JudikaturOLG Innsbruck

11Bs237/24a – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
14. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Dr. Lechner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* wegen der Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG über die Berufung der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 29.8.2024, GZ **-59, nach der am 14.1.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp MMag. a Auckenthaler, der Oberstaatsanwältin Mag. a Draschl und des Verteidigers RA Dr. Rampl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag

Spruch

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält, erkannte eine Einzelrichterin des Landesgerichts Innsbruck den am ** geborenen A* der Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG schuldig und verhängte hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 50 Abs 1 WaffG unter Anwendung des (zu ergänzen: § 28 Abs 1 StGB sowie) § 43a Abs 2 StGB eine gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von 6 Monaten sowie eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je EUR 4,--, im Uneinbringlichkeitsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechnete gemäß § 38 Abs 1 (Z 1) StGB aktenkonform die erlittene Vorhaft auf die Strafe an und verurteilte den Angeklagten gemäß „§ 389 Abs 2 StPO“ zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, soweit sich diese auf den Schuldspruch beziehen. Unter einem wurden gemäß § 26 StGB die „tatverfangenen Waffen“ eingezogen und gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu ** des Landesgerichts Innsbruck abgesehen, jedoch die Probezeit auf 5 Jahre verlängert und (nicht gesondert ausgefertigt: siehe aber RIS-Justiz RS0101841[T1], RS0126528; Danek/Mann in Fuchs/Ratz , WK-StPO § 270 Rz 50) gemäß §§ 50, 52 StGB für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet.

Laut Urteilstenor hat der Angeklagte "in **, Waffen und Munition besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 verboten war, und zwar

Zur Person des Angeklagten, seinem strafrechtlichem Vorleben sowie zur Sache traf die Erstrichterin - soweit für das Berufungsverfahren relevant - nachfolgende Feststellungen:

„Der am ** in ** geborene österreichische Staatsangehörige A* , geborener B* , ist ledig und war zuletzt Invaliditätspensionist. Er bezieht * nach Abzug von Pfändungen in unbekannter Höhe - eine monatliche Pension in Höhe von EUR 800,--, dies 14-mal jährlich. Er hat kein Vermögen, jedoch Schulden in Höhe von EUR 20.000,-- bei einer Privatperson. Er ist sorgepflichtig für zwei Kinder im Alter von 17 und 18 Jahren, welche sich noch in Ausbildung befinden.

Die Strafregisterauskunft des Angeklagten weist bereits 8 Eintragungen (7 zählbare Vorstrafen) auf. Zuletzt wurde er mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 08.11.2022 zu ** wegen Suchtgiftdelikten zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, sowie zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je EUR 4,--, sohin insgesamt EUR 1.440,--, verurteilt.

...

Gegen den Angeklagten wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion ** zu ** vom 6.4.2010 ein Waffenverbot gemäß § 12 WaffG verhängt. Er besaß seit einem nicht feststellbaren Zeitpunkt bis zum 31.01.2024 ein Butterflymesser mit einer Klingenlänge von 8 cm, ein Luftdruckgewehr sowie eine Gaspistole der Marke Colt und seit einem nicht feststellbaren Zeitpunkt bis zum 23.06.2024 eine Schreckschusspistole Walter P22, wobei ihm dies in diesen Zeiträumen gemäß § 12 WaffG verboten war.

Als der Angeklagte diese Waffen besaß, hielt er es zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass es sich bei den angeführten Gegenständen um Waffen handelt und er diese besaß, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war.

Der Angeklagte besaß von einem nicht feststellbaren Zeitpunkt bis zum 23.06.2024 auch eine ca. 30 cm lange Machete, einen beidseitig geschliffenen Dolch, 2 Revolver, Druckluftpatronen sowie eine Airsoft-Pistole Glock 17, wobei diese Gegenstände nicht als Waffen im Sinne des WaffG zu qualifizieren sind.

Der Angeklagte wurde am 24.06.2024, 23.50 Uhr festgenommen und befand sich seither bis 03.07.2024, 13.45 Uhr, vom 06.07.2024, 10.45 Uhr, bis 22.07.2024, 07.30 Uhr und vom 23.07.2024, 07.30 Uhr, bis 29.08.2024, 09.00 Uhr in behördlicher Anhaltung nach der StPO.

Diese Urteilsannahmen stützte die Erstrichterin auf nachstehende Beweiswürdigung:

"Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaften Verhältnissen des Angeklagten gründen auf dessen Angaben vor der Kriminalpolizei sowie vor Gericht. Seine Vorstrafenbelastung war der eingeholten Strafregisterauskunft zu entnehmen.

...

Zu Pkt. II. in ON 19 bekannte sich der Angeklagte betreffend 1. gänzlich und 2. in Bezug auf die Schreckschusspistole Walter P22 schuldig und räumte die Tatbegehung vollinhaltlich ein.

...

Im Hinblick auf Pkt. II. war der Sachverhalt bereits aufgrund der Ausführungen des Angeklagten selbst sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht festzustellen. Das über den Angeklagten verhängte Waffenverbot ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bescheid im Akt (ON 40).

Dass die beim Angeklagten ebenfalls aufgefunden Gegenständen, nämlich die ca. 30 cm lange Machete, der beidseitig geschliffenen Dolch, 2 Revolver, die Druckluftpatronen sowie die Airsoft-Pistole Glock 17 nicht als Waffen im Sinne des WaffG zu qualifizieren sind, war eindeutig dem dazu vorliegenden Untersuchungsbericht (ON 25.2.5) zu entnehmen.

