Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Dr. Thomas Lechner, Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Dr. Andrea Prochaska, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen 5.150 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Februar 2025, GZ 2 R 160/24d 25, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 10. September 2024, GZ 59 C 312/23m 15, teilweise abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
I. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie als Teilurteil lautet:
„1. Die Klagsforderung besteht mit 5.150 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung besteht mit 1.800 EUR zu Recht.
3. Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 1.800 EUR samt 4 % Zinsen seit 10.11.2023 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.“
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.
II. Im Übrigen, somit im Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens auf Zahlung von 3.350 EUR sA, wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Streitteile führten vom 3. 4. 2023 bis zum 19. 9. 2023 eine Lebensgemeinschaft. Während aufrechter Lebensgemeinschaft streckte der Kläger der Beklagten 5.150 EUR für den Kauf eines E Bikes vor. Es war vereinbart, dass die Beklagte dem Kläger diesen Betrag zurückzahlt, was bisher nicht geschah.
[2] Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung dieser 5.150 EUR.
[3] Die Beklagte wendet – soweit im Revisionsverfahren relevant – 10.200 EUR als Gegenforderung ein. Sie habe dem Kläger während aufrechter Lebensgemeinschaft vereinbarungsgemäß 8.000 EUR zur Vornahme von Investitionen an der Börse zur Verfügung gestellt und nicht mehr zurückerhalten. Sie habe überdies 2.200 EUR für einen Kasten für die gemeinsame Wohnung bezahlt, der beim Kläger verblieben sei.
[4] Das Erstgericht stellte die Klagsforderung als mit 5.150 EUR zu Recht bestehend, die Gegenforderung der Beklagten betreffend die Finanzierung des Kastens als mit 1.800 EUR zu Recht bestehend fest, gab dem Klagebegehren daher im Ausmaß von 3.350 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab.
[5] Die Gegenforderung von 8.000 EUR stehe der Beklagten nicht zu, weil diesbezüglich keine Rückzahlungsvereinbarung getroffen worden sei.
[6] Das von beiden Seiten angerufene Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Der Berufung der Beklagten gab es Folge und änderte das Ersturteil dahingehend ab, dass es die Klagsforderung als zu Recht, die Gegenforderung betreffend die zur Investition übergebenen 8.000 EUR als bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehend ansah und das Klagebegehren daher zur Gänze abwies.
[7]Die Übergabe des Betrags zur Vornahme von Investitionen sei als Auftragsverhältnis anzusehen. Dieses sei anlässlich der Beendigung der Lebensgemeinschaft auch einvernehmlich beendet worden, weshalb der Kläger als Auftragnehmer die Herausgabe dieses Betrags gemäß § 1009 ABGB schulde. Einer gesonderten Vereinbarung bedürfe es dazu nicht.
[8] Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich zu, weil nicht auszuschließen sei, dass der Kläger von der Entscheidung des Berufungsgerichts überrascht worden sei.
[9] Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer gänzlichen Klagsstattgebung; in eventu stellt der Kläger einen Aufhebungsantrag.
[10] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
[11] Die Revision ist wegen der Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes durch das Berufungsgericht zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags auch teilweise berechtigt .
I. Zum Teilurteil:
[12] 1. Nach ständiger Rechtsprechung sind außergewöhnliche Zuwendungen, die erkennbar in der Erwartung des Fortbestands einer Lebensgemeinschaft gemacht wurden, bei Zweckverfehlung rückforderbar ( RS0033921 ; vgl RS0033698 ;RS0033914 [T2] ). Der Geschäftszweck fällt aber nur bezüglich eines die Auflösung der Lebensgemeinschaft überdauernden Nutzens weg ( RS0033921 ).
[13] 2. Das Berufungsgericht hat für den von der Beklagten im Hinblick auf den für den Kläger erkennbaren Zweck des dauerhaften Weiterbestands der aufrechten Lebensgemeinschaft finanzierten und weiterhin vom Kläger genutzten Kastens auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen einer etwa fünf Monate dauernden gemeinsamen Nutzung durch die Streitteile und einem Anschaffungspreis dieses Kastens von 2.200 EUR einen die Lebensgemeinschaft überdauernden Restnutzen von 1.800 EUR angesetzt.
