Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer als Vorsitzenden und die Richter Mag. Petzner, Bakk. und Mag. Koller in der Strafsache gegen A* und weitere Angeklagte wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster und fünfter Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten B* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 17. Juni 2025, GZ **-92, in nichtöffentlicher Beratung zu Recht erkannt:
In Stattgebung der Berufung wegen Nichtigkeit wird das angefochtenen Urteil in dem B* betreffenden Verfallserkenntnis, soweit dieses EUR 500,-- übersteigt, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz zurückverwiesen.
Der Angeklagte wird mit seiner weiteren Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene B* (zu D/I./1./) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, (zu D/I./2./) der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG, (zu D/II./) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG, § 12 dritter Fall StGB sowie (zu D/III./) des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 1 SMG zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je EUR 4,--, im Uneinbringlichkeitsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten (§ 43a Abs 2 StGB) verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. Gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB wurde hinsichtlich B* ein Geldbetrag von EUR 5.800,-- für verfallen erklärt und er schuldig erkannt, diesen Betrag zu entrichten.
Demnach haben
A/ A*
I./ im Zeitraum von Anfang 2023 bis zum 16. Oktober 2024 in ** vorschriftswidrig Suchtgift
1./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem er zwei Cannabispflanzen in einer Outdoorplantage im Garten sowie insgesamt 21 Cannabispflanzen in zwei Erntezyklen in einer Indoorplantage im Keller anpflanzte, bis zur Erntereife betreute, abschnitt und trocknete und daraus zumindest rund 2.150 Gramm Cannabiskraut (110,94 Gramm THCA bei einem Reinheitsgehalt von 5,16% und 48,16 Gramm Delta-9-THC bei einem Reinheitsgehalt von 2,24%; 5,18 Grenzmengen) gewann;
[2. ...]
wobei sein Vorsatz jeweils auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt sowie die Überschreitung der Grenzmenge des § 28b SMG umfasste;
II./ im Zeitraum von Anfang 2024 bis zum 16. Oktober 2024 Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge an Suchtgift mit dem Vorsatz angebaut, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er sieben Cannabispflanzen in der Indoorplantage im Keller und neun Cannabispflanzen in der Outdoorplantage im Garten kultivierte, wobei daraus 6.902,52 Gramm Cannabiskraut (355,82 Gramm THCA und 37,72 Gramm Delta-9-THC; 10,78 Grenzmengen) gewonnen werden sollten;
[…]
D/ B* in ** und anderen Orten des Bundesgebietes
I./ vorschriftswidrig Suchtgift
1./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er im Zeitraum von Ende 2023 bis zum 4. Jänner 2025 zumindest 580 Gramm Cannabiskraut (82 Gramm THCA bei einem gerichtsnotorischen Reinheitsgehalt von 14,15% und 6 Gramm Delta-9-THC bei einem gerichtsnotorischen Reinheitsgehalt von 1,08% [vgl. Reinsubstanzgehalte von Suchtgiften 2024 in RZ 2025, 8]; 2,35 Grenzmengen) an C* (50 Gramm), „D*“ (30 Gramm) und weitere, bislang unbekannte Abnehmer zum Grammpreis von EUR 10,00 verkaufte, wobei sein Vorsatz auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt sowie die Überschreitung der Grenzmenge des § 28b SMG umfasste;
2./ ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, indem er im Zeitraum von Anfang 2020 bis zum 4. Jänner 2025 Amphetamin, Kokain und Cannabiskraut bis zum Eigenkonsum innehatte;
II./ zu der unter Punkt A/I./1./ angeführten Erzeugung in Bezug auf eine Menge von 650 Gramm Cannabiskraut (33,54 Gramm THCA und 14,56 Gramm Delta-9-THC; 1,57 Grenzmengen) beigetragen, indem er A* ein Growzelt samt Equipment für dessen Indoor-Anlage zur Verfügung stellte;
III./ zu dem unter Punkt A/II./ angeführten Anbau beigetragen, indem er A* ein Growzelt samt Equipment für dessen Indoor-Anlage zur Verfügung stellte.
Mit seiner Berufung wegen Nichtigkeit und Strafe bekämpft B* ausschließlich das ihn betreffende Verfallserkenntnis und begehrt die Aufhebung des angefochtenen Urteils im Verfallsausspruch, soweit dieser EUR 500,-- übersteigt, sowie die Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Erstgericht (ON 100 iVm der Äußerung des Angeklagten im Berufungsverfahren vom 14. Oktober 2025).