Die Feststellungen zu den Zeiten der behördlichen Anhaltung basieren auf dem Anhalteprotokoll der Kriminalpolizei und dem eingeholten IVV-Auszug (ON 53)."

In rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts sah die Einzelrichterin die Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht.

Bei der Strafbemessung wurde die geständige Verantwortung mildernd berücksichtigt, erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die Tatbegehung während offener Probezeit sowie die einschlägige Vorstrafenbelastung.

Ausgehend davon und unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze des § 32 StGB verhängte die Erstrichterin eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten und eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen. Unter Berücksichtigung der zeitgleich für die Dauer der Probezeit angeordneten Bewährungshilfe sei davon auszugehen, dass die Androhung der Freiheitsstrafe ausreiche, um den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten, sodass diese unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden habe können.

Die (Mindest-)Höhe des einzelnen Tagessatzes wurde nicht begründet.

Die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens sei zwingende Folge des Schuldspruchs und stütze sich ebenso wie die Vorhaftanrechnung auf die jeweils angeführte Gesetzesstelle.

Angesichts der ausgesprochenen Sanktion sei davon auszugehen, dass es des Widerrufs der bedingten Strafnachsicht nicht zusätzlich bedürfe, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Die zu ** des Landesgerichts Innsbruck ausgesprochene Probezeit sei jedoch auf fünf Jahre zu verlängern gewesen, um dem Angeklagten einen möglichst langen Anreiz für ein rechtstreues Leben zu geben. Die Beigebung der Bewährungshilfe erscheine zweckmäßig, um ihn von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten und zu einer Lebensführung und Einstellung zu verhelfen.

Dagegen richtet sich eine noch am selben Tag von der Staatsanwaltschaft angemeldete Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe zum Vorteil des Angeklagten (ON 57.2), welche fristgerecht schriftlich ausgeführt wurde (ON 60). Das Rechtsmittel mündet in den Antrag, in Stattgebung der Berufung "die über A* verhängte Strafe auf eine schuld- und tatangemessene niedrigere Strafe zu vermindern". Die implizierte Beschwerde wurde in der Berufungsverhandlung zurückgezogen.

Der Angeklagte erstattete keine Gegenausführung zur Berufung der Staatsanwaltschaft.

Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 21.10.2024 den Standpunkt, dass der Berufung Folge zu geben sein werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung dringt durch.

Die Strafzumessungsgründe im Ersturteil treffen grundsätzlich zu. Sie sind jedoch dahingehend zu präzisieren, dass fallaktuell vom Zusammentreffen zweier Vergehen auszugehen ist, da mit Blick auf die Urteilsannahmen, wonach durch eine Tat trotz eines Verbots nach § 12 WaffG mehrere Waffen im selben Tatzeitraum unbefugt besessen wurden (Schuldspruch zu 1.), nur ein Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG verwirklicht wird (vgl. RIS-Justiz RS0130142).

Ausgehend davon sowie unter weiterer Berücksichtigung der allgemeinen Strafbemessungskriterien des § 32 StGB ist die im Hinblick auf die Strafbefugnis (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen) verhängte Strafe etwas zu streng und war daher mit Blick auf die vorliegenden Milderungsgründe zu reduzieren. Diese herabgesetzte Sanktion reflektiert das Tatunrecht sowie die Täterpersönlichkeit und berücksichtigt auch präventive Strafbemessungsaspekte hinreichend. Allerdings standen der Verhängung lediglich einer Geldstrafe das getrübte Vorleben und der Umstand, dass der Angeklagte zwei Vergehen zu verantworten hat, entgegen.

Die Probezeit von drei Jahren soll den Angeklagten in Hinkunft von weiterer Delinquenz abhalten und ist daher nicht zu bemängeln.

Angesichts der Konstatierungen im Ersturteil zu den finanziellen Verhältnissen des Angeklagten, ist auch die mit dem Mindestmaß bemessene Höhe des einzelnen Tagessatzes nicht zu beanstanden.

Zum nicht in Kritik gezogenen Einziehungserkenntnis erteilte der Angeklagte ohnedies seine Zustimmung im Rahmen der Hauptverhandlung.

Der Ausgang des Berufungsverfahrens hat die im Spruch angeführten Kostenfolgen.

Infolge Abänderung des Strafausspruchs war der gemeinsam mit dem Urteil - und davon abhängig - ergangene Beschluss nach § 494a StPO aufzuheben und vom Rechtsmittelgericht eine neue Entscheidung im Sinne dieser Gesetzesstelle unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots zu treffen ( Jerabek/Ropper in Fuchs/Ratz, WK StPO § 494a Rz 11 und § 498 Rz 8; RIS-Justiz RS0101886, RS0101859). Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zur oben angeführten Verurteilung war schon aufgrund des geltenden Verschlechterungsverbots abzusehen. Der Rückfall innerhalb der offenen Probezeit zu ** des Landesgerichts Innsbruck erfordert jedoch spezialpräventiv deren Verlängerung auf fünf Jahre (§ 494a Abs 6 StPO).

Die Kostenfolge ist Ausgang des Berufungsverfahrens.