einvernahme des Zeugen Abstand nahm, da sie keinen Einfluss auf die Feststellungen oder Beweiswürdigung haben konnte (6 Ob 586/94, Delle-Karth , ÖJZ 1993, 10 f).
1.5 Dass nahe Angehörige von einem Prozess und dessen Inhalt Kenntnis erlangen, ist nichts Ungewöhnliches, sondern wird vom Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung regelmäßig einkalkuliert. Daher werden diese Zeugen – um Informationsvorsprünge zu vermeiden – üblicherweise möglichst unter Einem vernommen.
Ebenso wenig trifft zu, dass die Vorsorgebevollmächtigte der Klägerin als Partei anzusehen und zu vernehmen gewesen wäre. Die Vorsorgebevollmächtigte war zu dem Zeitpunkt, in dem sich der Sachverhalt ereignet hat, über den ausgesagt werden soll, nicht Vertreterin der Klägerin, sodass sie zutreffend als Zeugin vernommen wurde ( Spenling in Fasching/Konecny³ III/1 § 373 ZPO Rz 3). Diese Berufungsausführungen wären wiederum als Geltendmachung eines Verfahrensmangels anzusehen, was aber schon nicht gesetzmäßig erfolgte, weil der Berufungswerber nicht ausführte, inwieweit der (ohnehin nicht vorliegende) Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet gewesen sein sollte, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (RS0043049).
1.6 Insgesamt ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts in Anbetracht der Beweisergebnisse nicht zu beanstanden, wenn es zum Ergebnis gelangte, dass der Wille des Erblassers darauf gerichtet gewesen sei, der Klägerin die Guthaben auf den Konten und Sparbüchern der beiden Banken vermachen zu wollen. Dies lässt sich aus den Beweisergebnissen zwanglos ableiten, aus denen sich insgesamt ergab, dass der Erblasser unter anderem auch bezogen auf die Bezeichnung von Bar- und Giralgeld, Sparkonten, Sparbüchern und dergleichen keine strengen Unterscheidungen bzw Definitionen verwendete, sondern vielmehr allgemein von Bargeld bzw „Kohle“ sprach. Dies deckt sich auch mit der allgemeinen Lebenserfahrung, wonach im allgemeinen Sprachgebrauch eine derart peinlich genaue Begriffsbezeichnung unüblich ist, vor allem unter Nichtjuristen und Personen, die nicht im Finanzwesen tätig sind. Dies wird schließlich selbst vom Beklagten in der Berufung zugestanden. Hätte der Erblasser die Zuwendung auf physisches Bargeld beschränken wollen, wäre eine andere Formulierung mit strikter Unterscheidung zwischen Guthaben auf Konten und Bargeld in Schließfächern zu erwarten gewesen, die er gerade nicht wählte.
2. Im Rahmen der Rechtsrügeargumentiert der Beklagte, nach dem Wortlaut sei unter Bargeld physisches Geld und nicht Konto- oder Sparguthaben zu verstehen. Bei der Auslegung für letztwillige Verfügungen sei vorrangig vom Wortlaut auszugehen. Bei einem anwaltlichen Testament sei ein anderer Maßstab anzulegen als bei einer von einem durchschnittlichen Erblasser selbst gefertigten letztwilligen Verfügung. Der Oberste Gerichtshof habe sich mehrfach und eindeutig mit der Unterscheidung zwischen Buch- und Bargeld auseinandergesetzt, sodass sich ein Rechtsanwalt nicht auf Unkenntnis dieser Rechtsprechung berufen könne. Aus der Mandatsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandanten ergäben sich nach §§ 9 RAO und 1009 ABGB für den Rechtsanwalt Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten. Das Erstgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Testamentserrichter den Verstorbenen nicht mit Gewissenhaftigkeit vertreten bzw dessen Geschäfte nicht emsig und redlich besorgt habe. Es sei daher davon auszugehen, dass dieser die Errichtung des Testaments mit der gebotenen Sachkunde erledigt habe. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts ergebe sich kein begründbarer Zweifel, dass die Klägerin gerade nicht die Konto- und Sparguthaben des Verstorbenen erhalten solle.
