8ObA45/25p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag. Malesich als Vorsitzende und die Hofräte MMag. Matzka und Dr. Thunhart und die fachkundigen Laienrichter Mag. Elke Wostri (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Nicolai Wohlmuth (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Ernst Eypeltauer und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch Dr. Georg Bauer und Mag. Edwin Kerschbaummayr, Rechtsanwälte in Linz, wegen Entlassungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeitsund Sozialrechtssachen vom 30. Juli 2025, GZ 12 Ra 28/25m 55.3, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1]1. Nach § 27 Z 1 AngG ist es ua als ein wichtiger Grund anzusehen, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, wenn sich der Angestellte einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt. Dabei kommt es vor allem darauf an, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien (RS0029833). Eine Schädigungsabsicht oder der Eintritt eines Schadens sind nicht erforderlich (RS0029531).
[2]2. Entscheidend ist, ob das Verhalten des Angestellten als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass das Vertrauen des Arbeitgebers derart heftig erschüttert wird, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (RS0029323). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist beim Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nicht nur der letzte, unmittelbar zur Entlassung führende Vorfall, sondern das Gesamtverhalten des Angestellten innerhalb eines längeren Zeitraums zu berücksichtigen (RS0029790; RS0081395). Der eigentliche Anlassfall für die Entlassung muss aber immer eine gewisse Mindestintensität aufweisen, um die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu begründen (RS0029600 [T2, T3]; RS0081395 [T1]).
[3] 3. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach das Nichterscheinen zu einem Gesprächstermin im Hinblick auf das Vorverhalten des Klägers einen hinreichenden Anlass für eine Entlassung darstelle, hält sich im Rahmen des den Gerichten im Einzelfall zukommenden Beurteilungsspielraums, weil der Kläger den Termin ohne weiteres wahrnehmen hätte können und er mehrfach auf dessen Wichtigkeit hingewiesen worden war. Da sich der Kläger den Anordnungen der Beklagten bereits in der Vergangenheit mehrfach widersetzt hatte, indem er E Mails mit Beschwerden an die gesamte Belegschaft versendete, er ab März 2023 das elektronische Fahrtenbuch nicht mehr führte und er die Daten erst nach Urgenz im Juli 2023 nachtrug und er weiters Versicherungsverträge entgegen den Vorgaben der Beklagten abschloss, ist auch nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass der Beklagten eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses während der Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar gewesen sei.
[4]4. Im Übrigen kann der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 AngG nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RS0029323 [T6]; RS0103201 [T1]). Die außerordentliche Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).