1Nc19/25x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin N*, wegen Gewährung von Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Wiederaufnahmeklage im Verfahren AZ 34 Cg 58/19b des Landesgerichts Eisenstadt, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Mit ihrem – von keinem Rechtsanwalt eingebrachten und mit Eingabe vom 19. 2. 2024 verbesserten – Antrag vom 24. 1. 2024 begehrt die Antragstellerin die Bewilligung der Verfahrenshilfezur Erhebung einer Wiederaufnahmeklage des in erster Instanz zu 34 Cg 58/19b des Landesgerichts Eisenstadt (in zweiter Instanz zu 11 R 74/21i des Oberlandesgerichts Wien und in dritter Instanz zu 1 Ob 150/21x) geführten Verfahrens. Die Antragstellerin war in diesem Verfahren beklagte Partei. Das Erstgericht gab dem dort gegen sie erhobenen Begehren auf Herausgabe von Wertpapieren statt und wies das Zahlungsbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision der Antragstellerin zurück.
[2] Das von der Antragstellerin mit ihrem Verfahrenshilfeantrag angerufene Erstgericht sprach mit Beschluss vom 3. 12. 2024 aus, dass es „zur Behandlung der Rechtssache unzuständig“ sei und überwies den Antrag an den Obersten Gerichtshof.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dem Verfahrenshilfeantrag der Antragstellerin kommt keine Berechtigung zu:
[4]1. Gemäß § 530 Abs 1 Z 4 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn sich der Richter bei der Erlassung der Entscheidung oder einer der Entscheidung zugrunde liegenden früheren Entscheidung in Beziehung auf den Rechtsstreit zum Nachteil der Partei einer nach dem Strafgesetzbuch zu ahndenden Verletzung seiner Amtspflicht schuldig gemacht hat.
[5]2. Die Antragstellerin bezieht sich in ihrer Eingabe auf ein amtsmissbräuchliches Verhalten der Erstrichterin und somit auf den Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO.
[6]3. Zur Entscheidung über eine Wiederaufnahmeklage wegen strafbarer Handlungen des Erstgerichts im Sinn des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO ist gemäß § 532 Abs 1 ZPO jenes Gericht, von dem die durch die Klage angefochtene Entscheidung gefällt wurde, wenn aber in der Klage mehrere in demselben Rechtsstreit von Gerichten verschiedener Instanzen gefällte Entscheidungen angefochten werden, das höchste unter diesen Gerichten ausschließlich zuständig. Liegt – wie hier – bereits vor Bekanntwerden des Wiederaufnahmegrundes des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO eine Entscheidung höherer Instanz vor, ist die Wiederaufnahmeklage beim Gericht höherer Instanz einzubringen, da auch die Beseitigung seiner Endentscheidung begehrt wird ([22. 11. 2022] 10 Ob 28/22y [Rz 8] mwN). Zur Entscheidung über eine auf den Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Wiederaufnahmeklage kann demnach auch der Oberste Gerichtshof berufen sein (RS0044612), auch wenn er – wie im vorliegenden Fall – die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO als unzulässig zurückgewiesen hat ([22. 11. 2022] 10 Ob 28/22y [Rz 8]; 2 Ob 115/23k [Rz 3] jeweils mwN).
[7]4. Ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über eine Wiederaufnahmeklage zuständig, hat er in diesem Umfang auch über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zu deren Einbringung zu entscheiden (§ 65 Abs 2 ZPO; 2 Ob 115/23k [Rz 6] mwN).
[8]5. Gemäß § 63 Abs 1 ZPO ist die Verfahrenshilfe zu versagen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Abwehrmittel als erfolglos zu erkennen ist (RS0116448).
[9]6. Die Antragstellerin bringt in ihrer Eingabe zusammengefasst vor, die Erstrichterin hätte sich dadurch eines Amtsmissbrauchs schuldig gemacht, dass sie einzelne – für die Antragstellerin (als Beklagte des wiederaufzunehmenden Verfahrens) sprechende – Beweisergebnisse ignoriert und ihrer Entscheidung nur gegen diese sprechende Beweisergebnisse zugrunde gelegt habe. Damit wird aber kein Sachverhalt ins Treffen geführt, der für eine positive Einschätzung der Erfolgsaussichten des angestrebten Wiederaufnahmeverfahrens erforderlich wäre. (Behauptete) Fehler der Beweiswürdigung begründen nicht den Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO. Für einen Amtsmissbrauch der Erstrichterin bestehen nach den (teilweise nicht nachvollziehbaren) Ausführungen der Antragstellerin keine Anhaltspunkte.
[10]7. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist somit als offenbar aussichtslos zu qualifizieren, weshalb der Verfahrenshilfeantrag abzuweisen ist (RS0036094).