[14]3. Wenn der Kläger in seiner Revision seine Argumentation im Berufungsverfahren wiederholt, die Beklagte habe an diesem Kasten Eigentum erworben und könne ihn daher jederzeit mitnehmen, übergeht er – neuerlich – die Feststellungen des Erstgerichts, wonach der Kasten von der Beklagten lediglich finanziert, aber auf die Gegebenheiten der Wohnung des Klägers angepasst und damit für den Verbleib in dieser – damals gemeinsamen – Wohnung vorgesehen war. Die Ausmittelung der Höhe des verbleibenden Restnutzens haben die Vorinstanzen im Rahmen des ihnen bei Anwendung des § 273 ZPO zukommenden Beurteilungsspielraums (vgl RS0040459 ) vorgenommen.
[15] 4. Die Revision des Klägers ist daher insoweit nicht erfolgreich, was zur Bestätigung der Abweisung des Klagebegehrens von 1.800 EUR als Teilurteil führt.
II. Zum Aufhebungsbeschluss:
[16] Der Kläger argumentiert in seiner Revision, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung eine Feststellung getroffen habe, wonach zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Beendigung des Investitionsauftrags die von der Beklagten dem Kläger zur Verfügung gestellten 8.000 EUR noch auf dem Depot vorhanden gewesen seien. Damit ist der Kläger im Recht.
[17]1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass ein Vermögensverwaltungsvertrag als Bevollmächtigungsvertrag im Sinn der §§ 1002 ff ABGB einzuordnen ist (RS0123043). Das Berufungsgericht hat daher folgerichtig das zwischen den Streitteilen abgeschlossene Rechtsgeschäft über vom Kläger für die Beklagte vorzunehmende Investitionen an der Börse nach Auftragsrecht beurteilt. Es ging auch zu Recht von einer gemäß § 1009 ABGB – nach einvernehmlicher Beendigung des Auftragsverhältnisses – bestehenden Pflicht des Klägers aus, ihm überlassenes Kapital, soweit noch vorhanden, herauszugeben.
[18] 2. Da nach den Feststellungen die Beklagte einen allfälligen Verlust des Kapitals im Rahmen der Veranlagung durch den Kläger aber selbst zu tragen gehabt hätte, hängt ein Herausgabeanspruch der Beklagten davon ab, in welchem Ausmaß das Kapital zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Beendigung des Auftragsverhältnisses – den das Berufungsgericht zu Recht mit der Beendigung der Lebensgemeinschaft am 19. 9. 2023 angesetzt hat – noch vorhanden war.
[19] 3. Das Erstgericht hat dazu keine Feststellung getroffen. Es hat lediglich festgestellt, dass die Parteien nach Auflösung der Lebensgemeinschaft eine Abrechnung ihrer wechselseitigen Forderungen vornehmen wollten und im Zuge dessen der Kläger der Beklagten eine Aufstellung verschiedener Auslagen übermittelt hat. In dieser Aufstellung hat der Kläger 8.000 EUR betitelt mit „Aktien Geld“ zu seinen Lasten berücksichtigt. Das Berufungsgericht ging auf Basis dieser Feststellungen davon aus, dass das von der Beklagten dem Kläger übergebene Kapital damit wertmäßig zu diesem Zeitpunkt noch im Depot vorhanden gewesen sei. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht um eine zulässige Auslegung von Urteilsfeststellungen (vgl RS0118891 ), sondern um eine ergänzende Tatsachenfeststellung.
[20] 4. Das Berufungsgericht darf auch ergänzende Feststellungen nur nach Beweisergänzung treffen. Dass das Berufungsgericht die Sachverhaltsgrundlage um diese Feststellung ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ergänzte, begründet einen Verfahrensmangel ( RS0043026 ; vgl auch RS0043088 ; RS0043057). Die Feststellung betrifft – was von der Revision aufgezeigt wird – einen für die Entscheidung maßgeblichen Umstand, woraus sich das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ergibt (RS0043057 [T11] ).
[21]5. Der Revision war daher teilweise Folge zu geben. Das angefochtene Urteil war in diesem Punkt aufzuheben, und dem Berufungsgericht war zur strittigen Feststellung die Ergänzung des Beweisverfahrens aufzutragen (1 Ob 110/24v [Rz 39] mwN).
[22]6. Die Kostenentscheidung beruht in Bezug auf das Teilurteil auf § 52 Abs 4 ZPO und in Bezug auf den Aufhebungsbeschluss auf § 52 Abs 1 Satz 3 ZPO.
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