2.1 Der Rechtsansicht des Berufungswerbers, die Auslegung des Vermächtnisses ende bei der Auslegung nach dem Wortlaut, ist nicht zu folgen. Nach § 533 Satz 2 ABGB ist der wahre Wille des Verstorbenen ausschlaggebend. Anders als bei Geschäften unter Lebenden ist bei Verfügungen von Todes wegen kein Erklärungsempfänger vorhanden, weshalb statt der Vertrauenstheorie die Willenstheorie maßgeblich ist. Bei letztwilligen Verfügungen kommt es allein auf den subjektiven (wahren) Willen des Testators zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung an. Daher werden die verwendeten Worte nicht nur gemäß § 914 ABGB nach ihrer gewöhnlichen Bedeutung („wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht“) ausgelegt, sondern es ist von jener Bedeutung der Worte auszugehen, die der konkret letztwillig Verfügende aufgrund seines persönlichen Sprachgebrauchs mit den gewählten Worten verbindet (zB „Hase“ oder „Mausi“ für seine Ehefrau, „Bibliothek“ für den Weinkeller oder „Folterkammer“ für seinen Fitnessraum). Am Wortlaut einer letztwilligen Verfügung ist also nicht „haften zu bleiben“, sondern der wahre Wille des Testators zu berücksichtigen (RS0012372 [T7]), der Vorrang vor dem gewöhnlichen Wortsinn hat. Nachweise oder Anhaltspunkte dafür, welchen besonderen Sinn der Verstorbene gewissen Ausdrücken beimisst, können mündliche oder schriftliche Äußerungen, ausdrückliche oder schlüssige Erklärungen des letztwillig Verfügenden sein. Zur Ermittlung des Willens des Verstorbenen ist auch sein Verhalten gegenüber der bedachten Person zu berücksichtigen. Der Zeugenbeweis ist möglich. Die Erklärung ist als Einheit in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten ( Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.04, § 553 Rz 1ff). Die Auslegung der letztwilligen Erklärung findet ihre Grenze darin, dass einerseits eine noch so deutlich erwiesene Absicht des Erblassers unbeachtlich ist, wenn sie durch den Wortlaut der letztwilligen Verfügung nicht gedeckt wird, andererseits aber der Wortlaut nach dem Willen des Erblassers beurteilt werden muss (RS0012307). Die letztwillige Erklärung stellt nicht die einzige Quelle der Auslegung dar, es sind auch außerhalb der Anordnung liegende Umstände aller Art, sonstige mündliche oder schriftliche Äußerungen sowie ausdrückliche oder konkludente Erklärungen des Erblassers zur Auslegung heranzuziehen. Die Auslegung soll möglichst so erfolgen, dass der vom Erblasser beabsichtigte Erfolg eintritt. Die Auslegung muss in der letztwilligen Verfügung irgendeinen, wenn auch noch so geringen Anhaltspunkt finden und darf nicht völlig dem unzweideutig ausgedrückten Willen zuwiderlaufen. Am Wortlaut einer letztwilligen Verfügung ist nicht haften zu bleiben (RS0012340, insbesondere [T3, T5 und T10]). Es kommt auf den wahren erblasserischen Willen zur Zeit der Verfügung an (RS0012342 [T8]).
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erweist sich somit die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts als zutreffend. Der Wille des Erblassers war darauf gerichtet, der Klägerin die Guthaben auf den Konten und Sparbüchern bei den beiden Banken zukommen zu lassen. Dieser Wille ist durch die Formulierung des Vermächtnisses ausreichend gedeckt, wobei auf den Sprachgebrauch des Erblassers Rücksicht zu nehmen ist. Es kommt dabei entgegen der Ansicht des Berufungswerbers nicht auf den Wortschatz und das Begriffsverständnis des Testamentsverfassers an, der – wie sich aus Beilage M ergibt – die diesbezügliche Wortwahl des Erblassers in die Ausformulierung des Vermächtnisses übernahm. Der vom Berufungswerber monierte sekundäre Feststellungsmangel zu den Warn-, Aufklärungs- und Informationspflichten des Rechtsanwalts liegt nicht vor, da diese für die rechtliche Beurteilung keine Bedeutung haben und am festgestellten Willen des Erblassers nichts ändern.
Der Berufung in der Hauptsache war daher keine Folge zu geben. Es erübrigt sich, auf die Beweisrüge in der Berufungsbeantwortung der Klägerin einzugehen.
3. In der Berufung im Kostenpunkt bekämpft der Beklagte den Zuspruch für den Protokollberichtigungsantrag vom 20.08.2024, welcher verspätet gewesen sei. Berichtigungsanträge seien abgesehen davon nicht notwendig, wenn es sich um keine sinnstörenden Fehler handle, also der Sinn offenkundig sei. Im konkreten Fall habe es sich um eine offenbare Unrichtigkeit gehandelt, die für das Verfahren irrelevant gewesen sei. Der Kostenzuspruch sei daher um EUR 178,50 zu kürzen.
3.1 Der Einwand des Berufungswerbers ist berechtigt. Nur ein binnen drei Tagen nach Zustellung der Protokollsabschrift eingebrachter Antrag auf Protokollberichtigung ist als Widerspruch im Sinn des § 212 Abs 5 ZPO anzusehen ( Klauser/Kodek , JN-ZPO 18, § 212 ZPO Rz 3). Der Berichtigungsantrag ON 31 erfolgte außerhalb dieser Frist. Eine Anregung auf amtswegige oder einvernehmliche Richtigstellung hätte auch noch in der nachfolgenden Tagsatzung erfolgen können, weshalb der Antrag ON 31 nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Der Kostenzuspruch ist um den bekämpften (Netto-)Zuspruch zu kürzen.
4. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 41 ZPO.
5. Die Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht an höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und die Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (RS0012238 [T11]).