B* zeigt mit seiner Sanktionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 erster iVm Z 5 zweiter Fall StPO) zutreffend eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung hinsichtlich des ihn betreffenden Verfallserkenntnisses auf. Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, sind für verfallen zu erklären (§ 20 Abs 1 StGB). Soweit die dem Verfall unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, hat das Gericht einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den erlangten Vermögenswerten entspricht (§ 20 Abs 3 StGB). „Erlangt“ im Sinn des § 20 Abs 1 StGB sind jedoch nur solche Vermögenswerte, die der Täter in seine faktische und wirtschaftliche Verfügungsmacht bringt und die er wirtschaftlich ausnutzen kann (RIS-Justiz RS0134603). Der Vermögensvorteil muss ihm also wirtschaftlich zu Gute kommen (13 Os 39/25x). Nicht erlangt hat ein Täter den Vermögenswert, wenn er ihn nur kurzzeitig und vorübergehend innehat, etwa weil er ihn vereinbarungsgemäß aufgrund der faktischen und wirtschaftlichen Mitverfügungsmacht (zB übergeordneter Kontroll- und Dispositionsbefugnis) von anderen Tatbeteiligten (als bloßen Durchgangserwerb) weiterzugeben hat (11 Os 127/23w).
Zum Ausspruch des Wertersatzverfalls hinsichtlich eines Betrags von EUR 5.800,-- bei B* traf das Erstgericht die Feststellung, dass der Angeklagte mindestens 580 Gramm Cannabiskraut um EUR 10,-- pro Gramm verkaufte (US 12 letzter Absatz) und stützte diese Konstatierungen in seiner Beweiswürdigung auf das umfassende und reumütige Geständnis des Angeklagten B* sowohl anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme (ON 57.4) als auch in der Hauptverhandlung, die Belastung durch A* (ON 57.3) und die Ermittlungsergebnisse der PI ** (US 14 zweiter Absatz, US 15 vierter Absatz).
Davon ausgehend zeigt der Berufungswerber zutreffend eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung auf, zumal sich das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung zwar auf das Geständnis des Angeklagten, der seine vorangegangenen Deponate vor der Kriminalpolizei vollinhaltlich aufrecht erhielt, bezog (US 15 Abs 4), sich inhaltlich jedoch mit dessen (ein wirtschaftliches Zugutekommen des gesamten Kaufpreises in Abrede stellenden) Angaben in den Beschuldigtenvernehmungen nicht auseinandersetzte (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421, 424; RIS-Justiz RS0098495). Im Zuge seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 16. Mai 2025 (ON 57.4, 4) gab B* (soweit hier relevant) nämlich zusammengefasst an, er habe 500 bis 600 Gramm Cannabisblüten verkauft, wobei er als Vermittler für E* gehandelt und diesem den Kaufpreis von EUR 10,-- pro Gramm weitergegeben habe; für seine Vermittlertätigkeit habe er letztlich EUR 500,-- sowie 30 bis 40 Gramm Cannabis erhalten (ON 57.4, 4). In seiner Beschuldigteneinvernahme vom 4. Jänner 2025 führte er aus, auch bei dem Verkauf von Suchtgift an C* als Vermittler tätig gewesen zu sein, wobei er Geld von C* erhalten und an A* weitergegeben habe; als Entschädigung habe er kostenlos Marihuana bekommen (ON 52.2.5, 5).
Diese Nichtigkeit nach §§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 11 erster Fall iVm Z 5 zweiter Fall StPO führt bereits bei nichtöffentlicher Beratung zur Kassation des Urteils in dem B* betreffenden Verfallsausspruch, soweit dieser EUR 500,-- übersteigt, und zur Verweisung der Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz (§ 470 Z 3 iVm § 489 Abs 1 StPO). Im zweiten Rechtsgang werden nach einer beweiswürdigenden Auseinandersetzung (zumindest) mit den diesbezüglichen Angaben des Angeklagten, des E* und des A* (ergänzende) Feststellungen dazu zu treffen sein, welcher Vermögenswert dem Angeklagten wirtschaftlich zu Gute gekommen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO (vgl RIS-Justiz RS0101342).
Rückverweise
Keine Verweise gefunden